Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

67114 Postings in 8047 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Re: Väterradio: Kindesentzug im Frauenhaus

susu, Thursday, 24.03.2005, 01:20 (vor 7576 Tagen) @ Maesi

Als Antwort auf: Re: Väterradio: Kindesentzug im Frauenhaus von Maesi am 23. März 2005 21:47:36:

Huhu Maesi

Die Datendecke ueber die Faelle von einseitig ausgeuebter Gewalt in Partnerschaften ist zugegebenermassen sehr duenn. Ich erinnere mich gelesen zu haben (moeglicherweise in Arnes Buch), dass eine quantitativ nicht repraesentative Studie zum Schluss kam, dass in etwa der Haelfte aller Beziehungen, in denen Gewalt vorkam, diese von beiden Partnern gleichermassen ausgeuebt wurde, in einem Viertel der Faelle einseitig Frauen die Opfer waren und im letzten Viertel einseitig die Maenner; ohne serioese Forschung ist hier aber die Unsicherheit noch sehr gross.

Die hatte ich auch im Kopf, konnte sie aber nicht mehr finden. (Tip an Arne: Nie wieder ohne Sachregister *g*)

Aber auch in der anvisierten Zielgruppe der einseitig zum Opfer gewordenen Frauen (welche durch Frauenhaeuser bedient werden sollen) sollte nicht einfach unkritisch alles uebernommen werden. Zum Aufbau eines Vertrauensverhaeltnisses zwischen Opfer und Helfer mag es notwendig sein, allfaellige Zweifel vorerst zurueckzustellen. Ist dieses Vertrauensverhaeltnis aber erst einmal da, dann sollte der Helfer sich durchaus auch kritisch mit dem Opfer und seinen Motiven auseinandersetzen. Mittel- bis langfristig wird man dem Opfer naemlich nicht wirklich helfen, wenn man ihm nur immer wieder das bestaetigt, was es hoeren will.

Ja. Wobei ich hier das Motiv sehe, bei den nächsten Fällen wieder parteiisch sein zu können. Im Prinzip wären da zusätzliche Stellen gefragt, die nicht mehr parteilich agieren und auch zwischen parteilichen Stellen vermitteln können.

OK, hab ich vielleicht etwas fschla interpretiert. Nichtsdestotrotz ist es fuer mich ein wesentlicher Unterschied, ob jemand als Experte bzw. wissenschaftlicher Forscher auftritt oder als Helfer von Opfern Haeuslicher Gewalt. Ein Experte/Forscher hat ein anderes Ziel als der Helfer, und damit schliessen sich diese beiden Rollen normalerweise gegenseitig aus. Von einem Experten/Forscher erwarte ich eine professionelle Objektivitaet, die der Helfer nicht nur nicht haben muss sondern wahrscheinlich fuer das empathische Verstehen des von ihm betreuten Opfers auch eher hinderlich waere. Umgekehrt ist genau aus diesem Grund der Helfer nicht kompetent, als (moeglichst objektiv handelnder) Experte fuer Haeusliche Gewalt aufzutreten.

Zustimmung. Wobei hier das Problem war, daß sich anfangs eben die Personen, die wissenschaftlich Pinierarbeit zu dem Thema geleistet haben, den Bedarf erkannten und dann als Helfer tätig wurden. Das ist, was häusliche Gewalt gegen Männer angeht, oder häusliche Gewalt bei Schwulen und Lesben nicht anders: Die Leute, die da durch Studien einen Bedraf erkannt haben, werden sehr schnell auch als Helfer aktiv. Das ist in den Sozialwissenschaften immer ein Problem, es wird oft geforscht um bestimmte Sachverhalte verändern zu können. Das gilt ähnlich auch für die Medizin.

Zustimmung. Hier geht es aber eben auch darum, festzustellen, ob allenfalls angebotene Schulungen wissenschaftlichen Kriterien entsprechen. Eine Schulung von einem ausgewiesenen Interessenvertreter zu empfangen, halte ich fuer grobfahrlaessig. Hier haben die betroffenen Stellen in den staatlichen Behoerden oftmals ihre 'Hausaufgaben' nicht gemacht.

Stimmt. Wobei ich es schon für OK hielte, wenn an diesen Schulugen Leute aus diesem Bereich beteiligt wären, nur eben nicht ausschließlich.

Nein, ich glaube auch nicht, dass die Frauenhausbetreiberinnen (von wenigen Einzelfaellen vielleicht abgesehen) morgens aufstehen und sich sagen: 'So, heute hebeln wir mal wieder den Rechtsstaat aus'. Ob sie in diesem Sinne vorsaetzlich, mit Eventualvorsatz oder grobfahrlaessig handeln, ist fuer mich aus gesellschaftspolitischer Sicht aber auch gar nicht relevant. Von urteilsfaehigen Menschen, zu denen ich auch Frauenhausbetreiberinnen und Frauenpolitikerinnen zaehle, kann man erwarten, dass sie die Konsequenzen ihres Tuns abschaetzen koennen. Wenn eine absehbare Konsequenz ihres Tuns ist, dass aufgrund ihrer reisserischen Propaganda rechtsstaatliche Prinzipien ausgehebelt werden, dann koennen sie sich nicht so einfach herausreden, es sei ihnen nicht bewusst gewesen. Im uebrigen trifft dieses 'Nicht-bewusst-sein' IMHO ohnehin nur selten zu, meist ist es ein ganz bewusstes 'In-Kauf-nehmen', wobei die Verantwortung natuerlich nicht nur bei Frauenhausbetreiberinnen sondern auch bei Legislativen, Exekutiven und Judikativen liegt, die in einem gezielt emotional aufgeladenen Klima problematische Gesetze erlassen, vollziehen bzw. interpretieren.

Zustimmung.

Zustimmung. Trotzdem gibt es einen bedeutenden Unterschied: die Poster in diesem Forum haben nur eine geringe Definitionsmacht, waehrend eine in den Medien auftretende 'Frauenhausexpertin', die dort unwidersprochen ihre jeder Wissenschaftlichkeit spottende Meinung kundtun darf, natuerlich ungleich mehr Schaden anrichtet, weil sie ein wesentlich breiteres Publikum erreicht. Oder wenn eine Frau Dr. Bergmann im Bundestag ueber den bei Maennern und Frauen unterschiedlich ausgebildeten Gehirnbalken schwadroniert, dann erreicht sie ein Gremium, das fuer die Gesetzgebung des Landes existentiell wichtig ist - ganz im Gegensatz zu den paar Waehlern, die in diesem Forum mit irgendwelchen biologistischen Erklaerungen erreicht werden.

Ja. Wobei wir ja versuchen das zu ändern. In dem Sinne ist es für mich wichtig schon im Ansatz zu überlegen, wie wir verhindern können, hier die gleichen Fehler zu machen, die es in bestimmten Strömungen des Feminismus gegeben hat.

Wenn jemand tagtaeglich mit Menschen in schwierigen Situationen und oftmals problematischen emotionalen Zustaenden zu tun hat, dann gehoert es zur 'Pflicht' sich ganz bewusst einen gewissen geistigen Ausgleich zu suchen - ansonsten droht man auf Dauer selbst psychisch-emotional Schaden zu nehmen; wer auf einer Baustelle arbeitet, muss ja auch Helm, gute Arbeitsschuhe oder -stiefel und Handschuhe zum Schutz tragen. Wer das nicht praktiziert, handelt IMHO grobfahrlaessig gegenueber sich selber (und mittelbar gegenueber anderen) und sollte sich dringendst einen anderen Job suchen. Gerade in der Frauenhausszene scheint man jedoch oftmals die eigene Betroffenheit als wesentlich wichtiger zu erachten als die eigene psychisch-emotionale Stabilitaet - was dann wiederum diese engstirnigen Dogmatiker hervorbringt. Ich gebe zu: ein hartes Urteil meinerseits; aber leider eines, das nur allzuoft zutrifft.

Trifft glaube ich auf jeden sozialen Beruf zu. Sage ich mal aus meiner derzeitigen wieder mal Tätigkeit in der Altenpflege heraus.

susu


gesamter Thread:

 

powered by my little forum