Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Mal eine andere Frage..

Altschneider, Thursday, 13.07.2006, 12:16 (vor 6497 Tagen) @ Nihilator

Du spielst hier auf die "Unvereinbarkeit" von Familie und Beruf an, die es meiner Meinung nach so nicht gibt, sondern nur den Unwillen, den Preis für das zu zahlen, was man will.

Eine Möglichkeit ist sicher die von dir angesprochene: man verzichtet auf Kinder, beide sind mehr oder weniger voll erwerbstätig, die bequeme Version also. Ich sehe darin kein großes Problem - weltweit haben wir eher das Problem der Überbevölkerung und mich persönlich interessiert es nicht die Bohne, ob "die Deutschen aussterben".

Aber natürlich ist die bequeme Lösung nicht der Wunsche aller. Eine besondere Benachteiligung für Frauen mit Kindern ergibt sich allerdings nur, wenn man die Lebenswelt des Mannes als direkten Maßstab nimmt. Fast zu allen Zeiten und in fast allen Ländern heute, in denen der Lebensstandard nicht so hoch ist wie hierzulande, beteidigen sich Frauen am Erwerb des Lebensunterhalts, wenn auch nicht immer auf die gleiche Art wie Männer. Ich konnte das sehr schön in Kenia beobachten - die Männer schaffen in der Fabrik, die Frauen fertigen Waren für ihre diversen Marktstände an - oder betreuen die heimische Krume.
Die Kinder sind meist dabei, allerdings besteht hier der Vorteil, dass das Konzept der Großfamilie noch üblich ist, also Verwandte abwechselnd die Kinder betreuen. Also nicht so einfach übertragbar, das Modell, zeigt aber, dass es diese "grundsätzliche" Unvereinbarkeit nicht gibt. Vielleicht sollten wir daraus aber lernen, dass Frauen eben nicht benachteiligt sind, wenn sie nicht in jedem Beruf mindestens die Hälfte der Besatzung stellen, sondern dass es durchaus Berufe gibt, die für Mütter besser geeignet sind als andere.

Was bedeutet das jetzt für uns? Einen bequemen Weg, um alles zu bekommen, gibt es sicher nicht - auch wenn uns das die feministischen Entwürfe vorgaukeln.
Natürlich werden Frauen einige Einbußen hinnehmen müssen, wenn sie mehrere Jahre aus dem Berufsleben ausscheiden - was aber auch für Männer gilt. Dafür können sie dann aber auch ein Kind zumindest in den ersten Lebensjahren erziehen. Wer das als Frau nicht will - nun, es ist ja nicht gesagt, dass die Frau die Erziehung in den ersten Jahren übernehmen muss - ein kurzer beruflicher Ausstieg während der letzten Schwangerschaftmonate, schnelles Abstillen und dann kann sich der Mann um die Kinderbetreuung kümmern. Dabei sollte man sich dann aber auf ein Kind, max. 2, beschränken, sonst nimmt der berufliche Rückstand zusehr zu. Wie auch immer - das bedeutet natürlich, dass man nicht soviel verdient, wie man verdienen könnte - und das wird als Nachteil gesehen.

Es ist natürlich schade, dass deutsche Unternehmen so unflexibel sind - es wäre durchaus schön, wenn man ein Kleinkind mit zu Arbeitsplatz nehmen könnte (wenn es denn geht - bei Büroarbeit etwa).

Andere Möglichkeiten: beide arbeiten halbtags und teilen sich die Kindererziehung.

Eines muss klar sein: wer immer sich entscheidet, das beide Eltern arbeiten und Kinder haben, wird zwangsläufig mehr Arbeit, mehr Aufwand, weniger Freizeit haben als Leute ohne Kinder oder die Menschen, die das von Klausz favorisierte Modell der Ernährerfamilie vorziehen. Das ist der Lauf der Dinge, völlig normal und kein Nachteil.

Die Form - Mann arbeitet, Frau erzieht und macht Haushalt ist durchaus ein Kompromiss, der für beide den Aufwand minimiert, wobei hier die Belastung des Mannes höher ist. Daher würde ich bei diesem Modell auch ein Kind nicht für ausreichend halten. Ich halte dies allerdings unter den gegebenen Umständen für nicht realistisch und auch nicht erstrebenswert. Gefährlich ist es allemal, weil dann in ein paar Jahren alles wieder von vorne beginnt. Die Grundlagen sind zerstört worden und müssen erst neu geschaffen werden - und es ist die Frage, ob Männer dies nach den Erfahrungen der letzten Jahre auch wirklich wollen. Vorausseztung wäre zumindest, dass die Erwerbsarbeit der Männer wieder respektiert und als wichtiger Beitrag zur Erziehung der Kinder gewertet wird und nicht als Drückebergerei vor dem allzuharten Erziehungsgeschäft. Und es würde voraussetzen, dass Frauen wieder akzeptieren, dass es dann ihre Aufgabe wäre, die Arbeiten und Obliegenheiten zu übernehmen, die nicht unmittelbar mit der Erwerbsarbeit gekoppelt sind.

Nicht dass ich ausgebildete Pädagogen unterschätze: aber ich halte jegliches Modell, dass die Erziehung der Kinder weitgehend dem Staat überlässt, also Erziehungsleistung auslagert und standardisiert, für problematisch. Mir war auch nie so recht klar, warum die Familienmodelle unbedingt geändert werden mussten - das Frauen auch vorher schon mitarbeiteten und Geld verdienten, war eigentlich selbstverständlich - und bei weitem keine besondere Belastung. Diese entstand durch die Femiprop erst in den Köpfen der Leute.

Wie dem auch sei - letztlich wird es jeder für sich selbst entscheiden, welcher Weg der richtig ist. Weniger im ideologischen Sinn, sondern dadurch, dass sich im Alltag immer die Wege einschleifen, die beiden Eltern den geringsten Aufwand bescheren. Das kann, je nach Einkommenslage und Mentalität, durchaus sehr unterschiedlich sein. Das feministische Rumgepfriemele im Privatleben der Leute hat uns heute eine Situation der Orientierungslosigkeit beschert, deren Folgen wir zunehmend erleben werden. Ob dies eine Chance für einen Neuanfang ist, wird sich zeigen.


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