Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: einige der wesentlichen Fehler in "Sind Frauen bessere Menschen?"

Texaco, Saturday, 17.04.2004, 00:42 (vor 7524 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: einige der wesentlichen Fehler in "Sind Frauen bessere Menschen?" von Arne Hoffmann am 16. April 2004 18:54:34:

Ich hatte vor ein paar Monaten ja schon mal Feedback gepostet. Soweit ich mich erinnere, war meine Hauptkritik, daß das Buch die Leser nicht dort abholt, wo die meisten von ihnen stehen. Diese Kritik halte ich immer noch für richtig, aber nicht für ganz fair.

Denn man merkt dem Buch an, daß sich der Autor gerade daran gemacht hat, sich mit einer wirklich fundamentalen Sache auf eine völlig neue Weise auseinanderzusetzen. Es war Pionierarbeit, und deshalb ist nicht alles perfekt geworden - es ist eben nicht das "endgültige" Buch zur Geschlechterproblematik. Es ist "nur" das (soweit ich weiß) wichtigste auf Deutsch.

Um es mal so auszudrücken: Die Argumentation des Buches verläuft nicht auf eine eigene Position hin, sondern von einer fremden (früher einmal zu eigen gemachten?) Position weg. Dafür lotet der Autor erst einmal alle Wege aus, die sich bieten könnten.

Die fremde Position ist in Wirklichkeit aber ein Sammelsurium von zueinander zwar hochsolidarischer, aber widersprüchlicher Aussagen, die egozentrische Skandalnudeln in die Welt gesetzt haben. Deshalb kriegt man beim Lesen öfters den Eindruck: Wenn sich irgendwo eine Statistik findet, die irgendeine feministische Aussage ganz und gar nicht stützt, dann findet sie sich auch in dem Buch wieder, ohne daß an jeder Stelle der große Zusammenhang klar wird.

Zu den generellen Kritikpunkten:

- Amerikanische und deutsche Verhältnisse werden zum Teil wild zusammengeworfen.

Denke ich auch.

- Die Konzentration des Inhalts auf Schattenseiten von Frauen mag in vielen Lesern durchaus den (falschen) Eindruck eines frauenfeindlichen Untertons erwecken

Was heißt denn nun "frauenfeindlich"? Dürfen die Meinungen, (Vor-)Rechte und die gesellschaftliche Position von Frauen nicht angegriffen werden? Oder wenn dann nur so, daß wenigstens ein paar Frauen zustimmen könnten? Haben Frauen also wieder ein Veto? Wozu dann dieses Buch? (Oder darf man nur "schlimmes" ansprechen, wenn man auch loben tut? Eine solche herablassende Haltung hieße dann wohl "paternalistisch"...)

- Das Buch bietet keinerlei eigenständige Lösungskonzepte, sondern zitiert lediglich einige Vorschläge aus der von mir verwendeten Literatur.

Die "frauenfeindliche" Einseitigkeit einer Kritik ohne Lösung könnte doch nur durch ein kollektives Angebot überwunden werden: Seht her, liebe Frauen, so könnt ihr mit uns nicht umspringen, sonst passiert folgendes..., aber so können wir miteinander leben, und an folgende Regeln habt ihr euch dabei zu halten... Aber ein solches Angebot hätte Nachteile: Es wäre damit wieder ein Kern verbindlicher Regeln geschaffen, die weil sie jeweils geschlechtsspezifisch wären, wieder als Geschlechterrollen angesehen werden könnten. Egal wie die Regeln aussehen - es würde Sicherheit im Zusammenleben gewonnen werden, aber zugleich Freiheit sowohl für Männer als auch Frauen verloren gehen. Ich weiß nicht, ob das jeder will.

- Einzelne Passagen, insbesondere das Inhaltsverzeichnis, sind nahezu hysterisierend.

Jedenfalls lese ich es nicht gern. Der Satz "Häusliche Gewalt ist weiblich" ist völlig in Ordnung und sollte möglichst weite Verbreitung finden. Dem Einwand, die männliche Hälfte werde so ignoriert, kann man schließlich entgegnen, daß sich die Kriminologen nur für physische Gewalt interessiert haben, aber nicht für Nörgelei, Drohung, Erpressung usw.

- Und natürlich ist es viel zu dick. :-)

Nö. Es dient einem am Ende ja auch als Nachschlagewerk.


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