Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Was die Männerbewegung will

Emmalein, Sunday, 18.04.2004, 14:05 (vor 7523 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: Was die Männerbewegung will von Arne Hoffmann am 18. April 2004 09:14:27:

Hi, Arne,

- Dass Männer sieben Jahre früher sterben als Frauen ist nicht allein biologisch bedingt. Beispielsweise sterben weit überwiegend Männer an gesundheitlichen Folgeschäden ihrer Arbeit, vom Herzinfarkt bis zur Staublunge. Auch auf jeden tödlichen Berufsunfall, der einer Frau zustößt, kommen zwölf Männer, die dieses Schicksal erleiden. Männer brauchen mindestens so starke Maßnahmen dagegen, wie Frauen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Erstaunlicherweise nimmt in der öffentlichen Debatte der Schutz vor einer unerwünschten Anmache von Frauen größeren Raum ein als der Schutz vor dem Verlust des Lebens von Männern. Dabei sollte Männern auch stärker vermittelt werden, dass sie nicht ihre Gesundheit oder ihr Leben in einem der von der WHO so bezeichneten "Todesberufe" aufs Spiel setzen müssen, nur um mit dem erzielten Einkommen Frauen zu unterhalten.

Ich habe darüber vor kurzem einen Artikel im Spiegel gelesen, dass viele Unterschiede in der deutschen Statistik dazu vor allem aus den Kriegszeiten stammen. Wenn das stimmt, könnte sich ja die Statistik jetzt immer mehr angleichen. Man kann also zumindest anzweifeln, ob diese Todesberufe sich in diesem Mengen zeigen, zumal hier in Deutschland. Die Anzahl der Männer, die im Bergbau dienen, ist drastisch reduziert worden ("Zechensterben im Ruhrgebiet und in Ostdeutschland). Von daher dürfte auch das Problem der "Staublunge" zumindest hier in Deutschland von selbst immer mehr abnehmen.

Hast Du im Übrigen Zahlen darüber, wie stark Männer vom Sterben an Prostatakrebs und Zahlen darüber, wie stark Frauen vom Tod an Brustkrebs betroffen sind? Absolute Zahlen, dass Männer eventuell stark von Prostatakrebs betroffen sind, sind weniger nützlich, als prozentuale Anteile. Wenn mehr Männer prozentual von Prostatakrebs betroffen sind, oder auch nur gleichviel wie Frauen von Brustkrebs, bestünde hier tatsächlich Handlungsbedarf. Wenn allerdings der Anteil der Männer, die an Prostatakrebs sterben, sehr viel geringer ist, als der Anteil der Frauen, die an Brustkrebs sterben, ist es durchaus gerechtfertig, mehr Geld für die Bekämpfung von Brustkrebs auszugeben als Geld für die Bekämpfung von Prostatakrebs.

- Depressionen sind bei Männern stark unterdiagnostiziert, galten noch vor wenigen Jahren als rein weibliches Leiden und bleiben heute noch bei Männern häufig unbehandelt. Dies gilt, obwohl beispielsweise Selbstmord knapp dreimal so viele Männer wie Frauen zum Opfer hat (verdeckte Selbstmorde z. B. durch tödliche "Unfälle" unter Alkoholeinfluss nicht mitgerechnet). Wir sollten endlich beginnen, die Gründe dafür zu erforschen und gezielt Beratungs- und Hilfsangebote für Männer zu entwickeln, wie es sie für Frauen seit langem gibt.

Das Problem könnte dabei aber auch an den Männern selbst liegen; wenn Männer sich selbst Depressionen nicht eingestehen können, und deswegen nicht zum Arzt gehen, kann ein Arzt nicht tätig werden. Ausserdem äussern sich Depressionen von Männern oft in körperlichen Beschwerden und sind deswegen schwerer zu diagnostizieren als bei Frauen (hat mir mal ein befreundeter Arzt erzählt; ob das stimmt, weiss ich nicht genau).

- Männer benötigen dieselben Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen wie Frauen. Zwei Beispiele: Obwohl Schätzungen zufolge knapp 90 Prozent der Obdachlosen männlich sind (auch hier könnte man die Gründe erforschen und bekämpfen), gibt es ein staatliches Sozialprogramm allein für die weibliche Minderheit von zehn Prozent. Und obwohl weit häufiger Männer Gewalttaten zum Opfer fallen, gibt es Vorkehrungen wie Frauentaxis, Frauenparkplätze etc. allein für das weibliche Geschlecht. Tatsächlich kann ein männlicher Rentner einem Überfall aber weit hilfloser gegenüberstehen als eine weibliche Zwanzigjährige.

Wegen Geldmangels sind die meiten Frauennachttaxi-Projekte in den Grossstädten eh eingestampft worden. In meiner Stadt gibt es mittlerweile Nachtbusse von 1 bis 3. Die sind zwar nicht 100%ig sicher, aber besser, als wenn irgendwelche Teenager nachts trampen. Meine Eltern hatten davor, dass ich das tun wurde damals eine Heidenangst. Männlichen Freunden von mir ist das nie passiert, dass die Eltern eine derartige Angst davor hatten. Und ein bisschen präsent ist diese Angst vor Vergewaltigung abends beim Ausgehen bei mir immer noch.. Übrigens werden weniger Männer als Frauen "draussen", also nicht im Gefängnis vergewaltigt, sagt wenigstens die Statistik des BKA aus.

- Insbesondere sei in diesem Zusammenhang auf die Bereiche häuslicher und sexueller Gewalt verwiesen. Was häusliche Gewalt angeht, wissen wir seit Jahren, dass dabei die Täter mindestens zur Hälfte weiblich sind. Es gibt bisher nur zwei Hilfsprojekte für männliche Opfer dieses Delikts (in Berlin und in Oldenburg), beide erhalten bislang keinerlei staatliche Unterstützung.

Welche Statistik sagt das aus? Woher hast Du diese Daten?

>- Organisationen, die von Frauen missbrauchte Jungen betreuen, haben ebenso ein Anrecht auf staatliche Unterstützung wie das umgekehrt für Gruppen gilt, die sich von Männern missbrauchten Mädchen widmen.

Das ist in der Tat ein Missstand, der mich wirklich empört; vor allem, dass staatlich geförderte Organisationen VERHEIMLICHEN müssen, dass sie für missbrauchte Jungen ebenfalls tätig werden, damit sie weiter Fördermittel erhalten! Das ist ein Zustand, der schnellestens abgeschafft gehört! (Susu kann Dir dazu mehr sagen, er/sie scheint sich auf diesem Gebiet verdammt gut auszukennen).

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- Ein spezielles Problem stellen Falschbezichtigungen bei Vergehen wie sexuellem Missbrauch und bei anderen Formen sexueller Gewalt dar. Durch verbesserte Aufklärung über die Häufigkeit falscher Beschuldigungen müssen ungünstige Faktoren wie einseitige Ermittlungen, Vorverurteilungen in den Medien usw. verhindert werden. Stattdessen ist besondere Sensibilität gegenüber allen Beteiligten bei solchen Vorwürfen erforderlich. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass durch willkürliche Bezichtigungen Leben zerstört und Familien auseinandergerissen werden.

Es ist in der Tat ein schwieriges und sensibles Thema. Einerseits sind die Folgen der Falschbeschuldigung meist für die Betroffenen schrecklich, andererseits gehört für die meisten Frauen auch eine enorme Überwindung dazu, so etwas überhaupt zur Anzeige zu bringen; die Befragungen in dieser Hinsicht sind teilweise ebenfalls sehr peinlich, weil sie darauf abzielen MÜESSEN, herauszufinden, ob auch ein Missverständnis der Situation vorliegen gekonnt haben könnte und ein Verhalten als freiwillig interpretiert werden könnte, was nicht freiwillig war. Eine Lösung für das Dilemma habe ich auch nicht wirklich.

- Frauen dürfen zur Bundeswehr, Männer müssen dorthin. Das ist mit dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung nicht zu vereinbaren.

Hat das Bundesverfassungsgericht vor kurzem aber anders gesehen. Da hatte jemand gegen seine Einberufung geklagt. Hat aber nichts ergeben. Stand glaub ich auch im Spiegel. Ich such mal, vielleicht find ich den noch.. Liegt hier begraben unter lauter Büchern über handlungsorientierte Didaktik.

- Gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung ist auch Paragraph 8 des Bundesgleichstellungsgesetzes gerichtet. Dort heißt es: "Sind Frauen in einzelnen Bereichen unterrepräsentiert, hat die Dienststelle sie bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen, Einstellung, Anstellung und beruflichem Aufstieg bei Vorliegen von gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Qualifikation) bevorzugt zu berücksichtigen, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen." Es gibt keine entsprechende Quotenregelung für Männer, die "in einzelnen Bereichen unterrepräsentiert" sind. Einer glaubhaften, aber bislang unbestätigten Quelle zufolge sei nach einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Aktenzeichen C-407/98 Abrahamsson und Anderson) sogar der Passus "... von gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Qualifikation) ..." nicht länger mit dem EU-Recht vereinbar. Eine Frau erhalte den gewünschten Job auch dann, wenn sie schlechter qualifiziert sei als ein männlicher Mitbewerber, solange dieser Unterschied nicht so groß sei, dass er gegen das Erfordernis der Sachgerechtigkeit bei der Einstellung verstoße

Wundert mich allerdings auch; für Grundschullehrer sollte z. B. irgendeine Förderung eingeführt werden. Oder man schafft, was ich besser fände,das gesamte Förderungssystem ab. Dann bräuchte keine Frau auch mehr Angst haben vor dem Vorwurf,einen Job nur wegen der Quote bekommen zu haben. Das wäre mir zumindest ausserordentlich unangenehm. Da nehm ich lieber in Kauf, doppelt zu gut sein zu müssen wie ein Mann für einen Job. Darauf kann frau sich ja wenigstens noch was einbilden;-).

- Und schließlich wird der verfassungsmäßig garantierte Gleichheitsgrundsatz von Einrichtungen in öffentlichen Institutionen gebrochen, die von beiden Geschlechtern finanziert werden, die aber nur Frauen benutzen dürfen: beispielsweise die Frauenbibliotheken an unseren Universitäten. In all diesen Fällen fordern Männerrechtler, die Verfassung und ihr Gleichheitsgebot wieder zu berücksichtigen.

Man hat an unserer Uni mal versucht, Frauencomputerräume einzurichten. Der RCDS hat sich dagegen gewehrt. War das einzige Mal, dass ich RCDS gewählt uab, obwohl ich sonst von dem Verein nichts halte. Jetzt sind alle Computerräume wieder allen zugänglich. Find ich gut so.(Der RCDS hat in dem Jahr die überwältigende Mehrheit der Stimmen aller Studierenden erhalten..;-)).

- Vielen Pädagogen und den ersten Elternverbänden ist inzwischen klar, dass die momentane Form des Schulunterrichts in mehrfacher Hinsicht die Jungen benachteiligt. An besseren Konzepten wird bereits gearbeitet. Das ist zu unterstützen und voranzutreiben.

Hast Du da Studien, die sich speziell auf den Englischunterricht beziehen? Mein Problem ist, dass ich gehört habe, dass Jungen gerade im Fremdsprachenunterricht eher schlechte Ergebnisse erzielen, aber von unterrichtlichen Projekten, die einen "jungengerechteren" Unterricht möglich machen, weiss ich bis jetzt nichts. Susus Tipps in der Richtung entsprechen nur dem allgemeinen Anraten der moderenen Pädagogik, stärker die kommunikative und kulturelle Kompetenz in den Mittelpunkt des Unterrichts zu stellen. Das gilt aber für Mädchen wie für Jungen, und hilft mir nicht viel weiter.

- Die Rechte der Väter müssen unbedingt gestärkt werden. Es ist kein Wunder, dass es der Väterbewegung als erster Gruppe der Männerrechtler gelang, eine öffentliche Debatte anzustoßen. Eines der Grundprobleme ist, dass viele Väter für ihre Kinder zwar Unterhalt zahlen müssen, die Mütter aber den Kontakt mit ihnen sabotieren. Dies kann durch verschiedene Maßnahmen unterbunden werden: etwa Entzug des Unterhalts und bei hartnäckigen Fällen des Sorgerechts. Grundsätzlich sollte Sorge- und Umgangsrecht bei beiden Eltern liegen, gleichgültig ob sie verheiratet, geschieden oder getrennt leben. Die gemeinsame Verantwortungsgemeinschaft für das gezeugte Leben kann nicht einseitig zerstört werden. Insbesondere uneheliche Väter müssen aus ihrer weitgehend rechtlosen Position befreit werden.

Das stimmt, vor allem für die Kinder ist dieser Punkt wichtig. Ich war, als ich klein war, ein richtiges "Papa-Kind"; ich konnte von meinem Papa und seinen wilden Spielchen nie genug kriegen. Kein Kontakt mehr mit meinem Papa, das wäre schrecklich für mich gewesen, zumal mein Vater einer der ersten sogenannten "neuen Väter" war, dem es nichts ausmachte, mit Kinderwagen, Babywindeln und fläschchengebend gesehen zu werden. Mein Vater hat auch sowohl mich, als auch meine Schwester gebadet. Heute wäre das schon fast nicht mehr möglich! Manche von meinen männlichen Freunden trauen sich das schon gar nicht mehr, ihre Töchter zu baden ,weil sie Angst vor dem Vorwurf der Pädophilie haben. Traurig, oder?

- Die sexistische Herabwürdigung von Männern in unseren Medien muss ebenso sozial geächtet werden wie die Herabwürdigung von Frauen. Es gibt keinen Grund, die Diffamierung von Männern als einen Akt politischer Befreiung zu preisen. Hier geht es selbstverständlich nicht um Zensur, sondern darum, dass gegen entsprechende Slogans ("Männer sind Schweine", "Nur ein toter Mann ist ein guter Mann" und viele andere mehr) nachdrücklich Einspruch erhoben und eine Gegenposition eingenommen werden sollte. Es wäre auch fair, Männer nicht nur als Schurken oder Probleme darzustellen, beispielsweise als Menschen, die ihre Männlichkeit zu Gewalttaten treibe, sondern auch als Helden. Bislang wurde von feministischer Seite betont, dass z. B. die islamistischen Terroristen oder der Amokläufer von Erfurt Männer waren, aber es wurde übergangen, dass das auch weit überwiegend für die New Yorker Feuerwehrleute und andere Rettungskräfte galt sowie für den Lehrer Heise, der seinen amoklaufenden Schüler unbewaffnet stellte und gefangennahm. Männlichkeit scheint vor allem Handeln zu bedeuten, im Guten wie im Bösen. Es ist aber heute schick, bei Männern nur die negative Seite herauszustellen. Diskriminierungen von Männern sollten in den Medien genauso thematisiert werden wie Diskriminierungen von Frauen.

Na ja, mich nervt das Ganze schon bei den Frauen total. Ich bin nicht gerade ein Fan der sogenannten "political correctness"..

Frauenbeauftragte gehören abgeschafft zugunsten von Gleichstellungsbüros, die paritätisch mit einem Mann und einer Frau besetzt sind und sich den Problemen und Benachteiligungen beider Geschlechter widmen.

Das klingt sehr gut.

- Auf internationaler Ebene sind Diskriminierungen von Männern ebenfalls zu bekämpfen. Beispielsweise berichtet die Menschenrechtsorganisation Gendercide Watch, dass staatlich angeordnete geschlechtsbezogene Massentötungen in der gesamten Welt weit überwiegend Männer zum Opfer haben. Dieser Punkt werde aber weder von der Politik, noch von anderen Menschenrechtlern, noch von der wissenschaftlichen Forschung zur Kenntnis genommen. Weitgehend ungehört bleiben bislang auch Menschenrechtsgruppen, die kritisieren, dass bei internationalen Kampagnen gegen Beschneidung männliche Opfer dieser Praktik außer acht gelassen werden. Tatsächlich findet die Beschneidung von Jungen überall dort statt, wo auch Mädchen beschnitten werden – nur sechsmal so häufig! In Ländern der Dritten Welt werden diese Verstümmelungen um nichts weniger brutal vorgenommen als bei Mädchen, und die entstandenen Schädigungen sind gleichermaßen ernstzunehmen. Beispielsweise berichtete die New York Times vom 1. August 2001, dass in diesem Jahr allein in Südafrika bereits 35 Jungen an den Folgen ihrer Beschneidung zu Tode kamen.

Nun ja, ich weiss nicht genau, ob es ähnliche Folgen für die Fruchtbarkeit und das Wasserlassen bei bestimmten Formen der Beschneidung für Jungen gibt wie bei Frauen (die Schwangerschaft kann erschwert werden, es kann extrem schmerzhaft werden, Wasser zu lassen, vor allem bei der pharaonischen Beschneidung, die es in Ägypten immer noch gibt). Soweit ich weiss, werden die medizinischen Folgen für Jungen als weniger gravierend beurteilt(meine Schwester,damals eine Krankenschwester, hat mir vor Jahren dazu mal einen Zeitungsartikel gegeben. Ich könnte sie, wenn es Dich interessiert, danach noch mal fragen).

Es grüsst freundlich
das Emmalein


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