Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: taz-Artikel kritisiert "Antidiskriminierungsgesetz" als männerfeindlich

Garfield, Wednesday, 23.03.2005, 12:51 (vor 7576 Tagen) @ Max

Als Antwort auf: Re: taz-Artikel kritisiert "Antidiskriminierungsgesetz" als männerfeindlich von Max am 22. März 2005 20:30:13:

Hallo Max!

Also, so gründlich habe ich dich nicht mißverstanden, denke ich.

Es gibt sicher Unterschiede zwischen einzelnen Völkern Europas. Aber ich glaube nicht, daß die so sehr erblich bedingt sind. Denn es hat unter den Völkern Europas zu allen Zeiten immer wieder "Vermischungen" gegeben, nicht nur zur Zeit der Völkerwanderung. Oft holten Landesherren, deren Gebiete durch Kriege oder ähnliche Katastrophen entvölkert waren, sich Menschen aus anderen Teilen Europas in ihre Länder. Deshalb war es einfach schlecht möglich, daß sich so etwas wie eine vererbbare nationale Mentalität entwickeln konnte.

Nun haben aber nicht alle europäischen Nationen dieselbe Geschichte hinter sich. Und DAS macht den Unterschied. Hätte es beispielsweise keinen Napoleon Bonaparte gegeben, dann wäre Deutschland so schnell nicht wieder vereinigt worden. womöglich gäbe es dann heute immer noch unzählige deutsche Staaten, die dann aber wahrscheinlich auch zum großen Teil EU-Mitglieder wären. Wäre Wilhelm II. ein besserer Herrscher gewesen, dann wäre uns die Katastrophe des Ersten Weltkrieges erspart geblieben, und dann hätte es auch keine Nazi-Diktatur und keinen Zweiten Weltkrieg gegeben, oder zumindest nicht so schnell.

So hat eben jede Nation ihre eigene Geschichte, die spezielle Aktionen der jeweiligen Machthaber bewirkt hat, was dann wiederum spezielle Reaktionen des jeweiligen Volkes bewirkte.

Diese "ach wie sind wir Deutschen doch furchtbar"-Attitüde wurde erst durch unsere selbstgerechten Gutmenschen etabliert. Das Märchen vom risikoscheuen, verzagten deutschen Kleingeist ist nur ein Ableger dieses Unsinns.

Dabei fällt mir eine Reportage ein, die ich vor einigen Jahren gesehen habe. Da ging es um einen Deutschen, der in die USA ausgewandert ist und dort einen Bratwurststand aufgemacht hat. Damit war er so erfolgreich, daß er schon bald ein Restaurant eröffnen konnte und nun plante, in einer anderen Stadt ein zweites Restaurant aufzumachen. Er sagte dann, daß diese Karriere ihm so in Deutschland nicht möglich gewesen wäre. Weil er dafür beispielsweise einen Meisterbrief benötigt hätte, den er aber nicht hatte und sich auch nicht leisten konnte.

Wer will denn nun aber, daß man in Deutschland immer noch in manchen Bereichen einen Meisterbrief braucht, um ein Unternehmen führen zu dürfen? Gehen die deutschen Bürger in ihrer Engstirnigkeit massenweise dafür auf die Straße? Nein, das tun sie nicht. Es sind die etablierten Unternehmen, für die ein Meisterbrief so etwas ist wie eine Zunftmitgliedschaft im Mittelalter, nämlich ein Mittel, sich lästige Konkurrenz vom Hals zu halten.

Dann heißt es immer, daß die Deutschen ja so sehr vor der Gründung eines Unternehmens zurück schrecken würden. Ein Bekannter meines Vaters hat folgendes erlebt:

Er war arbeitslos und gründete mit Förderung des Arbeitsamtes eine Ich-AG. Da hat man erst einmal das Problem, Aufträge zu bekommen. Er war Maurer, und als Ich-AG wird man da kaum ernst genommen. Man kann da auch keine Forderungen stellen, von wegen Vorauszahlung oder ähnliches. Dann hat man schon gar keine Chance. Er bekam nach langem Suchen schließlich einen Auftrag in Baden-Württemberg (er wohnte in Mecklenburg-Vorpommern). Er trommelte einige arbeitslose Bekannte zusammen, mietete sich eine kleine Wohnung vor Ort und fing an zu arbeiten.

Im ersten Monat gabs noch Geld. Im zweiten Monat kam nichts. Nach diversen Anfragen kam das Geld für den zweiten Monat dann im dritten Monat, für den dritten Monat kam aber nichts. Und von nun an kam überhaupt kein Geld mehr. Schließlich war er total pleite (Miete und Essen mußten ja auch bezahlt werden), und er ist dann schließlich mit seinen Mitarbeitern frustriert wieder nach Hause gefahren. Unterm Strich haben sie bei der Aktion noch drauf gezahlt.

Das ist keine Ausnahme. Die Zahlungsmoral wird heute immer schlechter, auch wenn Geld vorhanden ist. Gerade kleine und mittlere Firmen haben dann oft Probleme damit, ihr Geld zu bekommen, weil die sich kein Heer von Anwälten leisten können. Großunternehmen wissen das ganz genau und kalkulieren von vorneherein ein, daß sie Rechnungen nicht oder nicht vollständig bezahlen werden.

Ist es die deutsche Bevölkerung, die die Unternehmen dazu drängt, Rechnungen einfach nicht zu bezahlen?

Dann heißt es auch immer, die Deutschen wären viel zu unflexibel bei der Jobsuche. Sie würden davor zurück scheuen, auch mal in ganz anderen Bereichen Jobs zu suchen, so wie das beispielsweise die Leute in den USA tun würden.

In den USA erwarten die Unternehmen aber auch nicht von jedem Bewerber immer ein exakt passendes Zeugnis oder Diplom. Ich glaube auch nicht, daß dort das Wort "überqualifiziert" so oft verwendet wird wie in Deutschland. Ist es die deutsche Bevölkerung, die die Unternehmen in Deutschland dazu zwingt, so hohe Anforderungen an die offizielle Qualifikation von Bewerbern zu stellen? Zwingt der deutsche Bürger die Unternehmen dazu, Menschen ohne offizielles Facharbeiterzeugnis oder Diplom nicht einzustellen oder schlechter zu bezahlen? Zwingt der deutsche Bürger die Unternehmen dazu, Bewerber, die zwar das richtige Zeugnis oder Diplom haben, aber lange Zeit nicht in diesem Beruf tätig waren, grundsätzlich abzulehnen? Und damit jeden Arbeitslosen praktisch dazu zu zwingen, einen Job zu suchen, für den er eben das passende Zeugnis oder Diplom hat? Weil sein Zeugnis oder Diplom ansonsten bald wertlos ist? Und weil man oft nur über jahrelange Ausbildung und mit viel Geld ein anderes Zeugnis oder Diplom bekommen kann?

Politik und Wirtschaft haben in Deutschland Bedingungen geschaffen, die es den Menschen erschweren, einen Job zu finden oder sich selbstständig zu machen. Wenn man das so öffentlich thematisiert, dann ergibt sich daraus logischerweise die Folgerung, daß Politik und Wirtschaft etwas ändern müssen. Das ist jedoch nicht erwünscht, also muß man es so darstellen, als wäre die deutsche Bevölkerung an diesen Mißständen schuld. Dabei knüpft man gern an die Behauptungen diverser Gutmenschen an und schiebt die Schuld auf irgendeine spezielle deutsche Mentalität.

Mit den Berufsfeministinnen ist das übrigens ganz ähnlich. Auch da ist es ja keineswegs so, daß die Bevölkerung verlangt, daß die gute Posten in Ämtern und Behörden bekommen. Dafür sorgen unsere Politiker schon von sich aus.

Erstens gilt Feminismus immer noch als "politisch korrekt", und wenn man den Menschen sonst nichts Positives zu bieten hat, ist es immer noch gut, den Joker "Frauenförderung" aus dem Hut zu zaubern.

Zweitens erpressen die Berufsfeministinnen die Politiker durchaus auch, nach dem Motto "wenn ihr uns keine Posten und keine Gelder gebt, dann bewerfen wir euch in den Medien mit Dreck".

Drittens sind Feministinnen sehr präsent in den Medien, was aber keineswegs nur aus der Unterstützung der Bevölkerung resultiert. Nein, viele Unternehmen sehen Frauen als ihre hauptsächliche Zielgruppe an, bauchpinseln sie deshalb gern in ihrer Werbung, und die Medien, die mit dieser Werbung Geld verdienen, produzieren dann das dazu passende Rahmenprogramm und geben dafür eben auch Feministinnen immer wieder Plattformen für ihre Propaganda.

Und zum Thema Völkermord: In früheren Zeiten hätten andere Nationen sicher auch gern Rechenmaschinen, Gaskammern und ähnliches eingesetzt, um die Menschen des zu beseitigenden Volkes möglichst effektiv zu erfassen und zu töten. Da die Technologien dafür noch nicht existierten, mußten sie darauf glücklicherweise verzichten und konnten nicht ganz so effektiv morden. Aber ich glaube nicht, daß das für die Opfer einen wesentlichen Unterschied machte.

Und Idioten im Straßenverkehr findet man auch in anderen Ländern. Was ich da z.B. oft mit Franzosen oder Belgiern erlebe...

Freundliche Grüße
von Garfield



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