Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Entweder-Oder?

Garfield, Monday, 04.07.2005, 19:32 (vor 7074 Tagen) @ Conny

Als Antwort auf: Re: Entweder-Oder? von Conny am 04. Juli 2005 12:18:

Hallo Conny!

"das matriarchat hat in der urgesellschaft funktioniert und an dieser urgesellschaft bedient sich auch der komunismus."

Das Matriarchat hat auch in der Urgesellschaft nicht allgemein funktioniert. Noch vor 50 Jahren glaubten manche Historiker an ein Urmatriarchat, aber mittlerweile gehen seriöse Historiker davon aus, daß es so etwas nicht gegeben hat. Matriarchate konnten sich immer nur unter ganz bestimmten Bedingungen herausbilden, nämlich überall da, wo die althergebrachten Tätigkeiten der Männer weniger wichtig waren.

Marx ging davon aus, daß es in früheren Zeiten einen Urkommunismus gab. Das halte ich persönlich für unwahrscheinlich. Ich denke, daß es schon sehr lange persönlichen Besitz gibt. Der bestand vielleicht manchmal nur aus einem Feuerstein und einer Keule, aber er war schon in der Steinzeit vorhanden. Wenn es lange Zeit keinen persönlichen Besitz gegeben hätte, dann wäre heute das Streben der Menschen, Besitz zu erlangen und an diesem Besitz festzuhalten, nicht so sehr ausgeprägt. Außerdem zeigen sich Besitzansprüche auch schon bei Tieren. Viele Katzen beispielsweise wachen sehr streng über ihren Futternapf und lassen kein anderes Tier kampflos an seinen Inhalt heran. Pinguine bewachen genauso argwöhnisch ihre Nester und versuchen andererseits, Steinchen aus anderen Nestern zu stehlen. Wenn sie dabei von den Besitzern der Nester erwischt werden, kann das durchaus tödlich enden. Das Streben, Besitz zu erwerben und zu verteidigen, ist also uralt, älter als die Menschheit.

"...sowas kann nur in kleinen sippen funktionieren, in denen es aber auch eine abhängigkeit der geschlechter gab."

Ja, wenn es diese Rollenverteilung und damit eine Abhängigkeit gab, dann waren Männer auch geachtet und notwendig, und deshalb konnte unter solchen Bedingungen kein Matriarchat entstehen.

"im kapitalismus bezahle ich doch nicht das kind eines anderen?"

Warum nicht? Wir leben im Kapitalismus, zwar noch nicht in einem Kapitalismus in Reinkultur, aber immerhin. Und da kommt es vor, daß Männer für Kinder Unterhalt zahlen müssen, obwohl zweifelsfrei erwiesen ist, daß es nicht ihre Kinder sind. Im Kapitalismus geht es darum, Profit zu erwirtschaften. Profit erwirtschaftet man dann, wenn man seine Ausgaben minimiert und seine Einnahmen maximiert. Der Staat will auch Profit erwirtschaften, also minimiert er seine Ausgaben für Kuckuckskinder, indem er diese Ausgaben auf die Männer abschiebt, die so unvorsichtig waren, irgendwann mal die Vaterschaft für diese Kinder anzuerkennen oder zumindest nicht anzufechten.

"d.h. für mich nun, daß wir noch nicht bereit sind ein matriarchat aufzubauen."

Matriarchat und Kommunismus sind zwei ganz verschiedene Sachen, die sich weder gegenseitig bedingen noch gegenseitig ausschließen. In gewisser Weise haben wir ja schon ein Matriarchat. Daß es wenig Frauen in Führungspositionen gibt, hat damit gar nichts zu tun. Wichtig ist, wessen Interessen vorrangig vertreten werden. Und das sind nun einmal oft die Interessen der Frauen.

"sie wollen von allem nur die vorteile. das kann aber nicht die lösung sein."

Eigentlich wollen viele Feministinnen nur gute Posten für sich selbst und sonst gar nichts. Der Feminismus und die Frauen sind ihnen völlig egal. Aber das ist bei allen Ideologien so. Als beispielsweise 1945 das Ende des "1000jährigen Reiches" in greifbare Nähe rückte, interessierten sich viele Nazi-Bonzen auch nicht die Bohne für den Endsieg und den Nationalsozialismus. Die zweigten überall dringend benötigte LKWs und Treibstoff ab, um ihren zusammen gestohlenen Besitz in Sicherheit zu bringen. Und viele SED-Bonzen hatten 1989/90 auch gar kein Problem damit, ihr SED-Parteibuch sofort ins Klo zu werfen und Mitglieder in CDU oder SPD zu werden. Genau wie so manches Mitglied des kommunistischen Rotfrontkämpfer-Bundes nach dem Verbot dieser Organisation durch Hitler in die SA eintrat, um sich dort fortan ganz legal weiter zu prügeln.

"da gibt es noch das problem arbeit. es ist einfach nicht genügen arbeit vorhanden, um das system einfach so weiter laufen zu lassen wie im moment. das sollte man auch mal berücksichtigen."

Das ist richtig. Aber das wird in naher Zukunft weder zu einem Matriarchat noch zum Kommunismus führen. Ganz im Gegenteil: Wenn die Menschen weniger Besitz haben, werden sie nur umso mehr bestrebt sein, sich irgendwie Besitz zu verschaffen. Mit allen Mitteln. Der Kapitalismus ist eine Mangelgesellschaft. Mangel ist allein schon deshalb notwendig, um die Preise in profitablen Höhen zu halten. Mangel weckt aber immer auch Begehrlichkeiten, und unter solchen Bedingungen kann es keinen Kommunismus geben. Das hat sich ja auch in den Ostblockstaaten gezeigt. Deshalb kann es so etwas ähnliches wie Kommunismus erst geben, wenn wir technologisch in der Lage sind, zumindest an lebenswichtigen Gütern mehr als genug für alle zu produzieren, ohne daß dafür ein Mensch arbeiten muß. Oder aber daß jeder ohne großen Aufwand alles Lebensnotwendige selbst produzieren kann. Wir entwickeln uns in diese Richtung, sind aber noch lange nicht soweit.

"das ist ja das übel. die frau hat die wahl und nach der muß mann sich richten. der mann als marionette des feminismus."

Im Prinzip war das auch früher schon so. Nur mit dem Unterschied, daß eine Frau da oft genausowenig Wahlmöglichkeiten hatte wie ein Mann. Aber nicht, weil sie vom Mann unterdrückt und in ihre Rolle gezwängt wurde, sondern weil die Verhältnisse es häufig weder Männern noch Frauen gestatteten, aus ihrem jeweiligen Rollenbild auszubrechen. Frauen wurden nun einmal immer wieder schwanger, wenn sie Geschlechtsverkehr hatten, und wenn sie sich dann nicht selbst ernähren konnten, dann mußte notwendigerweise jemand zumindest zeitweise für ihren Unterhalt sorgen. Manchmal übernahmen kirchliche Heime oder Verwandte diese Aufgabe, aber oft übernahm sie der Vater des Kindes. Und schon waren die Aufgaben klar verteilt.

Heute sehen diese Aufgaben für Männer immer noch genauso aus, nur die Frauen haben jetzt die freie Wahl und sind praktisch auch nicht mehr verpflichtet, den Leistungen ihrer Männer etwas entgegen zu setzen. Das schafft natürlich eine zunehmende Schräglage zuungunsten der Männer.

Letztendlich ist das aber nicht das Verdienst des Feminismus, sondern wir haben das den Männern zu verdanken, die das Gejammere der Feministinnen immer wieder ernst genommen haben.

Freundliche Grüße
von Garfield


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