Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Der Past, ein Anti-Feminist? Nun je, nun ja!

michail, Tuesday, 03.08.2004, 16:36 (vor 7409 Tagen) @ Ekki

Als Antwort auf: Re: Der Past, ein Anti-Feminist? Nun je, nun ja! von Ekki am 02. August 2004 18:50:15:

Hallo Ekki

es enttäuschte mich erneut etwas, wenn Du wirklich meinen solltest, ich hätte auf dein Posting aus religiöser Verletzlichkeit reagiert. Nichts dergleichen! Mir geht es allein um die soziopolitische Einfachheit deiner Aussagen. Bei diesen Ausführungen über die intimen Zusammenhänge zwischen Klerus und Feminismus dachte ich, daß Du genauso behaupten könntest, die Vegetarier hätten sich mit den Gemüsebauern konspirativ zusammengeschlossen, um der Fleischindustrie zu schaden.

Keuschheit, sexuelle Abstinenz, Zölibat oder gar (in früheren Naturkulten) rituelle Entmannungen gab es zu Urzeiten - lange vor dem Christentum -, und Ähnliches begegnet uns selbst in Lektüren von Kult-Spiritualisten der achtziger Jahre, die sogar die katholische Kirche haßten.

Durchgesetzt hatten sich solche Impulse nach der Überwindung alter Naturreligionen, die Opfer an die Natur (Große Mutter) verlangten, deren Scheußlichkeit heute schockierend wäre. Die Entdeckung des Geistes bei der Entfaltung des abstrakten Denkens ("Gott ist Geist…"!) war ein erlösendes Ereignis, hat aber auf dem Weg seiner Entfaltung bis zur reinen Ratio auch manchen Irrtum hinnehmen müssen. Anstatt z.B. der Natur und deren Vertretungen zu opfern, haben die meisten der späteren Religionen etwas zu weit in die andere Richtung geschossen: Man begann die Natur in der eigenen Physis zu unterdrücken und zu beschneiden, um nach dem Prinzip der Transformation (Freuds Sublimierung) den Geist zu mehr Entfaltung zu bringen. In westlichen Religionen wurde dies als Gottgefälligkeit aufgefaßt, in östlichen als Methode zur Erlangung von Erleuchtung. Und auch im Weltlichen vollzog sich Vergleichbares: Noch im England des 19. Jahrhunderts heirateten Professoren an gewissen Universitäten (als quasi Bildungs- und Geistesdiener) nicht!

Zum Vergleich einige Regeln des Buddhismus, der mit dem westlichen Klerus gewiß nichts zu tun hat:

„- Da der Mönch Gotama auf Unkeuschheit verzichtet hat, lebt er in Keuschheit. Er enthält sich dieser niedrigen Gewohnheit und auch des Geschlechtsaktes, der eine Gewohnheit des gemeinen Volkes ist…
- Er nimmt weder an Tanz, Gesang noch Musik teil und sieht sich keine Schauspiele mit Tanz, Gesang und Musik an…
- Er lehnt es ab, Gold und Silber anzunehmen…“

(Siehe hier: http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/mission/wr_buddhismus.html)

Das klingt doch wenig nach Promiskuität, Reichtum und was Du sonst die üblichen Männeranliegen nanntest. Wundert es Dich vielleicht jetzt, daß Feminismus nicht unter den Buddhisten aufkam? Mich nicht, weil ich die Gründe für sein Aufkommen nicht in den Keuschheitsregeln der katholischen oder sonst einer Religion sehe.

Im Gegenteil: Die Ideologien, die Biologie nahezu völlig aufheben wollten, um auch an den Geschlechtern ihre doktrinären Weltveränderungsprinzipien zu erproben, haben sich mit kaum etwas stärker angelegt als mit der Kirche. Und genau diesen Nagel trifft das vatikanische Schreiben auf den Kopf, denn im Theoretischen wendet es sich exakt gegen eine Ideologie, welche die Biologie der Geschlechter abschafft und so deren unterschiedliche Positionierung in der Gesellschaft als Ergebnis von Konkurrenz und Haß hinstellt. Ganz so ist es auch! Ich gebrauche ungern Modewörter. Aber das ist nun mal genial; nicht anders würde ich die Gründe meines Angehens des Feminismus bezeichnen.

Es ist ja in Ordnung, wenn nicht jeder das gleiche wie ich aus dem Schreiben versteht. Aber gerade bei diesem Ereignis gegen die katholische Kirche zu schäumen und das mit solch unhaltbaren Schuldzuweisungen… - Nein!

Freundlich
Michail


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