Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

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Re: Nu mach mal halblang

Garfield, Friday, 20.01.2006, 18:19 (vor 7120 Tagen) @ Wodan

Als Antwort auf: Re: Nu mach mal halblang von Wodan am 20. Januar 2006 12:37:

Hallo Wodan!

"Leider scheint einigen hier nicht klar geworden, daß der Femiwahn keine deutsche Spezialität ist..."

Und nicht nur das: Einigen scheint auch nicht klar zu sein, daß der Feminismus selbst eigentlich gar nicht das Problem ist, sondern nur eine der Auswirkungen des Problems.

Ich bin in der DDR aufgewachsen, und da spielte Feminismus überhaupt keine Rolle. Sicher - man griff das Thema "Gleichberechtigung der Frau" zuweilen auf, aber nur in der Propaganda. Da wurde die angebliche Benachteiligung der Frau als ein Problem dargestellt, das es nur in westlichen Ländern gäbe, in der DDR aber längst beseitigt wäre. Bezogen auf die DDR-Gesellschaft spielte der Feminismus überhaupt keine Rolle, und da er nicht staatlich gefördert und schon gar nicht staatlich finanziert wurde, gab es auch keine Berufsfeministinnen im heutigen Sinne.

Trotzdem lief alles prinzipiell auch nicht anders ab als heute im wiedervereinigten Deutschland. Ich kann mich noch gut an diverse Kleinigkeiten in meiner Kindheit erinnern, die mir und anderen Jungen oder Männern immer wieder zeigten, wo wir uns in der Hierarchie verglichen mit den Mädchen oder Frauen wirklich befanden. Einige Beispiele:

In der 3./4. Klasse hatten wir Schwimmunterricht. Einmal stand ich nun nach dem Schwimmen unter der Dusche. Ich war früher oder später dran als die anderen Jungen aus meiner Klasse, jedenfalls waren außer mir nur zwei Männer im Duschraum. In diesem Duschraum gab es keine Zwischenwände - es war einfach nur ein großer Raum mit Duschen an den Wänden. Plötzlich öffnete sich die Tür, eine Putzfrau kam herein und spazierte ganz selbstverständlich quer durch den ganzen Duschraum. Ich stand wie die beiden Männer auch nackt unter der Dusche, aber das störte die nicht die Bohne. Mir war das damals sehr peinlich, obwohl sie auf mich kleinen Knirps wohl kaum geachtet haben wird. Vermutlich wird es den beiden Männern auch nicht angenehm gewesen sein, aber natürlich haben die sich nicht getraut, irgendetwas zu sagen. Und beschwert haben sie sich mit Sicherheit später auch nicht - weil sie natürlich genau wußten, daß sie niemand ernst nehmen würde.

Wenn aber umgekehrt irgendein männlicher Angestellter einfach so in die Frauen-Dusche gegangen wäre, während da Frauen oder Mädchen nackt unter der Dusche standen, dann hätte das erstmal ein Riesen-Geschrei gegeben und dann natürlich auch saftige Beschwerden. Diese Beschwerden hätte selbstverständlich niemand ignoriert, und der Typ wäre zumindest von seinem Chef zusammengestaucht und spätestens im Wiederholungsfall woanders hin versetzt worden.

Mir fiel damals auch immer wieder auf, daß die Umkleideräume der Mädchen für den Sportunterricht weitaus besser eingerichtet waren als die der Jungen. In den Räumen der Jungen gab es üblicherweise lange Bänke an den Wänden und eine Leiste mit Haken darüber. Letztere war aber schon nicht mal überall vorhanden. Die Mädchen hatten in ihren Umkleideräumen immer Bänke und Hakenleisten, dazu meist noch Schränke und oft auch einen Tisch und ein paar Stühle dazu. Meist gab es auch mindestens einen Spiegel. Als dann mal der Umkleideraum der Mädchen renoviert wurde, bekamen sie vorübergehend unseren Umkleideraum und wir Jungen durften uns im Freien neben dem Sportplatz, direkt an einer Straße, umziehen.

Als ich dann Abi machte, gab es dort allerdings gar keine richtigen Umkleideräume. Die Schule war Ende des 19. Jahrhundert als Jungen-Gymnasium gebaut worden. Weil es dort zu der Zeit nur Jungen gab, konnten die sich in den Klassenräumen umziehen. Jetzt zogen sich die Mädchen in einem Abstellraum um, und für uns Jungen blieb nur der Vorraum zur Sporthalle. In dem Abstellraum standen nur einige überzählige Tische und Stühle. Deshalb wurde der Schlüssel einfach hinter dem Fallrohr der Dachrinne versteckt, und die Mädchen konnten so immer schnell in den Raum. Der Schlüssel für die Sporthalle hing dagegen im Lehrerzimmer. Den mußte dann erstmal einer von uns holen, und wenn wir endlich drin waren, dann waren die Mädchen schon fast fertig umgezogen. Im Winter, wenn wir in der Halle Sport hatten, kamen sie dann immer in den Vorraum und sahen uns da beim Umziehen zu. Einige Jungen wechselten für den Sportunterricht normalerweise auch die Unterwäsche - das störte die Mädels nicht, genausowenig wie die Sport-Lehrerinnen, die auch ständig durch den Raum liefen, obwohl es noch einen zweiten Eingang zur Sporthalle gab. Wir sagten den Mädchen oft, daß sie gefälligst draußen warten oder in ihrem Umkleideraum bleiben sollen, aber die stellten sich stur und meinten, draußen wäre es doch kalt... Aber wehe, einer von uns steckte auch mal nur seinen Kopf in den Umkleideraum der Mädchen - das gab dann natürlich prompt ein wildes Geschrei.

In dem Zusammenhang fällt mir noch eine Geschichte ein, die einer meiner Mitschüler in der Zeit im Internat erlebt hat: In diesem Internat gab es nur einen Duschraum, und deshalb hatte man natürlich separate Duschzeiten für Jungen und Mädchen festgelegt. Irgendwann wurden diese Zeiten dann mal geändert, und dieser Mitschüler dachte nicht daran und ging zur falschen Zeit hinunter zum Duschraum. Das war aber kein Problem - er traf auf dem Flur vor dem Duschraum einige Mädels, die ihm dann sagten, daß sie gerade Duschzeit haben, und dann ging er eben wieder hoch. Nun hatte aber der Hausmeister zufällig gesehen, daß er aus Richtung des Duschraumes kam. Kaum war er wieder im Zimmer, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und der Hausmeister herein stürmte. Er brüllte meinen Mitschüler sofort an, von wegen, was er zur Duschzeit der Mädchen im Duschraum zu suchen hätte. Er führte sich auf, als hätte mein Mitschüler die Mädels da unter der Dusche reihenweise vergewaltigt und umgebracht, beschimpfte ihn wüst, schubste ihn gegen ein Bett, und dieser Mitschüler war total verdattert und wußte gar nicht, was los ist. Er versuchte dann, dem Deppen zu erklären, daß er sich doch nur geirrt hat und daß doch gar nichts passiert war, aber der hörte gar nicht zu und hat sich dann natürlich auch noch beim Internatsleiter beklagt.

Dieses Internat war eine ehemalige Adels-Villa. Viele Räume im unteren und mittleren Stockwerk waren ursprünglich recht groß, und man hatte sie dann später durch Zwischenwände geteilt. An den Wänden war teilweise Holztäfelung. Das sah früher sicher toll aus, an den Zwischenwänden war nun aber keine Holztäfelung, was das ganze Bild zunichte machte. Obendrein war die Holztäfelung auch noch mit häßlicher grauer Farbe übergepinselt worden. Diese Zimmer sahen jetzt ziemlich scheußlich aus, waren auch eher lieblos möbliert, und dort wurden grundsätzlich Jungen einquartiert, oft 5-7 in einem Zimmer.

Oben, unter dem Dach, waren früher die Dienstboten-Zimmer gewesen. Diese Räume waren kleiner, die Decke war dort nicht so extrem hoch, es gab teilweise auch Dachschrägen - aber so wirkten diese Zimmer viel gemütlicher und schöner. Dort wohnten grundsätzlich die Mädchen, meist 2-4 pro Zimmer.

In der mittleren Etage mußte man zwangsläufig auch Mädchen unterbringen, aber auch hier bekamen sie die kleineren und besseren Zimmer, während die Jungen in größeren Zahlen in die häßlicheren und größeren Zimmer einquartiert wurden.

Dann mußten wir Jungen natürlich zur Musterung, die Mädchen jedoch nicht. Ich hatte damals etwas Bammel davor, weil ich wilde Geschichten darüber gehört hatte, über Genital- und Anal-Untersuchungen, auch in Anwesenheit von Krankenschwestern... Glücklicherweise stellte ich dann fest, daß das wohl nur Märchen waren - ich habe zumindest nichts dergleichen erlebt. Trotzdem blieben Musterung und Wehrdienst etwas, das ganz selbstverständlich nur uns Jungen traf. Und als die Mädchen dann locker flockig mit frischen Schulkenntnissen mit dem Studium beginnen konnten, mußte ich wie auch die anderen Jungen erst einmal zum Wehrdienst einrücken, um dort ein Jahr meines Lebens zu verschwenden. (Anfangs hatte ich sogar noch mit 18 Monaten Kasernenhaft zu rechnen - als Strafe dafür, als Junge geboren worden zu sein.)

Und in der Schulzeit davor gingen uns die Lehrer ständig damit auf die Nerven, daß wir uns doch bitteschön in großer Anzahl zum Dienst als Unteroffiziere oder Offiziere bei der NVA bereit erklären sollten. Auch dafür gab es in der DDR nämlich Pläne - die Lehrer mußten eine bestimmte Zahl von Jungen zum dauerhaften oder zumindest längeren Dienst in der NVA drängen. Wenn sie das nicht schafften, gab es Ärger und womöglich keine Prämie am Jahresende. Schon in der ersten Klasse, bei der allerersten Elternversammlung, ging unsere Klassenlehrerin unseren Eltern damit auf die Nerven. Sie mögen doch bitte ihre Söhne davon überzeugen, länger zur Armee zu gehen... Als eine Mutter sagte, daß es dafür doch wohl noch etwas zu früh wäre, drehte eine andere Mutter sich zu ihr herum und sagte in giftigem Ton: "Was mischen Sie sich denn da ein - Sie haben doch gar keinen Sohn." Diese Mutter hatte auch nur Töchter und war somit also nicht betroffen, denn Mädchen machte niemand deswegen Druck, und Mädchen mußten somit auch keine schlechte Beurteilung im Zeugnis befürchten, wenn sie sich weigerten, länger zur Armee zu gehen. Man fragte sie selbstverständlich gar nicht erst danach.

Und nicht nur das: Auch bei der Zensurenvergabe wurden die Mädchen klar bevorzugt. Als ein Lehrer das ausnahmsweise mal nicht machte, sondern uns alle gleichermaßen schlecht benotete, erzählten die Mädchen aus Ärger über den ihnen so ausnahmesweise nicht gegönnten Sonderbonus prompt überall herum, daß er schwul wäre. Aber das war eben eine Ausnahme. In einem Fall wollte ein Lehrer mal einem Mädchen aus meiner Klasse im Chemieunterricht eine 2 geben, für eine Leistung, die man korrekterweise auch mit extrem guten Willen bestenfalls mit einer 4- hätte bewerten können. Sie hat eben so rührend geweint, als sie da so verzweifelt und absolut unwissend vorn an der Tafel stand, der Lehrer war kurz vor der Pensionierung und sah das alles nicht mehr so eng, er wußte auch, daß sie sehr fleißig war und sicher alles aus der letzten Stunde brav auswendig gelernt hatte, es aber nur leider aufgrund ihres absoluten Unverständnisses für das Fach Chemie nun nicht auf eine andere Formel anwenden konnte... Die Diskrepanz zwischen Leistung und Benotung war in diesem Fall so enorm groß, daß nun doch die ganze Klasse protestierte, auch die anderen Mädchen. Der Lehrer sah sich dann gezwungen, die 2 wieder zurück zu nehmen. Die ihr zustehende 4-5 gab er ihr aber auch nicht, sondern kündigte an, sie in der nächsten Stunde noch einmal nach vorn zu holen. Das tat er dann auch, gab ihr diesmal exakt die Formel vor, die wir vorher im Unterricht als Beispiel behandelt hatten, sie hatte zwar immer noch nichts davon verstanden, dafür aber fleißig auswendig gelernt, schrieb alles freudestrahlend an die Tafel und bekam nun doch ihre 2... Ich habe in meiner ganzen Schulzeit niemals erlebt, daß ein Junge in solch einer Situation mit einer 2 davon gekommen ist.

In der 8. oder 9. Klasse mußten wir dann alle "freiwillig" in die GST (Gesellschaft für Sport und Technik) eintreten und "freiwillig" am paramilitärischen Training teilnehmen. Das betraf zwar prinzipiell auch die Mädchen. Aber sie mußten nur ab und zu mal alberne Marschier-Übungen oder Geländemärsche mitmachen. Und in den Ferien mußten sie in der 9. Klasse für zwei oder drei Wochen einen Sanitätskurs absolvieren. Dazu konnten sie aber zu Hause bleiben und mußten nur für ein paar Stunden täglich zu diesem Kurs. Wir Jungen durften derweil für 3 Wochen ins Wehrlager, wo wir kasernenmäßig untergebracht (also de facto eingesperrt) waren und unter Anleitung von NVA-Unteroffizieren die Grundausbildung vorwegnehmen durften, inklusive Sturmbahntraining, Gas-Schutz-Training usw. Geschossen wurde allerdings nur mit Kleinkaliber-Gewehren, die aber funktional der Kalaschnikow AK 47 und AK 74 entsprachen. Das Ganze wiederholte sich dann noch einmal in den Ferien zwischen 11. und 12. Klasse. Da warfen wir dann auch scharfe Handgranaten.

Als ich den Film "NVA" sah, erinnerte mich eine Szene deutlich an diese Zeiten: Da stapft so ein armer Kerl in voller Kampfmontur frustriert durch die Botanik, und dann sieht er eine Gruppe Mädels in seinem Alter, die in leichter sommerlicher Kleidung mit Sonnenschirmen fröhlich zum Baden gehen und über ihn lachen. Ich war damals in den ersten Monaten meiner Wehrdienstzeit schon froh, wenn ich überhaupt mal aus der Kaserne kam, und sei es nur für eine Geländeübung, bei der ich nachts bei -20°C nur mit einer dünnen Decke und meiner Felddienst-Winter-Uniform auf einem Holztisch in einem ungeheizten Raum übernachten durfte und vor Kälte nicht schlafen konnte. Die Mädels aus meiner ehemaligen Schul-Klasse lagen vermutlich derweil allesamt gemütlich zu Hause im warmen Bett.

Wenigstens hatte ich zu der Zeit keine Freundin, die mir dann womöglich obendrein noch in einem Brief geschrieben hätte, daß eine Beziehung doch nicht funktionieren könne, wenn man sich nur so selten sieht... Das wäre noch die Krönung gewesen. Ich habe in meiner Wehrdienstzeit immer wieder von Selbstmorden gehört. Ob das nun an privaten Problemen oder mehr an Schikanen durch Vorgesetzte und/oder andere Soldaten lag, weiß ich nicht. Meist war wohl letzteres der Fall, denn auffällig war, daß sich so etwas in bestimmen Einheiten häufte. Üblicherweise waren das Mot-Schützen-Kompanien - da kamen nämlich oft diejenigen hin, die geistig zu nichts anderem zu gebrauchen waren, als stumpfsinnig mit Sturmgewehr hinter einem SPW herzulaufen. Das betraf so Grundwehrdienstleistende und Unteroffiziere gleichermaßen. Damit will ich nicht sagen, daß dort alle geistig minderbemittelt waren. Man konnte natürlich auch als normaler Mensch in so einem Haufen landen, wenn man Pech hatte, besonders als Wehrpflichtiger. Aber dann hatte man da auch oft nicht viel zu lachen. Es gab auch Einheiten, in denen die Kommandeure Schikanen der Unteroffiziere gegen die Soldaten tolerierten oder sogar förderten. Da war es dann besonders schlimm. Mit alledem hatten junge Frauen auch in der DDR ganz selbstverständlich kein Problem.

Mit Ableistung des Grundwehrdienstes endet die Wehrpflicht für Männer selbstverständlich keineswegs. Viele wissen das gar nicht, aber die Wehrpflicht schließt auch die Möglichkeit ein, den Wehrpflichtigen jederzeit zu Reserve-Übungen einzuziehen. Heute macht man davon kaum noch Gebrauch, aber in der DDR wurde das häufig gemacht. Da konnte man schon mal für einige Monate als Reservist eingezogen werden. Meinen Vater wollten sie auch mal zurück holen - zum Glück waren mein Bruder und ich zu der Zeit schon geboren und noch klein, und so konnte mein Vater erfolgreich darauf verweisen, daß meine Mutter mit uns so lange nicht allein zurecht kommt und er deshalb den Reserve-Dienst nicht leisten kann. Der Dienst an der Frau ging eben auch in der DDR vor.

In der DDR gab es zwar immer mehr berufstätige Frauen als in der BRD, aber viele Mütter arbeiteten nur halbtags. Obwohl es überall genügend Kinderbetreuungsmöglichkeiten gab. Die Ernährerpflichten wurden generell dem Mann zugewiesen - die Frauen arbeiteten nur deshalb, weil in der DDR Luxusgüter wie Fernseher, Musikanlagen oder Autos nun einmal sehr teuer und mit dem Gehalt eines einzelnen normalen Arbeiters kaum finanzierbar waren.

So war das in der DDR, und so war das auch in früheren Zeiten schon. Auch ohne dem, was wir heute Feminismus nennen. Genaugenommen ist der Feminismus schon immer tief in unserer Gesellschaft verwurzelt gewesen. Die Interessen von Frauen standen immer sehr weit oben - zu allen Zeiten weit höher als die des Durchschnittsmannes. Nur einige wenige mächtige Männer hatten die Möglichkeit, ihre eigenen Interessen noch über die der Frauen zu stellen. Aber selbst diese Männer wurden nicht selten wiederum von Frauen gelenkt - von Müttern, Ehefrauen oder Mätressen.

Das alles haben nicht erst die Feministinnen so etabliert. Sie mußten nur darauf aufbauen.

Freundliche Grüße
von Garfield


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