Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Der Mensch "denkt" halt...

Chato, Sunday, 13.02.2011, 05:12 (vor 5435 Tagen) @ DvB

Doch. Eine Ideologie (Weltanschauung) ist nicht schon darum keine Ideologie, wenn ihre Anschauung der Welt wahr ist. Wieso sollte sie?

Eine "Anschauung der Welt" KANN per se niemals wahr sein im letzten und absoluten Sinne, weil die Welt keine Anschauung ist, sondern wirklich: sie IST … und zwar auf eine unbegreifliche Weise, die sich unmöglich aussagen oder denken läßt. Höchst erstaunlich und wunderbar ist es nun, daß sie in dieser unsagbaren und undenkbaren Weise ERFAHRBAR ist, also so, wie sie IST. Wer das kennt, der weiß, warum dies der Art nach überhaupt nichts mit "Weltanschauung" zu tun hat – und wer es nicht kennt, kann sich nicht von Ferne vorstellen, wieso man sich das denn nicht vorstellen können sollte. Mehr läßt sich darüber prinzipiell nicht aussagen, tut mir leid, aber es GEHT wirklich nicht. Man kann sich das auch nicht selber irgendwie "beschaffen", sondern es ist ein reines Geschenk Gottes, für das man zwar disponiert sein muß, für das man aber sonst nichts weiter tun kann. Das Phänomen ist exakt belegt und seit Jahrtausenden gut bekannt. Man nennt es mystische Theologie. Ein ziemlich bekannter Vertreter ist etwa Juan de la Cruz (Johannes vom Kreuz), der im 16. Jahrhundert gelebt hat.

Eine sehr ferne und schwache Analogie soll hier grob andeuten, welcher "Wahrnehmungsmodus" dabei in etwa berührt wird, wobei es sich zwangsläufig um ein Beispiel aus dem Bereich der sinnlichen Wahrnehmung handelt, ja handeln muß (und oben war ja nicht von sinnlicher Wahrnehmung die Rede gewesen!): Es gibt zum Beispiel Menschen, die können Farben hören. Das Sehen von Farben löst bei ihnen nicht nur Aktivität in der Sehrinde im Occipitallappen aus, sondern auch im auditorischen Cortex im Gyrus temporalis superior des Temporallappens. Wenn sie mit Worten beschreiben sollen, was man sich darunter vorzustellen habe, können sie es nicht - nicht weil sie doof sind oder in Ohnmacht gefallen sind, sondern weil das nun einmal nicht geht. Es gibt von ihnen nur umständliche Beschreibungen, die aber anderen nicht klarmachen können, wie sie Farben tatsächlich erleben. Das Beispiel ist, wie gesagt, bloß eine grobe Analogie des erstgenannten, und nicht das, was dabei tatsächlich geschieht.

Aus dem Erstgesagten folgt, daß alles Denkbare oder Sagbare, also jede Weltanschauung oder Ideologie, aber auch irgendein beliebiger Satz oder Gedanke, per se nicht "wahr" sein kann, denn es handelt sich immer nur um gedachte Abbildungen, und niemals etwa um "die Sache selbst". Die gibt es aber, diese "Sache selbst". Jedoch können wir über diese nichts denken und nichts sagen, was jene "Sache" etwa zu ersetzen in der Lage wäre.

Das setzt deiner Methode enge Grenzen und es gibt keinen Grund, darauf allzu viel zu geben. Wir wissen recht eigentlich garnichts, und unsere erdachten Kategorien führen nicht ins Freie, sondern ins Gefängnis. Das ist die tatsächliche Lage des Menschen, und aus der kann er sich oder andere auf keine Weise "herausdenken".
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Nick

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Wenn wir Toren wüßten, daß wir welche sind, wären wir keine.


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