Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Patriotismus und Integration

Beelzebub, Thursday, 01.06.2006, 03:11 (vor 6549 Tagen) @ Nihilator
bearbeitet von Beelzebub, Thursday, 01.06.2006, 03:18

Sawadee Nihi

Logo. Wobei eine solche Tat nicht anders zu bewerten ist, als wenn jemand
Nicht-Ausländer prügelt; allein aus der Nationalität des Opfers entsteht
kein mildernder, aber auch kein verschärfender Tatbestand. Aus der des
Täters übrigens auch nicht - wenn sich eine vermeintlich rechte Gewalttat
mal wieder als die eines Nicht-Nazis oder sogar eines Ausländers
herausstellen sollte, wie es schon in Mölln, Solingen, Lübeck oder jetzt
in Potsdam war.

In Mölln und Solingen, das waren rechtsradikale Inländer - oder sind für Dich unsere Brüder & Schwestern aus dem Beitrittsgebiet "Ausländer"? Und was in Potsdam eigentlich los war, harrt noch der Aufklärung.

Da hätte ich aber mehr von Dir erwartet. Ich kann ja gut verstehen,

wenn

jemand auf seine Leistung stolz ist, aber sich was auf das Fleckchen

Erde

einzubilden, wo man zufällig geboren ist, ist kaum anders, als
überkommener Standesdünkel von Adeligen, die sich allein wegen ihrer
Herkunft für was besseres halten als das 'gemeine Volk'.


Sehe ich nicht so. Aktive Auseinandersetzung mit der eigenen nationalen
Identität, mit allen ihren positiven und negativen Seiten, ist durchaus
eine eigene Leistung.

Das wiederum wäre was anderes. Aber dann solltest Du es auch so sagen. Dein Posting klang so, als seist Du lediglich stolz drauf, deutsch zu sein. Aber wenn Du gerade am Auseinandersetzen mit Deutschland und seiner Vergangenheit bist, wie wär's mit ein wenig Nachdenken über das folgende Zitat des bei konservativen Deutschen so verehrten preußischen Königs Friedrich II?

"Menschen erachte ich für den größten Reichtum. Und kämen Heiden und Türken und wollten das Land bevölkern, ich wollt? ihnen Moscheen baun."

Was Frankreich angeht: sicher artet das manchmal zur Lächerlichkeit aus.
Aber im Kern ist richtig, was die Franzosen da praktizieren. Oder gefällt
Dir das Dumm-Denglisch, wie es bei uns sogar staatlicherseits gepflegt
wird?

Ganz & gar nicht. Aber ich vertraue auf die, will mal sagen, Selbstreinigungskräfte der deutschen Sprache. Lies z.B. mal das erste Kapitel von Thomas Manns 'Buddenbrooks'. Dort wird in vornehmen Kaufmannskreisen einer altehrwürdigen Hansestadt in einer Mischung aus Hochdeutsch, Plattdeutsch und Französisch gesprochen. Und ich selbst erinnere mich noch, wie ich einmal als kleiner Dreikäsehoch neben meiner Großmutter an einem Bahnhof vor dem Fahrkartenschalter stand und hörte, wie sie "ein Billet für ein Coupé zweiter Klasse" verlangte. Und vor dem Bahnhof ging sie nicht auf dem Bürgersteig sondern auf dem "Trottoir".

Und von diesem "Franzeutsch" ist heute so gut wie nichts mehr übrig - ganz ohne staatlich-administrative Regelungen.

Und noch eins (um mal auf das Thema diese Forums zu sprechen zu kommen): stell Dir mal vor, es gäbe in Deutschland eine mit der Académie francaise vergleichbare Einrichtung, die uns vorschreiben dürfte, was 'korrektes' Deutsch ist. Das wäre doch das Tummelfeld für politisch korrekte Sprach- und Tugendwächterinnen. Vielleicht gäb's dann tatsächlich weniger "Dumm-Denglisch" dafür aber ein verbindlich vorgeschriebenes Binnen-I, von "man/frau" und ähnlichem Schwachsinn gar nicht erst zu reden.

Tja, wenn die schon hier leben, ist das freilich richtig.
Schadensbegrenzung eben. Falsch an Deinem Satz sind die Prämissen: DASS
die auf Dauer hier leben, ist nicht gottgegeben und muß schon hinterfragt
werden dürfen.

Dann darf ich daran erinnern, dass wir sie einst selbst hierher geholt haben. Ferner solltest Du nicht vergessen, dass das deutsche Wirtschaftswunder, von dem wir alle heute noch zehren, ohne die vielen "Gastarbeiter" niemals zustandegekommen wäre. M.E. haben diese Menschen weitaus eher das Recht, hier zu sein, als jene Brüder & Schwestern aus dem Beitrittsgebiet, deren Fähigkeiten sich im Nölen, Jammern Solibeiträge kassieren weitegehend erschöpfen. (Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: ich bin nicht der Ansicht, dass überwiegend oder gar alle im Beitrittsgebiet so sind, aber die Nöl- und Jammerossis sind doch eine verflixt große Minderheit.)

Es muß doch wohl erlaubt sein zu fragen, wollen wir überhaupt Zuwanderung
und wenn ja, wieviel? Wieviel kann eine Gesellschaft überhaupt verkraften?

Das allerdings trifft den Kern. Es sind bisher weder zu viele noch zu wenige Ausländer gekommen, sondern oft die falschen. Aber das verdanken wir hauptsächlich hohlköpfigen Politikern, die gebetsmühlenartig immer wieder gefaselt haben "Deutschland ist keine Einwanderungsland" als es schon längst eines war.

Gibt es möglicherweise unter den Bewerbern solche, die wir aus
eigennützigen Gründen bevorzugen, und solche, die wir möglichst
zurückweisen sollten?

Das ist eine rhetorische Frage, gell?

Momentan entscheidet darüber ein Gutmenschen-Klüngel
von Politikern, und zwar ohne jede Rücksicht auf die Meinung der
Bevölkerung wie auch auf Folgen für diese.

Bitte sehr, ich bin von je her für Volksabstimmungen gewesen. Bedenke aber: in der Schweiz, wo es so was gibt, ist der Ausländeranteil um einiges höher als in D.

"Integration" ist ein etablierter Gutmenschenbegriff (wie so viele) und
das Denken wird offenbar regelmäßig eingestellt, wenn solche fallen.
Fragen wir uns doch mal ganz nüchtern: was bedeutet dieser Begriff
eigentlich? Letztlich doch nichts anderes, als daß hier anwesenden Fremden
mit mehr oder weniger sanftem Assimilierungsdruck ihre kulturelle und
sprachliche Identität ausgetrieben werden soll, auf daß sie (oder ihre
Nachfahren) auf lange Sicht möglichst spurenlos im großen Schmelztiegel
aufgehen sollen.

Unsinn. Die 'Gutmenschen', wie Du sie nennst, waren idiotischer Weise strikt gegen jede Ausübung von Druck, weil sie, naiv und blauäugig wie sie nun mal waren, glaubten, das käme alles wie von selbst.

Das Ergebnis sind Leute, wie manche junge Türken in
zweiter oder dritter Generation, die überhaupt keine Identität mehr
besitzen. In der Türkei gelten sie als "die Almans", bei uns sind und
bleiben sie Türken. Angesichts solcher massenhafter Entwurzelung kann ich
den Vorwurf "menschenverachtend" schon nachvollziehen.

Diese verhängnisvolle Entwurzelung rührt vor allem daher, dass die oben beschriebenen Hohlköpfe nicht wahrhaben wollten, dass die "Gastarbeiter" in Wahrheit Einwanderer waren. Damals wären die Chancen einer gelungenen Integration sehr viel besser gewesen. Wenn man aber z.B. türkische Einwanderer als nur vorübergehend geduldete Fremde behandelt, die hier eigentlich nicht her gehören, dann darf man sich nicht wundern, wenn die dann eines Tages auf radikalislamistische Rattenfänger hereinfallen, die sie mit offenen Armen willkommen heißen.

Und wie machen wir das mit der Integration praktisch? Eine Prüfung mit
kulturellen und Werte-Fragen?

Das weiß ich ehrlich gesagt auch nicht so genau. Nur: wir werden sie integrieren müssen, ob wir wollen oder nicht. Denn die Vorstellung, sie alle zum Verlassen Deutschlands zu überzeugen ist illusorisch und massenhafte Ausweisungen sind es erst recht.

Zudem ist es durchaus auch in deutschem Interesse, dass sie bleiben, und sei es nur aus diesem Grunde: würden sich alle Ausländer, die einst in Deutschland gearbeitet haben, zur Rückkehr in die Heimat entschließen, dann hätten sie einen Anspruch auf Auszahlung ihrer Rentenversicherungsbeiträge. Die ohnehin nicht gerade im Geld schwimmende Rentenversicherung würde dann umgehend zusammenbrechen und die Mehrwertsteuer müsste, um das aufzufangen, wahrscheinlich statt auf 19% auf mindestens 23% steigen.

Nun ja, ich weiß nicht recht, ob es so eine grandiose Verbesserung ist,
wenn ich den Satz "Isch stesch disch ab, du deutsche Schwein" künftig in
perfektem Hochdeutsch vernehme.

Die Türken pauschal als finstere Messerstecher darzustellen finde ich kaum intelligenter, als das Femigefasel, nach dem alle Männer Frauenmißhandler, Vergewaltiger und Kinderschänder sind.

Manchmal seh ich hier, wie sich ein paar türkische Bengels prügeln. Nix besonderes, in meiner Kindheit gab es das auch (mit Deutschen). Bei denen ist allerdings eher der Spruch Mode, der in jugendfreier Version so lautet: "Ich habe regelmäßig Geschlechtsverkehr mit deiner Mutter, du Sohn einer Prostituierten." Übrigens in nahezu akzentfreiem Deutsch.

Ich glaube Dir auch gern, daß Du von den Konflikten in Deiner heilen
Multi-Kulti-Welt nichts mitbekommst (oder mitbekommen willst?). Wegreden
kannst Du trotzdem nicht, welche Verheerungen solche Ghettos wie Neukölln
oder Kreuzberg in unseren Großstädten darstellen.

Warst Du jemals dort? Ich kann Dir nur noch mal dringend nahelegen, Dich gelegentlich mal selber zu überzeugen, statt auf zweifelhafte Gerüchte aus zweiter, dritter und vierter Hand zu vertrauen.

Übrigens sind wir hier in Kreuzberg weit davon entfernt, eine einzige große glückliche Multikultifamilie zu sein. Aber für ein einigermaßen konfliktfreies Nebeneinander reicht's allemal. Es gibt nicht mehr Zoff zwischen den Nationalitäten als beispielsweise zwischen Schwaben und Badensern, Bayern und Franken oder Kölnern und Düsseldorfern.


Greets

Beelzebub

--
"Ihre Meinung ist widerlich. Aber ich werde, wenn es sein muß, bis zum letzten Atemzug dafür kämpfen, dass Sie sie frei und offen sagen dürfen." (Voltaire)

Ich denke, also bin ich kein Christ. (K. Deschner)


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