Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Dich kapiere ich aber auch nicht mehr. Richtigstellung

Bonaventura / Thomas Lentze, Sunday, 21.05.2006, 01:26 (vor 6550 Tagen) @ Beelzebub

Hallo an Alle !

Das Grundgesetz Art. 3 sagt:

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Also: vor dem Gesetz. Daß sie auch in ihrem Sein, ontologisch also, gleich sein, wird ausdrücklich nicht gesagt. Im Gegenteil, die ontologischen Differenzen werden in Art. (2) penibel aufgezählt:

(...) seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen(...)

Ihr ausdrücklich anerkanntes unterschiedliches Sein ist also überhaupt erst die Grundlage dafür, daß ihr Gleichsein vor dem Gesetz hervorgehoben werden muß.

Adam hat es weiter oben so ausgedrückt:

nur weil eben nicht alle von Natur aus und notwendig gleich sind, gibt es Gleichberechtigung, muß es Gleichberechtigung geben, sonst hat dergleichen keinen Sinn. Natürlich muß sich Gleichberechtigung auf ein Gemeinsames beziehen. In einer humanen Gesellschaft ist dies das Mensch-Sein - ohne weitere Differenzierung.

Jetzt kommst du, Beelzebub, und behauptest rhythmisch plakativ:

> Also noch mal gaaaanz langsam zum Mitdenken (so gut es eben geht)
[quote]
G L E I C H B E R E C H T I G U N G H E I S S T , D A S S G L E I C H E S G L E I C H U N D U N G L E I C H E S U N G L E I C H B E H A N D E L T W E R D E N M U S S ! Jetzt halbwegs capito?
[/quote]

Richtig ist vielmehr, daß unterschieden werden muß zwischen Grundrechten (auf Leben, Unversehrtheit, Entfaltung) und - ich sage es mal so, mangels Bildung im Rechtswesen - seinsspezifischen Rechten. Ein solches wäre z.B. das Recht des Kindes auf beide Eltern. (Ein Erwachsener hat kein Recht darauf, von seinen Eltern betreut und unterhalten zu werden.)

Aus seinsspezifisches Rechten leitet sich ab: alle Kinder, eben insofern sie in ihrem Kind-Sein gleich sind, haben untereinander Anspruch auf ihr Butterbrot, Peter ebenso wie Paul. Ebenso z.B. alle Frauen, als Gruppe, untereinander das gleiche Recht, etwa auf Schwangerschaftsurlaub.

Grundrechte stellen gleich.

Seinsspezifische Rechte (nochmals: mein Ausdruck ist provisorisch) stellen innerhalb einer Gruppe gleich, leugnen aber nicht die Ungleichheit der Gruppen. Folglich haben Männer kein Recht auf Schwangerschaftsurlaub. (Dafür steht ihnen m.E. ein Äquivalent zu, das gesetzlich fundiert werden sollte.)

Klausz sieht das richtig und sagt es in seinen Worten:

> > ich wollte dazu ohnehin noch einen Grundsatzbeitrag verfassen.
[quote][quote]Nur soviel: Eine "Gleichberechtigung" kann es nur gegenüber dem Staat
geben - in der Form, daß der Staat Müller gegenüber Schmidt nicht
bevorzugen oder benachteiligen darf.

Innerhalb der Gesellschaft sieht das jedoch völlig anders aus: Da haben
wir in keinem Bereich eine Gleichberechtigung - noch kann es diese
überhaupt geben.[/quote][/quote]
[quote][/quote]
[quote][quote]Das geht schon im Beruf los: Der Maurer kann eben nicht die gleichen
Rechte und Pflichten im Beruf haben wie der Bauingenieur oder der
Finanzier des Bauwerkes.
[/quote][/quote]

Richtig ist m.E. aber auch folgende Meinung von Beelzebub:

Alle Menschen haben unabhängig von
[quote]Hautfarbe, Nationalität, Religionszugehörigkeit, Geschlecht,
Weltanschauung, sozialer Herkunft etc. das Recht, sich die Aufgabe
auszusuchen, die ihnen zusagt, d.h. auf gleiche Zugangsmöglichkeit zu
allen Berufen.

Und wenn Frauen es vorziehen, statt verschissene Windeln zu wechseln, Brei
zu kochen und Rotznasen zu putzen lieber Autos reparieren, Mauern
hochziehen oder Lastwagen fahren, sollen sie das von mir aus gerne tun
- aber mit den gleichen Rechten und Pflichten wie ihre männlichen Kollegen
und vor allem ohne jede Vorzugsbehandlung als 'Frau im
Männerberuf'.
>[/quote]

Für falsch halte ich jedoch Beelzebubs Meinung:

Was haben denn unterschiedliche Begabungen mit dem Geschlecht zu tun?
Dummheit und Genialität sind ziemlich gleich auf die Geschlechter verteilt

An dieser Frage scheiden sich hier die Geister.

Und darum tritt der Grenzfall ein, daß auch das Grundrecht auf freie Persönlichkeitsentfaltung u.U. eingeschränkt werden muß. Z.B. sollten und dürfen Kinder nicht durch Autofahren ihre Persönlichkeit entfalten. Frauen dürfen es zwar, aber ob sie es sollten - nun ja.

Wo aber nötig wird, dem Wunsch auf freie Persönlichkeitsentfaltung nachzuhelfen durch Quotenregelung und spezielle Förderprogramme, da liegt offensichtlich ein Irrtum, ja eine Verirrung vor.

Weiter Klausz:

Damals wußten die Leute (Männer wie

Frauen) noch von den fundamentalen Unterschieden zwischen den
Geschlechtern und respektierten das auch. Erst durch die Frankfurter
Schule und deren Neomarxisten, verbunden mit massiver Propaganda, wurde
"Gleichberechtigung" zu einem positiv besetzen Begriff, dem heute alle
(egal ob Feministinnen oder Feminismuskritiker) nachzueifern versuchen.

Das stimmt m.E. - Wenn dann aber Beelzebub dagegen polemisiert:

> Gute Güte, hast du in der Schule in Geschichte und Sozialkunde eigentlich
[quote]nur geschlafen?
Und dass das
Grundgesetz von "Neomarxisten der Frankfurter Schule" (was auch immer das
sein soll) erdacht worden ist, höre ich heute zum ersten Mal.
[/quote]

so sieht er nicht oder will nicht sehen, daß Klausz mit "Gleichberechtung" etwas Bestimmtes meint, nämlich die fälschliche Ausweitung von Grundrechte in die Sphäre hinein, da Seins-Rechte zu gelten haben. Er sagt auch richtig:

> > Nur weil einige Begriffe seit einigen Jahrzehnten von allen Seiten
[quote][quote]propagiert und immer wiederholt werden, heißt das keineswegs, daß dies
richtig ist und es sich nicht um eine Ideologie handelt.
[/quote][/quote]

Dagegen Beelzebub in Verkennung dessen, was gemeint war:

> Der dümmste und untauglichste Versuch, gegenwärtige Probleme zu lösen,
[quote]ist, längst vergangene vermeintlich bessere Zeiten wiederholen zu wollen.
[/quote]

Das ist beinahe schon Nazi-Keule.

Nun, ich habe mich bemüht, verschiedene Positionen zu verstehen. Die Schwierigkeit liegt wohl darin, daß verschiedene Diskutanten gleiche Worte jeweils verschieden verstehen.

Also, nochmals:

1. Gleichberechtigung gilt für Grundrechte aller Menschen; ebenso für alle Angehörigen jeweils innerhalb einer seinsspezifischen Gruppe (jeweils Kinder; jeweils schwangere Frauen usw.)

2. Gleichberechtigung gilt nicht bzw. darf nicht gelten im Sinne einer Leugnung von Seins-Differenzen, die tatsächlich bestehen und z.B. in Art. 3,3 GG eigens aufgezählt werden. Hier führt "Gleichberechtigung" zur beschädigung einer Seins-Ordnung.

Grüße

T.L.


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