Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: @Conny und alle - Re: Abtreibung und Adoption

Ekki, Wednesday, 30.11.2005, 19:36 (vor 6924 Tagen) @ Magnus

Als Antwort auf: Re: @Conny und alle - Re: Abtreibung und Adoption von Magnus am 29. November 2005 18:52:47:

Hallo Magnus!

Meine Wunschvorstellung wäre eine Welt, in der
a) Sex und Fortpflanzung getrennt sind,

Kein Problem. Frier dir ein paar Eizellen ein und lass eine Vasektomie durchführen.

Ich will aber den Kuchen und die Torte auch noch: Mir die Fortpflanzungsfähigkeit per Geschlechtsakt erhalten und darüber bestimmen, ob und wann ich Kinder bekomme.

b) die "Moral"-Apostel, die den Sex mit "Sündhaftigkeit" belasten, im Irrenhaus sitzen und keinesfalls[/u] als Erzieher auf die junge Generation losgelassen werden,

Jeder soll nach seiner Fasson selig werden - aber nur solang niemand drittes in Mitleidenschaft gezogen wird. Bei Abtreibung wäre das der Fall, bei Moral-Aposteln nicht.

Wer einmal erfahren hat, wie es ist, wenn einem z.B. Geschlechtsverkehr vor der Ehe aus religiösen Gründen verweigert wird, oder wer gar mit einem Kind hereingelegt wurde, der hat so seine eigenen Ansichten zum "In-Mitleidenschaft-Ziehen". Ich bin nicht bereit, das ungeborene Leben über mein eigenes Verngügen zu stellen.

c) auch Männer ohne das Wissen und gegen den Willen der Frauen verhüten können.

Können sie doch: Vasektomie + eingefrorenes Sperma. Darüberhinaus haben Männer Partnerwahl. Wenn eine Frau keine Verhütung oder Kondom beim Sex will, gibts noch andere Frauen.

Ich will aber nicht nur Kuchen und Torte, sondern auch noch Sahenhäubchen: unentgeltlichen Sex.

Zum Schluß noch dies:
An dieser Frage entlang verläuft eine tiefe Spaltung auch innerhalb der Männerbewegung. Es ist aus meiner Sicht dringend notwendig, daß diese Differenz mit aller Offenheit und Schonungslosigkeit thematisiert wird. Sonst gewinnen am Ende doch wieder die "Lebens-Schützer", die anderen Menschen deren Lebensentwurf durch nicht erwünschte Kinder versauen[/u].

Ich weiß nicht, warum du Lebensschützer in Anführungsstriche schreibst. Fakt ist jedoch eines: 1. Jeder ist für seine Handlung selbstverantwortlich und somit wird auch niemand gezwungen, schwanger zu sein.

Es bedarf irrsinniger Selbstbeherrschung seitens eines Mannes, mit einer Frau nicht zu schlafen, weil er keine Kinder will, und Kondom ist auch nicht jeder-Manns Sache. Da entspreche ich ganz dem Feindbild der Frauenbewegung: Frau soll verhüten, damit ich nicht mit dem Kondom herumfummeln muß.

2. Die Entscheidung über die Schwangerschaft oder Kinder ist bereits vor dem Sex angesiedelt - wer das nicht begreift ist schlichtweg dumm.

Die Möglichkeit der Schwangerschaft ist mit jedem Geschlechtsakt gegeben.

Die Ablehnung der künstlichen Empfängnisverhütung habe ich bisher nur[/u] auf religiöser Grundlage erlebt. Auf dieser Grundlage stehe ich nicht.[/u]

Die Ersetzung des Wortes "Möglichkeit" durch "Entscheidung" in obigem Zitat ist bemerkenswert plumpe religiöse Propaganda, die Abqualifizierung von Menschen, die künstliche Empfängnisverhütung befürworten, als "schlichtweg dumm" ist bemerkenswert aggressive religiöse Propaganda.

3. Abtreibung ist definitiv die Vernichtung eines Menschen, denn wenn man 9, 8 oder 7 Monate warten würde, wäre ein Mensch mehr auf der Welt.
Das sind die Fakten. Alles andere ist Bequemlichkeit, Opportunismus, Pragmatismus und Verneinung der eigenen Verantwortung.

Ich stehe zur gegenwärtigen Abtreibungsregelung (bis zur 12. Woche) und halte es für wert, um ihren Erhalt zu kämpfen, denn ihre Kippung würde vielen Menschen die folgenreichste Veränderung im Leben überhaupt - die Zeugung eines Kindes - gegen ihren Willen "bescheren". Schöne Bescherung!

Zur Verdeutlichung meines Standpunkts an dieser Stelle der Hinweis auf mein Posting index.php?id=38810 sowie folgende Schlüsselpassage aus demselben:

<hr>

Zur Frage der Moral

Von den Gegnern der Abtreibung / Befürwortern von Kinderreichtum wird gern ins Feld geführt, man dürfe den Partner nicht „verdinglichen“ in dem man ihm „nur ein Sexualobjekt“ sehe. Als prägnantes Beispiel hierfür ein Auszug aus der von Papst Pius XI. (Papst von 1922 bis 1939) erlassenen Enzyklika „Casti connubii“ („Der keuschen Ehe Hoheit und Würde“):

3. Die Verkennung der Ehe im Hinblick auf die Güter der Ehe im einzelnen

a) Die Mißkennung des ersten Gutes, des Kindes

Der Ehemißbrauch

Aber treten Wir nunmehr, Ehrwürdige Brüder, an die Einzelheiten heran, mit denen man gegen die Güter der Ehe angeht. Das erste dieser Güter ist das Kind. Viele gehen so weit, die Nachkommenschaft eine beschwerliche Ehelast zu nennen und den Rat zu geben, die Eheleute sollten das Kind nicht durch ehrbare Enthaltsamkeit (die mit beiderseitigem Einverständnis auch in der Ehe erlaubt ist), sondern durch Verkehrung des natürlichen Aktes fernhalten. Solche verbrecherische Freiheit nehmen einige für sich in Anspruch, weil sie aus Widerwillen gegen den Kindersegen die Last vermeiden, aber trotzdem die Lust genießen wollen; andere, weil sie angeblich keine Enthaltsamkeit beobachten, aber auch nicht den Kindersegen zulassen können, da es ihre persönlichen Verhältnisse oder die der Mutter oder die schwierige Vermögenslage nicht gestatten.
Aber es gibt keinen auch noch so schwerwiegenden Grund, der etwas innerlich Naturwidriges zu etwas Naturgemäßem und sittlich Gutem machen könnte. Da nun aber der eheliche Akt seiner Natur nach zur Weckung neuen Lebens bestimmt ist, so handeln jene, die ihn bei seinem Vollzug absichtlich seiner natürlichen Kraft berauben, naturwidrig und tun etwas Schimpfliches und innerlich Unsittliches.
Es ist darum auch nicht zu verwundern, daß die Hl. Schrift bezeugt, die göttliche Majestät hasse und verabscheue solch verwerfliches Tun, ja habe es sogar schon mit dem Tode bestraft. Darauf macht auch der hl. Augustinus aufmerksam, wenn er schreibt: „Unerlaubt und unsittlich ist der eheliche Verkehr selbst mit der rechtmäßigen Gattin, wenn dabei die Weckung neuen Lebens verhütet wird. Das hat Onan, des Judas Sohn, getan, und darum hat ihn Gott getötet.“[48]
Da nun noch vor kurzem einige in offenkundiger Abweichung von der in ununterbrochener Folge von Anfang an überlieferten christlichen Lehre geglaubt haben, amtlich und feierlich über solches Tun anders lehren zu sollen, erhebt die katholische Kirche, von Gott selbst zur Lehrerin und Wächterin der Unversehrtheit und Ehrbarkeit der Sitten bestellt, inmitten dieses Sittenverfalls, zum Zeichen ihrer göttlichen Sendung, um die Reinheit des Ehebundes von solch schimpflicher Makel unversehrt zu bewahren, durch Unseren Mund laut ihre Stimme und verkündet von neuem: Jeder Gebrauch der Ehe, bei dessen Vollzug der Akt durch die Willkür der Menschen seiner natürlichen Kraft zur Weckung neuen Lebens beraubt wird, verstößt gegen das Gesetz Gottes und der Natur, und die solches tun, beflecken ihr Gewissen mit schwerer Schuld.
...
Die heilige Kirche weiß ferner sehr gut, daß nicht selten der eine Eheteil das sündige Tun nur leidet, nicht vollbringt, indem er aus gewichtigen Gründen die Verkehrung der rechten Ordnung geschehen läßt, ohne sie selber zu wollen, und daß er darum keine Schuld auf sich lädt, wofern er nur des Gebotes der Liebe eingedenk bleibt und es nicht unterläßt, dem Ehegefährten von der Sünde abzuraten und ihn davon zurückzuhalten. Auch jene Eheleute handeln nicht wider die Natur, die in ganz natürlicher Weise von ihrem Recht Gebrauch machen, obwohl aus ihrem Tun infolge natürlicher Umstände, seien es bestimmte Zeiten oder gewisse Mängel der Anlage, neues Leben nicht entstehen kann. Denn es gibt in der Ehe selbst wie in dem Gebrauch des Eherechts auch Zwecke zweiter Ordnung: die wechselseitige Hilfe, die Betätigung der ehelichen Liebe und die Regelung des natürlichen Verlangens, Zwecke, die anzustreben den Ehegatten keineswegs untersagt ist, vorausgesetzt, daß die Natur des Aktes und damit seine Unterordnung unter das Hauptziel nicht angetastet wird.

http://www.stjosef.at/dokumente/casti_connubii.htm

<hr>

Da haben wir doch in wünschenswerter Klarheit, worum es den Moralaposteln geht.

(Bezeichnend, nebenbei gesagt, daß es offenbar bereits zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Enzyklika innerhalb der katholischen Kirche selber spürbaren Widerstand gegen die Linie des Papstes gab. Dies ergibt sich aus dem von mir unterstrichenen Fragment Da nun noch vor kurzem einige in offenkundiger Abweichung von der in ununterbrochener Folge von Anfang an überlieferten christlichen Lehre geglaubt haben, amtlich und feierlich über solches Tun anders lehren zu sollen,)

Meine Haltung dagegen:

Das von niemandem geleugnete Verlangen nach körperlicher Intimität mit vielen verschiedenen Partnern ist mehr als legitim, die „Moral“ dagegen fehl am Platz.

Selbst wenn man sich zur Monogamie bekennen sollte, bliebe es doch unerträglich, den ehelichen Akt einzig auf die Zeugung von Leben hin zu ordnen. Die „Regelung des natürlichen Verlangens“ ist kein „Zweck zweiter“, sondern erster Ordnung. Und das hat aus meiner Sicht ganz praktische Gründe: Es ist nicht wünschenswert, die Bevölkerungsexplosion zu verursachen, zu der es kommt, wenn man als Mittel der Geburtenplanung nur Enthaltsamkeit oder die – stark risikobehaftete – Zeitwahlmethode zuläßt. Und es ist barbarisch, so etwas wie Enthaltsamkeit überhaupt zu verlangen.

In diesem Zusammenhang noch einmal in aller Deutlichkeit zur „Pille für den Mann“:

So, wie Frauen derzeit noch ihre Kontrolle über die Empfängnisverhütung weitgehend dazu benutzen, den Männern Kindern unterzujubeln, so würden Männer „ihre Pille“ weitgehend dazu benutzen, auch ohne Wissen bzw. gegen den Willen ihrer Frauen zu verhüten.

Es macht mir überhaupt keine Probleme, mich dazu zu bekennen, dass meiner Meinung nach alle sexuellen Praktiken ein fröhliches Spiel zwischen den Partnern sein sollten, bei dem beide mit ihrem eigenen Körper und dem des anderen ihre Lust ausleben können sollen, ohne dass die Gefahr einer ungewollten Schwangerschaft auch nur droht.

Jegliche „Erhöhung“ der Sexualität als „sakralen Akt“ usw. blablabla lehne ich rundheraus ab.

„Hedonist“ ist für mich kein Schimpfwort.

Und dies – da gebe ich Nick Recht – ist tatsächlich eine Machtfrage.

Zur Zeit liegt immer noch viel zu viel Macht in den Händen einer Organisation, die von ihren hauptamtlichen Funktionären verlangt,

a) selbst Armut, Keuschheit und Gehorsam zu üben, was Ehe- und Kinderlosigkeit beinhaltet
b) die „Laien“ zur Zeugung von Kindern anzuhalten.

An so eine Organisation kann man in der Tat nur „glauben“. Sobald man zu denken anfängt, erblickt man in ihr den organisierten Wahnsinn.

Es ist kein Zufall, dass in der evangelischen Kirche die Vertreter einer rigiden Sexualmoral erstens zahlenmäßig geringer sind, und dass dort zweitens keine Rundschreiben mit solchen Inhalten wie die zitierte Enzyklika erlassen werden.

Es gibt halt zu viele evangelische Pfarrer, die sowohl Sexualität als auch Familie leben durften. Drastisch-plastisch ausgedrückt: Wer (im physischen Sinne) ejakulieren darf, dem strömen solche Gehirn-Ejakulate wie die zitierte Enzyklika einfach nicht aus der Feder.

Gleiches gilt für Judentum und Islam.

Wenn diese Wahnsinns-Organisation namens katholische Kirche ihre Macht einmal verloren haben wird, dann werden die Fragen von Fortpflanzung, Familienplanung und Sexualität von Grund auf neu verhandelt werden müssen.

Und das wird eine wahnsinnig interessante Sache werden.

Wie immer diese Verhandlung auch ausgehen wird – ich halte den Spruch „Mein Schwanz gehört mir“, den ich als Titel dieses Postings gewählt habe, in Ehren. Kinder zeugt man entweder, weil man sie von ganzen Herzen annehmen will, oder man läßt es bleiben.

Gruß

Ekki

<hr>

Bei Bedarf stelle ich gerne zum wiederholten Male Ester Vilars Kapital von der "Passiven Vergewaltigung des Mannes" aus dem Buch "Heiraten ist unmoralisch" ins Forum. Einstweilen nur der Schlußabsatz dieses Kapitels, in dem Ester Vilar die Untat, einen Mann gegen dessen Willen zum Vater zu machen, bewertet:
"Ist ein schrecklicheres Gefühl der Ohnmacht vorstellbar als das eines auf so brutale Weise um seine Träume gebrachten Menschen? Ist eine gemeinere Demütigung denkbar als diese unter dem Mantel der Zärtlichkeit vollbrachte Infamie? Gibt es einen Alptraum, der, wie dieser, ein Leben lang dauert?"

Man kann einen Mann nicht gegen seinen Willen zum Vater machen. Jeder der Sex macht, geht das Risiko ein, Vater oder Mutter zu werden. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Niemand zwingt den Mann ohne Kondom mit der Frau zu schlafen, auch die Pille ist nicht 100%ig sicher.
Magnus

Zu der Möglichkeit und Bereitschaft des Mannes, sich zu beherrschen bzw. zu verhüten, siehe oben.

Wenn es denn nicht anders geht, so bin ich tatsächlich zum Verzicht auf Beischlaf bereit.

Dies ist jedoch keinesfalls[/u] gleichzusetzen mit einer Haltung der Keuschheit. Diese würde nämlich außer dem Verzicht Folgendes beinhalten:

- Verzicht auf Selbstbefriedigung
- Verzicht auf den Versuch der Verführung gebundener oder ungebundener Frauen
- Akzeptierung der Auffassung, daß Sex zuerst und zuletzt der Fortpflanzung zu dienen habe

Alles drei ist mit mir nicht zu machen.

Gruß

Ekki


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