Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Werden verunsicherte Männer zum Macho?

Maesi, Tuesday, 10.01.2006, 01:28 (vor 6884 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Re: Werden verunsicherte Männer zum Macho? von Odin am 09. Januar 2006 10:51:37:

Hallo Odin

Was ich meine ist, daß viele Jungen (ich bleibe mal bei den Jungen, weil das für viele im Forum dann weniger bedrohlich ist *g*) Männlichkeit gar nicht mehr erlebbar ist, weil ihnen das männliche Vorbild fehlt - im öffentlichen Leben von Kindergarten bis Grundschule sowieso und im schlimmsten Fall auch noch in der eigenen Familie. Was das bedeutet und warum das so ist, brauchen wir hier nicht zu diskutieren. Das ist häufig Thema im Forum.
Aus dieser Notlage heraus, müssen sich die Jungen zwangsläufig ihre Vorbilder woanders suchen, da sie ja wissen wollen, wie sie als Mann zu sein haben. In dieser Notlage bedienen sie sich dann aus Hollywoodfilmen, aus Büchern, aus dem Fernsehen, aus dem Spielwarenladen (Hi Man) usw.

Zustimmung. Allerdings war das gar nicht Thema in Robb Willers Untersuchung; sonst haette er ja auch den familialen Hintergrund der Probanden miteinbeziehen muessen, um zu aussagekraeftigen Resultaten zu gelangen.

Dass Jungs heutzutage haeufig keine maennlichen Vorbilder mehr haben, hat mehrere Gruende. Einer davon ist sicher die Entsorgung von Vaetern durch die herrschende Scheidungspraxis, die summarisch Kinder den Muettern zuschanzt; erst unter diesem Gesichtspunkt wirkt sich auch das Fehlen der maennlichen Lehrer/Erzieher in paedagogischen Berufen derart negativ aus.

Ein weiterer Grund ist, dass Maennlichkeit gesellschaftlich eindeutig negativ konnotiert wird. In diese Falle tappte ja nicht zuletzt auch Herr Willer selber, als er negativ aufgeladene Begriffe (Krieg im Irak, protzige Autos) als Indikatoren zur Feststellung der maennlichen Geschlechtsidentitaet benutzte. Besonders perfide, weil sein Beitrag mit dem Etikett 'wissenschaftlich' versehen wird. Positiv konnotierte Maennlichkeit kommt hingegen diskursiv fast nur noch als 'typisch weibliches Verhalten' maskiert daher. Ich verweise ein weiteres Mal auf den Beitrag 'der Perlonstrumpf am Jungenbein bringt Schwung in die Koedukation', wo den Buben jegliches 'maennliches' Verhalten mit erzieherischen Mitteln ausgetrieben werden soll, waehrend dasselbe Verhalten bei Maedchen gebilligt oder sogar gefoerdert wird; den Jungen wird also ein Rollenverhalten als 'fortschrittlich' aufgeschwatzt, das bei Maedchen als reaktionaer oder patriarchalisch verpoent ist. Ob das auf Dauer funktioniert, bezweifle ich, denn die Jungs sind ja nicht bloed und durchschauen diese Mogelpackung meist ziemlich schnell.

Was wir am allerwenigsten brauchen sind Besserwisser, die mit hocherhobenem Finger Jungen und Maennern ihre Ansichten von 'echter Maennlichkeit' aufzwingen wollen, die sich andauernd bemuessigt fuehlen ihnen zu sagen, dass ihre 'Maennlichkeit' bloss aufgesetzt ist, sofern sie nicht den 'neuesten, genderwissenschaftlichen Erkenntnissen' von Maenneridentitaet entspricht; Leute, die sich als Retter in der Not im Zuge einer oeffentlich inszenierten Maennerdiffamierung aufspielen, um die Diffamierten vor dem voelligen Absturz mittels des 'Patentrezepts' eines neu konstruierten Maennlichkeitsideal zu bewahren. Ob das 'neue Maennlichkeitsideal' diesen Maennern entspricht, ist dabei voellig egal.

Jegliches Selbstbewusstsein, jedes positive Selbstbild, das ein Mensch von sich hat, kann mittels geeigneten Mitteln und Methoden erschuettert oder zerstoert werden; das ist somit ueberhaupt kein taugliches Kriterium, um 'gute' und 'schlechte' maennliche Geschlechtsidentitaet voneinander zu unterscheiden. Die besondere Tragik unserer modernen Gesellschaft ist, dass das maennliche Geschlecht bei jeder Gelegenheit in der Oeffentlichkeit kleingemacht, als gewalttaetig, minderwertig, unnuetz oder laecherlich hingestellt wird. Manche Maenner reagieren auf solche mobbingartigen, medialen Inszenierungen mit Zerknirschung und Selbstverleugnung, manche mit aggressivem Trotz und verstaerkter Gewalt; die meisten hingegen versuchen es ganz einfach zu ignorieren - obwohl letzteres immer schwieriger wird.

In einem solchen Klima wachsen die heutigen Jungen und Maedchen auf, und da ihnen immer haeufiger ein Vater als lebendes positives Korrektiv zur negativen oeffentlichen 'Meinung' fehlt, glauben sie diesen Schwachsinn auch immer haeufiger. Letzten Endes kann jeder Mann (v.a. in seiner Eigenschaft als Vater) den Kindern nur in seiner Funktion als positives Vorbild sozialvertraegliches Verhalten vermitteln; das funktioniert aber wiederum nur dann glaubwuerdig, wenn er von sich selbst und seiner Maennlichkeit ein positives Bild besitzt. Eigentlich ist es erstaunlich, dass die meisten Maenner trotz einer jahrzehntelangen, zersetzenden, wenn auch niederschwelligen Propaganda noch ein einigermassen gesundes Selbstvertrauen haben. Das ist zumindest mein Eindruck. Aber der Preis dafuer ist hoch: naemlich, dass sie die fiese Propaganda nicht zur Kenntnis nehmen, nicht an sich heranlassen duerfen. Taeten sie es trotzdem, dann haetten wir wohl wesentlich mehr Koerperverletzungen und vielleicht sogar Totschlaege als heute; denn auf Dauer haelt man(n) dieses permanente Piesacken ja im Kopf nicht aus.

Gruss

Maesi


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