Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Was ist ein Macho?

Maesi, Wednesday, 11.01.2006, 22:02 (vor 6882 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Re: Was ist ein Macho? von Odin am 10. Januar 2006 22:13:49:

Hallo Odin

Ach komm, es wurde doch VORHER befragt und DANACH verglichen, was sie - entsprechend geimpft (ja, verdammt, das WAR JA der Versuch), dann antworteten. Du kannst doch jetzt dem Befrager nicht vorwerfen, dass er manipuliert hat - die Manipulation war doch der entscheidende Versuch. Kruzifix!
Die Frage war doch, wie sie auf die Manipulation REAGIERT haben!

Die festgestellte Reaktion als solches habe ich ja auch nicht bestritten. Ich zweifle jedoch an, ob Willer wirklich maennliche Geschlechtsidentitaet gemessen hat; vielmehr hat er etwas gemessen, woran ER maennliche Geschlechtsidentitaet aufhaengt, und durch seine Fragestellung hat er das von IHM erwartete Ergebnis wenigstens teilweise provoziert. Es ist sogar fraglich, ob es DIE maennliche Geschlechtsidentitaet ueberhaupt gibt, was ja von anderen hier im Forum ebenfalls thematisiert wurde. Zumindest einen der wenigen konkret aufgefuehrten Messindikatoren (naemlich die Zustimmung zu Bushs Irakpolitik) habe ich IMHO als untauglich demaskiert. Ueber moegliche Stoerfaktoren waehrend des Tests habe ich noch nicht einmal ein Wort verloren.

Was Herr Willer haette tun muessen, um aussagekraeftige Resultate zu erhalten: er haette erst bei den beteiligten Maennern individuell feststellen muessen, woran sie selbst ihre maennliche Geschlechtsidentiaet aufhaengen, wie sie sich selbst in ihrer Maennlichkeit definieren; diese individuellen Profile haetten dann als aussagekraeftige Basis gedient, woran man die Veraenderung im Antwortverhalten nach Bestaetigung bzw. Infragestellung der maennlichen Identitaet nicht nur haette messen sondern auch adaequat haette interpretieren koennen. Wenn aber schon die Grundlage der (maennlichen) Geschlechtsidentitaet zweifelhaft ist, dann nuetzt auch eine darauf beruhende 'Eichung', die der Forscher vor der Infragestellung der maennlichen Geschlechtsidentitaet vorgenommen hat, wenig. Ich will Herrn Willer jedoch nicht Unrecht tun. Vielleicht hat er die Stoerfaktoren ja in ausreichendem Ausmass ausgefiltert, vielleicht hat er tatsaechlich die maennliche Identitaet jedes einzelnen Probanden genau erfasst; moeglicherweise war nur der Artikel in 'Psychologie heute' schlecht, weil Frau Knopf Willers Forschungsarbeit in voellig unzulaessiger Weise zusammengefasst oder gar verfaeshclt hat. Das habe ich in meinen Postings auch so betont. Auf jeden Fall ist dieser Artikel nicht sonderlich aussagekraeftig und laesst mehr Fragen offen, als er beantwortet.

Was ich Herrn Willer hingegen ankreide, ist die geschlechtergetrennte Betrachtung. Wissenschaft hat (auch) die Aufgabe, innere Zusammenhaenge aufzuzeigen, das Erforschte in einem groesseren Ganzen einzuordnen. Ich bezweifle, dass man maennliche und weibliche Geschlechtsidentitaet derart sauber voneinander trennen kann, dass eine nach Geschlechtern isolierte Erforschung ueberhaupt sinnvoll ist; dazu ist die intergeschlechtliche Wechselwirkung einfach zu stark. So gesehen, ist Willers Studie schon im Ansatz fragwuerdig - auch wenn er sich mit diesem zweifelhaften Ansatz in guter Gesellschaft mit den meisten anderen Kollegen der Geschlechterforschungszunft befindet. Auch das habe ich in meinen Postings angefuehrt.

Desweiteren sind Untersuchungen ueber fiktives Verhalten, also von der Art 'was wuerden Sie tun, wenn...' grundsaetzlich mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Aussagekraeftiger sind Untersuchungen ueber tatsaechlich beobachtetes Verhalten - am besten unter Bedingungen, unter denen der Proband gar nicht weiss, dass er getestet wird. Was Menschen sagen und was sie tun, sind oftmals meist zwei Paar Stiefel.

Zu guter (oder vielmehr schlechter) Letzt habe ich ausgefuehrt, wie gerade die Geschlechterforschung politisch-ideologisch instrumentalisiert und dadurch korrumpiert wird. In diesem Zusammenhang ist Herr Willers Untersuchung ein kleines Mosaiksteinchen in der Masse soziologischer Geschlechterforschung, die ein bestimmtes negatives, angeblich wissenschaftlich untermauertes Bild von Maennern entwirft (kriegsgeil, protzige Autos bevorzugend etc.) und dem ein positives Bild von Frauen (in ihrer Geschlechtsidentitaet unerschuetterlich) entgegensetzt. Genau diese unterschwellige Nachricht hat Frau Knopf in ihrem 'wissenschaftlichen' Artikel auch ruebergebracht; inwieweit das tatsaechlich im Sinne Herrn Willers war, wissen wir wiederum nicht. Das aendert aber nichts daran, dass dieses Muster des politisch-gesellschaftlich inszenierten 'men bashing' mit Hilfe (pseudo-)wissenschaftlicher Untersuchungen von den Soziologen erstaunlich widerspruchslos hingenommen wird. Repraesentiert dieses Gebaren womoeglich tatsaechlich deren eigene Ueberzeugung?

Gruss

Maesi


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