Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

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Re: Nachtrag

Wodan, Wednesday, 03.05.2006, 03:19 (vor 6540 Tagen) @ Altschneider

Als Antwort auf: Re: Nachtrag von Altschneider am 02. Mai 2006 22:45:

Bleiben wir mal bei dem Ernährungsbeispiel, dann müssen wir uns nicht mit dem kategorischen Imperativ plagen: Wenn ich Pflanzen essen sollte, hätte ich eine entsprechende anatomische Ausstattung, wenn ich nur Fleisch essen sollte, ebenso, also scheint doch die Ausstattung zu sagen: Du sollst dich so ernähren, wie es die anatomisch-physiologische Ausstattung vorgibt.

Halt, halt, hier hast Du ja von Anfang an schon das Sollen drin und eine wichtige Voraussetzung: "Wenn ich Pflanzen essen sollte, dann hätte ich..." SOLLEN nun Gnus Pflanzen essen und Löwen Fleisch? Und haben sie DESHALB, weil sie das sollen die anatomische Ausstattung, die sie haben? Gnus fressen Pflanzen, weil sie so und so disponiert sind... - Gut, Henne oder Ei - letztlich Resultat einer Entwicklung: Evolution, an deren Anfang aber nur dann ein Sollen gestanden haben kann, wenn sie ihren Ursprung im Willen eines allmächtigen Schöpfers hat.

Daraus folgt nicht, dass du dich gesund ernähren musst oder leben, sondern nur deinem Sein gemäß.

Aber selbst dies folgt nicht unmittelbar, sondern bedarf einer zusätzlichen Prämisse: daß seinsgemäßes Leben Pflicht ist. Dieses Moment, nicht der Gemäßheit, sondern der Pflicht, diese Gemäßheit als Handlungsmaxime anzuerkennen, ist es, das ich meiner Anatomischen Asstattung nicht entnehmen kann.

Du musst es nicht tun, aber kannst aus dem Sein auf dein Sollen - nicht auf dein Müssen - schließen.

Wie gesagt: der Schluß funktioniert nur unter Hinzunahme einer weiteren Prämisse:

Wir haben:

Major: Meine anatomische Ausstattung entspricht der eines Allesfressers.
Minor: Anatomische Voraussetzungen binden mich moralisch, ihnen gemäß zu handeln.
Conclusio: Ich soll sowohl Fleisch als auch Pflanzen essen.

Die Minor scheint mir aus der anatomischen Ausstattung nicht a priori zu folgen. That's it.

Oder? Mist, wird wieder nicht mit einem zweiten Hegel in Stuttgart, ich ahne es.

Nunja, der ist ja auch nicht dort geblieben. Aber der Verweis auf Hegel hatte den folgenden Sinn: nach Hegel fallen Sein und Sollen ineins, eben weil beide auf unterschiedlichen Bestimmungsebenen Momente des sich selbst denkenden absoluten Geistes sind. Der ist absolut, weil er alle möglichen Bestimmungen in sich enthält: alles, was soll ist und alles, was ist soll auch sein. Natürlich gilt dergleichen nicht für die endliche menschliche Vernunft, wie der bescheidenere Kant gleich einwenden würde. Nur für uns gibt es daher die Differenz zwischen Sein und Sollen. Aber eine andere Perspektive vermögen wir eben per definitionem nicht einzunehmen. Außer Hegel eben?

Gruß
Wodan


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