Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Frage nach Zukunft / Zielen (ja ja, spät)

susu, Friday, 05.05.2006, 23:27 (vor 6779 Tagen) @ Andreas (d.a.)

Als Antwort auf: Re: Frage nach Zukunft / Zielen von Andreas (d.a.) am 01. Mai 2006 16:32:

Die Vermutung/Hoffnung/Wunsch, diese Beziehung auf unbegrenzte Dauer zu führen, ist notwendig, um sich überhaupt in eine solche Beziehung zu begeben. Das wachsende Bewusstsein, dass sie es eben häufig genug nicht sind, ist Hauptgrund vieler, sich gar nicht mehr erst darauf einzulassen. Nicht die Unklarheit darüber ist der Hinderungsgrund, sondern im Gegenteil die Desillusionierung, sich auf etwas einzulassen, dass aller Wahrscheinlichkeit nach keine Dauer besitzt. Der Wille, dann in diese Beziehung mehr zu investieren, ist dementsprechend gering. Was Du vorschlägst, ist, die Idealisierung der Liebe fort zu lassen, da sie selbstverständlich nicht den objektiven Tatsachen entspricht, und auf diese Weise unrealistischer Enttäuschung vorzubeugen. Liebe ohne Idealisierung allerdings funktioniert nicht. Gerade, weil sie unrealistisch ist, kann sie den anderen zur Person einzigartiger Wichtigkeit für mich erheben.

Ist mein Ansatz frei von Idealisierung, gar von Romantik? Ist er rein realistisch? Um es mit Rilke zu sagen (den ich nicht als Inbegriff des unromantischen Realisten bezeichnen würde):

"Aber weil Hiersein viel ist, und weil uns scheinbar
alles das Hiesige braucht, dieses Schwindende, das
seltsam uns angeht. Uns, die Schwindendsten. Ein Mal
jedes, nur ein Mal. Ein Mal und nicht mehr. Und wir auch
ein Mal. Nie wieder. Aber dieses
ein Mal gewesen zu sein, wenn auch nur ein Mal:
irdisch gewesen zu sein, scheint nicht widerrufbar." (Die neunte Elegie)

So wie die Gewissheit des Todes nicht dazu führt, daß man das Leben ablehnt, so führe die Ahnung, daß eine Beziheung nicht ewig währt nicht dazu, daß man sie von vornherein nicht führt. Das wurde schon schöner gesagt, nämlich so: `tis better to ahve loved and lost, than never to have loved at all.

Du hast Recht mit der Feststellung, jemanden nicht zu brauchen mache es z.B. wesentlich einfacher, zu gehen, wann immer es einem beliebt. Das Versprechen entsprechend zu ändern: "In guten Zeiten. Punkt." Diese Beziehungen wären von sehr erwachsener Unabhängigkeit geprägt, die prinzipiell zu begrüßen ist. Aber - und das ist nur meine persönliche Meinung - es wäre mir zu wenig, um z.B. über Kinder nachzudenken.

Für mich wäre es eine Voraussetzung um über Kinder nachzudenken. Denn nur wem im vorhinein klar ist, daß eine Beziehung schuldlos scheitern kann, macht im nachhinein nicht den anderen Partner dafür voll verantwortlich, weil er sich keiner Schuld bewust ist. Und wenn dieses Gefühl nicht besteht, entsteht daraus nicht die Wut, die dazu führt, daß eine gemeinsamme Elternschaft nach dem Ende einer Beziehung nicht mehr möglich ist.

Zweifellos ist sie das. Dies sagt allerdings nichts über ihre Dauer aus: Wie die Pflege eine kostbaren Vase bedarf sie statt dessen einer besonderen Vorsicht.

Da stimme ich dir zu. Ich würde so weit gehen zu sagen, daß eine Beziehung, bei der ich von vornherein davon ausgehe, daß sie von begrenzter Dauer ist, länger hält, als eine, bei der ich annehme sie hielte ewig. Denn aus diesem Grund fängt die Vorsicht schon ganz am Anfang an.

Wie die zahlreichen Beispiele freiwilliger und unfreiwilliger Singles zeigen, ist sie das ganz offensichtlich nicht. Andererseits sei die Frage gestattet, wie groß das Engagement in ein Unternehmen sein wird, von dem man überzeugt ist, es nicht zu brauchen (höchstens zu wollen) und jederzeit aus Desinteresse aufkündigen zu können.

Andererseits: Wie groß ist die Bereitschaft in ein Unternehmen zu investieren, wenn man nicht aussteigen kann, selbst wenn es Konkurs anmeldet? Hier wäre die Frage angebracht, ob eine Beziehung Desinteresse unter diesen Bedingungen aushalten würde, egal wie sie betrachtet wird. Und ob es nicht besser für alle Beteiligten wäre, sie würde enden, wenn sie einer beteiligten Person vollkommen egal wäre (Anstelle des Zeitpunkts, an dem die andere Person das Desintresse nicht mehr aushält).

Versteh mich nicht falsch: Ich gestehe jedem Individuum die Freiheit zu, die es haben möchte. Eine Beziehungen aber beinhaltet die willentliche Aufgabe eines Stückes dieser Freiheit, da Freiheit immer Abgrenzung bedeutet, die man in einer Beziehung zu überwinden trachtet. Beides zugleich ist nicht zu haben.

Das ist richtig, aber eine Beziehung sollte nicht dazu führen, daß man mehr verliert als gewinnt. Im Idealfall gewinnen beide in einer Beziehung mehr als sie aufgeben, im schlechtesten Fall verlieren beide mehr, als sie bekommen. Und Beziehungen, die dann weiterlaufen führen nicht zum bestehen der Beziehung sondern zu einer Phase, in der sich nur Ressentiments gegenüber dem Partner aufstauen.

susu


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