Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Gibt es ein "kommunistisches Brett" vorm Kopf? (Politik)

Maesi, Saturday, 26.05.2007, 21:09 (vor 6393 Tagen) @ Dampflok

Hallo Dampflok

Was die "Helden" offenbar nicht begriffen haben ist die Tatsache, daß es
sich beim früher real existierenden "Kommunismus" in erster Linie um eine
totalitäre Machtstruktur gehandelt hat und daß es den
(sogenannten) Kommunismus nicht mehr gibt
(bis auf Kuba und
Nordkorea, und auf Kuba ist die Männerwelt recht "macho", also männlich).

Nein. Der Kommunismus war nie nur eine Machtstruktur, er war von Beginn weg eine Ideologie. Die Etikettierungen (Kommunismus, Sozialismus, Marxismus-Leninismus, Maoismus, 'Neue Linke' usw.) moegen aendern, die dahinterstehende kollektivistische Idee bleibt dieselbe. Natuerlich gibt es zwischen den verschiedenen Etiketten marginale Unterschiede, und die werden von jeweiligen Anhaengern ja auch fleissig hervorgehoben in ihrem Bestreben sich in diesem Buendel aehnlicher Ideologien von den jeweils anderen Ideologien zu distanzieren und abzuheben. Der Kern ist jedoch ueberall derselbe: die Einteilung in Kollektiva, welche die ihnen Zugerechneten vollstaendig determinieren (Klassenzugehoerigkeit, soziales Geschlecht), die obrigkeitlich-bevormundende Rolle des Staates/der Gesellschaft, die grenzenlose Ausweitung der Kompetenzen des Staates/der Gesellschaft gegenueber dem Individuum, die Liquidierung des Privaten, die Gleichschaltung der Individuen, die rigide Reduktion des Menschen auf das rein Materielle, um die wichtigsten zu nennen.

Wenn über die feminisma und GM wieder offenbar eine totalitäre
Machtstruktur
aufgebaut werden soll - und das scheint außer Frage -
wir aber im Kapitalismus leben - dann müssen wenigstens die
halbwegs intelligenten Nutzer doch einen Widerspruch in der Sache
konstatieren, wenn hier weiter vom "Kommunismus" geredet wird. der
Kommunismus ist eine tote Ideologie. Der feminismus ist eine lebende
Ideologie, die prächtig im Kapitalismus gedeiht, insbesondere dort, wo
massiv globalisiert wird.

Kommunismus sowie alle anderen Spielarten des Sozialismus sind nichts anderes als bestimmte Manifestationen des Kollektivismus. Sich auf den 'toten' Kommunismus der untergegangenen, real existierenden sozialistischen Staaten zu versteifen, ist in der Tat nicht zielfuehrend. Vielmehr muss man sich auf die dahinterstehende kollektivistische Ideologie konzentrieren, und die ist keineswegs tot. Die weitaus meisten Feminismen (insbesondere der Staatsfeminismus) weisen frappante Aehnlichkeiten mit sozialistischen Ideologien auf, teilweise moegen sie sogar direkt von denen abgeleitet sein. Das ist aber im Grunde belanglos, denn das evidente Verbindungsglied ist und bleibt die gemeinsame Wurzel namens Kollektivismus, der das Individuum verachtet und dem Kollektiv als Fetisch huldigt.

Will sagen: Es juckt nicht, daß "Kommunisten" früher den "feminismus"
einführten (ist sowieso falsch, es war "nur" die Gleichberechtigung),
sondern es kommt darauf an, wer heute das Sagen hat und wer uns
heute gleichschalten will.
Und das sind nun mal nicht die Kommunisten. So viel Ehrlichkeit muß sein.

Korrekt aber eben doch nicht ausreichend. Da der Kommunismus ebenso wie Sozialismen und fast saemtliche Feminismen lediglich Manifestationen des Kollektivismus darstellen besteht natuerlich schon ein innerer Zusammenhang. Vor diesem Hintergrund verlieren Begriffe wie 'links' oder 'rechts' ihre Bedeutung. Traditionell bezeichnet 'links' einfach ein ideologisch eng verwandtes Buendel von Kollektivismen, von welchen die weitaus meisten im Kern auf Marx' Philosophie zurueckgehen. Selbstverstaendlich gibt es auch 'rechte' Kollektivismen: die wichtigsten davon sind Nationalsozialismus, diverse Faschismen (Italien, Spanien, Portugal), rassistische Ideologien (z.B. Apartheid) sowie sonstige uebersteigerte Nationalismen. Ihnen allen gemeinsam ist ihre dezidierte Gegnerschaft zur Philosophie von Marx, die aber meist weniger prinzipieller sondern eher orthodox-ideologischer Natur sind. Ansonsten lehnen rechte Kollektivismen oft (aber laengst nicht immer) den strikten marxschen Materialismus ab, manche weisen sogar einen sehr starken transzendent-religioesen Einschlag auf (faschistisches Spanien, Apartheid in Suedafrika, frueheres nationalistisches Militaerregime in Japan), was manche Zeitgenossen dazu veranlasst, irrtuemlich bestimmte Religionen in die Naehe dieser Ideologien zu ruecken.

Manchmal frage ich mich sogar, was manche Leute hier umtreibt, uns
dermaßen merkwürdige Feindbilder eintrichtern zu wollen, die uns nicht
weiterbringen, weil die Schlachten der Vergangenheit außer einer gewissen
pädadgogischen Wirkung keinerlei Bedeutung mehr haben.

Die paedagogische Wirkung ist eben nicht vorhanden, da der immer wieder in neuem Kleide daherkommende Kollektivismus nicht wiedererkannt wird. Jedesmal lassen sich die Leute wieder hinters Licht fuehren und hecheln neuen Fuehrern hinterher, die ihnen das kollektivistische Paradies auf Erden versprechen. Halten konnte diese Versprechen bis heute niemand.

Sind die wirklich auf unserer Seite?
Es ist jedenfalls dumm und z.T. äußerst schädlich, die falschen Begriffe
zu verwenden. Man macht sich mit solchen kasperhaften Wiederholungen
("feminismus = Kommunismus") jedenfalls nur lächerlich. Das mag am
Biertisch gehen, aber nicht dort, wo wir etwas erreichen wollen.

Dne ideologischen Zusammenhang zwischen Feminismus und Kommunismus kann man jedoch sehr gut nachweisen (naemlich ueber das gemeinsame Bindeglied Kollektivismus) und das wurde ja auch immer wieder getan. Bloss muss man das halt zur Kenntnis nehmen. Wer sich jedoch mit begrifflichen Etikettierungen anstatt Inhalten auseinandersetzt, der wird immer wieder neuen Manifestationen des Kollektivismus auf den Leim kriechen, weil er sich ja treuherzig an den oberflaechlichen Begrifflichkeiten festklammert. Fuer den ist der Kommunismus tatsaechlich tot, aber die kollektivistische Neuauflage in Form des Genderismus erkennt er trotzdem nicht. Wie auch, wenn er sich nicht mit dem Inhalt, der Essenz kollektivistischer Ideologien beschaeftigt? Die weltanschauliche Verbindung zum Feminismus ist natuerlich fuer kollektivistische Maennerrechtler ein echtes Problem, denn mit den feministischen Kollektivisten wollen sie keinesfalls in einen Topf geworfen werden. Die Tatsache bleibt trotzdem bestehen, dass die Differenzen zwischen feministischen und maskulistischen Kollektivisten weniger ideologischer Natur sind als vielmehr Fluegelkaempfe zwischen zwei kollektivistischen Orthodoxien darstellen. Aehnlich absurd wie manche Kaempfe zwischen religioes eng verwandten Glaubensgemeinschaften. Am Ende ist es jedoch wahrscheinlicher, dass sich diese beiden Fluegel untereinander einigen, als dass sie einzeln oder beide mit den Antikollektivisten zusammengehen - die ideologischen Gemeinsamkeiten der Kollektivisten untereinander sind eben wesentlich enger.

Wir müssen uns doch heute fragen: WER spielt uns übel mit? WER hat das
Sagen? WEM nützt es?

An den Fruechten erkennt man den Baum, und an den Taten die Menschen. Aber die Frage nach dem 'wer' ist nicht so wichtig wie die Frage nach den Inhalten (nach dem 'was' und 'warum'), nach denen sich die 'wers' ausrichten. Mit stets neu aufkommenden Generationen wechseln die Menschen ja immer wieder ab und die Frage nach dem wer muss stets neu beantwortet werden; die ideologischen Inhalte bleiben jedoch im Kern dieselben, auch wenn sie gemaess dem jeweils vorherrschenden Zeitgeist immer wieder Neuinterpretationen erfahren.

Gruss

Maesi


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