Fahrenheit 68
Nun, das ist ja löblich. Aber genügt das ? Genügt es zu sagen : Jo, ich
hab den Adolf gewählt, ick war in de SS, ick gloob, det war nFehler.So einfach wollen wir uns das nicht machen.
Der Fischer ist eine dermassen zwielichtige Type. Es genügt, sich mal die
kleine Zusammenfassung im wiki oder sonstwo anzuschauen. Aufarbeitung ?
Nicht die Spur.
Nein? Wie erklärst du denn dann seine Stellung als jemand, der schon zur Gründungszeit der Grünen für "Realpolitik" eintrat?
Jawohl, militant waren sie, gewalttätig. Das hinderte die Grünen aber
nicht daran, sich als die pazifistische Partei schlechthin darzustellen.
Und wieder haben wir einen dieser fundamentalen Widersprüche.
Es ist wohl unbestritten, dass die Grünen aus der ausserparlamentarischen
Opposition hervorgingen.
Es gab militante Sponits, es gab nicht-militante Spontis. Und die Grünen speißten sich nicht nur aus dieser Quelle, sondern gerade auch aus der Friedensbewegung. Und zahllosen Gruppen, selbst eine BI aus Bayern, die mehrheitlich aus CSU-Mitgliedern bestand war an der Gründung beteiligt. . ?An der Wiege standen die unglücklichen Eltern: zum einen Helmut Schmidt, ohne dessen Politik es die Grünen wohl nicht gegeben hätte, und zum anderen die Fünf-Prozent-Hürde, ohne die so viele verschiedene Gruppen sich wohl nicht unter ein Dach zusammengezwängt hätten? erklärte Michael Vesper zur Gründung der Grünen.
Ich erinnere daran, dass Fischer mit
radikalmilitanten Gruppen verbunden war, die Molotowcocktails schmissen.
Dabei gab es Tote und Schwerverletzte.
Es gab keine Tote. Hättest den Wiki-Artikel von dem du oben sprachst ja auch mal lesen können...
Oder AP Bericht vom 15.1.01:
"Fischer allerdings habe nie im Verdacht gestanden, Molotow-Cocktails geworfen zu haben. Der heutige Vizekanzler sei zwar nach dem Tod Ulrike Meinhofs auch eine Nacht in Polizeigewahrsam genommen worden, weil er verdächtigt wurde, im Hintergrund Mitverantwortung für das Verwenden von Brandsätzen getragen zu haben. Die Beweislage sei aber so dünn gewesen, dass Fischer gar nicht erst dem Haftrichter vorgeführt wurde. Es habe keinen hinreichenden Tatverdacht gegeben, und nach Müllers Überzeugung wäre Fischer in einem Prozess «glatt freigesprochen worden>, wahrscheinlich hätte man aber erst gar keine Anklage zugelassen." (Der genannte Müller ist Knut Müller, der zu dem Zeitpunkt an dem diese Aktion stattfand Polizeipräsidemt von Frankfurt a.M. war)
Also, was wäre, wenn der heutige Aussenminister in einer rechtsradikalen,
militanten Gruppe aktiv gewesen wäre, die Tote und Schwerverletzte zu
verantworten hätte ? Warum werden dermassen unterschiedliche Massstäbe
angelegt ?
Tja, das kann man leider nicht Überprüfen. Nachsehen kann man höchstens, was für Ämter Leute noch gekriegt haben, die den ersten juristischen Kommentar zu den Nürnberge Rassengesetze mitverfasst haben (Chef des Bundeskanzleramts von 53-63), oder die "Arisierung" der Böhmischen Industrie mitgeplant und durchgeführt haben (Vorsitzender des BDI und nach einem Fernsehinterview in der er bekundet hat, stolz auf seine Tätigkeit im Nationalsozialismus zu sein, durch Terroristen ermordet), oder den Russlandfeldzug vorbereitet haben (Chef des BNDs bis 68).
Die findet sich sicher auch bei den Konservativen. Da geb ich dir recht.
Trotzdem empfinde ich die Tendenz zu Selbstgerechtigkeit bei den Grünen am
ausgeprägtesten. Es liegt in der Natur der Sache, dass ich das nicht
beweisen kann.Aber sind sie nicht die Erben der christlichen Moralapostel ? Ich denke,
das sind sie.
Die Christlichen Moralapostel gibt es doch immer noch, die muß man nicht beerben...
Du selbst dagst, wie sehr sich ein Strafgesetzbuch aus den 50-er Jahren
von einem heutigen unterscheidet. Wirkönnen also festhalten, dass sie viel
erreicht haben, mal ganz wertfrei konstatiert.
OK, tun wir mal so, als seien das alles Veränderungen durch die 68er. Dann haben sie einiges erreicht. Absolut.
Die utopischen Ziele - wie die von dir angesprochene klassenlose
Gesellschaft - haben sie natürlich nicht erreicht. Dazu besteht für die
Protagonisten und ihre Wähler auch kein Anlass, gehört doch der typische
Grünwähler zum gehobenen Mittelstand. Wozu dann noch eine klassenlose
Gesellschaft ?
Die Grünen sind nicht gleich die "neue Linke" von 68. Die Grünen hatten auch einen großen Zulauf durch bürgerliche Kreise, die sich dem Umweltschutz verpflichtet fühlten.
Nun, ich vertret hier ja nicht KlausZ.
Wenn du aber den öffentlichen Diskurs beobachtest, dann stellst du fest,
dass von "linker Seite" ein sehr, sehr grosser Konformitätsdruck ausgeübt
wird. Dies sehe ich von rechts nicht. KlausZ ist nicht typischer
Repräsentant der konservativen Position.
Den Druck gibt es auch von Rechts. Wer glaubt die FAZ oder die Bild (Titel Gestern "Schock: Deutschland sozialistische als China") hätten keine Medienmacht, oder die Pro 7 Nachrichten und mehr noch RTL hätten keine politische Agenda, geht naiv an die Medienlandschaft heran. Und wer die Propaganda zum Besuch des Papstes erlebt hat, nun weisgott kein Linker, sondern eher erzkonservativ, der kann sich auch des Eindrucks nicht entwehren, daß auch die öffentlich rechtlichen nicht ganz so neutral sind.
Die Diskussion um Herman zeigt den Konformitätsdruck deutlich. Ihr Erfolg
basiert eben auch gerade auf ihrem nonkonformistischen Ansatz, ihrem
Tabubruch.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1242738
Eine Meinung zu vertreten, der mehr Leuten zustimmen (50%) als ablehnen (47%) als nonkonformistisch zu bezeichnen - dazu gehört schon Schneid. Warum das nicht städig Thema in den großen Zeitungen ist, wird auch klar, wenn man sich die Aufschlüsselungen nach Bildung ansieht. Die Leute lesen weder FAZ noch Ziet, sondern tun sich die Bild rein, wenn sie denn überhaupt zur Zeitung greifen. Dieser Diskurs wird in Nachmittagstalkshows und auf VIVA in die andere Richtung geführt.
Es ist eines dieser unbegreiflichen Wunder, dass sich die grössten
Konformisten nach wie vor als die geistige Avantgarde gebärden, sich
aufführen, als seien sie die Fundamentalopposition. Die haben nicht
mitgekriegt, dass sich seit 1968 tatsächlich vieles verändert hat.
Gibt es. Muß man auch wieder differenziern. Es gibt wenig was mich als jemand, der sich als links versteht, so aufregt wie Linke, die in ihrem Weltverständnis vor ein paar Jahrzehnten steckengeblieben sind. Einer meiner (IMO) schönsten Beiträge auf dem blauen Forum möchte ich hier mal Zitieren:
10.3.2005
"Hilde steht auf den Schultern von Giganten des linken Denkens. Nur um ein Paar Zitate zu nennen:
"Wir brauchen Gott, ein höheres Wesen, einen Kaiser und einen Tribun
um uns aus dem Elend zu befreien, wir können es nicht selber nun" (Die Internationale)
"Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, kann nur gewinnen." (B. Brecht)
"Marxismus ist eine Weltanschauung, die nie nach neuen Erkenntnissen ringen muß, die nichts so liebt wie das Erstarren in einmal gültigen Formen, die am besten im geistigen Stillstand und im geschichtlichen Nebel und Nieselregen ihre lebendige Kraft bewahrt." (R.v.Luxemburg)
"Proletarier aller Länder, laßt mal sein!" (K.Marx & F.Engels)
"Ausgehend von der Erkentnis, daß der Sozialismus letzten Endes keine Kulturfrage ist und deshalb nur von oben nach unten, ohne die schöpferische Tätigkeit des Volkes gelöst werden kann, begrüßen die Syndikalisten jedes Mittel einer sogenannten Verstaatlichung, das nie zur schlimmsten Form der Ausbeutung, zum Staatskapitalismus, auf jeden Fall aber zum Sozialismus führen kann" (R.Rocker)
"Verwandelt euren Hass in Lethargie!" (C. Guevara)
"Eine revolutionäre Dialektik der richtigen Übergänge muss den langen Marsch durch die Institutionen als eine praktisch-kritische Untätigkeit in allen gesellschaftlichen Bereichen begreifen." (R.Dutschke)
"Macht nicht kaputt, was euch kaputt macht" (R.Reiser)"
Das war nachdem hilde prinzipiell jeden Vorschlag der "Eigeninitiative" beinhaltete als neo-liberal und anti-links bezeichnet hatte. Genau so dämlich: das bGe. Das schlimmste sind doch immer die Idioten auf der "eigenen Seite"...
Öffentliche Diffamierung und Ausgrenzung.
Wird Frau Herman in der Regel sachlich kritisiert ? Diese
Auseinandersetzung ist beispielhaft und zeigt recht deutlich, was ich
meine, wenn ich von autoritären Mitteln spreche.
Kann man sie "sachlich" kritisieren? OK, man kann darauf verweisen, daß ihre Tatsachenbehauptungen nicht mit den Ergebnissen der Psychologie, Soziologie und Pädagogik der letzten 20 Jahre kompatibel sind. Aber eigentlich ist das Problem ein anderes: Sie hat angefangen zu polemisieren. Der Cicero-Artikel (noch so ein Organ, daß durchaus diskursrelevant und nicht gerade links ist) hat ganz schön reingehauen. Und wenn da steht: "[Die Frauen] sind ausgelaugt, müde und haben wegen ihrer permanenten Überforderung nicht selten suizidale Fantasien." Möchte man als Männerrechter gern sagen: Suizidale Phantasien? Die Männer haben Suizide. "Und seit jenem Tag bewegt mich eine Frage, die provozierend sein mag, doch längst überfällig ist: Haben berufstätige Frauen von heute ? zu denen ich ja auch gehöre ? wirklich das Recht auf unbegrenzte Selbstverwirklichung oder war die Emanzipation ein fataler Irrtum?" Achtung, da habe ich das zentrale Wort fett gemacht. Und da stellt sich die Frage: Will sie wirklich an GG Art.2 (1) "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit" rütteln, oder ist sie einfach zu blöd um das gescheit zu formulieren. In beiden Fällen halte ich Häme für angebracht. "Seit einigen Jahrzehnten verstoßen wir Frauen zunehmend gegen jene Gesetze, die das Überleben unserer menschlichen Spezies einst gesichert haben." Siehe dazu jede zweite Antwort auf ein Klaus_Z posting... "Der auferlegte Zwang führt unweigerlich in die Entweiblichung der Frau und die Entmännlichung der Herrenwelt." Die Männlichkeit wird ja auch beschrieben: "aktiv[..], kraftvoll[..], stark[..] und beschützend[..]", keineswegs jedoch "empfindsam[..], mitfühlend[..] [oder] rein[..]". "Wir sterben aus. Und das, weil die Rolle der Frau so lange problematisiert, diskutiert und umgeformt wurde, bis die Verunsicherung die Frauen in die Verweigerung der Mutterrolle führte ? und die Männer in die Verweigerung der Versorgerrolle." Wir sterben aus?! Wann? "Ich spreche von einer verlorenen Welt, die unseren Vorfahren jahrtausendelang Kraft und Halt gab, die Misserfolge und Enttäuschungen auffing und eine Quelle des Glücks sein konnte." Die Kleinfamilie ist recht jung. 18. Jahrhundert. "Deutschland ist eines der wenigen Länder der Erde, in dem das Recht auf Bindung des Kindes zu seinen Eltern nicht im Grundgesetz verankert ist." Das Grundgesetz kennt sie also gar nicht, denn was steht im Art. 6 (2)?, na "(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft."
Der Cicero Artikel schwankt zwischen Polemik, Unsinn und komischen Esoterik-Phrasen über Schöpfung und Urweibliche Kräfte, die durchaus auch von der Genderforen-Legende Hannibal verfasst sein könnten. Da sachlich zu bleiben fällt schwer.
susu
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17.09.2006, 00:19
- ein Superposting! n/t - Arkander, 15.09.2006, 15:16