Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Warum sind Feministen grundsätzlich auch Atheisten ?

carlos, Sunday, 16.10.2005, 22:51 (vor 6969 Tagen) @ susu

Als Antwort auf: Re: Warum sind Feministen grundsätzlich auch Atheisten ? von susu am 16. Oktober 2005 17:17:49:

Servus Susu!

„Komplementär-Frage: Warum kann man sich einen überzeugend gottgläubigen Menschen (etwa den jeweiligen Papst, aber nicht nur den) schwerlich als einen Sexisten (m/w) vorstellen ?
Keine Ahnung. Vieleicht benötigt man da einfach ein Brett vor dem Kopf, bzw. um mal mit Jesus zu sprechen einen Balken im Auge. "Unter Sexismus versteht man jede Art von Diskriminierung, Unterdrückung, Zurücksetzung und Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts." Solches in so ziemlich allem zu erkennen, was die Kurie an Texten zum Thema Geschlecht produziert hat, erfordert sehr wenig Mühe.“

Deine Polemik geht ins Leere, Susu. Dem Papst hast du noch nie zugehört, in der Bibel hast du noch nie gelesen, und von der Reproduktion via bipolarer, binärer Sexualität (bewußt lasse ich die Erörterung sexualgenetischer Aberrationen und Mutationen, wie die der Turner-Frauen und Klinefelter-Männer weg, weil sie nicht hierher gehören), sowie dem Recht der notwendigerweise und ausschließlich eben daraus erwachsenden Kinder hast du erkennbar keinen Dunst.

„Was mich hingegen schon erstaunt, und was ich als tragisch beurteile, ist die Tatsache, daß nicht wenige Menschen, welche die Berechtigung eines Feminats in Frage stellen, die Idee eines Vater- bzw. Sohnesgottes als indiskutabel oder als lächerlich abtun, ja gelegentlich sogar sich ressentiment-erfüllt gegen das Christentum äußern.
Ich würde hier gerne sagen, daß diese Frage nichts mit der Männerbewegung zu tun hat und deshalb auch nicht zu diskutieren wäre. Aber weil ich das Gefühl habe, daß es eine Tendenz gibt, die Männerbewegung weltanschaulich homogenisieren zu wollen, geht das nicht. Ich versuche noch einmal das zusammenzufassen was die Männerbewegung für mich darstellt: Den Versuch bestimmte Freiheiten zu erlangen, die Männer in dieser Gesellschaft nicht haben. D.h. Männerbewegung ist ein emanzipatorisches Projekt. Und dazu passt eine weltanschauliche Fixierung nicht, weil ich es für albern hielte in dieser Hinsicht nicht, oder sogar anti-libertär zu sein.“

Und ob diese Frage mit der Männerbewegung zu tun hat! Religiöse Komponenten muß niemand mittragen; natürlich nicht; aber welche „bestimmten Freiheiten“ meinst du denn genau? Feminismus rührt definitiv nicht aus dem Elaboratenkeller konservativer Provenienz!

„Ich meine nicht diejenigen Männer, welche aufgrund ihrer intellektuellen Redlichkeit über Dinge schweigen, von denen sie keine Erkenntnisse oder Erlebnisse haben. Ich denke vielmehr an diejenigen, welche ihre Unkenntnis der religiösen Tatsachen zum Besten geben und dabei wirkliche dumme Äußerungen machen, die sie sich zu anderen Themen niemals erlauben würden.
Ich bin mir der religiösen Tatsache der Schöpfung durch das Spaghettimonster durchaus bewust. Bzw. der Elephantengestalt Wishnus. Und all der anderen Dinge, die genau für jene unumstößliche Fakten darstellen, die an sie glauben. Ich will da niemandem reinreden, aber an dem Punkt, an dem sich andere anschicken mir ihre Wahrheit aufzudrücken sträubt sich mein Nackenhaar.“

Auch wenn du mit Religion nix am Hut hast, Susu: Deine Polemik paßt eigentlich nicht zu deinen eigenen Ansprüchen; Respekt stünde auch einem wie dir nicht schlecht. Wie gefiele es dir wohl, wenn ich den Spieß umdrehte? Glauben im religiösen Sinne mußt du bestimmt nix; Glaube macht aus niemandem einen besseren Menschen per se. Und noch etwas hast du nicht begriffen: Die Differenzierung zwischen Fakten, i.e. Wahrheiten des Glaubens einerseits und andererseits die der Mathematik. Wenn jemand wie du so was nicht auf die Reihe kriegt, dann sträuben sich mir die Nackenhaare erst recht...

„Nicht, daß ich mich persönlich darüber ärgere. Das liegt mir völlig fern und es wäre auch anmaßend, wenn ich andere Menschen an meiner eigenen Haltung messen würde.
Woran mißt du den Erkenntnisstand über religiöse Tatsachen denn statt dessen?“

Da gibt es keinen „Erkenntnisstand“, Susu, sondern nur den Glauben, sowie dessen Inhalte, weil „religiöse Tatsachen“ ebensowenig existieren.

„Ich bedaure den prononzierten Atheismus vielmehr insofern, als ich darin einen Verlust an Kampfkraft sehe. Man wird ja auch in einer Institution viel weniger erreichen, wenn man nicht schließlich Verbindung mit dem Chef aufnimmt. Die "bekennenden" Atheisten erscheinen mir wie Leute, welche die Existenz eines Firmen- oder Institutionen-Chefs nicht nur leugnen, weil sie ihn gerade nicht sehen, sondern sich auch noch über ihn mokieren, indem sie ihn als Erfindung zum Zweck der Einschüchterung und Unterdrückung bezeichnen. Irgendwie also glauben sie doch an ihn, aber mit unguten Gefühlen.
Der Vergleich ist zu wenig ausgestaltet. Wir sind also in dieser Organisation. Wir fragen nach dem Chef und kriegen von verschiedenen Mitarbeitern verschiedene Namen genannt, aber niemand kennt die Telefonnummer, eMail adresse oder zumindest das Geschäftszimmer. Außerdem sind sie sich uneins darüber was die Organisation eigentlich leistet, einige sagen so andere so. Unsere Arbeitsplatzbeschreibung lautet: "Überlegt euch was" und bezahlt wird vieleicht irgandwann mal. Da kommen mir persönlich Zweifel darüber ob der ominöse Chef überhaupt existiert. Zumindest jedoch halte ich alle Beteuerungen von Kollegen, der Chef wisse genau was abgehe und habe sich das alles sehr gründlich überlegt, für äußerst abwegig.“

Silikat mag seinerseits zu wenig differenziert haben; du begehst mit deiner Spöttelei unbekümmert den selben Fehler. Der „ominöse Chef“ muß für niemanden existieren; wirklich für gar niemanden; schon allein deswegen, weil seine Existenz nach irdischen Maßstäben unbewiesen bleiben muß, und für das Programm der Männerbewegung braucht man seine Ratschläge auch keinesfalls zu erwägen; das gilt so sehr, wie im Umkehrschluß innerhalb der Konservativen – im weitesten und undifferenziertesten Sinne – die Imagination eines Gottes letzten Endes obsolet bleibt. Geschlechterkrieg verharrt auf ewig im Irdischen; mit allen Skurrilitäten und Absurditäten. Lerne, zwischen Wissen einerseits und Glauben andererseits streng zu differenzieren, und du tust dir viel leichter fürderhin; völlig egal wobei.
carlos


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