Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Evolutions-Beweise:

Nihilator ⌂, Bayern, Saturday, 28.10.2006, 03:16 (vor 6546 Tagen) @ Martin

... Auweia, schon wieder so ein Zwiegespräch. Wenn du eine konvergente
Entwicklung zu diesem Sven bist, dann müsstest du jetzt im nächsten
Beitrag aus heiterem Himmel ziemlich ausfällig werden...

*Lach* Keine Sorge. Nicht, daß ich das nicht auch mal machte, aber dazu sehe ich hier nun so gar keinen Grund. Ist doch eine interessante Unterhaltung.

Laß mich noch ein bissel besser ausdrücken, wie ich das meine.

Nehmen wir die DNS: für den Evolutionisten quasi DER Beweis für die Richtigkeit seiner Theorie. Schließlich verwendet ALLES uns bekannte Leben exakt die gleiche "Schrift" (vier Buchstaben) und das gleiche "Papier" für seine Baupläne. Ist das nicht DER schlagende Beweis dafür, daß dieses Leben alles einem gemeinsamen Ursprung entstammt?
Ja, was sage ich denn die ganze Zeit, antwortet da der Kreationist. Das ist doch genau meine Behauptung: es entstammt einem gemeinsamen Ursprung. Und weiter, zum Evolutionisten: warum ist das eigentlich so, daß es nur EINE einzige Bauweise von Leben gibt? Behauptet ihr nicht, daß Leben geradezu gesetzmäßig entstehen müsse auf einem mit den geeigneten Bedingungen versehenen Planeten plus Faktor Zeit? Sagt ihr nicht auch, daß die Natur immer wieder die gleichen Experimente macht und dabei entweder zu (fast) gleichen (Augen Weichtier-Säuger) oder aber auch zu höchst unterschiedlichen (Facettenauge) Lösungen kommt? Und zwar immer mehrfach?
Warum ist es aber dann der Natur in unbegrenzter Zeit und bei unbegrenzter Vielzahl an Versuchen offenbar nur EIN EINZIGES Mal gelungen, Leben an sich zu schaffen?

Muß ja nicht so sein, sage ich Evolutionist. Vielleicht gab es ja mehrere Lösungen, von denen die schlechteren verdrängt wurden? Vielleicht läßt die Existenz von Leben gar nicht die Entstehung anderen Lebens mehr zu (Stichwort Nische)? Vielleicht ist es auch ein Naturgesetz, daß Leben nur so und nicht anders funktionieren kann?
Ja, da bin ich auch verzweifelt am Raten, denn dafür habe ich keine Erklärung. Je weiter in der Evolution Du zurückgehst, desto schwerer wird es, alles rein wissenschaftlich zu erklären.

Es ist zwar schon gelungen, in einer Ursuppe den Übergang von anorganischer zu organischer Materie nachzuvollziehen, aber nicht den von organischer zu belebter Materie. Was Leben eigentlich ist, wissen (besser: begreifen) wir nicht. Wir definieren es notgedrungen nach seinen Äußerungsformen (Stoffwechsel, Fortpflanzung).

Hast Du schonmal den Tod eines Haustiers direkt miterlebt? Eben noch atmete der kleine Körper und sah Dich an, jetzt ist er nur noch ein bewegungsloser Klumpen Materie mit starren Augen. Die GLEICHE Materie, wohlgemerkt, aber etwas Entscheidendes ist anders. Nur was? Da stehst Du fassungslos davor und hoffnungslos dazu, denn all Dein Wissen hilft Dir zum Verstehen nicht weiter.
Noch beeindruckender ist das Ganze ja bei der Entstehung neuen Lebens.

Ich glaube, die Fassungs- und Erklärungslosigkeit angesichts des Phänomens Leben war es, die Menschen nach Erklärungen göttlicher Art suchen ließ. Wir heute wissen so viel, und sind doch völlig hilflos angesichts dieses Phänomens. Wie muß es da erst Leuten ergangen sein auf dem Wissensstand von vor 5000 oder 2000 Jahren?

Der totale Konflikt zwischen Evolutionisten und Kreationisten wäre so nicht nötig gewesen. Er entsprang der angemaßten Erklärungshoheit des Christentums und dem (eigentlich unchristlichen) Gottesverständnis. Der weise Alte Herr mit weißem Bart, unsere (christlich-abendländische) Vorstellung von Gott, ist ja eigentlich der griechisch-römischen Götterwelt entlehnt. Das ist niemand anderes als Zeus/Jupiter, der Göttervater, dessen Bild man den frühen Christen gab, damit sie sich die Vorstellung machen konnten, die sie so dringend benötigten (sie waren ja Abbilder gewohnt).

Ich hatte da auch schon lustige Diskussionen. Ein Bekannter, der mich zu bekehren versuchte, fragte mich, ob in der Natur Ordnung aus sich heraus entstehen könne. Er brachte das Beispiel eines gut gepflegten Gartens, den man sich selbst überließe. Was entstünde da, Chaos oder Ordnung?
Natürlich erwartete er als Antwort Chaos, aber den Gefallen tat ich ihm nicht. Ich sagte Ordnung, denn ein solcher Garten wird mit der Zeit ein funktionierendes Ökosystem ausbilden und sich wahrscheinlich der Umgebung anpassen. In dem Moment hatte ich gewonnen.
Aber nach meinen eigenen Überlegungen (die ich für mich behielt *g*) nicht, denn:
Diese Ordnung ist die Ordnung der belebten Natur. Und wenn Leben göttliche Kraft hieße, dann hätte er ja recht, daß nur Gott ordnet. Das, was er aber als Gott bezeichnet, ist für mich eher Naturgesetz oder so ähnlich.
Was ist letztlich unsere Differenz? Ein Name.

Ich bin überzeugt davon, daß der Widerspruch zwischen Atheisten und Gläubigen eigentlich künstlich und letztlich nur eine Machtfrage ist.
Bei vernünftigem Nachdenken kommen wir doch zu ganz ähnlichen Schlüssen: die Entstehung des Lebens ist uns nicht erklärlich. Wir benötigen eine gedankliche Hilfskonstruktion, die wir Naturgesetz und andere Gott nennen. Müssen sich eigentlich DARAN die Geister scheiden?
Wenn die Wissenschaftsfeindlichkeit der Religionen, speziell des Christentums, und das etwas primitive Gottesbild aufgegeben werden, lassen sich Religion und Wissenschaft prima miteinander vereinbaren. Religio versucht dann, das uns Unfaßliche, Unverständliche zu erklären, und Ratio den Rest. Mit der Option, dieses flexible Abkommen jederzeit an neue Erkenntnisse anpassen zu können, versteht sich.
Und genau das passiert doch schon: frag mal einen heutigen Christen, wie er sich Gott vorstellt. Die Allermeisten werden Dir antworten, als eine Art Kraft oder Naturgesetz. Und daran glauben wir Atheisten letztlich auch.

Was Kulte angeht - nun ja, sollte jeder selbst wissen. Der eine betet vor dem Essen und bedankt sich dafür (immerhin ist eine gewisse Demut und Dankbarkeit keine gar so schlechte menschliche Haltung), der andere opfert immer mal ein Viech, der Dritte versucht dem Herrn zu gefallen, indem er Orgien zelebriert (eine IMHO sehr gute Lösung :-) ).
Immerhin hat Religion eine positive Seite: sie lehrt uns den Respekt vor der Würde des Lebens. Das brauchen wir Atheisten genauso, also schaffen wir uns eine solche Ethik und begründen sie einfach aus sich heraus: ein Mensch hat eben Würde, weil er Würde hat. Man tötet keinen Menschen, weil man das nicht macht. Was Du nicht willst, das man Dir tu... Kants kategorischer Imperativ. Wir haben Respekt vor dem Leben, weil dessen Unverständlichkeit und Wunderbarkeit einfach Respekt gebietet. Aber genau das machen die Religiösen doch auch, nur vielleicht ein bißchen autoritärer?

An sich ließe sich das blendend unter einen Hut bringen. Problem ist nur der Mißbrauch, sind Machtinteressen. So erkläre ich mir Phänomene wie den amerikanischen Kreationismus - der die Evolution ja keineswegs leugnet, sondern übernimmt und in einen größeren Zusammenhang stellt.


Gruß,
nihi

PS: Das ist mit anderen und vor allem mit viel mehr Worten ungefähr das, was Lecithin auch schrieb, denke ich? Vielleicht aus einer etwas anderen Sicht.

--
CETERUM CENSEO FEMINISMUM ESSE DELENDUM.

MÖSE=BÖSE

Fast ein Jahr lang suchte sie Hilfe bei Psychiatern, dann wandte sie sich Allah zu.


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