Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Evolutions-Beweise:

susu, Saturday, 04.11.2006, 17:07 (vor 6446 Tagen) @ Nihilator

Hallo Nihi

Da kann ich Dir nicht recht geben. Die Vernichtung der Religionen war
erklärtes Ziel der Stalin-Diktatur ("Religion ist Opium fürs Volk").

Das Zitat stammt von Marx und Stalin als gelernter Priester brauchte ja gerade Opium...
Wir müssen in der Geschichte der Sovjetunion zwischen der Phase der Oktoberrevolution, in der tatsächlich massiv gegen die Geistlichkeit vorgegangen wurde und die Unter Lenin geschah und der Phase der Stalinistischen Säuberungen unterscheiden. Während der Revolution wurde gegen die Geistlichkeit vorgegangen, weil sie so eng mit dem Zarismus verknüpft war. Ähnlich wie bei der Französischen Revolution, die auch die Geistlichkeit betraf. Unter Stalin kam es zu Säuberungen, denen knapp 100.000 Kirchenvertreter zum Opfer fielen. Dazu muß man bedenken, daß die offizielle Haltung der orthodoxen Kirche zu diesem Zeitpunkt darin bestand, die Wiederherstellung der Monarchie zu fordern und es mehrere Aufrufe an die Europäischen Christen gab, einen Kreuzzug gegen die Sovjetunion zu beginnen. Teil dieser Institution zu bleiben wurde als politische Gegnerschaft aufgefasst.

Eine Lockerung trat erst mit dem Großen Vaterländischen Krieg ein, als man
die mobilisierende und verbindende Wirkung sowohl der Religion als auch des
Nationalgefühls erkannte und zu nutzen wußte. Bei den Lockerungen blieb es
nach dem Krieg, größtenteils. Stalin wußte auch danke zu sagen.

Schon in den 20ern förderte die Sovjetführung Freikirchen und Glaubensgemeinschaften, die nicht Russisch Orthodox waren.

Momang. Es gab das Reichskonkordat und die "Deutschen Christen". Es gab
aber (später) auch die Enzyklika "Mit brennender Sorge". Gerade mit dieser
Quasi-Kriegserklärung ans Reich wurde das Leben für katholische
Würdenträger schwer. Von den Evangelischen, die sich den Deutschen
Christen nicht anschlossen oder auch den Bibelforschern, gar nicht zu
reden.

Auf der anderen Seite gab es auch das Parteiprogram der NSDAP, das ein "positives Christentum" forderte. Hitler war und blieb Katholik, seinen Antisemitismus hatte er aus christlicher Tradition.

"Es wird gefragt, ob es christlich sei, was mit den Juden gemacht wird, ob das menschlich sei, ob es keine Plünderei sei... Ich frage: Ist es christlich, wenn eine Nation ihren ewigen Feind loswerden will? ... Dass das jüdische Element das Leben der Slowaken bedroht hat, davon müssen wir niemanden überzeugen. Es würde noch schlimmer aussehen, wenn wir uns von ihm nicht rechtzeitig gereinigt hätten. Und wir haben es auf Gottes Anweisung getan: Slowake, wirf weg, entledige dich deines Schädlings..." (Jozef Tiso, Holí, 16. August 1942, bei der Deportation von Juden nach Auschwitz)

Tiso war katholischer Priester.
Es gab keine Verfolgung der Geistlichkeit als solcher.

Die Vernichtung der christlichen, als "artfremd", da jüdisch basierten,
angesehenen christlichen Kirchen war erklärtes Ziel der Nazis nach einem
gewonnenen Krieg. Die neue Quasi-Religion mit dem Führer als Heiland war
bereits ausgearbeitet.

Das ist schlichtweg falsch. Es gab zwar einen Neo-Paganistischen Flügel innerhalb der NSDAP und da insbesondere innerhalb der SS, aber wie schon das Parteiprogram der NSDAP zeigt, war sie christlicher, als sie heute gesehen wird.

Auch das stimmt nicht. Der Haß und Vernichtungswille des Pol-Pot-Regimes
richtete sich gegen die Intelligenz (daher auch Brillenträger). Diese war
es, die als gesellschaftliche Schicht auszumerzen war, damit ein agrarisch
basierter Kommunismus ("Steinzeit-Kommunismus") entstehen könnte.

Ein "agrarisch basierter Kommunismus" ist ein Oxymoron. So etwas errichten zu wollen ist so rational wie eine "basisdemokratische Diktatur" oder eine "Laiizistische Theokratie". Es ging ja nicht nur gegen die Intelligenz, Pol Pot ließ ja auch Arbeiter nicht leben, wie soll das Proletariat regieren, wenn man es vorher erschießt?

Selbstredend waren davon auch Religiöse betroffen.
Der Khmer-Terror war keineswegs irrational, sondern in einer atemberaubend
menschenverachtenden Weise RATIONAL.

Überlebende des Khmer-Rouge Regimes bezeichnen diesen abschnitt der Geschichte als Auto-Genozid. Als "Völkerselbstmord". Teilweise wirkt das vollkommen planlos: Wir erschießen jetzt Gruppe X. Ach nein, doch lieber Gruppe X leben lassen, wir erschießen lieber Gruppe Y. Halt, warte, ne, laß uns auf Nummer sicher gehen und sowohl Gruppe X und Gruppe Y exekutieren. Und Gruppe Z noch dazu.

Antireligiösen Fanatismus läßt Du da nicht gelten?

Da ist die Frage, was antireligiös ist. Wenn sich Terror explizit gegen alle Relgigionen richtet, dann würde ich das gelten lassen. Aber nicht wenn sich Terror gegen Gruppen richtet, von denen z.B. eine teilgruppe religiös motiviert ist. Und atheistische ist der Terror auch nur dann, wenn die Zielvorgabe tatsächlich allgemeiner Atheismus ist. Auch die "Christianisierung" der Heiden war ja anti-religiöser Fanatismus (und gleichzeitig religiöser Fanatismus, nur eben bezogen auf eine andere Religion)

susu


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