Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Evolutions-Beweise:

susu, Saturday, 28.10.2006, 23:47 (vor 6452 Tagen) @ Chato

Gott ist kein Ding aus der Welt, sondern ist außerhalb seiner Schöpfung,
deshalb keinem ihrer Gesetze unterworfen und mit dem Denken, das ja diese
Gesetze zur Voraussetzung hat, nicht zu erreichen. Man kann sich also
garkein Bild von Gott machen. Aber man kann halt wissen, daß man
das prinzipiell nicht kann. Was a priori unerkennbar und unerforschbar
ist, kann natürlich nicht erkannt und nicht erforscht werden. Daraus folgt
indes nicht das Nichtsein des Nichterkennbaren, obwohl viele Leute diesen
Fehlschluß ziehen ("bolschewistische Gagarin-Logik" habe ich das kürzlich
mal polemisch genannt).

Ich skizziere mal kurz das Problem mit deiner Sicht der Dinge. Wenn "Gott" außerhalb der Schöpfung steht und nicht mit ihr wechselwirkt, dann ist "Gott" ohne Konsequenz für die Schöpfung, kann mir also egal sein. Interagiert "Gott" jedoch mit der Schöpfung, dann kann seine Existenz gezeigt werden, entweder als Prinzip (Pantheismus) oder durch den Nautgesetzen zuwiederlaufende Vorgänge (Wunder). Der Pantheismus ist nachzuvollziehen, Wunder hingegen sind nicht belegt.
Natürlich belegt die nicht-Beweisbarkeit eines die Realität transzendierenden Gottes nicht seine Nicht-Existenz. Aber sie zeigt seine völlige Irrelevanz.

Zur eigentlichen Debatte eine Anmerkung: Der Kosmos kommt aus einem
begrifflich leeren Nichts, wo nicht nur alle Naturgesetze, sondern
überhaupt alle Kategorien, darunter so fundamentale wie
Kausalität, Raum und Zeit ungültig sind. Der Urknall ist kein "Ereignis"
in Raum und Zeit, sondern der Beginn von Raum und Zeit,
sowie der Materie, der Naturgesetze und der zahllosen, auf das Feinste
eingestellten Fundamentalkonstanten, die die funktionierende Schönheit
dieser Welt erst ermöglichen. Keine einzige von ihnen dürfte auch nur ein
wenig anders sein, als sie es ist, weil das Weltall dann nicht
funktionieren würde.

Bitte erkläre, was "funktionieren" in diesem Zusammenhang bedeutet. Alle "Fundamentalkonstanten" sind zu dem mit Messfehlern behaftet (ausnahme ist c), wäre eine "Feinjustierung" dieser Konstanten notwendig um ein unserem ähnliches Universum zu erzeugen, dann dürften diese Fehler aus theoretischer Sicht nicht existieren. Tatsächlich ist unklar wie die Konstanten entstehen. Aber sage mir eines Nick, ist niche ein "Gott der Lücken" noch armseliger, als ein Deus sine natura?

Aber es dient
ja auch bloß der Polemik gegen die Einsicht, daß es eben zuhöchst
vernünftig ist, an Gott, den Schöpfer, zu glauben, wohingegen es keinerlei
vernünftige Erklärung gibt noch jemals geben kann, woher und wie "dies
alles" denn sonst entstanden sein soll. Es kann sie deswegen niemals
geben, weil es jenseits der Grenze der Kausalität nach den Regeln der
einfachen Logik keine kausalen Erklärungen geben kann.

Zum einen ist es durchaus vernünftig, gegen die Einsicht, daß es vernünftig sei an Gott zu gleuben, zu Polemisieren, weil diese Einsicht nun mal so unvernünftig ist. Denn: Wer schuf Gott? Es macht Sinn zu sagen: Unsere Erkenntnis hat Grenzen. Und zum Teil haben wir sogar erkennen können, wo diese Grenzen liegen. Zu postulieren, es sei vernünftig eine "Erkenntnis" über die nicht der Erkenntnis zugänglichen Bereiche für wahr zu halten, ist töricht.

Ich rede jetzt nicht über die "Entstehung der Arten", denn das ist "bloß"
eine partikulare, lokale Geschichte, deren rational faßbare Wirkkräfte
Darwin genial und zutreffend durchschaut hat (ob vollständig, ist nochmal
eine andere Frage, die mich jetzt aber nicht interessiert). Aber diese
lokale Geschichte kann zum Verständnis des Urgrunds der Welt natürlich
nichts beitragen. Deshalb ist die Idee, die Evolutionstheorie würde die
Schöpfung widerlegen, verblüffend primitiv und einfach absurd.

Diese Idee wird meines Wissens von nur einer Gruppe vertreten: Den Kreationisten.

Mit dem Zufall kann man nicht
argumentieren, weil die Stichprobengröße beim Universum genau 1 ist. Und
das ist nur ein einziges Beispiel unter Myriaden anderer, die alle
genau passen... und genau passen müssen, weil es uns sonst nicht
gäbe.

Ich werfe einen Würfel. Ich würfele eine 4. Mit dem Zufall läßt sich das nicht erklären, da die Stichprobengröße 1 ist...
De fakto läßt sich mit N=1 gar nichts anfangen, weder ein Beleg für Zufall, noch für nicht-Zufall.

P.S.: Begrifflich zu unterscheiden sind Kreationismus (Extremform: "Gott
hat die Welt vor 6010 Jahren, genauer gesagt an einem 23. Oktober,
erschaffen, und zwar in 6 Tagen a 24 Stunden, und war damit am 29. Oktober
fertig") und andere Theorien, die die Evolutionstheorie akzeptieren und nur
deswegen von ihren Gegnern polemisch kreationistisch genannt werden, weil
sie eben nicht atheistisch sind.

Welche zum Beispiel? Intelligent Design? Akzeptiert die Evolutionstheorie eben nicht.

Ich selbst lehne es ab, irgendeiner
dieser Gruppierungen, welche es auch sei, von außen zugerechnet zu werden.
Ich lasse mir halt nicht gerne von arroganten Dummköpfen irgendein Ettikett
verpassen, bloß weil ihnen danach ist. Die Anmaßung, man dürfe nicht
an Gott glauben, sonst sei man ein "XY", ist im Ansatz totalitär - und in
praxi lächerlich.

Dem stimme ich zu, aber niemand will den Glauben verbieten. Aber wer glaubt, sollte bereit sein zu erklären warum. Und ich stelle fest: Es gibt keine objektiven Gründe. Die Welt können wir verstehen, wir brauchen keinen Gott um die Lücken zu füllen. Eine Ethik können wir aus philosophischen Aporien entwickeln. Wir können das Glück im Diesseits suchen. Und wenn uns jemand einreden will, wir benötigten Gott, so fragen wir: Wozu? Und wenn wir denn Lust haben: Und warum dann Leid? Wenn Gott doch allmächtig, allwissend und allgütig ist? Und lautet die Antwort: Unergründlichkeit, so sagen wir "Warum dann glauben?"

susu


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