Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Evolutions-Beweise:

susu, Friday, 03.11.2006, 22:52 (vor 6539 Tagen) @ Chato

Hallo Nick

Analogie: die Eltern von X sind verstorben, "wechselwirken" also nicht
mehr mit ihm, sind aber natürlich dennoch seine Eltern und deshalb höchst
'konsequenzvoll' für X, da es ihn ohne sie ja gar nicht gäbe.

Es gibt da ein kleines Problem mit dieser Analogie. Es sei denn du sagtest mit mir und Nietzsche: "Gott ist tot". Aber wenn ich dich recht verstehe, gehst du davon aus, das Gott eben nicht tot ist.

Nun gut, sie
mögen ihm trotzdem egal sein. Ich weiß, daß diese Haltung nicht nur
theoretisch möglich, sondern oft genug traurige Realität ist. Freilich
empfände ich Abscheu gegen diesen X und hätte jedenfalls garantiert kein
Bedürfnis, mit ihm näher zu verkehren.

Nun, nachdem wir geklärt haben, daß Gott, wenn es nach dir geht, nicht tot ist, dann drängt sich eine andere Analogie auf: Ein Vater der keinerlei Kontakt zu seinen Kindern pflegt. Gar keinen. Und im Gegensatz zu Vätern, die von Besuchsboykott u.ä. betroffen sind, liegt es tatsächlich ausschließlich an Gott, das er keinen Kontakt hat und mit mir auch nie hatte. Und wenn - na, da tu ich´s dir doch gleich mit dem irrealis - es einen solchen Gott gäbe, dann empfände ich natürlich Abscheu gegen ein so liebloses Wesen und hätte erst recht kein Bedürfnis mit ihm näher zu verkehren.

Die Rückkehr von dieser Analogie zu deiner Ausgangsthese würde dann
lauten, daß Gott keinerlei Grund hätte, einen Menschen nicht zu meiden,
dem er total egal ist.

Ich hätte keinen Grund, nicht an Gott zu glauben, wenn er sich mal bemühen würde. Ich bin nur eine einsamme sterbliche Seele, er ist ein allmächtiger Schöpfer. Es ist verflucht noch mal nicht zuviel von ihm verlangt den ersten Schritt zu tun.

Erstens weißt du überhaupt nicht - und kannst es aus Prinzip nicht wissen
- was Interaktionen Gottes mit seiner Schöpfung sind und was nicht. Du
könntest diese folglich a priori gar nicht von Nichtinteraktionen
unterscheiden und lieferst somit dein Argument in seiner Substanz der
Ungültigkeit aus.

Ah, Nick. Aber was ich beobachte folgt gewissen Regeln. Entweder ist die Interaktion Gottes mit der Welt das Wesen der Naturgesetze, dann wären wir wieder bei Spinoza. Oder die Interaktionen brechen die Regeln. Dann sind es Wunder...

Oder weißt du, was sich hinter der Unschärfe und der
Unbestimmtheit der Quantenprozesse verbirgt? Etwas lauter bitte! Wie? Du
weißt es nicht? Ich auch nicht. Aber ich weiß, daß dein Argument nichts
taugt.

Holla, wir werden ja fast schon wissenschaftlich. Nun, auch die Unschärfe und die Zufallsprozesse unterliegen Gesetzmäßigkeiten. Gesetzmäßigkeiten der Statistik, aber imer noch Gesetzmäßigkeiten. Wobei ich nicht weiß worauf du hinauswillst: Entweder du sagst "Gott würfelt" oder "Gott ist der Würfel".

Der Pantheismus ist nicht nur nicht belegbar, sondern nicht einmal
nachvollziehbar, weil er nichts weiter als eben eine leere Chiffre für
Unnachvollziehbarkeit ist, ohne weitere, nähere Bestimmung. Ganz zu recht
nennt Schopenhauer ihn deshalb "ein mißbrauchtes Wort, einen Unbegriff,
eine contradictio in adjecto, ein Schiboleth für Philosophieprofessoren".
Schopenhauers treffgenaue Rhetorik gilt nicht umsonst als zum Feinsten
gehörig, was auf Deutsch geschrieben wurde.

Wer seinen christlichen Glauben mit ausgerechnet Schopenhauer zu verteidigen sucht ist mental irgendwo falsch abgebogen. Schopenhauer über die monotheistischen Religionen:
"Ob man sich ein Idol macht aus Holz, Stein, Metall, oder es zusammensetzt aus abstrakten Begriffen, ist einerlei: es bleibt Idolatrie, sobald man ein persönliches Wesen vor sich hat, dem man opfert, das man anruft, dem man dankt. Es ist auch im Grunde so verschieden nicht, ob man seine Schaafe, oder seine Neigungen opfert."

Oder auch:
Während "des ganzen Christlichen Zeitraums liegt der Theismus wie ein drückender Alp auf allen geistigen, zumal philosophischen Bestrebungen und hemmt, oder verkümmert, jeden Fortschritt. Gott, Teufel, Engel und Dämonen verdecken den Gelehrten jener Zeiten die ganze Natur: keine Untersuchung wird zu Ende geführt, keiner Sache auf den Grund gegangen; sondern Alles, was über den augenfälligsten Kausalnexus hinausgeht, wird durch jene Persönlichkeiten alsbald zur Ruhe gebracht ..."

Wenn man sich dazu noch Schopenhauers eigene Sicht, die dem Buddhismus nahe steht, näher zu Gemüte führt, dann ist man von Spinoza nicht allzuweit entfernt. Es gibt nur die Welt, wobei Schopenhauer sie durch den Willen konstituiert sieht und damit ein Vorläufer des Konstruktivismus ist. Pantheismus erfordert Ehrfurcht vor der Welt, Schopenhauer hällt sie für ein "Jammerthal".

Die Zahl der denkbaren Universen, die nicht
funktionieren würden, ist unendlich, die Zahl der funktionierenden genau
eins. Wer das anzweifelt, der entwerfe hier und jetzt eines mit anderen
Werten und weise nach, was dabei herauskommt. Man hat das, wie du
möglicherweise weißt, ausführlich getan (was überhaupt nicht schwer ist)
und keines gefunden, das funktionieren würde. Sobald man nur eine einzige
Fundamentalkonstante ein kleinwenig ändert - zu deiner Beruhigung: stets
diesseits der Meßtoleranzen - läuft irgend etwas (und am Ende alles) ganz
drastisch aus dem Ruder.

Ja aber genau das ist der Punkt: "Diesseits der Meßtoleranzen". Die spannen ja schon einen Raum auf, der prinzipiell unendlich viele Universen ermöglicht. Wenn a ungleich b, dann ist |]a,b[| = |R|.

Das ist wieder einer jener rabulistischen Taschenspielertricks, bei denen
ich dich schon wiederholt ertappt und überführt habe - wonach du dann
jeweils einige Zeit eisern geschwiegen und die Sache ausgesessen hast wie
weiland Helmut Kohl, bis du meintest, es sei genügend Gras über die Sache
gewachsen. Ich vergesse so etwas nicht, Susu.

Links?

Du weißt haargenau, daß ich hier nicht einen Lückenbüßergott postuliere,

Oh doch. Wenn du weiter oben Gott in der Unschärfe suchst, oder bei den Elementarkonstanten, dann suchst du ihn in den Lücken.

sondern du unter der Hand ultraschräge Lückenbüßerphysik ins Spiel
zu bringen versuchst.

Nö. Ich würde mich aber freuen, wenn du das näher ausführen würdest.

Bei diesen Konstanten geht es eben gerade
nicht um irgendeine Lücke, sondern um das Fundament
schlechthin
, auf dem ALLES beruht. Aber "Lückenbüßergott" ist halt ein
populäres Schlagwort, auf das gerade diejenigen garantiert anspringen, die,
weil sie besonders wenig wissen, desto mehr der felsenfesten Überzeugung
sind, extrem viel zu wissen. Das ist deshalb so übel, weil hier ganz
bewußt mit dem Unwissen Schindluder getrieben und statt auf Wahrheit auf
"Stimmung" gesetzt wird. So etwas versuchst du immer wieder mal und
ruinierst damit natürlich auf die Dauer deine Glaubwürdigkeit. Das
funktioniert nämlich nicht unbegrenzt oft.

Der Lückenbüßergott ist deshalb ein populäres Schlagwort, weil an ihn geglaubt wird. Das viele wissenschaftliche Erkenntnisse von religiösen Institutionen bekämpft worden sind und z.T. werden, liegt daran, das sie Lücken schließen, in denen die Leute Gott vermuteten.

Die Sensitivität der Fundamentalkonstanten ist erstens keineswegs eine
Frage der Meßgenauigkeit der einzelnen Konstante, sondern v.a. eine der
wechselseitigen Relationen dieser Axiome. Die prinzipielle
Ungenauigkeit der Meßbarkeit ist zweitens ihrerseits ein fundamentales
Axiom, das als Konsequenz aus der Quantenmechanik folgt. Es ist schlicht
und einfach die Welt selbst, die sich in ihrem Innersten der Meßbarkeit
entzieht. Du weißt das. Und das nehme ich dir deshalb übel.

Richtig. Aber darauf fußt mein Argument nicht. Du schriebst das die Fundamentalkonstanten gar nicht von ihrem Wert abweichen dürften um ein "funktionierendes" Universum zu erzeugen. Meine Antwort war, daß sie zwar nur wenig abweichen dürfen um noch ein unserem ähnliches Universum zu erzeugen, aber diese mögliche Abweichung größer als 0 ist. Von den 7 Universalkonstanten (Z0, µ0, e0, G, h, c und hquer) haben 3 Fehler. Wenn ich mir das "fine-tune" Argument ansehe, dann lese ich da nur zur starken Wechselwirkung Zahlen und die sagen, wenn sie um 2% schwächer oder um 1% stärker wäre, dann würde sich das stark auf die Elementverteilung auswirken und Kohlenstoff-basiertes Leben wäre so gut wie unmöglich. 2% ist verdammt viel, deutlich mehr als die 0,015% um die G unbekannt ist (und die anderen sind genauer bekannt).

Bizarr auch dieser Hakenschlag: Weil du nicht fehlerfrei messen kannst,
soll Gott kein Universum erschaffen können? Geht's noch? Indem du
formulierst, daß Gott deine "Meßgenauigkeit" nötig habe, um das Universum
zu erschaffen, begibst du dich absichtlich und zum reinen Schein
gewissermaßen auf das intellektuelle Niveau eines steinzeitlichen Jägers,
für den die Erde eine Scheibe ist, "weil sie evident flach ist, so weit
das Auge reicht". Klar leuchtet das jedem unmittelbar ein, der es nicht
besser weiß! Dein Einwand ist absichtlich anthropomorph, obwohl dir
natürlich bekannt ist, daß die Unschärfebeziehungen mit zu jenen Grenzen
der Kausalität zählen, hinter denen die Welt aus prinzipiellen Gründen ins
Unerkennbare entweicht.

Ugh. Was für eine abstruse Argumentation. Noch mal: Du schreibst es gibt nur ein mögliches Universum. Ich antworte darauf, das es keinen Grund gibt, das anzunehmen. BTW, dein Argument spricht noch viel eher als meines gegen einen "allmächtigen" Gott, denn wenn nur ein Universum möglich ist, dann waren dessen Optionen ja wohl sehr beschaulich und da hat sich´s mit der Allmacht.

Du beginnst mit dem Zirkelschluß, daß deine Polemik vernünftig sei, weil
ihr Gegenstand ja "nun mal" so unvernünftig sei - und begründest dies dann
ausgerechnet mit der schieren Unvernunft. Die Frage: "Wer schuf Gott?", ist
gewiß furchtbar eingängig und extrem populär, besonders für Leute, die
nicht tiefer nachzudenken gewohnt sind, hat aber analog in etwa das Niveau
der Frage, ob, wenn die Erde eine Kugel wäre, die Leute nicht "unten" auf
der südlichen Hemisphäre "alle herunterfallen würden". 'Schaffen' oder
passiv 'geschaffen werden' ist - wie jedes Verb (Zeit-Wort!)
- eine Kategorie, die jenseits unserer Raumzeit ungültig ist.

Hier fange ich an zu überlegen, welche Harken du sonst noch zu schlagen gewillt bist. Du schriebst: "Gott ist kein Ding aus der Welt, sondern ist außerhalb seiner Schöpfung". Wenn er das ist, dann kann er, so wie du jetzt argumentierst natürlich auch nicht schaffen, da er nichts tun kann, weil ihm ganz einfach die Zeit fehlt. Ich sage: Über Gott kann man nicht logisch nachdenken, weil an diesem Konzept per definitionem das Denken scheitern muß. Und gerade deshalb sage ich: Es gibt keinen vernünftigen Grund an Gott zu glauben, weil Vernunft ein ungeeignetes Mittel ist. Und das ist die Tragik - vieleicht auch die Komik - der Apologeten.

Man mag sich über die Idee der Ungeschaffenheit Gottes von mir aus vor
lauter bierseligem Gegröle auf die Schenkel hauen und sich kindisch
darüber freuen, wie unendlich gescheiter man doch ist als diese dummen
Christen mit ihrem komischen Gott, weil man schließlich ganz genau weiß,
daß auch Gott geschaffen worden sein muß... Tatsache ist und bleibt
trotzdem, daß der Kosmos definitiv nicht das Ergebnis irgend einer
ihm vorausgehenden Entwicklung, einer Evolution, eines Prozesses, einer
"Gottesgeburt" oder sonst irgendeines zeitabhängigen "Geschehens" sein
kann, weil Zeit nunmal erst mit der Schöpfung selbst erscheint.

OK. Und wenn es kein vor und kein neben gibt, wo bleibt dann Gott? Raum und Zeit sind Eigenschaften des Universums, Gott ist kein Teil davon. Das Universum ist nicht das Ergebnis eines Prozesses. Gut. Warum dann diesem Prozess einen Namen geben, wie Augustinus ("Ergo est necesse ponere aliquain causam efficientem primam: quain omnes Deum nominant.")

Außerdem ist Zeit als solche in Wirklichkeit keineswegs das, als was sie
uns Menschen erscheint, sondern lediglich eine von vier
Raumzeitdimensionen, die sich von den drei anderen in ihrem Wesen so wenig
unterscheidet, wie sich Länge von Breite und Höhe unterscheidet.

Da hat jemand sich nur halbherzig mit der Relativitätstheorie beschäftigt... Insbesondere mit der Frage ob diese Äquivalenz für alle Naturgesetze gilt. Wichtig: 2.HS der Thermodynamik ist nicht t-symetrisch.

Dem Heiligen Augustinus von Hippo war das alles schon am Ende des 4.
Jahrhunderts geläufig und gehört seither zum festen Bestand der Lehre der
Kirche. Erst mit Albert Einstein ist das, was der Kirche seit 1600 Jahren
bekannt ist, auch wissenschaftlich zur Tatsache geworden.

Augustinus von Hippo vertrat eine Zeitauffassung, die von der Einsteins unterschiedlicher nicht sein könnte. Augustinus wendet sich gegen die platonische Zeitauffassung, die "objektive Zeit", die durch periodische Ereignisse gekennzwichnet ist: A.v.H: "wenn sich ein Körper bewegt, [wir mit der Zeit messen], wie lange er sich bewegt, und zwar vom Anfang bis zum Ende seiner Bewegung, [..] denn ein Körper bewegt sich nur in der Zeit"

Einsteins Zeitbegriff ist relativ, genauer gesagt: Zeit ist das was eine Uhr anzeigt. Und eine Uhr ist ein beliebiger periodischer Vorgang.

Aber OK, wenn du unbedingt glauben willst, Augustinus v. Hippo habe Einstein vorweggenommen. Man darf ja auch Unfug glauben...

Trotzdem wimmelt
es nur so von "aufgeklärten" Schlaumeiern, die zwar von beiden nicht die
geringste Ahnung haben, aber mir haargenau erklären wollen, daß ich
leider, leider an den Handwerker mit dem langen weißen Bart glaube (ein
Einspruch dagegen ist zwecklos, schließlich bin ich Christ und Christen
glauben nunmal an Unsinn, weiß doch jeder!), daß aber "die Aufklärung"
bewiesen habe, daß es diesen Handwerker nicht gibt. Und dann kommen so die
üblichen, leierhaft-eintönigen, altbekannten "Argumente". Das ist auf die
Dauer sehr lästig und ärgerlich.

Sag doch wie du´s meinst: Das denken ist läßtig. Aus marginalen Ähnlichkeiten in der Formulierung wird bei dir eine Identität zwischen der Scholastik und der modernen Physik. Warum nicht? Ich habe dir nicht vorgeworfen, daß du an den Handwerker mit langem bart glaubst. Ich werfe dir nicht mal vor, daß du nicht mit der Logik erklären kannst woran du glaubst. Was ich dir vorwerfe ist, daß du deinen Glauben mit abstrusester Logik verteidigen willst, Schopenhauer als chritlichen Apologeten zu deuten ist schon enorm verschroben, Augustinus von Hippo als Vorläufer Einsteins zu beschreiben noch viel mehr.

Von wegen! Zitat aus dem Spiegelartikel, der Ausgangspunkt der ganzen
Diskussion ist: "Organisierte Religionen vergleicht er mit
Vergewaltigungen. Wenn es in seiner Macht läge, die Welt von einem dieser
zwei Dinge zu befreien, erklärt Harris, dann 'zögerte ich nicht, die
Religion abzuschaffen'". Wir kommen aus einem "aufgeklärten" Jahrhundert,
das hinter uns liegt, in dem bald die halbe Welt unter Terrorregimen zu
leiden hatte, deren Ziel und Tun die Ausrottung des Glaubens gewesen ist.
Dieses Ziel ist nicht aufgegeben worden, sondern es bedient sich in Europa
anderer Mittel - und in vielen anderen Ländern der alten.

Was hatten wir denn davor? Ich zitiere Schopenhauer:
"sieh' hieher, wenn du es vermagst.? Siehe die Zeit, da die Kirche die Geister und die Gewalt die Leiber gefesselt hatte, damit Ritter und Pfaffen ihrem gemeinsamen Lastthiere, dem dritten Stande, die ganze Bürde des Lebens auflegen konnten. Da findest du Faustrecht, Feudalismus und Fanatismus in engem Bunde, und in ihrem Gefolge gräueliche Unwissenheit und Geistesfinsterniß, ihr entsprechende Intoleranz, Glaubenszwiste, Religionskriege, Kreuzzüge, Ketzerverfolgungen und Inquisitionen..."

Und wenn man sich die jüngere Geschichte ansieht, dann gibt es kaum einen Mangel an religiös gefestigtem Terror. BTW, der einzige Staat, in dem es tatsächlich atheistischen Terror gab war Albanien. Und den möchte ich keineswegs befürworten.

Es ist nicht
unvernünftig, sondern vernünftig, an Gott zu glauben, aber ich glaube nicht
an Gott, weil es vernünftig, sondern weil es wunderschön ist.

Nun, zur Vernunft habe ich schon geschrieben. Wenn du den Glauben wunderschön findest: Gut für dich. Ich finde die Welt schön (zumindest schöner als Schopenhauer, ich würde mich zwischen ihm und Nietzsche in seiner vitalistischen Phase einordnen).

Der Glaube
ist für mich einfach Teilhabe an einer unbeschreiblichen Schönheit und
Freude und Quelle unkaputtbaren Glücks.

Da bin ich Anhänger der contradictio.

Es ist deine Sicht, die hilflos versucht, Lücken zu füllen, wo sich
gähnende Abgründe aufgetan haben. Der Laplace'sche Traum ist längst, längst
ausgeträumt und heute schlicht und einfach reaktionär.

Oh, ich bin keineswegs Positivist (Ich schrieb mal ein Lied in dem ich reimte
"Ich war niemals Positivist
weil Positivismus blödsinn ist
trotzdem hielten mich viele für einen..."). Dazu habe ich hier aber oft genug geschrieben...

Es sind nur
sabbernde Opis auf der Parkbank, die ihn noch träumen. Die
materialistische Welterklärung ist restlos in sich zusammengebrochen. Das,
was sie zum Primären der Welt erhoben hatte, gibt es überhaupt nicht:
Materie. Wir können uns nicht einmal ein vernünftiges Bild davon machen.
Materie hat sich aufgelöst in einen Tanz von Quanten, in dem sich
überhaupt nichts erklären läßt - nicht weil wir's "noch nicht können",
sondern weil es prinzipiell unmöglich ist.

Da wird es abenteuerlich. Die Quantenphysik ist keine Metaphysik, sondern Physik. Das Materie aus Quantenobjekten besteht, d´accord. Aber das es sich deshalb hätte, mit dem Materialismus halte ich für Quatsch. Ich bin Monist und gerade die Quantenphysik zeigt, daß sich anscheinend widersprüchliches auf ein Prinzip zurückführen läßt (es gibt in dem Sinne keine "Welle-Teilchen-Dualität", was es gibt sind Quantenphysikalische Prozesse, die widerspruchsfrei erklären, warum wir den Eindruck haben, es handele sich um eine Dualität). Vieleicht sollten wir darüber reden, ob eine Vorhersagbarkeit prinzipieller Teil eines Monismus ist (ich sage nein), aber die Quantenphysik erklärt mehr, als das sie uns Mysterien aufgäbe (sie ist nur schwer zu verstehen, das aber liegt nicht an der Realität oder derTheorie, sondern an ihren Rezipienten).

...und feststellen, daß sie nicht funktioniert, sondern sich selbst
auflöst. Übertretung der Gesetze gab es immer. Aber es gab eben auch immer
die Gesetze. Die zehn Gebote waren unantastbar und das Gebot der
Nächstenliebe war eine ständige, unaufhebbare Herausforderung, so sehr es
auch mißachtet worden sein mag. Heute gibt es ebenfalls Übertretung der
Gesetze, was sonst? Aber die Gesetze erodieren, denn sie passen sich den
Übertretungen an und lösen sich damit auf. Abtreibung ist nicht mehr Mord,
nicht mal mehr ein "Ärgernis", sonder positiv, etwas Gutes, a good end,
während Lebensschützer böse Menschen sind und dieser Begriff in
tonangebenden Kreisen schon als Schimpfwort benutzt wird.

Was nicht zuletzt daran liegt, daß sich die Amerikanischen Pro-Lifer nicht gerade stringent verhalten. Wer für die Todesstrafe, für den Irakkrieg, gegen schärfere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und gegen medizinische Versorgung für alle ist, ist kaum ein "Lebensschützer". Karl Rove, Bush-Berater und Innitiator der "Values"-Kampagne wäre so ein Beispiel. Er sorgte dafür, das sich die nationale Politik mit Terri Schivaro beschäftigte. Er selbst hatte die künstliche Ernährung seines Vaters abstellen lassen. Als Vorbild nennt er Niccoló Machiavelli... Ernsthaft Nick. Wir haben das Grundgesetz. Und das halte ich für eine bessere Basis für das Zusammenleben als die 10 Gebote.

Ja klar, solange halt, bis man tot ist. Und das ist morgen. Und danach
kommt die Sintflut? Und überhaupt: was nutzt es, nach dem Glück im
Diesseits zu suchen, wenn man's nicht findet, weil die Welt sich in ein
Irrenhaus verwandelt hat, in dem der Einzelne nicht nur sein persönliches
Glück nicht mehr verteidigen kann, sondern auch nicht mal mehr seinen
Verstand, weil die ausgedachte, glückliche Welt in Trillionen Partikel
zerspringt und ihren inneren Zusammenhalt verliert?

Ich habe mal gesagt: Wenn man feststellt, das es kein festes Fundament gibt, dann verliert man auch die Angst vor dem Fall. Denn: Wo kein Boden, da kein Aufprall.

Schopenhauer hielt die Welt für ein Jammertal. Es war die einzige Position, bei der er sich mit dem Christentum in Einklang sah. Und Recht hatte er. Es ist nicht der Glaube an das Jenseits, den ich ablehne, es ist die Verachtung für das Diesseits.

susu


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