Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Na also, warum nicht gleich so

Maesi @, Tuesday, 17.10.2006, 01:57 (vor 6612 Tagen) @ Beelzebub

Hallo Beelzebub

Die Ehe ist in unserem Recht ein komplexes Vertragswerk. Das
Zerrüttungsprinzip macht das ganze Vertragswerk nichtig, bedeutet die
Verpflichtung eine Ehe einzugehen wird unsinnig. Das Vertragswerk ist
nicht das Papier wert auf dem es steht.

Juristischer Käse, so zu sagen.


Recht hast du, die Ehe ist heute ein Vertragsverhältnis. Und das ist
bereits das Ergebnis eines harten Kampfes gegen reaktionäre Kleriker, die
eine Ehe als "Sakrament" behandelt wissen wollten.

Die kirchliche Ehe ist auch heute noch ein Sakrament. Daran aendert auch nichts, dass die meisten kirchlichen Trauungen zur inhaltsleeren Folklore verkommen sind.

Es gibt aber keine "Verpflichtung, eine Ehe einzugehen". Wahrscheinlich
meinst du die Pflichten, die die Ehepartner gegeneinander haben. Die
gelten selbstverständlich, so lange die Ehe dauert, d.h. so lange der
Vertrag ungekündigt läuft. Wollte man aber aus der Kündbarkeit eines
Vertrages dessen Wertlosigkeit herleiten, dann wären praktisch alle
Verträge wertlos, weil nun mal so gut wie alle Verträge kündbar sind. Und
wird ein Vertrag gekündigt, dann enden auch die gegenseitigen
Verpflichtungen. Auch bei Miet- oder Arbeitsverträgen haben die
Vertragspartner nur Rechte und Pflichten, solange das Vertragsverhältnis
andauert.

Es geht nicht um die Kuendbarkeit des Vertrags sondern um Vertragsbruch. Selbstverstaendlich duerfen auch kuendbare Vertraege nicht gebrochen werden; liegt Vertragsbruch vor, kann der Geschaedigte vor Gericht ziehen und erhaelt gegebenenfalls Schadenersatz. Vertrag und die rechtliche Einklagbarkeit von Vertragsinhalten bilden eine untrennbare Einheit. Ein Vertrag, dessen Bruch keinerlei Rueckwirkung auf den Vertragsbrecher zeitigt, ist sinnlos. Rainer hat voellig Recht: die Ehe ist im Sinne des geltenden Scheidungsrechts ein vollkommen obsoleter 'Vertrag', da der Vertragsbruch in der Rechtspraxis des Zerruettungsprinzips keinerlei Rolle spielen darf, es sei denn es handle sich um regelrechte Straftaten.

Das einzige, worüber wir uns uneinig sind, sind die Kündigungsmodalitäten.
Warum aber eine Kündigung ein "Vertragsbruch" sein soll, ist mir nicht
nachvollziehbar.

Nicht die Kuendigung sondern allfaelliges ehewidriges Verhalten. Ein Vertragsverhaeltnis kann normalerweise durch zwei Moeglichkeiten beendet werden: durch Kuendigung oder durch Vertragsbruch. Das alte Scheidungsrecht kannte nur den Vertragsbruch als Moeglichkeit das eheliche Vertragsverhaeltnis zu beenden. Logisch waere gewesen, eine ordentliche Vertragskuendigung zu ermoeglichen; die nachehelichen Pflichten haetten dann entweder neu ausgehandelt und in einem Scheidungsfolgenvertrag niedergelegt werden muessen oder aber (noch besser) die Scheidungsfolgenklauseln waeren bereits Bestandteil des urspruenglichen Ehevertrages und erhielten mit der Scheidung Gueltigkeit, wobei fuer eine allenfalls notwendige Trennungszeit Uebergangsbestimmungen in Kraft traeten.

Die Schoepfer des neuen Scheidungsrechts sind jedoch einen anderen Weg gegangen: der Vertrag kann legal gebrochen werden (herbeigefuehrte Trennung); nachdem der vertragsbruechige Zustand eine bestimmte Zeitdauer bestanden hat, gilt die Zerruettung als offenkundig, worauf dann auch der (bereits vorgaengig gebrochene) Vertrag endlich 'gekuendigt' werden kann. Das ist doch Schwachsinn hoch drei! Man uebertrage eine solche 'Kuendigungspraxis' mal auf das Mietrecht oder das Arbeitsrecht, Rote Koepfe bei den Beteiligten und jede Menge unnoetiger juristischer Zoff waeren die Folge.

Entlarvend dabei ist auch das Beibehalten einer Gerichtsverhandlung am Ende der Ehe. Wenn es sich bei der Scheidung um eine normale Vertragskuendigung handelt, wieso benoetigt man eine Gerichtsverhandlung? Und was soll vor einem Gericht anderes verhandelt werden, als ein Rechtsstreit? Die Unlogik des Scheidungsrechts von 1977 ist geradezu mit Haenden zu greifen.

Und was die Kündigungsmodalitäten betrifft, so halte ich es nun mal für
angemessener, den Ehepartner, der nicht mehr will, seiner Wege gehen zu
lassen, weil ich eine mit Zwang zusammengehaltene Ehe für menschenunwürdig
erachte - für beide Seiten.

Schoen waer's! Durch das Unterhaltsrecht laesst man den 'Ehepartner eben nicht seiner Wege gehen' sondern bindet die beiden auch weiterhin vertraglich aneinander; was ist das Unterhaltsrecht anderes als ein Zwang.


Gruss

Maesi


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