Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Die Zukunft der Kulturindustrie

Andreas C., Wednesday, 19.07.2006, 11:52 (vor 6932 Tagen) @ susu

Oh ich halte die bestehenden Verhältnisse nicht als das non plus ultra.
Aber ich halte es für genausowenig hilfreich in der Geschichte einen
stetigen Zerfall zu finden, wie eine stetige Verbesserung. Historischer
Materialismus wird nicht besser, wenn er mit negativem Vorzeichen kommt.

Ich habe in meinem Ursprungsbeitrag deutlich gemacht, dass ich von ein Wachstums- und Zerfallsprozess ausgehe. Dass die zunehmende Dysfuntionalität gesellschaftlicher Institutionen un Abläufe direkt mit dem früheren Erfolg zu tun hat. Somit ist es nicht zulässig, mir zu unterstellen, ich würde von einem "stetigen" Zerfall reden.>

Dem ist jedoch mitnichten so. Dies ist eine statische Sichtweise der
Dinge. Es versteht sich aber, dass unsere Gesellschaft kaum

weitere

Fortschritte machen wird, genauso wenig wie man vom Alten China vor der
Ankunft der Europäer oder vom Alten Rom vor seinem Untergang grosse
Sprünge erwarten kommen.


Tut es das? Nur wenn man (siehe oben) von einem widerspruchslosen und
kontinuierlichen Verlauf der Geschichte ausgeht. Du meinst China in
welcher Phase? Rom in welcher Phase?

Auf die Schnelle kann ich keine genauen Zahlen nennen, ich habe Referenzpunkte genannt. Es dürfte klar sein worum es mir geht: Jede Zivilisation erreicht irgendwann einen Gipfelpunkt in ihrer Entwicklung. Zumindest war dies bis jetzt immer der Fall, was die Annahme nahelegt, dass dieses Gesetz auch für die europäische Zivilisation gilt. Und jetzt bitte keine Dr. Phil Wortklaubereien um den Begriff Zivilisation.

Wir haben heute so viele Gesetze, "social agendas" und politische
Absichtserklärungen wie selten zuvor und doch wird immer mehr Leuten
bewusst, dass sich das Rad des gesellschaftlichen und technischen
Fortschrittes immer langsamer, wenn überhaupt noch spürbar dreht.


Des technischen? Ich sag mal so: Nö. Gerade im Technischen Bereich tut
sich einiges.

Es wird weiter geforscht und entickelt, doch die Innovationen sind zunehmend oberflächlich anstatt mit der Tiefen- und Breitenwirkung, mit welcher sie, sagen wir zwischen 1850 und 1950 daher kamen. 1969 dachte man, heute würde man auf dem Mars stehen? Heute serbelt die alternde Space Shuttle Flotte der Amerikaner langsam dahin, von der russischen Weltraumfahrt wollen wir gar nicht erst sprechen. Was ist mit der Ausbeutung der gewaltigen Ressourcen in den Ozeanen passiert, von der einst die Rede war? Eine Ursache ist der zunehmende gesellschaftliche Widerstand gegen die grossflächige Einführung bestimmter Technologien, was sich etwa am Beispiel der Kernkraft sehr deutlich gezeigt hat. Es wird sich zeigen, ob die heutigen Entwicklungen im Bereich der Robotik sich in den kommenden Jahrzehnten bei uns voll durchsetzen werden. Angesichts dessen, dass immer mehr westliche Staaten dem Bankrott näher rücken, bleiben für mich da gewisse Fragezeichen.

Zur Kriminalität: Wende den Blick einmal nach England. Dort hat Polizei
traditionellerweise keine Schusswaffen getragen. Heute ist die
Kriminalität so gravierend, dass dies zunehmend als absurd angesehen
wird.


Das ist... neu?

Nun, es ist soviel ich weiss ein zunehmendes Problem seit den 80er Jahren und über längere Zeiträume hinweg ist die Verschlechterung sehr deutlich zu sehen. Es ist mir nicht bekannt, dass in den 60er Jahren so viele Schusswaffendelikte vorkamen wie heute und die Gefängnisse derart überfüllt waren. Wenn wir von der Blütezeit des Britischen Empire reden und, sagen wir, 1880 als Referenzpunkt nehmen, dann ist es sonnenklar, dass eine Verschlechterung statt gefunden hat.
Dasselbe kann man für die USA zeigen, wo die Kriminalität, gerade in den südlichen Gebieten, wo auch die Immigration völlig ausser Kontrolle geraten ist, einen explosionsartig angestiegen ist.

Zur Armut: Wieviele Monatslöhne musste man 1965 aufwenden um ein Auto

oder

eine Wohnung zu kaufen oder um in den Urlaub zu fahren; wie sieht es

heute

aus? Wieviele Leute/Prozent waren 1965 arbeitslos, wieviele sind es
heute?


Auto

55: VW Käfer: ca 3500DM
Monatlohn (Fachkraft): ca. 500DM
macht: 7 Monatslöhne
06: Citroen C4 9.740?
Monatslohn (Fachkraft): ca. 2000?
macht: 5 Monatslöhne

Arbeitslosigkeit, na da war 1965 mit 0,7% auf dem historischen Tiefstand
der BRD. Aber: 1932 war sie z.B. mal 35%.

War das ein Verschreiber (55)? Natürlich betrug die Arbeitslosigkeit 1932 35%, aber das war im Kielwasser einer schweren Weltwirtschaftskrise und eines Weltkrieges. Das ändert nichts daran, dass sie seit 4 Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen ist - fast überall im Westen und egal welche politischen Kräfte am Ruder sassen. Für die angelsächsische Welt mag die Aussage weniger offenkundig sein, dafür besteht dort wie gesagt ein erhebliches Problem mit Kriminalität und Verschuldung.


Eigentumswohnungen kann ich nicht beurteilen, dazu finde ich keine Daten.
Beim Urlaub ist die Frage "Wohin" relevant.

Wie hoch war die Steuerlast/Krankenversicherungslast/Staatsquote vor 40
Jahren und wie sieht's heute aus?


Die Staatsquote ist von 37,1% auf 46,9% gestiegen (1965 bis 2004). Die
9,8% Differenz besteht zu 9,5% aus gestiegenen Anteilen an den
Sozialversicherungen und nur zu 0,3% aus gestiegenen Ausgaben des Staates
selbst! Im Jahr 2000 lag der nicht aus Sozialabgaben bestehende Teil der
Staatsquote unter dem Wert von 65...
BTW: Wenn die nicht in Sozialleistungen bestehende Staatsquote seit 65
fast unverändert ist, dann muß die Steuerlast gesunken sein, weil sonst
keine stärkere Verschuldung notwendig wäre.
Und BTW 2: Überleg dir mal, wie hoch die Staatsquote 65 im gesammten
jetzigen Bundesgebiet war...

Man kann es drehen und wenden wie man will: Es gehen immer mehr Mittel durch zentrale bürokratische Apparate (ob das nun im Einzelnen Krankenversicherungen oder Steuern sind, ist für mich nicht wichtig), dem einzelnen bleibt immer weniger zur freien Verfügung. Immer mehr bleibt im Rachen der trotz aller Bemühungen (von Reagan und Thatcher, z. B.) im Rachen einer stetig anwachsenden (unproduktiven) staatlichen und halbstaatlichen Bürokratie hängen.

Zur Ghettoisierung: Das Stadtbild in jeder grösseren mitteleuropäischen
Stadt ist heute zunehmend von Immigranten geprägt. Die Segregation

nimmt

zu, nicht ab!


Beides stimmt, die Segregation nimmt in Bestimmten Bereichen zu, in
anderen ab. Das ist ein großes Thema, das sich einfachen Aussagen
entzieht.

Nein, es passt ins Gesamtbild:
- Wirtschaft: Bahnbrechende technische Innovationen und die Schöpfung von wirklichem Mehrwert bleiben aus, die Belastungen infolge ineffizienter Allokation der Mittel nehmen zu.
- Politik: Die Kontrolle der Staaten über ihre Bevölkerung nimmt trotz grösserer technischer Mittel ab (siehe z. B. mexikanische Immigration USA)
- Gesellschaft: Der Wandel von gesellschaftlichen Normen ist umgeschlagen in einen regelrechten Zerfall jeglicher Werte und Moral.

Der Niedergang auf allen Ebenen und in jedem Lebensbereich ist, wenn man längere Zeiträume betrachtet und das Beispiel vergangener Gesellschaften beizieht, deutlich als solcher zu erkennen. Bis jetzt war der Niedergang vor allem ein relativer, im Vergleich zu anderen Zivilisationen/Kulturkreisen und nur in einzelnen Bereichen (Kultur, Ästhetik, Mozartbeispiel) ist er bereits absolut. Doch der Prozess schreitet fort und schlussendlich wird der Verfall überall und mit sehr drastischen Folgen für die unmittelbare und materielle Lebenswelt manifest werden.

Gruss
Andreas C.


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