Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Und es ist doch der Storch, der die Kinder bringt

Garfield, Thursday, 10.08.2006, 20:42 (vor 6623 Tagen) @ Beelzebub

Hallo Beelzebub!

"...dann kann man auf die gleiche Weise beweisen, dass doch der Storch die Kinder bringt."

Nein. Weil der Storch keinen Vorteil davon hätte, irgendwem Kinder zu bringen.

Außerdem habe ich nicht behauptet, daß ich beweisen kann, daß die Wirtschaftsbosse den Aufstieg des Feminismus aktiv begünstigt haben. Ich finde das lediglich logisch und glaube deshalb, daß es so gewesen ist, obwohl ich es natürlich nicht weiß.

Es wäre ja auch nicht das erste und letzte Mal, daß die Wirtschaft nachhilft, wenn es darum geht, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu ihren Gunsten umzugestalten. Gehen wir doch mal ein paar Jahrzehnte zurück in der Geschichte:

Wir schreiben den 30. Januar 1933. Ein langer Fackelzug marschiert durch das Brandenburger Tor. Die NSDAP feiert Hitlers Ernennung zum Reichskanzler.

Wie ist es dazu gekommen? Wurde Hitler demokratisch gewählt? Nein, das wurde er nicht. Zwar hatte die NSDAP kurz zuvor bei der Reichstagswahl am 6. November 1932 wieder relativ viele Stimmen bekommen. Aber sie hatte immer noch keine absolute Mehrheit. Und vor allem: Im Vergleich zur vorherigen Reichstagswahl am 31. Juli 1932 mußte sie erstmals seit 1928 wieder Verluste hinnehmen, von fast 13,8 Millionen Stimmen (37,4%) für 230 Mandate auf fast 11,8 Millionen Stimmen (33,1%) für 196 Mandate.

Hitler wurde nicht vom Volk, sondern von Reichspräsident Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Wieso hat von Hindenburg das getan? Schätzte er Hitler? Hielt er ihn für fähig, die Weimarer Republik aus der Krise zu führen? Nein. Er schätzte Hitler keineswegs, sondern hielt ihn für einen niveaulosen Emporkömmling, einen Niemand, der nur durch großes Geschrei die Massen beeindruckte und sonst nicht viel zu bieten hatte. Wäre es nur nach von Hindenburg gegangen, dann wäre Hitler ganz sicher niemals Reichskanzler geworden.

Aber er hatte kaum Möglichkeiten, dabei seinen Kopf durchzusetzen. Denn Anfang 1933 standen einige mächtige und einflussreiche Persönlichkeiten des Deutschen Reiches hinter Hitler. Sie sorgten dafür, daß er zum Reichskanzler gemacht wurde.

Darunter waren auch diverse Wirtschaftsbosse. Manche von ihnen unterstützten die NSDAP, weil Hitler die Aufhebung des Versailler Vertrages und Wiederaufrüstung forderte. Davon versprachen sie sich hohe Gewinne. Nicht nur für Waffenproduzenten war das interessant, sondern auch für Banken, die auf ein gutes Kreditgeschäft zur Finanzierung der Aufrüstung spekulierten, und überhaupt für alle Unternehmen, die irgendwelche Ausrüstung für die Streitkräfte produzieren konnten, wie z.B. Uniformen, spezielle Verpflegung, Zelte, Schlafsäcke, Möbel für Kasernen, die Kasernen selbst?

Vielen Unterstützern der NSDAP ging es aber auch oder sogar ausschließlich um einen anderen Grund: Sie hielten Hitler für einen ?useful idiot?, der verhindern konnte, daß die Kommunisten in Deutschland zuviel Boden gewinnen. Bei den Reichstagswahlen vom 6. November 1932 hatte die NSDAP ? wie bereits erwähnt - Stimmen verloren, die KPD jedoch hatte Stimmen gewonnen und bekam für fast 6 Millionen Stimmen (16,9%) nun immerhin schon 100 Reichstags-Mandate. Das war ihr bestes Wahl-Ergebnis überhaupt. Es sah so aus, als würde die KPD sich mit ihrer Antifaschismus-Kampagne durchsetzen und die NSDAP womöglich bald überflügeln ? und das wurde von vielen deutschen Unternehmern als Super-GAU betrachtet, den es um jeden Preis zu verhindern galt. Um wirklich JEDEN Preis.

Sehr naive Zeitgenossen ohne historisches Interesse werden jetzt natürlich einwenden, daß das doch wieder nur so eine Verschwörungstheorie wäre. Daß nichts davon nachweisbar sei und die deutschen Unternehmen mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler gar nichts zu tun gehabt hätten.

In diesem Fall gibt es aber sehr wohl Beweise dafür. Beispielsweise eine Eingabe von 19. November 1932, in dem einige deutsche Unternehmer von Hindenburg dazu aufforderten, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Darunter finden sich u.a. Unterschriften folgender Personen:

Fritz Thyssen (Aufsichtsratsvorsitzender der Vereinigten Stahlwerke)
Friedrich Reinhart (Direktor der Commerzbank)
August Rosterg (Generaldirektor der Wintershall AG)
Kurt Freiherr von Schröder (Besitzer einer Kölner Bank, Aufsichtsratsmitglied in der IG Farben)
Fritz Beindorff (Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank)
Emil Helfferich (Aufsichtsratsvorsitzender der HAPAG)
Franz Heinrich Witthoefft (Aufsichtsratsvorsitzender der Commerzbank)
Engelbert Beckmann (Vorsitzender der Rheinischen Landesbank)
Ewald Hecker (Aufsichtsratsmitglied der Commerzbank, Präsident der IHK Hannover, Aufsichtsratsvorsitzender der Ilseder Hütte)
Kurt Woermann (Besitzer einer Reederei in Hamburg, Aufsichtsratsmitglied der Commerzbank)
Carl Vincent Krogmann (Besitzer einer Reederei, Mitglied der Handelskammer Hamburg)
Kurt von Eichborn (Mitbesitzer einer Breslauer Bank)
Erwin Lübbert (Vorsitzender der AG für Verkehrswesen, Leiter eines Berliner Bau-Unternehmens)
Erwin Merck (Hamburger Unternehmer)
Rudolf Ventzki (Besitzer eines Landmaschinen-Unternehmens in Württemberg)

Bereits am 23. September 1930 schrieb der US-amerikanische Botschafts-Attache George Gordon an den US-Außenminister, daß ?wichtige finanzielle Kreise ? auf den Kanzler und andere Mitglieder der Regierung einen Druck ausgeübt haben?, um die NSDAP an der Regierung zu beteiligen. Und am 27. Juli 1931 gab es bereits eine Eingabe der Wirtschaftspolitischen Vereinigung Frankfurt an von Hindenburg mit der Forderung, der NSDAP die Regierungsgewalt zu übertragen, weil sie ?den Beweis ihrer Bedeutung im täglichen Kampf gegen den Bolschewismus geliefert? hätte.

Zwar gab es auch Industrielle, die die NSDAP nicht unterstützten, und die Wirtschaft war keineswegs der einzige Faktor, der auf eine Machtergreifung der NSDAP hinarbeitete. So sahen viele Politiker der Weimarer Republik Hitler ebenfalls als einen ?useful idiot?, den man bald so in die Ecke gedrängt haben würde ?daß er quietscht? ? und rieten von Hindenburg deshalb ebenfalls dazu, ihn zum Reichskanzler zu ernennen. Ob sie das aus eigener Überzeugung taten, oder nur als Sprachrohr für Leute, die in diesem Zusammenhang nicht öffentlich erscheinen wollten, ist allerdings nicht bekannt.

Bekannt ist dagegen, daß die NSDAP noch sehr viel mehr Förderer aus der Wirtschaft hatte, z.B. folgende:

Ernst von Borsig (Präsidialmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie),
der Bayrische Industriellenverband,
die ?Ruhrlade? (eine Vereinigung der 12 größten Industriellen des Ruhrgebiets),
Jacob Werlin (Vorstandsmitglied der Daimler Benz AG),
Henry Ford,
Emil Georg von Stauß (Direktor der Deutschen Bank)
Otto Wagener (Mitglied der Geschäftsführung des Reichsverbandes der deutschen Industrie)

Und es floß reichlich Geld aus der Wirtschaft an die NSDAP:

1.000.000 RM von Fritz Thyssen,
600.000 RM von Emil Kirdorf
200.000 RM vom Arbeitgeberverband Nord-West
500.000 RM von der Vereinigte Stahlwerke AG
600.000 RM vom Verein für die bergbaulichen Interessen
4.000.000 RM von Fritz Springorum
50.000 RM von Friedrich Flick
usw.

Hitler sagte dazu: ?Da erkennt man erst, was die Großwirtschaft für eine Macht besitzt. Denn diese Millionen sind Macht. Und wenn sie die Millionen uns zur Verfügung stellen, dann können sie sie nicht gleichzeitig einer anderen Partei oder Organisation zur Verfügung stellen. Also geben sie uns ihre Macht!? Die finanzielle Unterstützung der Wirtschaft war weitaus wichtiger als die nur von wenigen NSDAP-Förderern unterschriebene Eingabe an Paul von Hindenburg. Denn nur mit diesem Geld konnte Hitler seine beeindruckenden Massenaufmärsche mit all den Fahnen, Musik usw. veranstalten. Das brachte die Wählerstimmen, ohne die die NSDAP eine kleine, unbedeutende Splitterpartei geblieben wäre.

An diesem Beispiel sieht man also sehr gut, daß die Wirtschaft sehr wohl aktiv darauf hin arbeitet, die gesellschaftlichen Verhältnisse so zu ändern, daß möglichst hohe Gewinne erzielt werden können. Und daß sie nicht einmal davor zurück schreckt, auch irgendwelchen brutalen Diktatoren zur Macht zu verhelfen.

Wieso sollte die Wirtschaft also nicht auch Feministinnen dazu ausgenutzt haben, die öffentliche Meinung so zu ändern, daß es für Frauen zunehmend als ideal galt, berufstätig zu sein? Im Vergleich zur Machtergreifung Hitlers war das doch eine harmlose Maßnahme, zumal ja gar nicht versucht wurde, Feministinnen auf hohe Positionen zu bringen. Man hat ihnen lediglich Podien organisiert, über die sie ihre Ideologie verbreiten konnten und vielleicht einzelne feministische Organisationen, deren Ideologie besonders passend erschien, durch Spenden gefördert.

Interessant ist in dem Zusammenhang auch, daß vor allem die Feministinnen, die Berufstätigkeit von Frauen befürworteten, dann zunehmend Gewicht in der Öffentlichkeit bekamen. Es hat ja auch in Deutschland in früheren Zeiten Feministinnen gegeben, die die Tatsache, daß im 19./20. Jahrhundert immer mehr Frauen als Hausfrauen leben und sich somit voll auf Haushalt und Kinder konzentrieren konnten, ohne sich mit lästiger Erwerbsarbeit befassen zu müssen, begrüßten. Vereinzelt forderten solche Feministinnen sogar Lohnsenkungen oder gar Berufsverbote für Frauen, um noch mehr Frauen ins Hausfrauenleben zu bringen. Zumindest in Deutschland traten solche Feministinnen aber in den letzten Jahrzehnten in den Medien kaum noch in Erscheinung. Auch wieder nur Zufall?

Freundliche Grüße
von Garfield


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