Geschlecht Gewalt Gesellschaft
Siegfried Lamnek /Manuela Boatca
Verlag: Vs Verlag; Auflage: 1 (Oktober 2003)
ISBN-10: 3810039497
ISBN-13: 978-3810039491
Der folgende Auszug aus obigen Buch zeigt sehr schön, das es dem Gesetzgeber nur darum geht Männer zu verteufeln. Es geht überhaupt nicht um die Opfer. Bei Kindesmisshandlungen teilt man Gewalt auf einmal in „Elterngewalt“ und „Misshandlung“ und spricht davon, das man die Familien nicht kriminalisieren dürfe. Zudem wird das Geschlecht des Täters nie eingebracht. Hier besteht die Gefahr das sich die „treusorgenden“ Mütter als Monster entpuppen.
Doch lest selbst:
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Die nachstehende Abbildung zeigt die mittels der cts erfassten und auf die Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik hochgerechneten Zahlen der Opfer schwerer Gewalt. Zu beachten ist, dass über die hier dargestellten Zahlen hinaus noch etwa sechsmal größere Zahlen von Opfern minder- und mitlelschwerer Gewalt ermittelt wurden.
Senioren, die die eigentliche Zielgruppe der KFN-Studie „Kriminalität im Leben älterer Menschen“ waren, werden in vergleichbarem Ausmaß Opfer, wie Jüngere. Gerade diese Gruppe ist es aber, die mangels Lobby am wenigsten Plalz in der öffentlichen Diskussion findet.
Weiter spiegelt sich der durch die cts generell festgestellte Sachverhalt der etwa gleich hohen Opferanteile von Männern und Frauen wider.
Aus einer weiteren cts-basierten Opferbefragung des KFN ist hier auch die Zahl misshandelter Kinder dargestellt. Besonders deutlich wird, dass Kinder im Vergleich zu Erwachsenen die mit Abstand größte Opfergruppe häuslicher Gewalt darstellen. Wie aber geht unsere Gesellschaft damit um? Ein Blick in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) bringt Bedenkliches zu Tage:
Es werden pro Jahr nur ca. 2.000 Fälle ermittelt. Von einer Aufklärungsquote, die auch nur annähernd der tatsächlichen Opferzahl von 1,4 Millionen Kindern nahe käme, sind wir weit entfernt. Weiter lassen die polizeilichen Zahlen erkennen, dass beide Geschlechter in signifikantem Masse als Täter auftreten. Kehren wir von den Hellfeldzahlen noch einmal zu den Dunkelfeldzahlen zurück. Hier dargestellt ist die Hochrechnung, mit der der Deutsche Kinderschutzbund die Untersuchung des KFN zu Kindesmisshandlung auf die Gesamtbevölkerung übertrug. Aus der Altersgruppe der Befragten lässt sich schließen, dass noch weitere Opfer hinzuzuzählen sind, die Gewalt im frühkindlichen Alter und daher nicht mehr erinnerbar erfahren haben.
Kindesmisshandlung: Das Dunkelfeld
Hochrechnung des Deutschen Kinderschutzbundes zum Dunkelfeld bei Kindesmisshandlung (2001):
In einer Befragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (veröffentlicht 1997) gaben etwa 69% der 16-20-jährigen an. von ihren Eltern körperlich gezüchtigt worden zu sein. Das gibt eine Gesamtzahl von fast 11 Millionen Kindern die körperliche Elterngewalt erlebt haben.
Aus derselben Altersgruppe gaben etwa 9% an. von ihren Eltern misshandelt worden zu sein. Umgerechnet auf die Kinderzahl kann man davon ausgehen, dass etwa 1,4 Millionen Kinder von ihren filtern misshandelt werden.“Weiter fällt an der herangezogenen Untersuchung des KFN auf, dass das Tätergeschlecht wie auch bei anderen Kindesmisshandlungsstudien in Deutschland nicht ermittelt wurde. Man könnte vermuten, dass angesichts der sich in der PKS abzeichnenden Tätergeschlechtsstruktur ein starkes Tabu vor der weiteren Aufhellung dieses Sachverhaltes besteht. Für gezielte Prävention ist dieses Wissen aber Voraussetzung.
Problematisch ist bei der Hochrechnung des Kinderschutzbundes die Differenzierung in „Elterngewalt“ und „Misshandlung“. Bei einer konsequenten Anwendung des Strafrechts kann eine Unterscheidung in „kriminelle“ und „nicht-kriminelle Gewalt“ nicht gerechtfertigt werden.
Die künstliche Aufteilung in „erlaubte“ und „nicht erlaubte“ Gewalt schlug sich auch in dem seit November 2000 geltenden „Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung“ nieder. Statt einer Herabsetzung der Interventionsschwelle wie beim „Gewaltschutzgesetz“ bringt es schon mit seinem Titel lediglich einen Appell zum Ausdruck. Bereits im Gesetzentwurf wurde das Konzept mit der Formel „Hilfe statt Strafe“ benannt und damit begründet, dass man „die Familie nicht kriminalisieren wolle“.
Eine Ausnahme bildet inkonsequenterweise das aktuelle Vorhaben der Justizministerin zur strengeren Verfolgung von sexuellem Kindesmissbrauch, obwohl körperliche Misshandlung vergleichbare traumatische Folgen haben kann, richtet sich die Verschärfung des Verfolgungsdrucks durch Anzeigepflicht für Mitwisser nur gegen diesen Teilbereich der Gewalt gegen Kinder.
Sehr detaillierte Untersuchungen zu Kindesmisshandlung gibt es aus den USA. Man hat dort ein eigenes Clearing House of Child Abuse and Neglect eingerichtet, dessen einzige Aufgabe es ist, der Politik Informationen darüber zu liefern.
Diese Grafik zeigt vom US-Gesundheitsministerium veröffentlichte Zeitreihen der verschiedenen Kategorien von Kindesmisshandlung“. Als verbreitetste Form tritt Vernachlässigung (Neglect) auf. Es folgt körperliche Misshandlung (Physical Abuse), sexueller Missbrauch (Sexual Abuse) und psychische Gewalt {Psychological Maltreatment). Solche Zahlen geben wichtige Hinweise für die Schwerpunktsetzung für Gewaltschutzpolitik und präventive Maßnahmen. Auch wenn es für die Bundesrepublik landesspezifische Unterschiede geben mag, wird sich das Bild nicht grundsätzlich unterscheiden.
Der gleiche Bericht des US-Gesundheitsministeriums enthält auch eine Darstellung der Täter-Verteilung: Körperliche Gewalt und Vernachlässigung findet primär durch die Eltern statt und geht mehr von Müttern als von Vätern aus. Bei Alleinerziehenden-Haushalten bzw. in neuen Partnerschaften besteht eine erhöhte Misshandlungsgefahr. Sexueller Missbrauch geht überwiegend von Vätern, von männlichen Verwandten, von neuen Partnern der Mütter oder von Fremden, zu einem Teil aber auch von Müttern aus.
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Wichtige Zitate aus der Studie des KFN: Kriminalität im Leben alter Menschen (1992) | |
Obwohl der Titel der Studie sich auf ältere Menschen bezieht, enthält sie Zahlen zu allen Altersgruppen:
Seite 157: „Der Befund ähnlicher Opferraten bei Männern und Frauen ist im übrigen ein typisches Resultat“ Seite 160: „(…) so ergibt sich, daß 1991 in der BRD insgesamt ca. 1,59 Mio Frauen im Alter zwischen 20 und 59 Jahren mindestens einmal Opfer physischer Gewalt in engen sozialen Beziehungen waren, für Männer beträgt die entsprechende Anzahl 1,49 Mio..“ Seite 163: „Werden für eine Gesamtschätzung erneut nur die unteren Grenzen der Schätzintervalle verwendet, so ergibt sich, daß 1991 in der BRD mindestens 246000 Frauen zwischen 20 und 59 Jahren sowie mindestens ca. 214000 Männer dieser Altersgruppe Opfer schwerer Gewalthandlungen in engen sozialen Beziehungen wurden.“ Seite 167: „Bei den Befragten unter 60 Jahre betrafen 113 von 180 Täternennungen den Partner/die Partnerin (62,7 %). Von den 27 Täternennungen der älteren Befragten betraf dies einen Anteil von 81,4 % (22 Nennungen). Demgegenüber spielen andere Haushaltsangehörige eine nur geringe Rolle.“ Dieser Kommentar als PDF (1 Seite, 47 kB) |
Das KFN (Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsens, http://www.kfn.de) veröffentlichte die von ihm ermittelten Zahlen zu häuslicher Gewalt im Rahmen folgender Publikation:
Kriminalität im Leben alter Menschen |