Das Weib schweige in der Gemeinde

Das Weib schweige in der Gemeinde!

Eine zeitgemäße Warnung vor der Frauenrechtsbewegung
in unserm deutschen Christenvolk

 

Gewidmet den deutschen Männern in eiserner Zeit
von Max Glage,
Pastor zu St. Anschar in Hamburg.

Motto: Der Mann – des Weibes Haupt
das Weib – des Mannes Herz.
Allzumal Einer in Christo!

1915 Druckerei des Rauhen Hauses, Hamburg 26.

Als PDF-Dokument (4,9MB, beinhaltet auch die Scans des Buches)

 


Inhalt.

Zeitgemäß

Die Frauenrechtsbewegung ist:

Schriftwidrig!
geschichtswidrig!
Naturwidrig!

Männer heraus!


Seiten

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Zeitgemäß!

Eine besondere Furcht und eine besondere Hoffnung erweisen die apostolische Mahnung: „das Weib schweige in der Gemeinde“ als zeitgemäß.

Wird der lange männermordende Krieg, den wir durchzukämpfen haben, nicht auch in unserem deutschen Vaterlande die Wogen der Frauenrechtsbewegung die bisher noch schützenden Deiche durchbrechen lassen und das im Grunde so undeutsche Suffragettentum nun doch auch zu einer deutschen Volkskrankheit machen? Unwillkürlich mag manchem in diesen Tagen jene Szene vor die Seele getreten sein, die der Prophet Jesaias am Schluß seines dritten Kapitels mit tragikomischer Realistik gezeichnet hat. „Sieben Weiber werden zu der Zeit einen Mann ergreifen und sprechen: Wir wollen uns selbst nähren und kleiden; laß uns nach deinem Namen heißen, daß unsere Schmach von uns genommen werde.“ Freilich, die moderne Frauenrechtlerin hatte schon vor dem Kriege vielfach gar nicht mehr das schöpfungsgemäße Verlangen, nach dem Manne genannt zu werden, es sei denn mit der als Konkurrenznamen brauchbaren Bezeichnung „Männin“. Der Heiratsgedanke stand längst nicht mehr obenan, und das Ledigbleiben erschien keineswegs mehr als eine Schmach. Wohl aber liegt schon seit Jahrzehnten das sich selber nähren und sich selber kleiden wollen fest im Gesichtspunkte der modernen Frauenbestrebungen, eine Selbständigkeit, die des Mannes nicht mehr bedarf, und der vor dem Lose einer „mittelmäßigen“, d. h. einer verheirateten Frau heimlich bangt, ja, die dem Manne auch auf früher von ihm völlig beherrschten Gebieten mit oft glühendem und sprühendem Ehrgeiz Konkurrenz macht und es als eine Schmach empfindet, in solchem Wettkampf gehindert zu werden. Wir verkennen natürlich nicht, daß schlimme soziale Mißverhältnisse die moderne Frauenbewegung auf solch verkehrten Strang gedrängt haben, und kein gerecht denkender Mann wird den Vertreterinnen

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des weiblichen Geschlechts, die im Kampf ums äußere und innere Dasein entschlossen zur Selbsthilfe gegriffen haben, daraus auch nur den leisesten Vorwurf machen können. Dieses Kapitel schließt vielmehr so manches stille und große Heldentum in sich, das wir Männer nur bewundern können. Ja, die moderne Männerwelt hat auch im Blick auf die offenbaren Fehlgänge der Frauenbewegung Ursache genug, an die eigene Brust zu schlagen und sich vor Gott und Menschen anzuklagen. Haben wir die große und heilige, vom Schöpfer uns auferlegte Verpflichtung gegenüber dem weiblichen Geschlecht nicht im Banne eines mehr leichtfertigen als tiefsinnigen Herrenmenschentums, in einem Leben der Selbstsucht und Genußsucht, Selbstherrlichkeit und Selbstverliebtheit immer sträflicher vernachlässigt, so daß wir in dem widernatürlichen Auseinandergehen der beiden von Gott als organische Einheit gedachten und geschaffenen Menschheitshälften nur ernten, was wir selber gesät haben?

Sollen wir in der gewaltigen weltgeschichtlichen Krisis, in die wir jetzt gestellt sind, uns so unwahr, feige und unritterlich benehmen wie unser Ahnherr im verlorenen Paradiese, als dieser in der ersten großen göttlichen Gerichtsverhandlung auf Erden alle Schuld auf das ihm zugesellte Weib zu schieben versuchte? Das sei ferne! Ich habe diese Schrift den deutschen Männern gewidmet, nicht damit diese unbarmherzig mit den deutschen Frauen ins Gericht gehen möchten, sondern im Gegenteil, um uns die Hauptschuld im Hinblick auf die hier zu besprechenden verkehrten Verhältnisse ins Gewissen zu schieben. Die ganze Frauenfrage ist im tiefsten Grunde eine Männerfrage und wird daher auch in erster Linie von den Männern zu lösen sein. Aber muß uns Männern nicht gerade jetzt der Mut dazu ausgehen? Nicht nur im Straßenbahnwagen und am Post- und Eisenbahnschalter begegnen uns in diesen Tagen der Not Frauen in Männeruniform, nein, sie tragen diese Uniform sichtbar oder unsichtbar bald allüberall im öffentlichen Leben und auf der Arena materiellen und geistigen, ja, auch künstlerischen und wissenschaftlichen Wirkens und Strebens. Werden wir Männer nach dem Kriege denn auch nur physisch imstande sein, die Plätze dieser unserer Stellvertreterinnen wieder zu besetzen? Werden die Führerinnen im sozialen Kriege mit dem männlichen Geschlecht die gemachten Eroberungen wieder herausgeben wollen?

Werden sie da nicht gerade ganz energisch nachfassen, um endlich in unserem immer noch so rückständigen Deutschland zu den

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von ihren Geschlechtsgenossinnen willig übernommenen und zähe durchgehaltenen Pflichten der Männer auch deren Rechte zu fordern, wie sie es schon vor dem Kriege laut und eindringlich genug getan haben? Wir wissen, daß solches auch auf kirchlichem Gebiet geschehen ist, und daß nicht nur der Deutsch-Evang. Frauenbund, sondern auch ähnliche Verbände, unterstützt von mancherlei männlichen Anwälten der verschiedensten kirchlichen Richtungen, das kirchliche Stimmrecht der Frau gefordert haben, ja, nicht nur das aktive, sondern auch das passive Wahlrecht in der Kirche. Aus Synoden deutscher Landeskirchen ist diese Forderung mit allem Ernst beraten worden, und nicht überall hat man sie, wie in der 10. Braunschweigischen Landessynode, „mit Heiterkeitsausbrüchen“ abgelehnt.

Vielfach ist es gar anders zugegangen. Besonders hat der Präsident des Direktoriums der Ev. Kirche A. E. in Elsaß-Lothringen, F. Eurtius, seinen Einfluß sehr entschieden für das kirchliche Stimmrecht der Frau geltend gemacht; und in Bremen hat man sogar bereits die ersten praktischen Versuche damit angestellt. Auch in der hamburgischen Geistlichkeit haben die kirchlichen Stimmrechtlerinnen warme Freunde gefunden, und kein Geringerer als Ad. Stöder hat ihnen zuerst das Wort geredet. Schon im Jahre 1912 konnte die Vorsitzende des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes, Paula Müller, schreiben: „Es ist nun aber ein ganz allgemein anerkannter Grundsatz der Billigkeit – der im öffentlichen Leben überall, wo männliche Leistungen in Frage kommen, auch überall angewandt wird – daß da, wo die Pflichten einer Stellung erfüllt werden, auch die Rechte verliehen werden müssen, und daß zur ganz befriedigenden Ausfüllung eines Amtes auch die Verantwortung für dieses mit übertragen werden muß.“ (Hefte zur Frauenfrage, 9. Heft, S. 35.) Deutlicher noch spricht sich Martha Zietz in der Zeitschrift „Kultur und Fortschritt“ bereits im Jahre 1910 aus, wo sie in einem Aufsatz über die „Stellung der Frau in der evangelischen Kirche“ sich also vernehmen läßt: „Mit dem erwachenden Selbstbewußtsein, dem Verantwortlichkeitsgefühl der Frau für ihre Handlungen schwindet aber die Zeit, in der sie sich nur als ausführendes Organ für die von Männern getroffenen Bestimmungen ausnützen läßt“ (Rr. 321, S. 4). Wird dieser Krieg mit seiner großspurigen Entbindung aller im Weibe bis dahin noch latenten Selbständigkeit nicht den letzten Rest jener Zeit selbstsüchtiger Ausnutzung des Weibes durch den Mann endgültig vernichten? Wird sich nicht gerade jetzt die Voraussage

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erfüllen, mit der P. I. H. Wilhelmi seinen in den Heften zur Frauenfrage im Jahre 1912 abgedruckten Vortrag geschlossen hat? (9. Heft, S. 26.) Da lesen wir: „Je mehr aber die selbständigen Frauen durch ihre Leistungen eine Macht werden im gesamten nationalen Leben, um so mehr werden jene Widerstände zurückweichen, die einstweilen – Geduld gehört dazu – noch in der öffentlichen Meinung und vorherrschenden Stimmung die Oberhand haben, und von denen eine Volkskirche weit mehr als Sekten und sonstige private Gemeinschaften gehemmt wird. Das kirchliche Stimmrecht der Frau ist zwar noch nicht da, aber es ist im Anmarsch.“

Ist es nun, drei Jahre nach jener Voraussage, nicht wirklich so? Müssen wir, die wir im allgemein eingeführten Stimmrecht der Frau eine geradezu verhängnisvolle Heimsuchung unserer evangelischen Christenheit erkennen würden, nicht voll Furcht dem prophezeiten Anmarsch entgegenharren?

Ich hege eine Hoffnung, die viel größer ist als jene Furcht, und die dem Geist vertraut, der stärker ist als alle nur aus zahlenmäßiger Überlegenheit erwachsenden Widerstände, dem starken und gesunden Geist unseres deutschen Volkes, der seine sieghafte Gewalt im Kampfe mit schier erdrückenden Majoritäten herrlich vor unseren Augen erweist, dem Geiste, der unter dem Führen und Negieren des Heiligen Geistes eine wirkliche Erneuerung unseres Volkslebens von innen heraus zuwege bringen könnte. Sollte das aber geschehen, dann wird die Frauenrechtsbewegung in unserem Vaterlande ganz sicherlich zum Stehen gebracht werden, dann wird insonderheit das kirchliche Stimmrecht der Frau nicht an- sondern abmarschieren.

Ich kenne ein zwar trivial klingendes, aber doch sehr treffendes Wort, das lautet: „Trennung ist das Putzpulver der Liebe“. Wird unsere Zeit diese Wahrheit nicht mit unvergeßlicher Kraft unterstreichen? Dieser beispiellose Krieg trennt in noch nicht dagewesenem Maße das, was innerlichst zusammengehört. Wird er es dadurch schließlich aber nicht nur um so mehr, um so innerlicher zusammenbringen? Wie trennt er vor allem die beiden Geschlechter, wie zerschneidet er äußerlich das festeste irdische Band — die Ehe? Sollte dieses Band dadurch innerlich aber nicht nur um so fester für die Zukunft geknüpft werden? Ganz ohne Zweifel wird der Krieg den Schaden in mancher unglücklich gewordenen Einzelehe heilen; sollte er in Gottes Hand nicht auch zu einem Heilmittel werden können für die ungesund gewordene Gesamtehe in unserem Volke, für die geistige Ehe der beiden Geschlechter? Der im Felde einsam

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ringende Mann wird wieder einmal mit elementarer Kraft von der großen, tiefen Sehnsucht gefaßt und erfüllt werden, die seit den Tagen unserer Urväter das natürliche Heiligtum des deutschen Volkes darstellt, und die durch fremde Überkultur nur geknebelt, aber nicht getötet werden konnte – von der Sehnsucht seiner Seele nach der von Gott ihm gegebenen Gehilfin, nach dem Weibe. Das alte schlichte Wort aus der Schöpfungsgeschichte: „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei,“ wird dem deutschen Manne in seiner Kriegseinsamkeit aufs neue durch Mark und Bein gehen; und wenn er wieder nach Hause kommt, wird er im Weihe vor allem das Weib suchen und alles daran setzen, das, was in den letzten Jahrzehnten am deutschen Weibe unweiblich geworden war, zu überwinden. Da wird die Frauenrechtsbewegung einen schweren Stand haben. Aber auch von seiten des Weibes wird die alte zähe Losung: „Laßt uns zurückkehren zur Natur!“ mit neuer schöner Überzeugungskraft ausgesprochen und befolgt werden, und das heißt unter dem Gesichtspunkte dieser Schrift: „Lasset uns zurückkehren zum Manne!“ Die Frau empfängt jetzt einen gar gewaltigen Anschauungsunterricht zu der vielfach in verhängnisvolle Vergessenheit geratenen Wahrheit, daß der Mann etwas anderes, etwas ganz anderes ist als sie, daß es einfach ein Unsinn ist, mit ihm konkurrieren zu wollen, daß sie ihn zwar ergänzen kann und soll als die andere Hälfte des einen Doppelwesens „Mensch“, daß sie aber eben darum den Mann unmöglich ersetzen und nachahmen kann und darf. Der Mann wird in diesem Kriege vor ihren Augen wieder ganz zum Mann, und dabei sagt es ihr das Gewissen, daß sie keine höhere Aufgabe hat, als diesem Mann gegenüber ganz Weib zu sein. Und wenn unter den gewaltigen Erlebnissen des söhnemordenden Krieges die Mutterpflicht im Weibesherzen auch da, wo sie eingeschlafen war, wieder aufgerüttelt und zu heiliger Begeisterung entflammt wird, dann ersterben dabei ganz von selber die von einer krankhaften Zeitströmung genährten schöpfungswidrigen Instinkte und Gedanken in der Frauenseele. Und wiederum gilt’s: Das kann den Frauenrechtsbestrebungen nicht günstig sein. Gott hat wieder einmal in der Geschichte unseres Volkes die Wortschaufel in die Hand genommen, um seine Tenne zu fegen und den Weizen in seine Scheune zu sammeln, aber die Spreu wird er verbrennen mit ewigem Feuer. Diese gewaltige Sichtungszeit wird auch in der Frauenbewegung und allen ihren Bestrebungen die Spreu von dem Weizen sondern. Das ist unserer Hoffnung.

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Solch ernste Hoffnung macht nun aber vor allem den Warnruf dieser Blätter zu einem überaus zeitgemäßen, und es wäre feige und töricht, denselben um eines faulen Burgfriedens willen unterdrücken zu wollen. Es ist zuletzt eben doch kein guter Patriotismus, wenn man zur Sammlung aller Volkskräfte für den Kampf wider die äußeren Feinde, die inneren Feinde völlig aus dem Auge läßt. Wenn man jetzt mit aller Sorgfalt die körperliche Ernährung unseres Volkes überwacht und regelt, so sind wir erst recht verpflichtet, zur inneren Gesundung unseres Volkslebens mitten im Kriege zu tun, was irgend in unseren Kräften steht. Es ist ja auch nicht etwa so, als ob der Krieg an sich den Heilungsprozeß in der Seele unseres Volkes besorgen sollte und könnte. Vielmehr gilt auch hier das Wort aus Philipper 2, 12 u. 13: „Schaffet, daß ihr selig werdet mit Furcht und Zittern; denn Gott ist es, der in euch wirket beide, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.“ Eben auch weil wir jetzt so gelegene Zeit zu innerem Gesundwerden haben, weil Gott wie lange nicht auf dem Plane ist, in seinem Volk das ernste Wollen und Vollbringen zu wirken, darum müssen wir mit Furcht und Zittern darauf bedacht sein, diese große weltgeschichtliche Gelegenheit nur ja nicht zu versäumen, uns den Wirkungen von oben nicht zu verschließen, dieselben vielmehr aufs innerlichste und entschiedenste zu bejahen. Gott kann zwar viel, ja, er kann alles; aber eins kann er doch nicht, von ihm selber frei geschaffene Menschen zu ihrem Heile zwingen; sie müssen wollen, sie müssen hören, sie müssen gehorchen, wenn er ruft. Wer aber Ohren hat, zu hören, der vernimmt in dem gewaltigen Rufen Gottes unserer Tage ohne Zweifel auch den besonderen Ruf: „Das Weib schweige in der Gemeinde!“ Ein Großer im Reiche Gottes hat einmal alles, was er seiner Zeit zu sagen hatte, in eins zusammengefaßt, in die eine Mahnung: „Schaffe Schweigen – o, schaffe Schweigen!“ Die Menschen waren ihm zu laut geworden, als daß sie den Ruf von oben noch hätten vernehmen können. Ist nicht auch dass moderne Weib in der Frauenbewegung viel zu laut geworden?

Die Grenzen unseres Vaterlandes sind umrast vom Höllenlärm moderner Riesenschlachten, die Männer müssen jetzt zum Schutz der Heimat laut sein. O, ihr deutschen Frauen, geht in eure Kammer und schließt die Tür hinter euch zu, seid stille dem Herrn und hoffet auf ihn; geht ganz ein in die heiligste Stille, die es auf Erden gibt, und die vor allem des Weibes bestes Teil ist – in die Stille des Gebets! Ja, zu solchem

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Schweigen des Weibes in der Gemeinde möchten diese Blätter vor allem mahnen; denn das ist ganz gewiß das gottwohlgefälligste Gegenteil von der Frauenrechtsbewegung innerhalb der Kirche, vom Streben der Frau nach kirchlichem Stimmrecht.

Selbstverständlich soll bei allem, was hier zu sagen ist, der Burgfrieden nicht in gehässiger Weise gebrochen werden. Wir wollen und dürfen auch bei unserem einander die Wahrheit sagen jetzt nie vergessen, daß wir Glieder an dem einen Leibe sind, der im Kampf um seine geschichtliche Existenz aus tausend heißen Wunden blutet. In solchem Sinne gibt es jetzt in der Tat keine Parteien. Wenn Glieder gegeneinander kämpfen müssen, so kämpfen sie dabei immer gegen sich selbst; sie tun sich selber weh, wenn sie dem anderen weh tun müssen, und es treibt sie dabei nichts anderes als die Liebe zum ganzen Organismus.

Rechte Liebe muß gründlich sein, und das wollen auch wir in der nun anzustellenden Untersuchung wohl zu beherzigen suchen.

Gründlich sein heißt vor allem, auf die innersten Gründe eingehen, und es will mir scheinen, als wäre gerade in dieser Beziehung bei den bisherigen Auseinandersetzungen auf dem in Rede stehenden Gebiet viel gesündigt worden. Mit Recht warnt Pastor Wilhelmi vor einem allzu reichlichen Gebrauch von bloßen Stimmungsurteilen in den Aussprachen über die Frauenfrage. Er schreibt in seinem schon zitierten Vortrage (S. 13): „Wir sind nicht unempfänglich für die schönen und rührenden Worte, die man zum Preise jenes Wesens der Frau gefunden hat. Wir erkennen darin den Niederschlag der Dankbarkeit aus lieben und gesegneten Erfahrungen der einzelnen Gutachter, die sie an ihren Müttern und Gattinnen gemacht haben; wie wir denn auch sonst beobachtet zu haben meinen, daß der Mann das weibliche Geschlecht nach seinen individuellen Erfahrungen, vor allem in seiner Ehe beurteilt. Das ist in so hohem Maße der Fall, daß wir zum Mann sagen möchten: Sage mir, was du vom Wesen der Frau hältst, und ich will dir sagen, was du für eine Frau hast! – Allein, indem wir diese edle Wurzel der Sätze vom Wesen der Frau anerkennen, liegt darin zugleich ein Zweifel an der Kompetenz von Beurteilern, die ihr Beobachtungsgebiet nicht sehr weit ausgedehnt haben dürften. Ihre Begeisterung riecht ein wenig nach Lavendel und gilt nicht sowohl der Frau (Frau bedeutet

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Herrin!) als dem Frauchen, einem stets schutz- und belehrungsbedürftigen, schlechthin abhängigen Geschöpf, das zum Manne als solchem wie zu einem höheren Wesen aufschaut, sich in schrankenloser Gefügigkeit ihm anpaßt und unterordnet, und dessen drittes Wort ist: ,Mein Mann sagt -.’ Wir lehnen es durchaus ab, das Wesen der Frau aus diesem Typus abzuleiten.“

Ob Wilhelmi recht tut, wenn er das zuletzt von ihm gezeichnete Zerrbild einer Ehefrau als das Modell derer angibt, die das „Wesen der Frau“ nach den von ihnen an ihren Müttern und Gattinnen gemachten Erfahrungen beurteilen? Vielleicht darf man den Spieß auch umdrehen und die individuellen Erfahrungen der Lobredner unserer Frauenrechtlerinnen des von unserem Kritiker gerügten Duftes verdächtigen. Auch auf jener Seite wird das Urteil oft durch Stimmungen bestochen, durch allerlei Empfindungen der Ritterlichkeit, zu der man sich als „objektiver Mann“ den gegen die Vorurteile einer rückständigen Gesellschaft so tapfer ankämpfenden selbständigen und strebsamen Frauen und Jungfrauen verpflichtet fühlt. Es ist doch noch sehr die Frage, welches von den beiden gekennzeichneten Stimmungsurteilen das solidere ist. Aber es ist wahr, wir müssen aus beiden Seiten vor dem irreführenden Spiel von bloßen Stimmungen wohl auf der Hut sein. Wir müssen gründlich zu Werke gehen, d. h. die tiefsten Gründe prüfen, in denen der Kampf für oder wider „die Rechte“ der Frau seine Wurzeln hat. Es ist also auch damit wirklich noch nicht getan, daß man allerlei Umfragen anstellt, um die Urteile namhafter Persönlichkeiten hinsichtlich des kirchlichen Stimmrechts der Frau zu erkunden. Auch die Einführung solches Stimmrechts in anderen Ländern und Landeskirchen kann uns nicht bestimmen, auch nicht die eingehendste und inhaltsreichste Statistik über die staunenswerten Leistungen der Frau im öffentlichen und besonders auch im kirchlichen Leben. Allerlei Eingaben an kirchliche Konferenzen und Synoden mit nachfolgenden Rubrizierungen der dort geführten freundlichen Verhandlungen über die kirchliche Frauenfrage werden uns nicht überzeugen können. So weittragende Umwälzungen, wie sie durch Einführung des kirchlichen Stimmrechts der Frau hervorgerufen werden müßten, kann man nur dann mit gutem Gewissen mitmachen, wenn die Frage grundsätzlich völlig geklärt ist. Hier gilt nicht der Satz: Probieren geht über Studieren, hier darf sich die Theorie von der Praxis nicht überrennen lassen.

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Wir müssen gründlich zu Werke gehen und darum im Studium unserer Frage die drei Maßstäbe anlegen, die zur Prüfung aller Lebenserscheinungen unentbehrlich sind, nämlich: die Heilige Schrift, die Geschichte und die Naturgeschichte. Das wollen wir denn nun tun. Wir stellen aber das Endurteil unserer Untersuchung, das, was von uns zu beweisen sein wird, gleich an die Spitze. Wir sagen: Die Frauenrechtsbewegung ist schriftwidrig, geschichtswidrig u n d naturwidrig. Das entscheidende Verwerfungsurteil lautet: schriftwidrig!

 

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Schriftwidrig!

Wir Evangelischen haben für alle Fragen des Glaubens und des Lebens nur eine Autorität, nämlich die Heilige Schrift. Und ob die ganze Christenheit einmal einen Weg einschlagen sollte, der sich um das „es stehet geschrieben“ herumwindet, es wäre ein Irrweg. Ja, wenn alle, die in den Landeskirchen das Ansehen haben, auch alle Konsistorien und Konsistorialräte der Erde sich aus vielleicht sehr geistlich und kirchlich klingenden Gründen auf den schriftwidrigen Weg stellten, wir könnten und dürften ihnen nicht folgen. Lieber mit der Schrift ein Narr sein als gegen sie ein Weiser, lieber in der Schrift sitzen und dabei mutterseelenallein bleiben als neben der Schrift in der Gemeinschaft aller Heiligen auf dieser Erde. Die wahre Kirche ist immer da, wo Gottes Wort unverkürzt und unverfälscht gepredigt und gelehrt wird, und ohne dieses Merkmal wird ein Kirchenwesen das allerunkirchlichste, das sich denken läßt. Darum kann aber ganz gewiß von einem kirchlichen Stimmrecht der Frau nicht die Rede sein, sondern nur von einem u n kirchlichen, ja, widerkirchlichen weiblichen Stimmrecht; denn dieses Stimmrecht ist ohne Zweifel wider die Schrift; und es ist mir ein Rätsel, daß selbst biblische Theologen das nicht wahr haben wollen; ja, daß solche, die sich selber sonst zu den Positiven zählen, skrupellos zur Methode des Schriftgebrauchs der liberalen Theologie greifen, sobald es sich um die Frage nach dem weiblichen Stimmrecht handelt.

Es kann uns ja gewiß nicht befremden, wenn Adolf Harnack, um seine persönliche Stellung zum Frauen-Stimmrecht befragt, es als einen Irrtum bezeichnet, „daß die Entscheidung der aufgeworfenen Frage von der Stellung Christi oder der Urgemeinde abhinge“; daß er der Meinung ist, der Titel christliche Freiheit würde ein Spott oder leeres Gerede, „wenn eine christliche Gemeinde nicht Recht und Freiheit hat, in diesen und ähnlichen Fragen selbständig zu entscheiden, nämlich nach ihren Bedürfnissen und nach dem, was die Gegenwart zur

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Erbauung und zum Nutzen des Ganzen fordert.“ Solch ein Votum versteht sich bei Harnack von selbst. Wenn aber auch biblische Professoren und Pastoren sich in unserer wichtigen Frage der Autorität der Heiligen Schrift dadurch zu entziehen suchen, daß sie sagen, die Bibel sei kein aus Paragraphen bestehendes Gesetzbuch, das allem Streit ein Ende mache, so stellen sich dieselben zum mindesten auf eine gefährlich schiefe Bahn und verdanken ihr Stehen auf dieser Bahn, ihr Festbleiben in den Hauptpunkten der Schriftlehre nur einer glücklichen Inkonsequenz. Es liegt doch auf der Hand, daß man bei der Wertung der Bibel nach dem Harnackschen Rezept unter den Schlagworten „zeitgemäß“ und „unzeitgemäß“ schließlich alles, was nicht „gefällt“, ausschalten kann. Da hat die Autorität als solche eben aufgehört und jeder menschlichen Willkür und geistigen Mode ist Tor und Tür geöffnet. Bei solchem Gebrauch der „Evangelischen Freiheit“ kann man es niemandem verwehren, in seinem Modernisieren der Heiligen Schrift auch die zehn Gebote durchzustreichen. Mit demselben Recht, wie man das Gebot: das Weib schweige in der Gemeinde! als eine für unsere Zeit nicht mehr bindende gesetzliche Vorschrift der apostolischen Zeit abtut, könnte man auch das sechste Gebot ausstreichen, um etwa die Frauenbewegung in die Bahnen freier Liebe einzulenken. Hätte man auch dazu noch „die evangelische Freiheit“? Es gibt in der Tat getaufte und konfirmierte Christen und Christinnen, die diese Frage bejahen. Mir aber ist es auf Grund der Heiligen Schrift gewiß, daß die apostolische Mahnung: das Weib schweige in der Gemeinde! als eine aufs tiefste im ewigen Sittengesetz verankerte Vorschrift zu werten ist, ja, recht verstanden, als eine innere Folgerung aus dem vierten und sechsten Gebot. Mit Unrecht hat man zur Abwehr gesetzlicher Bindung an die apostolischen Aussprüche wider das Frauenrecht in der Gemeinde auf das Sabbatgebot hingewiesen, das doch für uns auf Grund unserer evangelischen Freiheit hinfällig geworden sei, obwohl es im Dekalog stehe. Wir wissen, daß die Schrift selber das Sabbatgebot als solches aufgehoben, daß schon die Urgemeinde auf Grund klarer Aussprüche des Herrn und der Apostel den Sabbat durch den Sonntag ersetzt hat, um damit doch nur die Form des dritten Gebots, nicht aber das Gebot selber zu ändern. Wieviel grober Unfug ist doch schon in der Kirche unter dem Deckmantel „evangelischer Freiheit“ getrieben! Wieviel Emanzipation des Fleisches hat man damit zu verdecken gesucht, daß man mit hochgezogenen Augenbrauen gegen „gesetzliches Wesen“

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zu Felde zog und gegen einen gesetzlichen Gebrauch der Heiligen Schrift. Und doch weiß jeder Bibelleser, daß an etwas ganz anderes zu denken ist, wenn der Apostel Paulus von einem „unter dem Gesetze sein“ redet. Frei vom Gesetz ist der Mensch, der nur aus Gnaden selig werden will. Einem solchen aber liegt wahrhaftig nichts so ferne als die Autorität der Heiligen Schrift in irgend einem Stück brechen zu wollen, um in gesetzlose Emanzipation des Fleisches hineinsteuern zu können. Das sei ferne! schreibt der Apostel der evangelischen Freiheit. Gerade dieser Apostel ist seit dem Tage seiner Bekehrung zum Evangelium in bewußtem Gegensatz zu aller Gesetzlosigkeit ein Mensch „im Gesetz“ gewesen, den sein durch das Blut der Besprengung gereinigtes Gewissen immerdar trieb, das Gesetz ganz von innen heraus auszurichten und an keinem Worte seines Gottes freiherrlich vorüberzustolzieren oder heimlich vorüberzuschleichen. Er wußte es, daß – bis Himmel und Erde zergehen, auch nicht der kleinste Buchstabe noch ein Tüttel vom Gesetz zergehen werde, bis daß es alles geschehe. Und trotzdem, nein, gerade deshalb war er ein ganz Freier, frei auch von dem Buchstaben des Gesetzes, dessen tötende Macht er zuvor erfahren hatte. Aus der Feder dieses innerlich so orientierten Apostels der evangelischen Freiheit stammt die allem Frauenrechtlertum so unbequeme und unsympathische Mahnung:

„Wie in allen Gemeinden der Heiligen lasset eure Weiber schweigen unter der Gemeinde; denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, daß sie reden, sondern sollen untertan sein, wie auch das Gesetz saget. Wollen sie aber etwas lernen, so lasset sie daheim ihre Männer fragen. Es stehet den Weibern übel an, unter der Gemeinde reden.“
1. Kor. 14, 34 u. 35.

Mulier taceat in ecclesia – das Weib schweige in der Gemeinde! Dieser aus des Apostels Worten formulierte und zum geflügelten Wort in aller Welt gewordene Satz hat sich durch Jahrtausende als eine starke Barriere auf dem Wege aller Emanzipationsbestrebungen des weiblichen Geschlechts, sonderlich im kirchlichen Leben, erwiesen. Es ist ihm dabei ähnlich ergangen wie dem berühmten Wort, das unser Reformator im Kampf wider die Zwinglische Verflüchtigung des Altar-Sakraments in scheinbarem Eigensinn vor sich hin geschrieben hat: Das ist mein Leib! Luther wußte gar wohl, daß seine biblische Abendmahlslehre noch ganz andere Stützen hatte als lediglich das Wörtchen „ist“, und jeder in der Bibel

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heimische Lutheraner weiß es mit ihm. Aber um im Kampf für das heilige Kleinod unseres Glaubens nicht matt und weich zu werden, schrieb er die harte Formel vor sich hin, und sie ist zum Schibboleth unserer Kirche geworden, so daß man noch heute aus die Frage nach dem Unterschied zwischen der lutherischen und reformierten Abendmahlslehre in hundert Fällen sicherlich 99 mal die Antwort empfängt: Die Lutheraner sagen: „Das ist mein Leib“ und die Reformierten: „Das bedeutet mein Leib.“

Ein ganz ähnliches Geschick ist der paulinischen Barriere auf dem Wege der kirchlichen Frauenrechtsbewegung beschieden worden, dem scheinbar so harten und absprechenden Salze: Das Weib schweige in der Gemeinde! Die Ablehnung dieser Bewegung seitens der Kirche stützt sich wahrlich auf ein viel reichhaltigeres biblisches Beweismaterial. Aber in der öffentlichen und privaten Aussprache über diese Sache tritt dennoch immer wieder die geradezu seltsame Meinung zutage, man habe sich, wenn man überhaupt das Forum der Bibel in dieser Verhandlung anerkennen will, lediglich mit dem einen recht willkürlichen Kommando des Apostels Paulus auseinanderzusetzen. Und da hat man ja denn bald gewonnenes Spiel. Die einen machen ganz kurzen Prozeß, indem sie die Stelle für unecht erklären; sie widerspreche dem Satz desselben Apostels 1. Kor. 11, 5: „Ein Weib, das da betet oder weissagt mit unbedecktem Haupte, die schändet ihr Haupt.“ Wir werden alsbald sehen, wie wenig da von einem Widerspruch die Rede sein kann. Aber ist es nicht merkwürdig, daß die Schriftkritiker, die hier einen Widerspruch entdecken, nun gerade die ihnen unbequemere Stelle mit dem Banne der Unechtheit belegen. Genau mit demselben Recht könnte man ja den anderen dem Schweigegebot angeblich widersprechenden Spruch ausstreichen. Solche Streichungen, die lediglich „aus inneren Gründen“ geschehen, d. h. weil der Inhalt der betreffenden Stellen dem Kritiker nicht paßt, sind doch zum mindesten nicht gerade ein Beweis für solide Wissenschaftlichkeit.

Andere, nicht so unwissenschaftlich verfahrende Verfechter eines „kirchlichen“ Frauenstimmrechts erklären diktatorisch, man dürfe solch eine apostolische Vorschrift nicht gesetzlich verstehen. Die christliche Gemeinde sei „an keine unbedingt gültige Satzung gebunden“, „an kein in Buchstäblichkeit versteinertes Gesetz“. Die Gemeinde trage „ihr Gesetz im Herzen“ und gehe „kraft des Heiligen Geistes ihren Weg“.

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Wir haben schon darauf hingewiesen, daß bei solch einem Subjektivismus das „es stehet geschrieben“ völlig seine Bedeutung verliert, und daß dann selbst die zehn Gebote durch moderne Gebote ersetzt werden könnten. Ja, nicht nur die katholische Tradition, sondern auch jegliche fromme und unfromme Schwarmgeisterei kann auf Grund solcher Stellung zur Schrift ihr inneres Recht behaupten. Das Wort sie sollen lassen stahn! Aber wie steht es denn nun in Wirklichkeit um das paulinische Schweigegebot 1. Kor. 14? Schon die Stelle an sich macht auf den unbefangenen Leser nicht nur ganz ohne weiteres den Eindruck der Echtheit, sondern sie findet auch an unserem „Gesetz im Herzen“ einen sehr überzeugenden Anwalt. Wir hören da wahrhaftig nicht irgend einen wunderlichen Heiligen ein ganz willkürliches und darum in keiner Weise verbindliches Geschmacksurteil abgeben. Mit großem sittlichem Ernst ermahnt der Apostel seine Gemeinde und erinnert sie daran, daß „in allen Gemeinden der Heiligen“ nach dieser Mahnung verfahren werde, er wiederholt seine Mahnung sofort noch einmal: „es soll ihnen nicht zugelassen werden, daß sie reden,“ und er begründet seine Ermahnung mit einem ausdrücklichen Hinweis auf die im Gesetz geforderte Pflicht des Weibes, untertan zu sein. Bliebe den Frauen in einer Gemeindeversammlung etwas unklar, so sollten sie sich daheim mit ihren Männern aussprechen; es stände den Weibern übel an, es sei im höchsten Maße für sie unschicklich, unter der Gemeinde zu reden. Kann man sich wirklich dagegen verschließen, daß der Apostel hier aus sittlich religiösen Grundsätzen heraus schreibt, die ihm im Herzen und Gewissen brennen, und daß er nicht etwa nur konkrete Verhältnisse in der Korinthischen Gemeinde im Auge hatte, die lediglich unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit zu ordnen waren? Schon die eine Korintherstelle nötigt jedem, der vorurteilsfrei an sie herantritt, die Überzeugung auf, daß das Gebot: „Das Weib schweige in der Gemeinde!“ einem im Bewußtsein der Urgemeinde fest verankerten sittlichen Grundsatz entsprach. Es ist im übrigen für unsere Frage nach der Frauenrechtsbewegung recht gleichgültig, wie die Stelle im einzelnen ausgelegt werden mag, ob man etwa unter dem Wort „Gemeinde“ nur eine bestimmte Form der Gemeindeversammlung oder den öffentlichen Gottesdienst zu verstehen hat, und ob wir bei dem vom Apostel untersagten Reden mehr an eine Predigt oder an eine Lehrtätigkeit zu denken haben. Der springende Punkt tritt deutlich

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genug hervor, auch wenn man ihn nicht, wie ich es getan habe, äußerlich unterstreicht. Dieser springende Punkt ist die Abhängigkeit des Weibes vom Mann, ja, die Pflicht des Weibes, dem Manne untertan zu sein. Es bedeutet nach des Apostels Überzeugung, so wie er selbst in unserer Stelle sie begründet, eine gesetzlose Emanzipation des Weibes vom Manne, wenn sie in einer auch von Männern besuchten Versammlung das Wort nimmt, um auch den Mann öffentlich zu belehren und des ihm zustehenden Amtes in der Gemeinde zu walten. Damit verläßt das Weib die ihm gewiesene Schranke, sie tut etwas Unschickliches, etwas Unsittliches, dem mit ganzer Entschiedenheit in allen Gemeinden zu wehren ist.

Das ist es, was 1. Kor. 14, 34 u. 35 behauptet wird. Und so liegt es denn ja auf der Hand, daß das dem Weibe gegenüber ausgesprochene kirchliche Schweigegebot auch jede kirchliche Stimmrechtsforderung durchstreicht; denn durch Ausübung des Stimmrechts nimmt ein Weib ja noch in weit durchgreifenderem Maße als durch ein einmaliges Reden in einer Versammlung dem Manne das Regiment aus der Hand. Niemand wird es bestreiten wollen, daß des Apostels Verbot zunächst das passive Wahlrecht mit höchster Entschiedenheit ausschließt. Wenn ihm schon ein zufälliges Reden der Frau in einer Gemeindeversammlung als etwas Gesetzloses erschien, ja, als etwas, was den Weibern übel ansteht, was würde er dann zu den weiblichen Pastoren und Evangelistinnen unserer Tage sagen? Aber mit Recht hat man darauf hingewiesen, daß aktives und passives Wahlrecht sich zum mindesten prinzipiell nicht trennen lassen. Erst recht aber würde in der Praxis das eine das andere nach sich ziehen. Wer wählen kann, muß auch wählbar sein, und da der Stimmzettel die Majorität auf den Thron setzt, so würden die Frauen, denen man einmal das aktive Wahlrecht eingeräumt hat, es allein in der Hand haben, sich auch das passive Wahlrecht zuzueignen. Somit wird beides durch das Gebot: „Das Weib schweige in der Gemeinde!“ verworfen, ganz besonders aber durch die Begründung, die dieses Gebot durch den Apostel erhält: „sondern sollen untertan sein, wie auch das Gesetz saget“.

Nun aber hat Paulus sich wirklich nicht bloß an der einen Stelle so deutlich ausgesprochen, und wir prüfen darum zunächst seine anderen Aussprüche hinsichtlich des Frauenrechts in der Kirche. Hat er sich 1.Kor.11,5 ff. wirklich selber widersprochen? Dort lesen wir: Ein Weib aber, das da betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, die schändet ihr Haupt..

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der Mann aber soll das Haupt nicht bedecken, sintemal er ist Gottes Bild und Ehre; das Weib aber ist des Mannes Ehre. Denn der Mann ist nicht vom Weibe, sondern das Weib ist vom Manne. Und der Mann ist nicht geschaffen um des Weibes willen, sondern das Weib um des Mannes willen.“ Wo steht denn da zunächst geschrieben, daß der Apostel mit dem Beten oder Weissagen des Weibes in öffentlicher Versammlung einverstanden ist? Er bringt einen Vorgang in der Korinthischen Gemeinde zur Sprache und beantwortet eine infolgedessen an ihn gerichtete Frage. Der Mann, der das Reden: des Weibes in der Gemeinde überhaupt verwarf, konnte selbstverständlich auch mit dem öffentlichen Beten und Weissagen der Frau nicht einverstanden sein. Daß sich ein Weib aber gar so weit vergessen konnte, mit unverhülltem Haupte zu beten und zu weissagen, das erfüllt den Apostel mit heiliger Entrüstung.

Wir müssen uns daran erinnern, daß die Frau im Orient noch heute ihr Haupt schamhaft verhüllt und in bestimmten Lagen vor der Öffentlichkeit verhüllen muß; sie bringt sich mit dem Durchbrechen dieser Sitte in den Ruf der Schamlosigkeit; dann möge man sie lieber gleich scheren, wie es einer Dirne zukam. Wenn in der Urgemeinde unter dem nicht selten ekstatischen Wirken der Fülle des Pfingstgeistes die Seele eines Weibes mitten in einer Gemeindeversammlung so unwiderstehlich durchflutet wurde, daß ihr der Mund dabei in prophetischem Beten und Reden übergehen wollte, dann sollte sie wenigstens ihr Haupt verhüllen und damit als Individuum vor der Öffentlichkeit verschwinden; gleichsam zu einem unpersönlichen Organ des Heiligen Geistes werden. Mir fällt dabei im Gedanken an unsere Frage der Unterschied zwischen Herdrecht und Individualrecht ein. Es gab und gibt noch heute selbst da, wo man das kirchliche Stimmrecht der Frau im Sinne der modernen Frauenrechtsbewegung ablehnt, ein auch von Frauen ausgeübtes kirchliches Herd recht. Da haftet das aktive Wahlrecht nicht an der Person, sondern am unbeweglichen Besitz, dessen Repräsentant ja auch eine Frau sein kann. Dann ist es aber eben nicht sie persönlich, die das Wahlrecht ausübt, sondern sie ist nur das Organ des wahlberechtigten Gedinges. Die Frau macht dann gleichsam ihre Stimme in der Gemeinde auch nur mit bedecktem Haupte geltend, so wie jene in der Urgemeinde mit bedecktem Haupte weissagenden und betenden Frauen sich durch die Decke auf ihrem Haupte ihres Individualrechts begeben sollten. Man mag im übrigen jene Korintherstelle auffassen, wie man will, was für unsere Frage dabei in

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erster Linie, ja, eigentlich allein in Betracht kommt, ist wiederum die Begründung der apostolischen Ermahnung. Auch hier erinnert Paulus an die zum Untertansein verpflichtende Abhängigkeit des Weibes vom Manne, nur daß er jetzt noch tiefer greift als an der zuerst besprochenen Stelle. Er betont es mit starkem Nachdruck, daß es sich in der Verpflichtung des Weibes zum Untertansein unter dem Mann nicht etwa um ein Gebot der Willkür handelt, sondern um eine schöpfungsmäßige Abhängigkeit: „Der Mann ist nicht vom Weibe, sondern das Weib ist vom Manne. Und der Mann ist nicht geschaffen um des Weibes willen, sondern das Weib um des Mannes willen“ Der Mann hat keine kreatürliche Autorität über sich-, sondern nur die seines Schöpfers, dessen Bild und Ehre er ist – er ist als ein direktes Geschöpf Gottes der reichsunmittelbare König der Schöpfung. Die Königin aber ist das nur als des Königs Gehilfin. Aus dem Manne geschaffen, trägt sie ihre Würde als seine „Ehre“ vom Manne zu Lehen. Das hat schon die Natur dadurch symbolisiert, daß sie dem Weibe in ihrem langen Haupthaar eine Decke gab, „eine Macht auf dem Haupte“, was in der menschlichen Sitte der Haube zum zweitenmal versinnbildlicht wird. Der Mann soll ein unbedecktes, ein freies Haupt zum Himmel strecken; er ist in der Stufenfolge der Schöpfungshierarchie, hinsichtlich alles Führens und Regierens auf Erden, über dem Weibe. Daß der Apostel bei dieser im Schöpfungsbericht verankerten Anschauung übrigens nicht die Absicht hat, das Weib im heidnischen Sinne unter den Mann zu stellen, sie zu des Mannes Sklavin herabzuwürdigen, spricht er an derselben Korintherstelle mit aller nur wünschenswerten Deutlichkeit aus: „Doch ist weder der Mann ohne das Weib, noch das Weib ohne den Mann in dem Herrn; denn wie das Weib von dem Manne, also kommt auch der Mann durchs Weib; aber alles von Gott.“ So kann von einer Sklaverei des Weibes unter dem Manne keine Rede sein. Obwohl ihm das Amt des Führens und Regierens in die Hand gelegt ist als dem Haupte des Weibes und damit auch der Familie, so bleibt er doch seinerseits wiederum durchaus auf das Weib angewiesen, als auf die ihm von Gott gegebene Ergänzung seines Wesens, die ihm ebenbürtige Gehilfin. Wohl stammt das Weib nach der Schöpfungsurkunde vom Manne; aber wiederum gibt es nach Adam keinen Mann, der nicht durch das Weib gekommen ist, der nicht ein Weib zur Mutter hat. Wer darum ein Weib zur Sklavin erniedrigt, tritt seine Mutter in den Staub. Mann und Weib sind im Urteil des

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Apostels Paulus völlig ineinander wurzelnde Wesen, zwei Hälften, die erst miteinander ein Ganzes machen, und das Geheimnis dieser organischen Einheit kommt erst da zu seiner ganzen Segenskraft und Entfaltung, wo: die beiden Hälften eins geworden sind „in dem Herrn“. Da gilt der köstliche Spruch, der Gal. 3, 21 geschrieben steht: „Hier ist kein Mann noch Weib, denn ihr seid allzumal Einer in Christo.“ Es gibt eine Einheit bei aller schöpfungsmäßigen Verschiedenheit, das ist die Gemeinschaft des Heiligen Geistes, die Gemeinschaft des Glaubens, das Einssein in Christo Jesu. Im religiösen Leben, in der persönlichen Beziehung der einzelnen unsterblichen Seele zu ihrem Seligmacher gibt es keine Über- und Unterordnung, da gilt das Wort: Vor Gott sind alle gleich. Aber es ist doch ein seltsames Mißverständnis, wenn man um dieses Gedankens willen die anderen Aussprüche des Apostels über die Abhängigkeit des Weibes vom Manne und über des Weibes Pflicht, dem Manne das Regiment zu überlassen, einfach durchstreicht. Widersprechen sich denn die beiden Gedankenreihen? Ich meine, sie reimen sich aufs allerbeste, gerade so fein wie in der herrlichen Schrift Luthers „von der Freiheit eines Christenmenschen“ das „ein Herr aller Dinge sein“ aufs beste zusammenstimmt mit dem „aller Knecht“ sein. Die Selbständigkeit jedes individuellen Glaubenslebens vor Gott hebt das voneinander Abhängigsein im Liebesleben wahrlich nicht auf; und die Unterschiede der Schöpfungshierarchie, die der Apostel Paulus so klar herausgestellt hat, werden im Reiche Christi nimmermehr verwischt, sondern nur durch selbstlose Liebe geheiligt und verklärt. Wenn Paulus schreibt: „Hier ist kein Mann noch Weib“, so will er damit doch nicht den Unterschied der Geschlechter aufheben, und was er von der Abhängigkeit des Mannes vom Weibe gesagt hat, bleibt selbstverständlich bestehen, genau so wie er die anderen Unterschiede, die er an jener Galaterstelle durch das Licht des Evangeliums verklärt, durchaus nicht für den Betrieb des natürlichen Lebens aufheben will. Für die Glaubensstellung zum Herrn gibt es auch keinen Unterschied zwischen Juden und Griechen, Knechten und Freien, aber für die Stellung, die diese nationalen und sozialen Gruppen schöpfungsgemäß zueinander haben, wird der Unterschied keineswegs vom Apostel beseitigt. Aus der Unklarheit in diesem Punkte fließt alle soziale und alle internationale Schwärmerei, über die uns ja gerade in diesem Kriege wieder einmal die Augen aufgegangen sind.

Einer ganz ähnlichen Unklarheit machen sich die Anwälte

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des modernen Frauenrechts schuldig, die Paulus durch Paulus zu korrigieren suchen, indem sie seine klare Unterscheidung zwischen der religiösen Gleichheit von Mann und Weib und einer Egalitè in ihrem natürlich-sozialen Verhältnis zueinander nicht mitmachen können oder wollen. Mit demselben Recht könnte man dann ja auch das 4. Gebot ausstreichen und Eltern und Kindern die gleichen Rechte verleihen. Auch ein erwachsener Sohn hat in seiner Glaubensstellung zum Herrn genau die gleiche Selbständigkeit wie sein Vater. Sollte darum die pietätvolle Unterordnung des Sohnes unter den Vater jemals aufhören dürfen? Die Sache ist wirklich von verblüffender Einfachheit. Als geistliche Einzelpersönlichkeit stehen Mann und Weib vor Gott völlig gleich da, aber in ihrem irdisch-zeitlichen Verhältnis zueinander bleiben sie Mann und Weib, und da bleibt es auch dabei, daß das Weib dem Manne untertan sein soll. Das hat der Apostel Paulus noch mehrfach in seinen Briefen ganz klar und entschieden ausgesprochen. Im 7. Kapitel des Römerbriefes redet er vergleichsweise von einem Weibe, „das unter dem Manne ist“. Im Epheserbrief ermahnt er die Weiber, daß sie untertan sein möchten ihren Männern „als dem Herrn“, und wiederum finden wir da die uns vertraute Begründung: „denn der Mann ist des Weibes Haupt“. Dann aber heißt es gar weiser: „gleichwie auch Christus das Haupt ist der Gemeinde, und Er ist seines Leibes Heiland“.

Welch eine kühne, die priesterliche Würde des Mannes gegenüber dem Weibe betonende Parallele! „Aber wie nun die Gemeinde ist Christo untertan, also auch die Weiber ihren Männern in allen Dingen.“ Das ist sehr unmodern geredet, aber echt paulinisch. Der Apostel macht an dieser Stelle mit den nachdrücklichsten Worten die Unterordnung unter den Mann „in allen Dingen“ dem Weibe zu einer sittlich-religiösen Pflicht, deren sie sich um des Herrn willen nicht entziehen darf.

Freilich auch an dieser sehr merkwürdigen Epheserstelle legt der Apostel wiederum den mit so hoher Würde gekrönten Männern zugleich die entsprechende verantwortungsschwere Bürde klar, wie sie immer im Reiche Gottes der Würde entspricht, und es gibt gar keine schwerere Bürde als ein christliches Regiment: „Ihr Männer, liebet eure Weiber, gleichwie Christus auch geliebet hat die Gemeinde und hat sich selbst für sie gegeben …. Also sollen auch die Männer ihre Weiber lieben als ihre eigenen Leiber“. Kann man es wohl deutlicher zum Ausdruck bringen, daß die Untertanschaft

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des Weibes dem Manne gegenüber im Neuen Testament mit einer heidnischen Versklavung des Weibes nichts zu schaffen hat. Aber doch besteht die Untertanschaft in ihrem vollen Umfange auch im Neuen Bunde fort; sie wird nur viel tiefer motiviert, ins Gewissen des Weibes geschoben und durch die Liebe verklärt.

Auch in der Haustafel des Epheserbriefes wiederholt der Apostel die ihm offenbar sehr am Herzen liegende Mahnung: „Ihr Weiber, seid untertan euren Männern in dem Herrn, wie sich’s gebühret“. Es wird hier noch ganz besonders hervorgehoben, daß solches in der Stellung zum Herrn wurzelnde Untertansein des Weibes diesem gebühre. Eine Verkehrung des von Paulus normierten Verhältnisses des Weibes zum Manne wäre für das Weib etwas ethisch Unschönes. Wiederum aber werden die Männer ermahnt: „Liebet eure Weiber und seid nicht bitter gegen sie!“

Endlich kommt für uns noch eine besonders wichtige und charakteristische Stelle aus den Paulinischen Briefen in Betracht, nämlich 1. Tim. 2, 9 – 15. Da werden die Weiber vor eitler Putzsucht gewarnt und auf den ihnen geziemenden inneren Schmuck ihres Wesens hingewiesen. Sie sollen ihre Gottseligkeit durch gute Werke beweisen; sie sollen in der Stille lernen mit aller Untertänigkeit. Und dann fährt der Apostel wörtlich also fort: „Einem Weibe gestatte ich nicht, daß sie lehre, auch nicht, daß sie des Mannes Herr sei, sondern stille sei!

Hier redet der Apostel in heiligem Amtsbewußtsein und verbietet dem Weibe aufs feierlichste jede Emanzipation vom (Manne, jeden Versuch, ihm das Zepter aus der Hand zu nehmen. Sie soll vielmehr sein stille sein, das heißt demütig dem Manne sich unterordnen. Und nun folgt die uns schon bekannte Motivierung des Gebots durch einen Hinweis auf die schöpfungsmäßige Priorität des Mannes: „Adam ist am ersten gemacht, danach Eva„. Diese Begründung wird aber an der in Rede stehenden Stelle aufs neue vertieft, und zwar durch Erinnerung an den traurigen Vorrang des Weibes in der Geschichte des Sündenfalls: „Adam ward nicht verführet, das Weib aber ward verführet, und hat die Übertretung eingeführt.“ Sie war es bekanntlich, die den Einflüsterungen des Bösen zuerst Raum gab, um dann ihrerseits Adam mit ins Verderben zu ziehen. Das bleibt ein dunkles Blatt im Geschichtsbuche des weiblichen Geschlechts, und der Gedanke an jene erste schlimme Emanzipation des

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Weibes vom Manne mit ihren furchtbaren Folgen sollte ihr für alle Zeiten jedes Emanzipatiosnsgelüste verleiden. „Sie wird aber selig werden durch Kinderzeugen, so sie bleibet im Glauben und in der Liebe und in der Heiligung samt der Zucht.“ Ein sehr merkwürdiger Schluß dieser ernsten Auseinandersetzung! Indem der Apostel das Weib in seine gottgewollten Schranken weist, zeigt er ihm zugleich die Sphäre seines eigentlichen Erdenberufs, indem es an des Mannes Seite, als seine in demütiger Stille sich ihm untergebende und von seiner ritterlichen Liebe getragene Gehilfin die Seligkeit zu schaffen hat, nämlich den Mutterberuf, die Erziehungsarbeit. Wir werden später gerade auf diesen Punkt mit aller Ausführlichkeit zurückkommen. Zunächst meinen wir eines für jeden, der klar sehen will, mit aller Gründlichkeit und Deutlichkeit festgestellt zu haben: die Frauenrechtsbewegung in der Kirche wird von dem Apostel so energisch als nur möglich abgelehnt, und diese Ablehnung entspringt nicht etwa einer subjektiven Stimmung oder einer privaten Anschauung des Apostels, sondern wird von ihm aus dem Gesetz und der Schöpfungsurkunde begründet und unter Geltendmachung seines apostolischen Ansehens in den Gemeinden seines Wirkungskreises verkündigt.

Wer das bestreitet, stemmt sich mit seinem Urteil nicht nur gegen eine buchstäbische Auffassung einzelner Schriftaussprüche, sondern gegen die sehr lebendig ihm gegenüber sich geltend machende apostolische Autorität. Das sollte von allen Frauenrechtlerinnen und auch von allen ihren männlichen Schrittmachern unumwunden zugegeben werden.

Mit dem Apostel Paulus aber steht in unserer Frage der Apostel Petrus Schulter an Schulter. Ich erinnere nur an seine wundervollen Worte zum Preise des Weibes, ihres Berufs im Reiche Gottes und ihrer geistlichen Schönheit, wie dieselben im 3. Kapitel des 1. Petrusbriefes geschrieben stehen und von jedem christlichen Weibe nicht nur auswendig gewußt, sondern inwendig als ein Kleinod von unschätzbarem Werte gehegt und täglich und stündlich mit ganzer Seele betätigt und ins Leben umgesetzt werden sollten: „Desselbigengleichen sollen die Weiber ihren Männern untertan sein, auf daß auch die, so nicht glauben an das Wort, durch der Weiber Wandel ohne Wort gewonnen werden. Wenn sie ansehen euren keuschen Wandel in der Furcht. Welcher Schmuck soll nicht auswendig sein, mit Haarflechten und Goldumhängen, oder Kleideranlegen. Sondern der verborgene Mensch des

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Herzens unverrückt, mit sanftem und stillem Geiste, das ist köstlich vor Gott„. (1. Petri 3, 1-4.)

Wir stellen neben dieses wundervollste Gemälde, in welchem des Apostels Meisterhand das Ideal eines christlichen Weibes dargestellt hat, einmal das Bild einer englischen Suffragette, und es durchrieselt uns ein eisiger Schreck vor dem Irrwege der modernen Frauenrechtsbewegung. Mag dieselbe auf deutschem Boden durch den gesunden Sinn, der unseres Volkes Seele, gottlob! noch beherrscht, auch noch so maßvoll ihre Kreise ziehen, das Streben der Frauen nach öffentlichen Rechten, ja, nach gesetzgeberischer Handhabung dieser Rechte im politischen und kirchlichen Leben, ist in Bausch und Bogen zu verwerfen, wenn man solche Schriftstellen wie 1. Petri 3 nicht aus der Bibel herauszustreichen den Mut hat.

Wenn das die Ausgabe des idealen Weibes ist, daß es als freiwillige Untertanin des Mannes durch ihren Wandel ohne Wort Ungläubige für das Reich Christi gewinne, wenn die eigentliche Kraft und Schönheit ihres Wesens nichts Auswendiges sein soll, sondern vielmehr der verborgene Mensch des Herzens mit sanftem und stillem Geist, dann gehört der Stimmzettel um keinen Preis in ihre Hand, dann ist in der Kirche, deren Säulen die Apostel sind, kein Platz für regierende oder gar predigende Weiber, für ein aktives oder passives Wahlrecht der Frau.

Aber wiederum ist es für unsere Stellung von besonderem Wert, daß auch Petrus in völliger Übereinstimmung mit seinem Mitapostel Paulus seine Ermahnung in der Schrift verankert. Er weist seine Leserinnen hin auf das Beispiel der alttestamentlichen Frauen, die sich auch vor Zeiten also geschmückt hätten, „die ihre Hoffnung auf Gott setzten und ihren Männern untertan waren, wie die Sarah Abraham untertan war und hieß ihn Herr„. Danach aber erinnert Petrus gerade so wie Paulus auch die Männer an ihre aus der rechten Stellung der Frauen zu ihnen erwachsende heilige Pflicht: „desselbigen – gleichen, ihr Männer, wohnet bei ihnen mit Vernunft, und gebet dem weiblichen, als dem schwächeren Werkzeuge, seine Ehre, als auch Miterben der Gnade des Lebens„. Also auch der Apostel Petrus betont die religiöse Gleichheit von Mann und Weib, und auch er ermahnt seine Geschlechtsgenossen zu einer gerade aus der natürlichen Unterlegenheit des weiblichen Geschlechts unter dem männlichen sittlich

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folgenden christlichen Ritterlichkeit. Es ist nun aber wahrhaftig doch ein ander Ding, „das schwächere Werkzeug“ ritterlich ehren und sich ihrem Regiment durch Einräumung des Stimmrechts unterwerfen. Letzteres ist nach dem Urteil der Apostel nicht nur unritterlich, sondern auch unmännlich!

Doch wir folgen der Weisung der Apostel und wenden uns zum Alten Testament, insonderheit zum klassischen Ort für die biblische Klärung der Frauenfrage, wie ihn der Apostel Paulus als solchen in ausgiebigster Weise gewertet hat; ich meine 1. Mose 1-3. Wir lassen die entscheidenden Punkte noch einmal der Reihe nach an uns vorüberziehen. Durch einen unmittelbaren Schöpfungsakt hat Gott den Mann nach Leib und Seele gebildet. Als der Künstler aller Künstler hat der Schöpfer des Mannes Leib aus dem Erdenstoff geformt und ihm alsdann seinen lebendigen göttlichen Odem eingehaucht. „Also ward der Mensch Adam eine lebendige Seele.“ Des Weibes Schöpfung war wie die Natur des Weibes selber komplizierter, und sie geschah in gewollter Abhängigkeit von der Schöpfung des Mannes. „Gott ließ einen tiefen Schlaf auf Adam fallen und nahm seiner Rippen eine und schloß die Stätte zu mit Fleisch. Und Gott der Herr baute ein Weib aus der Rippe, die er von Adam nahm und brachte sie zu ihm. Da sprach Adam: das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleische; man wird sie Männin heißen, darum daß sie vom Manne genommen ist. Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen, und an seinem Weibe hangen, und sie werden sein ein Fleisch.

Zweierlei wird hier in unvergeßlicher Weise und für alle Zeiten kundgetan: die organische Zusammengehörigkeit von Mann und Weib; und die Abhängigkeit des Weibes vom Manne. Es handelt sich in dem Doppelwesen Mensch nicht um ein Nebeneinander, sondern um ein Ineinander, „und schuf sie, einen Mann und ein Weib“.

In diesem Ineinander aber, in diesem Organismus, hat ein Organ die Führung; der Mann ist des Weibes Haupt. Das Weib aber ist des Mannes Herz. Auch dieser zweite Gedanke leuchtet bereits aus dem Schöpfungsbericht hervor, besonders aus dem einen das Herz jedes rechten Mannes ohne weiteres bewegenden Worte des Schöpfers: „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei„. Die Schöpfung des Mannes bedurfte

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der Ergänzung, so, wie der Kopf die Ergänzung des Herzens nötig hat. Ja, eben dieses Gleichnis zeigt, wie hoch wir die notwendige Ergänzung einschätzen. Gewiß, der geist- reiche Ausleger, der die Bemerkung gemacht hat: Gehilfin be- deute nicht Bedienstete, er hat ganz recht. Im hebräischen Ausdruck an sich liegt noch nichts von Unterordnung. Aber das ändert doch auch nichts daran, daß das Weib dem Manne zur Verfügung gestellt wird und nicht umgekehrt der Mann dem Weibe.

Es war nicht gut, daß der Mann allein blieb, aber er war doch immerhin zuerst allein. Das Weib aber wird lediglich in der Absicht geschaffen, dem Manne eine traute Gehilfin zuzuführen, die immer um ihn sei. Dieses Verhältnis der Abhängigkeit wird nun aber durch den Sündenfall aufs ernsteste verschärft. Als das Weib vom Bösen verführt wurde, war sie nicht „um“ ihren Mann, sondern ging in ebenso selbständiger wie verhängnisvoller Frauen- bewegung ihren eigenen Weg. Sie emanzipierte sich vom Manne und infolgedessen dann auch gar bald und böse von Gott. „Das Weib schaute an, daß von dem Baume gut zu essen wäre, daß es ein lustiger Baum wäre, weil er klug machte, und nahm von der Frucht und aß; und gab ihrem Manne auch davon, und er aß.“ Das Weib wurde zu des Mannes Vormund im Bösen, sie warf sich zu einer Führerin des Mannes auf, da wurde sie zu seiner Verführerin. Und nun war das bis dahin so selbstverständlich harmonische Verhältnis gestört. Sie schämen sich voreinander, und wie sie zitternd vor dem Richter stehen, blicken sie wie Feinde aufeinander. Der Mann läßt sein Weib in jammervoller Unritterlichkeit im Stich, und das Weib sucht sich auf eigene Hand zu verteidigen. Eine Frauenbewegung im unseligsten Sinne ist im Gange. Der Schöpfer aber läßt seine Ordnungen nicht zerbrechen. Er stellt das Verhältnis der Abhängigkeit des Weibes vom Manne mit fester Hand wieder her: „Dein Verlangen soll nach deinem Manne sein; und er soll dein Herr sein!“ Das Haupt soll zum Herrn werden; und jeder Kenner der Weltgeschichte weiß, in welch grausigem Maße sich dieser Fluch erfüllt hat. Die Geschichte der Sünde, die Geschichte des Heidentums, ist eine Geschichte der Sklaverei des Weibes. Aber nun haben die Verteidiger modernen Frauenrechts einen ganz verkehrten Schluß gezogen. Sie haben gesagt: Das Herr-sein des Mannes über

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dem Weibe sei eine Folge der Sünde und könne und müsse darum bei Überwindung der Sünde mit überwunden werden, in solchem Maße überwunden werden, daß von irgend einer Unterordnung des Weibes unter den Mann nicht mehr die Rede sein dürfe. Das ist genau so verkehrt wie die Meinung der Vegetarianer, das Fleischessen sei nach dem Schöpfungsbericht erst nach dem Sündenfall eingeführt, es müsse also wie die Sünde wieder abgestellt werden. Nein, weil mit dem Sündenfall die ganze Natur verändert worden ist, so bedarf nach des Schöpfers verändertem Gebot auch der menschliche Organismus fortan der Fleischnahrung und wird derselben bedürfen, solange mit der Sünde auch der Sünde Sold – der Tod – auf Erden regiert, das heißt bis an das Ende der Tage.

Paradiesische Zustände jenseits des verlorenen Paradieses in eigener Kraft wiederherstellen wollen beziehungsweise Zustände des Paradieses der Zukunft, der neuen Erde unter dem neuen Himmel, vorauszunehmen versuchen – das ist das gemeinsame Streben aller Schwärmerei. Auch alle die schwärmen, die der Meinung sind, der durch den Sündenfall über das Weib hereingebrochene Fluch werde vor der zukünftigen Heilsvollendung des Menschengeschlechts völlig beseitigt werden können. Doch in unserem Falle liegt die Sache, wie wir gesehen haben, ja noch anders. Die Abhängigkeit des Weibes vom Manne ist gar nicht erst durch den Sündenfall entstanden, sondern schon durch die Schöpfung. Der Sünden- fall hat sie nur in tragischer Weise verschärft und läßt sie, wo die Sünde sich ausreift, zu einem tyrannischen Beherrschtwerden, zur Sklaverei verzerren. Insofern hat allerdings das Christentum das Weib befreit, und überall, wo die Mission ihr Werk tut, fallen die Sklavenketten des Weibes. Aber wir haben von den Aposteln des Herrn gelernt, daß mit der Sklaverei des WeibWeibes vom Manne mit ihren furchtbaren Folgen sollte ihr für alle Zeiten jedes Emanzipatiosnsgelüste verleiden.es keineswegs ihre Abhängigkeit vom Manne aufgehoben wird. Das Evangelium stellt vielmehr, wenn auch im Lauf dieses Äons nur annäherungsweise, die schöpfungsmäßigen Verhältnisse wieder her. Und so wird denn aus dem Fluch: „Er soll dein Herr sein!“ das Gebot: „Ihr Weiber seid untertan euren Männern in dem Herrn!“

Wir kommen zum letzten Punkt im Urbericht, den der Apostel Paulus bei seiner Beleuchtung der Frauenfrage unterstrichen hat.

„Du sollst mit Schmerzen Kinder gebären.“ Mit diesem Spruch des Richters nach dem Sündenfall wird dem sündigen

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Weibe sein irdischer Beruf gewiesen, in dem es nach des Apostels Worten seine Seligkeit zu schaffen hat – der an sich über alles herrliche, seit dem Sündenfall aber mit bitteren Schmerzen vergällte Mutterberuf. Der Mann aber wird hinausgewiesen auf den Acker, auf dem er sich mit Kummer nähren soll sein Leben lang. Dornen und Disteln wird er ihm tragen, und im Schweiße seines Angesichts soll er sein Brot essen. Auch hier sehen wir die festen Grundlinien für den Männerberuf und den Frauenberuf aller Zeiten. Wir haben festgestellt, daß die Ausführungen der Apostel in vollstem und tiefstem Einklang mit den Grundtönen sich befinden, die auf den ersten Blättern der Bibel zum Kapitel Frauenfrage, Frauenbewegung, Frauenrecht angeschlagen werden. Daß die Stellung des Weibes zum Manne, wie sie der Urbericht der Heiligen Schrift klar markiert hat, im ganzen Alten Testament festgehalten wird, bedarf ja kaum noch eines Beweises. Ich führe nur einige charakteristische Belegstellen kurz an. Im Deuteronomium lesen wir die heute sehr beherzigenswerten Worte: „Ein Weib soll nicht Mannsgeräte tragen, und ein Mann soll nicht Weiberkleider antun; denn wer solches tut, der ist dem Herrn, deinem Gott, ein Greuel“ (5.Mos. 22, 5). Selbst wenn man dieses Verbot nur in seinem buchstäblichen Sinne nimmt, beweist es eine überaus strenge Sonderung der Geschlechter und ihrer Art im Gesetz trotz des so starken Bewußtseins von ihrer organischen Einheit. Es wird ängstlich darüber gewacht, daß Mann und Weib ihre Rollen nicht vertauschen, daß ein Mann ganz Mann bleibt und ein Weib ganz Weib. Je mehr wir aber den buchstäblichen Sinn jener Stelle ins Geistige übertragen, um so tiefer treffen wir die Stellung, die Mann und Weib im Alten Testamente zueinander einnehmen. Wohl haben auch die Frauen unter der Führung der Schwester Aarons, der Prophetin Mirjam, mitgesungen, als der Herr sein Volk aus der Hand Pharaos und seiner Reiter durchs Rote Meer hindurchgerettet hatte, aber ihr Lied war nur ein Echo des Lobgesanges Moses. Wohl hat es zur Zeit der Richter auch einmal eine Richterin in Israel gegeben, die Prophetin Debora, und Jael, das Weib Hebers, befreite ihr Volk von dem feindlichen Feldhauptmann Sisera. Aber die Richterzeit war eine ganz abnorme Zeit in Israels Geschichte; und schließlich war es selbst in den Tagen Deboras ein Mann, der, von jenem prophetischen Weibe inspiriert, die Sache Israels führte; und im Triumphgesang nach der Befreiung des Volkes Gottes klangen ihre Stimmen fein harmonisch zusammen. Das

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normale Frauenideal ist im Alten Bunde gar anders gezeichnet. Wir denken an die Frauen der Patriarchen oder an das noch heute jedes gesund empfindende Herz geradezu entzückende Bild der Ährenleserin Ruth neben der ebenfalls so echt weiblichen Gestalt der Naemi – Mara. Warum ist doch das bekannte herzerhebende Wort der Ruth: „Wo du hingehst, da will ich auch hingehen“ usf. zu einem so beliebten Trauspruch geworden, obwohl jenes Wort gar nicht an einen Mann gerichtet war? Weil das Ideal eines Weibes aus dieser Rede zu uns spricht, die Kraft völliger, ebenso weicher wie entschlossener Hingebung an das Leben eines anderen. Die Frauen aber, die in männlichen Herrschergelüsten, in Nebenregierungen, Kabalen und Intrigen nach des Mannes Krone in Israel griffen, wie eine Isebel und wie die Tyrannin Athalja, die haben sich im schwarzen Buch der israelitischen Geschichte verewigt. In den Psalmen wird das rechte Weib unter dem Bilde eines fruchtbaren Weinstocks besungen, der drinnen ist i m Hause des Mannes; und noch heute klingt das Lob des tugendsamen Weibes in jedem echten Frauen und Mannesherzen mit starken und warmen Tönen nach: „Ihres Mannes Herz darf sich auf sie verlassen – sie tut ihm Liebes, und kein Leides ihr Leben lang. Sie gehet mit Wolle und Flachs um und arbeitet gerne mit ihren Händen. Sie stehet vor Tags auf und gibt Speise ihrem Hause und Essen ihren Dirnen. – Sie gürtet ihre Lenden mit Kraft und stärkt ihre Arme. Sie merkt, wie ihr Handel Frommen bringt; ihre Leuchte verlischt des Nachts nicht. Sie streckt ihre Hand nach dem Rocken, und ihre Finger fassen die Spindel. Sie breitet ihre Hände aus zu den Armen und reichet ihre Hand dem Dürftigen. – Ihr Mann ist bekannt in den Toren, wenn er sitzt bei den Ältesten des Landes … Kraft und Schöne sind ihr Gewand, und sie lacht des kommenden Tages. Sie tut ihren Mund auf mit Weisheit, und auf ihrer Zunge ist holdselige Lehre. Sie schauet, wie es in ihrem Hause zugehet, und esset ihr Brot nicht mit Faulheit. Ihre Söhne stehen auf und preisen

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sie selig; ihr Mann lobet sie … Lieblich und schön sein, ist nichts, ein Weib, das den Herrn fürchtet, soll man loben. Sie wird gerühmt werden von den Früchten ihrer Hände, und ihre Werke werden sie loben in den Toren„. (Spr. 21, 10-31.) Das ist das tugendsame Weib der Heiligen Schrift. Es ist das Bild einer fleißigen, treuen, klugen, tüchtigen, frommen Hausfrau, die alle ihre Ehre im Hause sucht und ihres Mannes Ehre in dessen öffentlicher Stellung. Sie wird von ihrem Manne gelobt und von ihren Söhnen selig gepriesen; sie ist des Mannes unentbehrliche und ihn aufs tiefste beglückende Gehilfin und eine rechte, mit holdseliger Erziehungsweisheit begabte Mutter; insonderheit die Erzieherin der Söhne. Wohl lobt man auch sie „in den Toren“, also in der Öffentlichkeit, aber lediglich wegen ihrer im stillen Gehege des Hauses vollbrachten Werke. Ja, diese Werke selber loben dort die Meisterin. In solchem Hausfrauen- und Mutterideal ist für das Frauenrecht im öffentlichen Leben, in Staat und Kirche kein Raum. Das tugendsame Weib ist „eine Krone ihres Mannes“ (Spr. 12, 4). Durch weise Weiber wird das Haus gebaut (ebenda 14, 1). Daß ein Weib ihres Kindleins nicht vergessen kann, das ist das Größte an ihr, darum ist Muttertreue ein Abbild der Treue Gottes (Jes. 49, 15), und der Prophet Jeremias zählt in schwerer Zeit zu den Merkmalen der göttlichen Reformation seines Volkes dieses, daß das Weib wie der den Mann umgeben wird (Jer.Z1,22).

Das mag genug sein des alttestamentlichen Schriftbeweises. Wer seine Anschauung vom Weibe daran orientiert, wird nicht in der Lage sein, einem kirchlichen Frauenrecht das Wort zu reden.

Wir gehen nun zuletzt und doch vor allem zum Menschenmeister aller Menschenmeister in die Schule. Was hat uns unser Herr Jesus Christus zu unserer Frage zu sagen?

Wir wissen, daß auch er sich völlig auf den Standpunkt des biblischen Urberichts gestellt hat. Als die Pharisäer ihn fragen, ob ein Mann sich von seinem Weibe scheiden dürfe, weist er sie darauf hin, daß Gott sie am Anfang der Kreatur geschaffen habe, einen Mann und ein Weib. Die zwei seien darum nicht zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt habe, das solle der Mensch nicht scheiden. Wir sehen, mit welcher Entschiedenheit von unserem Herrn die

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organische Einheit von Mann und Weib betont wird. Diese Einheit darf darum auch durch keine Frauenrechtsbewegung gefährdet werden. Wem es ein heiliger Ernst ist um den Respekt vor dem Herrenwort: „Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden“, der wird sich auch nimmermehr für das Stimmrecht der Frau begeistern können; denn es liegt doch wirklich auf der Hand, daß eine allgemeine Durchführung des weiblichen Stimmrechts Mann und Weib entzweien müßte. Der Herr Jesus hält die Entzweiung der Geschlechter für einen revolutionären Eingriff in des Schöpfers Plan und Willen, wonach Mann und Weib einen Organismus darstellen. Er hat es aber auch nicht mit einer Silbe angedeutet, daß in diesem Organismus das Weib jemals das führende Organ sein dürfe. Tatsachen sind deutlicher als Worte. Wie hat denn aber unser Meister sich tatsächlich zur Frau gestellt, und welchen Platz hat er ihr in seinem Reiche angewiesen? Wir wissen, wie nahe ihm schon während seinen Erdentagen die Frauen standen, ein wie innerliches und inniges Band ihn mit seinen Jüngerinnen verknüpfte, das selbst unter dem Kreuze nicht zerriß, zur Beschämung der männlichen Jünger. Aber ist nun nicht seine Stellung zu den Marien wahrhaft typisch, steht darum nicht geradezu die Maria als Ideal des christlichen Weibes vor uns, gleichviel, ob wir nun an die Mutter des Herrn denken mit ihrem demütigen Wort: „Siehe, ich bin des Herrn Magd“ und mit dem Schwert des Mutterschmerzes, das ihr durch die Seele gehen mußte; oder an die große Sünderin, die zu Jesu Füßen das herrliche Zeugnis empfing: „Ihr sind viele Sünden vergeben, denn sie hat viel geliebt“, oder endlich an die Maria in Bethanien, die wiederum zu des Meisters Füßen saß und in völliger Hingebung seiner Rede lauschte. Das schien der Martha nicht genug Frauenbewegung zu sein, und darum tadelte sie die Maria. Der Meister aber sprach: Eins ist not. Maria hat das gute Teil erwählet, das soll nicht von ihr genommen werden. Als dieselbe Maria aber das Glas voll köstlicher Narde über des geliebten Meisters Haupt zerbrach und um solcher Verschwendung willen von den nüchternen und praktischen Leuten, die dabei waren, gestraft wurde, da trat der Meister wiederum für dieses Weibes Art in seiner Nachfolge ein, da sprach er: „Lasset sie in Frieden, was bekümmert ihr das Weib? Sie hat getan, was sie konnte!“ Es ist uns schlechterdings unmöglich, uns eine dieser Marien in der Rolle einer Frauenrechtlerin vorzustellen, im Streben nach

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kirchlichen R e c h t e n. Die Mutter Jesu hatte freilich im Gedanken an ihre Sonderstellung zu Jesu je und dann gewisse Emanzipationsanwandlungen, wurde dann aber auch ganz energisch in ihre Schranken gewiesen: „Weib, was habe ich mit dir zu schaffen!“ so sprach ihr Meister. Ob er dieses Wort nicht, wenn auch in anderem Sinne, wiederholen mag, wenn er ein Weib nach kirchlichem Stimmrecht streben sieht, nach dem Regiment in seinem Reiche?

Warum will es uns doch fast wie ein unfrommer Gedanke erscheinen, wenn man versuchte, sich den Erlöser der Welt, „das Haupt der Gemeinde“, als ein Weib vorzustellen? Als Mann ist der Messias zur Welt gekommen, als Gottes Sohn. Wir reden darum mit Fug und Recht von einer Kirche des Herrn und halten fest daran, daß diese Kirche männlich organisiert bleiben muß. Hat der Meister selber sie denn nicht so organisiert? Hat er nicht den apostolischen Beruf lediglich Männern aufgetragen und diesen den Missionsbefehl gegeben, ihnen die Evangelisation der Weltgeschichte anvertraut? Selbstverständlich sollte auch die Fran als des Mannes Gehilfin mitwirken, so wie sie dem Meister schon während seines Erdenwandels immer als Gehilfin zur Seite war. Aber das Führen und Regieren seiner Gemeinde hat er den Männern befohlen Damit ist die Schriftwidrigkeit einer auf das Stimmrecht abzielenden Frauenrechtsbewegung ganz unbestreitbar erwiesen. Wir haben gesehen, daß es sich im Alten und im Neuen Testament nicht etwa nur um willkürliche Ansichten, Stimmungen und Geschmacksurteile einzelner Persönlichkeiten handelt, sondern daß der gesamte Geist der Heiligen Schrift das Streben der Frau, dem Manne Rang und Rechte abzulaufen, aufs entschiedenste verurteilt, und zwar aus sittlichreligiösen Gründen, die im Boden der Schöpfung verankert sind. Es entspricht nach biblischer Anschauung weder dem Geiste des 6. noch des 4. Gebots, wenn das weibliche Geschlecht sich vom Manne emanzipiert, diesem die gottgewollte Untertanenschaft kündigt und durch das Tragen von Mannesgeräten ihre weibliche Schönheit einbüßt, ja, die keusche Zucht ihres Wesens verletzt. Daß die ganze moderne Frauenrechtsbewegung nicht in den biblischen Rahmen des Weibes hineinpaßt, wird wohl kaum auch nur einer im Ernst zu bestreiten wagen. Hat man denn nun aber wenigstens doch ein relatives Recht, den biblischen Rahmen für das Bild der modernen Frau abzulehnen? Wir sind schon daran erinnert worden, daß selbst biblisch gerichtete Theologen diese Frage bejahen, indem

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sie behaupten, die Schriftaussagen über die Stellung des Weibes gehörten nicht zu den ewigen Wahrheiten, nach denen sich die Kirche noch heute zu richten hätte. Es handle sich da lediglich um ein Stück Zeitgeschichte, das längst veraltet sei und auch vom Herrn und seinen Aposteln, wenn diese in unseren heutigen Verhältnissen lebten, als nicht mehr zeitgemäß preisgegeben werden würde. Man hat alles Ernstes gesagt, die biblischen Einwendungen gegen die aus das Stimmrecht abzielende moderne Frauenbewegung seien darum nicht stichhaltig, weil das Weib der Cristenheit ein ganz anderes sei als das Weib des Orients. Ist es nicht ein mehr als kühnes Unterfangen, so das Christentum gegen das Christentum auszuspielen, ein doch wirklich wichtiges Lebensgebiet der christlichen Urgemeinde so schlankweg als etwas Orientalisches abzutun, und das moderne Parallelgebiet mit seinen den Anschauungen der Urgemeinde schnurstracks widersprechenden Erscheinungen als das eigentlich Christliche in Anspruch zu nehmen, dem sich Christus und die Apostel selbstverständlich anzupassen haben.

Uns graut vor dieser Methode, und wir wissen, was für Abstriche das Evangelium sich danach schon hat gefallen lassen sollen. Das arische Christentum im Gegensatz zum orientalischen Christentum hat für uns einen sehr üblen Nachgeschmack. In unserer Frage aber ist der Versuch, Christum und seine Apostel modernisieren zu wollen, besonders gewaltsam; denn wir haben mit aller Deutlichkeit gesehen, daß die biblischen Autoren selber durchaus nicht der Meinung waren, in ihren Aussprüchen über die Stellung des Weibes nur etwas im Rahmen ihrer Zeit Richtiges und Wichtiges zu sagen. In der Für alle Zeiten maßgebenden Schöpfungsgeschichte haben sie ihre Behauptungen und Ermahnungen verankert, und der Meister der Weltgeschichte, von dem wir glauben, daß er bis ans Ende der Welt bei uns ist, den wir das A und das O nennen, den Anfang und das Ende, er hat seinen alle Zeiten umspannenden Missionsbefehl Männern gegeben und nicht Frauen. Zu Männern hat er gesagt: „Gehet hin in alle Welt und machet zu Jüngern alle Völker, und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe; denn siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“. Ja, wer hat denn recht, Christus und seine Apostel oder die modernen Verfechter und Verfechterinnen eines kirchlichen Stimmrechts der Frau? Stimmt die Geschichte oder gar die Naturgeschichte den Rechtsbestrebungen der modernen Frau wirklich zu?

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hat die Geschichte die „orientalische« Anschauung der Bibel hinsichtlich des Weibes zu korrigieren vermocht? Wir evangelischen Christen kennen keinen Dualismus zwischen dem Gott des Heils und dem Gott der Geschichte und der Natur, sondern sind im Gegenteil aufs tiefste davon durchdrungen, daß Welt- und Naturgeschichte eine herrliche Rechtfertigung der Heilsgeschichte und ihrer ewig gültigen Urkunde bedeuten. Darum lassen wir uns zunächst mit aller Bereitwilligkeit von den modernen Kritikern der biblischen Anschauung über die Frau vor das Forum der Geschichte stellen unter der Parole: Durch zweier Zeugen Mund wird die Wahrheit kund. Und wiederum vernehmen wir ein ganz energisches Verwerfungsurteil.

 

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Die Frauenrechtsbewegung ist
geschichtswidrig!

Alle Schwärmerei ist ungeschichtlich und muß es sein, denn der Spiegel der Geschichte ist viel zu klar und zu nüchtern, als daß ein trunkenes Angesicht in diesem Spiegel nicht sofort als solches offenbar und zuschanden werden müßte. Auch die moderne Frauenrechtsbewegung trägt an sich den Stempel der Ungeschichtlichkeit. Man will dort zwar sehr schnell Geschichte machen, aber dabei möglichst wenig von der Geschichte lernen. Die ganze sogenannte Frauenbewegung ist erst etliche Jahrzehnte alt, und die Stimmrechtsbewegung, zumal in Deutschland, ist erst von gestern. Und doch schelten die Führer und Führerinnen in der jugendlichen Bewegung bei uns schon mächtig aus die Rückständigkeit der Deutschen und buchen auf der anderen Seite die geringfügigen Erfolge, als hätte sie nun auch bei uns schon geschlagen die große Stunde der neuen weltgeschichtlichen Wende. In anderen Ländern sei die Wendung längst vollzogen und habe sich bereits aufs beste bewährt. Müssen wir als geschichtlich geschulte Menschen nicht zunächst hinter der letzten Behauptung ein großes Fragezeichen machen? Kann sich eine Neuordnung der gesamten Menschheitsorganisation in einem so wesentlichen Stücke in ein paar Jahren bereits bewähren? Was in Jahrtausenden im Menschheitsboden gewurzelt hat, wird nicht in einigen Jahrzehnten entwurzelt und in einen ganz neuen Boden verpflanzt. Man denke doch nur an die vier Friedensjahrzehnte, die hinter uns liegen. Ein einziger Weltkrieg wie der, in dem wir stehen, könnte das alles, was an scheinbar neuen Ansätzen in den vierundvierzig Jahren entstanden war, wieder völlig vernichten. Eine einzige geschichtliche Katastrophe könnte genügen, die Frauenrechtsbewegung aus der Menschheit bis auf die letzte Spur auszufegen. Es hat darum für Leute, die Geschichte studiert haben, doch einen Anflug von Tragikomik, wenn z. B. die kürzlich verstorbene Präsidentin der Vereinigten Finnländischen Frauen in Helsingsors, die Baronin Griepenberg, eine mehrbändige „Geschichte der Frauenbewegung“

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schreiben konnte. Rein, die Tage der Geschichtsschreibung sind für die Frauenbewegung wirklich noch nicht gekommen, und die es damit so eilig haben, beweisen im tiefsten Grunde nur ihre heimliche Angst vor dem Spruch der Geschichte. Sichtet man aber die Quellen, aus denen die moderne Frauenbewegung ihre Geschichte zu schreiben und sich selber damit in der Geschichte im voraus zu verewigen sucht, so wird man dabei nur immer kritischer gestimmt. Die Verbandsorgane der Ortsgruppen für Frauenstimmrecht sind freilich emporgeschossen wie Pilze nach dem Regen, und in denselben spielen statistische Erhebungen meist eine große Rolle. Das sieht bei oberflächlichem Durchblättern sehr wissenschaftlich und gewissenhaft aus, und doch ist gerade in dieser scheinbar so soliden und nüchternen statistischen Arbeit der weltlichen und geistlichen Frauenrechtlerinnen unsagbar viel Stimmungsmache und Reklame auf dem Plan. Man merkt immer wieder die Absicht und wird verstimmt. Es soll durchaus zahlenmäßig bewiesen werden, daß es die höchste Zeit sei, der Frau die Rechte einzuräumen, die ihr nach ihren pflichtmäßigen Leistungen einfach um der Gerechtigkeit und Billigkeit willen zukämen. Aber ist es nicht eigentlich seltsam, wenn in solcher Absicht alles und jedes aufgezählt wird, was die Frau im privaten und öffentlichen Leben leistet oder auch erst im Begriff ist zu leisten. In den Frauenzeitschriften oder auch in den von der Frauenbewegung mit Beschlag belegten Spalten anderer Zeitungen findet man heute immer und immer wieder die Rubrizierung: „Die Frau und …“ oder „Die Frau in…“, z. B.: „Die Frau und das Kunstgewerbe“, „Die Frau und das gelehrte Studium“, „Die Frau in der Musik“. Wäre es nicht urkomisch, wenn wir Männer nach dem gleichen Rezept verfahren wollten? Es muß doch den modernen Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts in der Öffentlichkeit selber noch immer als etwas Auffallendes erscheinen, daß die Frau soviel leisten kann. Uns fällt das in keiner Weise auf; denn als die Frauenbewegung noch nicht in den Windeln lag, haben unsere lieben klugen, fleißigen und oft so vielseitig begabten Frauen auch bereits ganz Erstaunliches geleistet. Sie haben nur nicht selber öffentlich damit geprahlt. Sie haben nicht die gellende Glocke sozialistischer Organisation über ihrem Tun geläutet, sondern still ihre Pflicht getan unter der alten biblischen Frauenlosung: „Der verborgene Mensch des Herzens unverrückt mit sanftem und stillem Geist, das ist köstlich vor Gott“. Sie haben ihre Taten nicht kapitalisiert, um damit eine Machtstellung gegenüber dem Manne zu gewinnen, bis die

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Stunde gekommen sein möchte, diese ihre Macht im Recht zu fixieren.

Man verstehe mich nicht falsch. Nichts liegt mir ferner, als die erstaunliche Leistungsfähigkeit der Frau irgendwie herabsetzen zu wollen; und ich betone noch einmal, wie ich es zu Anfang dieser Schrift bereits getan habe, daß die Unnatur unserer sozialen Verhältnisse in ganz hervorragendem Maße für die immer wachsende Steigerung beruflicher Frauenarbeit verantwortlich gemacht werden muß. Es wäre ja selbstverständlich nicht nur ein frivoler Egoismus, sondern geradezu ein Irrsinn, wollten wir Männer den Frauen die berufliche Arbeit verbieten, ohne ihnen doch unsererseits eine menschenwürdige, ja, dem Manne in sozialer Beziehung ebenbürtige Existenz zu bieten. Es verdient vielmehr unser uneingeschränktes Lob, wenn wir sehen, wie die Frau sich während der letzten Jahrzehnte in ihrer Not selber geholfen hat. Diese Not hat auch ganz ohne Zweifel Gaben und Kräfte im Weibe geweckt, die bis dahin träge und träumend in manchem Frauenleben schliefen und den nicht zu widerlegenden Beweis erbracht, daß das Weib auch für manchen Zweig beruflicher Tätigkeit eine besondere, früher nicht erkannte Gabe hat, ja, eine höhere Fähigkeit als der Mann. Die Mitarbeit der Frau in der kommunalen Wohlfahrtspflege ist auch in Deutschland seit dem Jahre 1895 ein immer bemerkenswerterer und gesegneterer Faktor geworden. Man braucht nur Jenny Apolants Schrift: „Stellung und Mitarbeit der Frau in der Gemeinde“ zur Hand zu nehmen und die in dieser wertvollen statistischen Arbeit zusammengestellten Tabellen durchzusehen, um in ehrliches Staunen zu geraten über alles das, was das weibliche Geschlecht auch in öffentlichen Amtsstellungen seit Jahrzehnten geleistet hat. Armenpflege, Waisenpflege, Vormundschaft, Schulverwaltung, Schulpflege, Wohnungsinspektion und Wohnungspflege, Polizei-Assistenz und Wohlfahrtspflege mannigfacher Art, dieses alles ist in erfolgreicher Weise auch von deutschen Frauen mit bearbeitet worden. Wir kommen im letzten Teil dieser Schrift auf die Berufsarbeit der Frau noch einmal zurück, um dann insonderheit auch der Mitarbeit des Weibes im kirchlichen Leben das Wort zu reden. Kirchliche Gemeindearbeit ohne Frauendienst ist heute überhaupt nicht mehr denkbar. Aber darum handelt es sich jetzt im Grunde gar nicht. Wir reden von der Frauenrechtsbewegung, insonderheit vom kirchlichen Stimmrecht. Nun war aber der Frauendienst, vor allem der kirchliche, ja kirchenamtliche, schon

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lange im Boden unseres Volkes und der anderen Nationen ein gewurzelt und mit Früchten reich gesegnet, als noch kein Mensch . von einer Frauenbewegung redete und auch das ehrgeizigste Weib noch nicht von Frauenstimmrecht im Vollsinn des Wortes träumte.

Das ist jetzt die Frage, ob das Regiment der Frau sich bereits vor dem Forum der Geschichte, insonderheit der Kirchengeschichte, bewährt hat. Was das politische Wahlrecht anbelangt, so können die Frauenrechtlerinnen in unserem deutschen Vaterlande damit noch nicht viel Staat machen, nicht einmal hinsichtlich des Gemeindewahlrechts. Von dem passiven Wahlrecht, also von dem Rechte, in die Gemeindevertretung gewählt zu werden, ist die Frau bisher in ganz Deutschland ausgeschlossen. Aktives Wahlrecht aber, das Recht, die Gemeindevertretung zu wählen, haben die deutschen Frauen nur in einzelnen Bundesstaaten, und zwar können sie es dort meistens auch nur in beschränkter Weise ausüben, wesentlich durch männliche Stellvertreter. In einzelnen Stadtgemeinden ist das weibliche Wahlrecht sogar wieder verloren gegangen.

Noch viel ungünstiger stellt sich für die Frauenrechtlerinnen die kirchliche Wahlrechtstabelle in Deutschland. In den deutschen evangelischen Landeskirchen gewähren nur Elsaß Lothringen und Bremen den Frauen das Wahlrecht. Außerdem haben noch die reformierten Kirchlein in den drei Hansestädten den Frauen eine Mitbeteiligung an den Wahlen eingeräumt. Ferner steht den Frauen unter bestimmten Voraussetzungen in 13 deutschen Landeskirchen ein Einspruchsrecht bei Pfarrwahlen bezw. bei Kirchenvorsteherwahlen zu; aber solch ein Einspruchsrecht ist ja etwas ganz anderes als Stimmrecht; es hat im Gegenteil nur beim Nichtvorhandensein des Stimmrechts einen Sinn.

Die mir zur Verfügung stehende kirchliche Stimmrechtstabelle für das weibliche Deutschland stammt aus dem Jahre 1912, und ich bin nicht darüber orientiert, ob sich seitdem die Verhältnisse bei uns wesentlich geändert haben. Zugunsten des weiblichen Stimmrechts ist das keinesfalls geschehen, und es bleibt somit dabei, daß von irgend einer Bewährung des kirchlichen Stimmrechts der Frau in unserem Vaterland schlechterdings noch nicht die Rede sein kann. Dem schämigen offiziellen deutschen Ja auf das Liebeswerben seiner Frauenrechtlerinnen steht ein so vollstimmiges und energisches Nein gegenüber, daß eine große Selbstüberwindung dazu gehören muß, mit dem Ja hausieren zu gehen. Die privaten Äußerungen aber zugunsten

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eines kirchlichen Frauenstimmrechts können vor dem Forum der Geschichte selbstverständlich nicht in Frage kommen. Aber Deutschland wird ja nun von den Frauenrechtlerinnen als ein sehr rückständiges Land verschrien. Ganz anders stehe es um das kirchliche Recht der Frau in Amerika, Australien, England, Schottland, Irland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland und in der Schweiz. Selbst in Frankreich, Italien und Ungarn wäre in den evangelischen Gemeinschaften dem Stimmrecht der Frau die Tür geöffnet. Mit Genugtuung konstatiert eine bekannte Frauenrechtlerin, daß in Norwegen durch eine königliche Verordnung die Sitte abgeschafft sei, bei Trauungen „jenes Ritual aus Luthers Traubüchlein mit dem Gehorsamsgebot für die Frauen und dem Fluch des Sündenfalls zu verwenden“. Auch das erregt ihre besondere Freude, daß schon im Jahre 1904 in Leicester eine weibliche Predigerin, und zwar eine geborene Deutsche, angestellt worden sei, und daß im Sommer 1910 in Ungarn zum erstenmal „eine Geistliche“ in einer deutschen Kirche in deutscher Sprache gepredigt und eine Trauung vollzogen habe.

Uns imponiert das ja nun gar nicht. Noch weniger beneiden wir die Heilsarmee um ihre schon nach Tausenden zählenden Predigerinnen und die Amerikaner um ihre evangelisierenden Frauen. Soweit dabei Sekten und nebenkirchliche Denominationen in Frage kommen, stehen wir ja ohne weiteres schon auf dem Boden des Abnormen, Gemachten, Forcierten. Aber wir Deutschen sind besonders durch diesen Krieg auf eine Warte gestellt worden, die uns unsere „Rückständigkeit“ als etwas geschichtlich von Gott Gewolltes offenbart, auf das wir stolz sein dürfen, und das – wenn Gott Gnade gibt – den anderen Nationen zur Gesundung dienen könnte. Denn es ist dort ohne Zweifel vieles ungesund geworden, und wir sind froh, daß die dem Deutschen so gefährliche Nachahmungssucht jetzt eine geschichtliche Ernüchterung erfährt, die hoffentlich recht lange vorhalten wird, ganz besonders auch in religiöser und kirchlicher Beziehung. Oder sollte das Suffragettentum Großbritanniens jetzt auch nur einem Deutschen noch imponieren können?

Aber auch das feministisch geprägte englische Christentum und seine marktschreierische Bekehrungspraxis ist uns jetzt mehr denn je unsympathisch. Die Verhältnisse in Amerika, dem Lande der unbegrenzten Möglichkeiten, können uns auch ganz unmöglich schon zu einer geschichtlichen Bewährung des kirchlichen Frauenstimmrechts dienen. Amerika ist ja, als Ganzes

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genommen, eigentlich noch immer eine ungeschichtliche Größe. Die kleinen evangelischen Kirchensplitter in Frankreich und Italien werden den Gang der Kirchengeschichte auch nicht bestimmen, und die Schweiz ist in kirchlicher Beziehung von jeher eigene Wege gegangen.

Sehr interessant und für uns Deutsche erfrischend ist ein Vorgang in Australien aus dem Jahre 1895. Da richteten fünf deutsche Pastoren an ihre Gemeinden folgendes Rundschreiben: „Das Frauenstimmrecht ist uns aufgezwungen worden; wir Deutschen haben nicht danach gestrebt. Da das Gesetz aber einmal besteht, so würden wir töricht handeln, wenn wir es uns nicht zunutze machten. Wir fordern deshalb alle deutschen Frauen dringend auf, ihre Namen eintragen zu lassen und bei der nächsten Wahl zu stimmen. Am Ende wird es möglich sein, mit Hilfe der deutschen Frauen das unnütze Gesetz wieder aufzuheben“. Dieser köstliche Schluß hat den deutschen Frauen in jener australischen Gemeinde das ganze Herz abgewonnen. Ich bin überzeugt, daß die erdrückende Mehrzahl der deutschen Frauen noch heute ähnlich denkt und empfindet, und daß schon darum die deutsche Welt- und Kirchengeschichte noch nicht so bald in die undeutsche Spur der Frauenrechtsbewegung hineingezogen werden wird. Was die unserem Geistesleben so verwandten skandinavischen Länder anlangt, so ist dort das kirchliche Stimmrecht der Frauen noch viel zu jung, als daß man dort von einer geschichtlichen Bewährung desselben reden dürfte, abgesehen davon, daß das Wahlrecht in Schweden doch nur ein beschränktes ist, und dort keine Frau zum geistlichen Beruf zugelassen wird. Im übrigen hat man sowohl dort wie auch in der Schweiz den Eindruck, daß selbst in den Eldorados der Frauenrechtlerinnen eine wirkliche Einwurzelung des weiblichen Stimmrechts noch nicht stattgefunden hat. In der Schweiz haben die Frauenrechtlerinnen seit Jahren sehr energisch gearbeitet und sind dabei von Männern wie Professor Hilty und Regierungsrat Locher aufs lebhafteste unterstützt worden. Trotzdem ist die Stimmrechtsbewegung dort erst vor fünf Jahren in manchen Kantonen zu wirklichen Erfolgen gelangt. Auch in der Schweiz haben die Frauen, wenigstens die noch nicht allzusehr von der Frauenbewegung kultivierten, sich an die Ausübung ihres neuen Rechts doch erst mit einiger Selbstüberwindung gewöhnen müssen. In einer Gemeinde des Waadtlandes ist die erste Bürgerin, die an der Wahlurne erschien, nur zögernd herangekommen. Eine andere soll so bewegt gewesen sein, daß sie ihre Wählerkarte zugleich mit dem Wahlzettel

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in die Urne fallen ließ. Eine dritte war so verlegen, daß sie abwechselnd rot und bleich wurde. Eine normal organisierte Frau muß sich eben doch erst etwas abgewöhnen, bevor sie des „Mannes Geräte“ tragen mag. Der Einzelbericht, dem ich das Obige über die Einführung des kirchlichen Stimmrechts in der Schweiz entnehme, schließt mit den Worten: „Aber sie kamen, das war die Hauptsache; ein großer Schritt ist damit getan“. Mir scheint in diesem Falle das Kommen durchaus nicht die Hauptsache gewesen zu sein. Daß man solchen, die biblische Schöpfungsgeschichte vergewaltigenden Schritt offenbar doch nicht mit ganz gutem Gewissen getan hat, das ist mir die Hauptsache. „Aber die Männer ?“ so fragt der angeführte Bericht alsdann. „Wie stand es bei den männlichen Wählern dieser Orte? Gewiß haben die sich, vielleicht aus Bequemlichkeit oder gar aus Ärger, der Stimme enthalten? – Keineswegs! Gerade das Gegenteil geschah. In Billarzel z. B. nahmen 66 von ihnen teil, gerade 60 Prozent der Männer jener Gemeinde. Selten sieht man, sogar bei politischen Wahlen, solche Beteiligung; niemals hatte man sie früher bei kirchlichen zu beobachten Gelegenheit gehabt.“ Soweit der Bericht. Es ist seltsam, wie verschieden ein und dieselbe Sache beurteilt werden kann, je nach dem Standpunkt des Beobachters. Es gibt manchen, dem will es wie eine kräftige Zerstreuung aller an die Einführung des kirchlichen Stimmrechts der Frau geknüpften Befürchtungen erscheinen, daß jene Schweizer Frauen durch ihre Beteiligung an der kirchlichen Wahl die Männer nicht abgeschreckt, sondern im Gegenteil mobil gemacht haben. Spürt man da nicht sofort ein Auffluten des kirchlichen Lebens? Wir beurteilen jene Erscheinung ganz anders, nämlich als eine gesunde natürliche Reaktion gegen eine Abnormität. Die Frauen, die dort im Waadtland zur Wahlurne zogen, haben das Gewissen der Männer aufgerüttelt und dieselben in beschämender Weise an ihre Pflicht und Schuldigkeit erinnert. Das Erröten der Frau bei Abgabe ihres Stimmzettels hat erst recht den säumigen Männern die Schamröte in die Wangen getrieben und sie den Frauen nachgezogen. Dabei braucht auch noch nicht ein Hauch geistlichen Lebens in den Herzen der Männer rege geworden zu sein. Zur Erklärung jenes Vorgangs genügt durchaus die Annahme einer rein natürlich-menschlichen Regung im Mannesherzen, ja – wie gesagt – einer einfachen männlichen Reaktion gegen ein Stück kirchlich verbrämte Frauenemanzipation. Der Mann kann den Anblick eines Männergerät tragenden Weibes eben doch nicht ruhig aushalten; er

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fühlt sich dabei entrechtet und entehrt. Ich kann mir’s schon denken, daß das Suffragettenkorps, das sich der englischen Regierung für die Kriegsdienste in diesem Feldzuge freiwillig zur Verfügung gestellt hat, manchen trägen und feigen englischen Jüngling vom Sportplatz zur Fahne getrieben hat. Sollte dadurch jenes Amazonenkorps seine Existenzberechtigung erwiesen haben? Nein, nein, wir wollen noch etliche Jahrzehnte warten, um zu erfahren, wie die Einführung des kirchlichen Stimmrechts der Frau in den außerdeutschen Landen sich bewährt. Für uns aber kommt ja zunächst und vor allem Deutschland in Betracht; und hier ist das kirchliche Frauenstimmrecht wirklich noch nicht mehr als ein origineller moderner Zierat in ein paar Gemeindlein. Solange wir es nur mit einem liebenswürdigen Einschlag im Regiment etlicher Einzelgemeinden zu tun haben, könnte man die Sache schon gehen lassen. Aber das entspricht durchaus nicht den Absichten unserer Frauenrechtlerinnen und ist auch nur auf Grund praktischer Inkonsequenz so festzuhalten. Im kirchlichen Leben soll man zu allerletzt gewagte Experimente machen; da rächt sich ein Spielen mit dem Feuer oft nur zu bitter; da gilt’s: principiis obsta – den Anfängen widerstehe! Am allerwenigsten haben wir Deutschen Ursache, uns durch das Spielen mit dem Feuer kirchlicher Frauenemanzipation im Auslande verführen oder auch nur unsicher machen zu lassen; denn wir haben eine gar sichere und allen geistigen und geistlichen Moden spottende Lehrmeisterin – unsere große herrliche deutsche Geschichte. Wer überhaupt noch von der Geschichte lernen will und kann, dem muß es die deutsche Geschichte sagen, daß die Frauenrechtsbewegung in Staat und Kirche auf deutschem Boden niemals ein Heimatsrecht bekommen darf. Unsere deutsche Geschichte weiß nichts von einem Recht der Frau zum Regiment; sie ist vielmehr in allen ihren Epochen und im gewaltigen Aufstieg ihrer Jahrhunderte männlich regiert und verfaßt worden. Auch die Geschichte der anderen Völker rechtfertigt das Frauenregiment in keiner Weise. Zeiten weiblicher Regierung bilden auch dort die Ausnahme von der Regel, und diese Ausnahmen waren in den allerseltensten Fällen im tiefsten Sinne segensreich, sehr häufig hingegen markieren sie sittliche Verwilderung und religiösen Verfall. Wie sah es doch in Frankreich zur Zeit einer Katharina von Medici und ihrer Bluthochzeit aus, oder als man in Paris der „Göttin der Vernunft“ einen Thron errichtete?

Aber selbst die Geschichte der großen Herrscherinnen kann

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uns Deutsche nicht begeistern. Wir denken an die berühmten Kaiserinnen von Rußland, an Katharina I.; die Geliebte Peters des Großen, und ihre widerliche Wüstheit und an die andere Katharina, die „Große“, deren gesamtes Regiment von Wollust und Ruhmsucht befleckt worden ist, und deren tyrannischer Beherrscher Potemkin der großen Selbstherrscherin in den berüchtigten, nach ihm benannten Dörfern aus gemalten Kulissen ein die Reformen der großen Zarin verhöhnendes Denkmal errichtet hat. Gewiß, sie hat in ihren ersten 13 Regierungsjahren durch ihre liberalen Reformen dem verrotteten Rußland allerlei Gutes gebracht; aber später hat ihre eroberungssüchtige Politik ihr Reich innerlich um so mehr zerrüttet. Wir Deutschen aber schämen uns dessen, daß in den Adern dieser gekrönten Dirne deutsches Blut rollte. Wir beneiden die Franzosen und Russen wahrhaftig nicht um diese ihre Katharinen, die ihren herrlichen Frauennamen durch ihr schändliches Weiberregiment für alle Zeiten zum Spott gemacht haben. Wie danken wir hingegen Gott für die welt- und kirchengeschichtliche Katharina des deutschen Volkes, für unsere Katharina von Bora, deren gesegnete Größe in nichts anderem bestand als darin, daß sie unseres Reformators treues Eheweib war und als seines Hauses Frau das Kleinod unseres Volkes mitgeschaffen hat, ein rechtes christliches Familienleben, in welchem ganz altmodisch der Mann des Weibes Haupt ist und der „Herr Käthe“ derb und doch gar gutmütig und fein ritterlich verspottet wird.

Aber man erinnert uns an die englische Elisabeth und an deren große Verdienste um den Protestantismus. Ach, es ist und bleibt doch ein eigen Ding um den englischen Protestantismus. Wir spüren es gerade jetzt wieder, wie wenig das evangelische Christentum jenseits des Kanals im Volks gewissen verankert ist, ja, in wie unheimlichem Maße sich der Nützlichkeitsgedanke auch auf kirchlichem Gebiet durchgesetzt hat, und diese Note ist für die gesamte Geschichte des englischen Protestantismus charakteristisch; es klingt da immer wieder im Hintergrunde ein politisch Lied. In den kirchlichen Reformbestrebungen der großen Elisabeth waren die politischen Gedanken dazu noch arg durchtränkt mit Strebungen persönlicher Herrschsucht. Wäre die gefährliche Rivalin der Elisabeth, die berühmte Maria Stuart, nicht so fanatisch katholisch gewesen, dann hätte der Protestantismus an Elisabeth ganz gewiß nicht solchen Halt gefunden. Es handelte sich damals doch in sehr

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hohem Maße um den persönlichen Kampf zweier Frauen. Jedenfalls werden wir Deutschen durch das Regiment jener englischen Königin in der Kirchengeschichte uns sicherlich nicht für eine Förderung der Frauenrechtsbewegung innerhalb der Kirche begeistern lassen können.

Eine wirklich große Herrscherin ist ja ohne Zweifel Maria Theresia gewesen, die Begründerin des österreichischen Gesamtstaates, die ebenbürtige Gegnerin Friedrichs des Großen. In ihrem Regiment war wirklich auch etwas von sittlicher Größe und von gewissensmäßiger Auffassung ihres hohen Amtes. Merkwürdigerweise hat aber auch diese hohe Regentin schließlich doch, des Regierens müde, ihren Sohn zum Mitregenten angenommen und ihm die ultima ratio regis, das Kriegswesen, überlassen. Aus keinen Fall kann aber eine solche rühmliche Ausnahme in der Geschichte des weiblichen Herrschens im Menschengeschlecht uns mehr sein als eine Bestätigung der Regel. Es bedarf für den Kundigen keines eingehenden Beweises mehr, daß die Weltgeschichte durch Weiberregiment nicht gefördert, sondern gehindert und verdorben worden ist; ja, daß eine nach Jahrtausenden zählende Geschichte auch ein geradezu niederschlagendes Weltgericht über alle Frauenemanzipationsbestrebungen im großen Stile bedeutet.

Wie dankbar müssen wir sein, daß unsere deutsche Geschichte vor der Geißel des Weiberregiments im großen und ganzen so gnädig bewahrt geblieben ist. Hinter den Kulissen hat es ja selbstverständlich auch bei uns allerlei böse Nebenregierungen gegeben, aber die geschichtliche Pantoffelwirtschaft regierender Frauen ist dem Germanentum fremd geblieben und wird ihm mit Gottes Hilfe fremd bleiben bis ans Ende der Tage. Und dabei gibt es kein Volk auf Erden, das den Deutschen an innerer Hochschätzung des Weibes gleich käme. Schon die alten heidnischen Germanen sahen in der Frau ein überirdisches Geheimnis, ein hohes Heiligtum, und diese Stellung zum weiblichen Geschlecht ist erst recht im christlichen und ganz besonders im evangelischen Deutschtum seit Luthers Tagen geheiligt und zu höchster Schönheit verklärt worden. Und gerade in der Geschichte dieses Volkes fehlt das Frauenregiment. Ist das nicht sehr merkwürdig? Ist’s nicht eine geschichtliche Versiegelung des Urteils, das die modernen Frauenrechtlerinnen so gerne verspotten und als unlauter verdächtigen, des Urteils: die Frau ist uns nach ihrem von Gott ihr gegebenen Mutterberuf zu heilig, als daß wir sie uns aus den Wegen des Weltregiments prosanieren lassen könnten. Nein,

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das ist nicht ein sentimentales Gefühlsurteil, sondern eine von der Geschichte tausendfach geheiligte deutsche Überzeugung. Und doch kennen gerade die Deutschen den geschichtlichen Beruf der Frau, und wir deutschen Männer werden es nie vergessen, was wir den weltgeschichtlichen Frauen zu danken haben, auch unseren gekrönten Frauen. Welche von diesen stehen uns denn aber am allerhöchsten, daß wir ihr Bild im Herzen tragen und ihr gesegnetes Gedächtnis von Kind zu Kindeskind in heißer Dankbarkeit vererben? Das sind die Fürstinnen, die keinen höheren Ruhm für sich begehrten, als treue Gattinnen und Mütter in ihren Fürstenhäusern zu sein und mütterliche Dienerinnen ihres Volkes in der Krone. Man braucht ja nur den Namen der Königin Luise zu nennen, um geschichtliche Erinnerungen allerersten Ranges zu wecken und zugleich jedes rechten deutschen Mannes Herz erglühen zu machen. Nicht wahr, das Bild dieser Königin paßt aber schlechterdings nicht hinein in einen Almanach der Frauenrechtsbewegung. Aber wie manche vielgesegnete deutsche Fürstin könnten wir neben das herrliche Bild jener Königin unter den Königinnen stellen; Gott sei Lob und Dank, auch unsere gegenwärtige Kaiserin. Was uns diese Landesmutter schon in gesegneten Friedensjahrzehnten tief ins Herz hineingeschrieben hat, das leuchtet nun in der gewaltigen Frakturschrift des Weltkrieges vor aller Augen: die deutsche Frau, gleichviel ob sie in der Tagelöhnerhütte oder im Kaiserschloß ihres Amtes waltet, sie hat keinen höheren und heiligeren Beruf als mütterlichen Dienst. Eine köstliche Gabe hat unsere Kaiserin in Gemeinschaft mit der Kronprinzessin zur Erinnerung an diese Zeit der deutschen Frauenwelt dargebracht: ein Bild, auf dem sie beide in echt weiblicher und anmutiger Hoheit nebeneinander stehen, und darunter lesen wir die Worte: „In den Kampf der Männer um die Heimaterde sollen die Frauen das Edelste hineinbringen : Glauben, Barmherzigkeit, Reinheit.

So lautet das durch Deutschlands Geschichte und ganz besonders auch durch die Hausgeschichte der Hohenzollern geweihte Programm einer deutsch-christlichen Frauenbewegung, und zur Verwirklichung dieses Programms bedurfte und bedarf es keines weiblichen Stimmrechts, weder im Staat noch in der Kirche; ja, jeder, der von der Geschichte geklärte Augen hat, weiß, daß jene von unserer Landesmutter wieder auf den Leuchter gestellte heilige Aufgabe der Frauen durch nichts so leicht verschoben und entwertet, verschroben und verschandelt

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werden kann als durch das ehrgeizige Streben des Weibes nach einem bisher vom Manne verwalteten Regiment. Wir können Gott wirklich nicht genug dafür danken, daß unter seiner Leitung die Geschichte unseres Volkes bisher in so einzigartiger Weise dem Manne gab, was des Mannes ist, und dem Weihe, was des Weibes ist. Ein geistreicher deutscher Geschichtsschreiber in der Uniform eines Obersten hat ganz gewiß den Nagel aus den Kopf getroffen, wenn er im Kapitel „Rom und die Deutschen“ das deutsche Volkstum also charakterisiert: „Gottvertrauen und kinderreiche Ehen, das waren die unendlichen Vorzüge, welche die Deutschen damals besaßen, und welche sie, mit Stolz und Freude kann man es sagen, bis heute bewahrt haben. Noch heute gibt es kein Volk, welches darin uns übertrifft, und viel Zukunft liegt für uns in diesem Wort. Gewiß steht gerade darum die äußere Anmut unseres Lebens hinter derjenigen anderer Völker zurück; denn allerdings das Weib ist bei uns in ganz anderer Weise als irgend sonstwo auf seine Pflichten als Hausfrau, Gattin, Mutter, also auf eine abhängige, unselbständige Rolle beschränkt . . .; aber alle Gesundheit unserer Zustände beruht darauf, und verloren werden wir sein, wenn wir, verführt durch den äußeren Glanz der Frauenstellung in romanischen, anglo-germanischen, slawischen Ländern, glauben, die Feinheiten dieser Zivilisation uns erwerben zu müssen.“ ( Weltgeschichte in Umrissen, Federzeichnungen eines Deutschen von Oberst Graf Yorck von Wartenburg. 16. Aufl., S. 208.)

Wie hat doch dieser Krieg jenes Kriegsmannes Gedanken unterstrichen! Wer will’s abwägen, was uns in diesem beispiellosen Völkerringen das natürliche weltgeschichtliche Übergewicht verleiht, die Mannhaftigkeit unserer Männer oder die Weiblichkeit unserer Frauen. Unsere Männer draußen auf dem blutigen Plan, auf dem so wie noch nie zuvor das Recht mit Macht durchgesetzt wird gegen eine Welt von Feinden, die sittliche Weltordnung durch eine Kunst der Organisation, um die uns alle Völker der Erde beneiden, unter Führung von Großmeistern im Regiment, wie sie keine andere Nation zur Verfügung hat. Ist’s denn durch diesen Krieg nicht glänzend erwiesen worden, daß die Handhabung von Macht und Recht wie auf den Schlachtfeldern so im Parlament und in allen Verwaltungen hinter der Front bei den Männern unseres Volkes in den besten Händen ist? Meinen unsere Frauenrechtlerinnen die Sache wirklich besser machen zu müssen und zu können?

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Und unsere Frauen? Sie alle, in wundervoller Hingebung, Zähigkeit und Geschicklichkeit zusammengeschart unter dem Banner dienender Barmherzigkeit, mütterlichen Waltens im Dienste des Roten Kreuzes und der Kriegshilfe; allüberall fest eingegliedert in die männlichen Organisationen. Haben sie da nicht alles, was zur Entfaltung ihrer Gaben und zu gesegneter Betätigung ihres natürlichen Frauenberufs in großer Zeit notwendig ist? Befriedigt sie dieser Frauendienst nicht bis in die innersten Tiefen ihres Wesens hinab? Eine Frau, die bei solcher Arbeit noch etwas vermißt, muß sich selber in unwahrer Weise forcieren.

Gerade das letzte Blatt der Weltgeschichte, das in Flammenglut vor uns aufgeschlagen ist, es wird, es muß das Frauenrechtlertum vor unseren Augen verzehren, oder wir müßten unserer Geschichte auf einem Höhepunkte derselben untreu werden. Es ist ganz gewiß eine Ironie der Geschichte, daß eine Vorkämpferin des deutschen Frauenstimmrechts, Frl. Dr. Anita Augspurg, es in diesen Tagen wagen konnte, in den Niederlanden mit gleichgesinnten Geschlechtsgenossinnen anderer Nationen zu tagen und festzustellen, daß mit der allgemeinen Durchführung des Frauenstimmrechts der Krieg endgültig abgeschafft werden würde. Damit hat diese deutsche Dame ihrer Sache ganz gewiß keinen guten Dienst getan, dieselbe vielmehr in hohem Maße der Lächerlichkeit preisgegeben. Sie hat damit zugleich einen wahrhaft tragikomischen Beweis für die Widergeschichtlichkeit der modernen Frauenrechtsbewegung erbracht. Ja, die deutsche Geschichte von ihrer ersten bis zur letzten Seite bricht über dieser Bewegung erbarmungslos den Stab.

Noch energischer aber tut das die K i r c h e n geschichte, und diese kommt ja für uns in erster Linie in Betracht. Abgesehen von den letzten Jahrzehnten, die auf allen Gebieten geistigen Lebens eine revolutionäre Übergangszeit darstellen, hat das Kirchenregiment aller Zeiten, aller Völker und aller Konfessionen, ganz fest in den Händen des Mannes gelegen. Diese von dem Herrn und seinen Aposteln stammende Verfassung ist von einer nach Jahrhunderten zählenden Geschichte nicht gebrochen worden, obwohl es an kräftigen Versuchungen dazu keineswegs gefehlt hat. Ganz besonders lehrreich in dieser Beziehung ist die Geschichte der katholischen Kirche. Hätte der Marienkultus derselben nicht eigentlich das Regiment der Frau in der Kirche bald und fest etablieren müssen? Stellte sich die Gebenedeiete unter den Weibern nicht sogar vor

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den Herrn aller Herren, um ihm sein Mittleramt zwischen Gott und uns streitig zu machen? Trat nicht das „Ave Maria“ in scharfe Konkurrenz mit dem „Pater noster“? Was lag da doch scheinbar näher, als daß die Himmelskönigin ihren Geschlechtsgenossinnen in der Kirche einen Thron errichtete. Und doch ist merkwürdigerweise noch niemand aus den Gedanken gekommen, die Jungfrau Maria zur Schutzpatronin kirchlichen Frauenrechtlertums zu erheben, und in keiner Konfession ist das Kirchenregiment so männlich organisiert wie in der vom Marienkultus beherrschten katholischen Kirche. Die Marienkirche ist Papstkirche, Priesterkirche, ihr Amt wird verwaltet von einem ehelosen Klerus. Radikaler kann die Ausschaltung weiblichen Regiments in der Kirche gar nicht vollzogen werden.

Daß es sich hier um ein ungesundes Extrem handelt, steht uns Evangelischen außer Frage. Die Ehelosigkeit des römischen Priesterstandes bedeutet eine Verachtung des Urgesetzes: „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei“, und diese Verachtung, die sich in ihrer Widernatürlichkeit im katholischen Ehesakramente selber verurteilt hat, sie rächt sich fort und fort aufs bitterste; auch dadurch, daß sie trotz ihrer extremen Stellung durch Auseinanderreißung des einen Organismus „Mann und Weib“ den Kampf der Geschlechter widereinander, ja, die Frauenemanzipation dauernd provoziert und befruchtet. Im Nonnentum hat die katholische Kirche sich zwar in ihrer Gefahr zu schützen gesucht; aber es ist und bleibt doch nur eine verzweifelte Notwehr, wenn man eine Schöpfungswidrigkeit durch eine andere zu korrigieren versucht.

Doch nicht dieses liegt augenblicklich im Brennpunkte unseres Interesses, sondern vielmehr das merkwürdige Rätsel, daß in der katholischen Kirche Marienkultus und Papsttum nebeneinander bestehen, daß keine kirchliche Organisation auf Erden die Frauenrechtsbewegung in ihren Mauern so rücksichtslos ausschließt als die gewaltige Gemeinschaft, in welcher Millionen Männer täglich auf den Knien flehen: „Maria, bitt für uns!“ Des Rätsels Lösung ist nicht so schwierig, wie es dem oberflächlichen Urteil erscheinen mag. Der Marienkultus bedeutet keineswegs eine Unterwerfung des Mannes unter das Regiment des Weibes, sondern er ist einerseits zu allen Zeiten durchzogen gewesen von einer mitunter stark romantisch gefärbten geistlichen Minne, in welcher besonders der zur Ehelosigkeit verurteilte Klerus einen seelischen Ersatz gesucht und gefunden hat, und in der kirchlichen Kunst ist dieses Moment oft in ergreifender Schönheit zutage getreten. Auf der

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anderen Seite beweist das Anrufen der Mutter Gottes mit aller Deutlichkeit, daß die natürliche Seele des Marienkultus die Verehrung der Mütterlichkeit ist, also, das gerade Gegenteil von Begeisterung für Frauen recht. Die dritte psychologische Erklärung des auf den ersten Blick so rätselhaften Marienkultus in der Papstkirche ist die Ahnung eines göttlich Geheimnisvollen, die jedes rechten Mannes Herz im Verkehr mit einem rechten Weibe ergreift, so wie sie ja auch das Herz unserer germanischen Urväter aufs tiefste bewegt hat. Weil Gott im Weibe immer wieder sein schöpferisches „es werde“ erneut und verwirklicht, weil er das Weib immer wieder zur Mutter werden läßt, zur „Eva“, zur „Mutter der Lebendigen“, darum ist sie für jedes noch nicht überkultivierte männliche Empfinden ein Heiligtum, darum findet sich gerade bei starken Naturvölkern noch heute der Stand der Priesterinnen, die das nicht nach menschlicher Rechtssatzung sind, sondern nach göttlichem Recht. Darum sind aber auch die Prophetinnen im Alten Bunde und in der Urchristenheit keineswegs als eine geschichtliche Basis kirchlichen Frauenrechtlertums in Anspruch zu nehmen. Prophetinnen lassen sich auf dem Wege kirchlichen Stimmrechts weder schaffen noch beseitigen. Mystik und menschliches Recht waren noch niemals miteinander im Bunde, sondern gingen immer ihre eigenen Bahnen. So gewiß nun aber auch die Frauenrechtsbewegung in der Kirche jeder Mystik bar ist, so wenig darf sie sich auf das weibliche Prophentum oder gar auf den Marienkultus zu ihrer Rechtfertigung berufen. Als Gottgebärerin, als Mutter der Mütter und als Prophetin der Prophetinnen wird Maria in der römischen und in der griechischen Kirche verehrt. Was hat die Gebenedeiete unter den Weibern mit dem kirchlichen Stimmrecht zu tun?

Wenn nun aber evangelische Frauenrechtlerinnen die Ablehnung ihrer Bestrebungen in der katholischen Kirche mit der Bemerkung abtun, solch ein Widerstand sei in der Priesterkirche nicht verwunderlich, so ist das eine unlogische Abbiegung des Gedankenweges; denn es handelt sich ja jetzt nicht um die Kluft zwischen Klerus und Laien, sondern um den Unterschied der Geschlechter, der an sich mit dem Anspruch der Hierarchie gegenüber der Laienwelt nichts zu tun hat. Es könnte ja auch eine weibliche Hierarchie geben, gerade so gut wie eine männliche. In dem Ausschluß des Weibes von der Handhabung des kirchlichen Regiments liegt an sich noch nichts Katholisches.

Daß die evangelische Christenheit sonderlich unter Luthers Führung, im Laufe ihrer Geschichte, vom apostolischen

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Gebot: „Das Weib schweige in der Gemeinde“ keineswegs gewichen ist, braucht nicht erst bewiesen zu werden. Die goldene Regel Luthers: „Ein jeder lerne sein Lektion, so wird es wohl im Hause stohn“, ist von ihm mit besonderer Energie auch auf die Stellung der Geschlechter zueinander angewandt worden, und niemand, der nur einen Hauch des ebenso biblischen wie kerngesunden männlichen Geistes Luthers verspürt hat, wird auch nur einen Augenblick darüber im Zweifel sein, welchem von den beiden Geschlechtern er die Lektion des Regiments in der Kirche wie auch im Hause und im Staat zugeeignet hat. Es ist wohl zu beachten, daß noch heute in wirklich lutherischen Landeskirchen und Gemeinden eine geistlich instinktive Abneigung besteht gegen alles, was nach kirchlicher Frauen rechtsbewegung schmeckt. Die Haustafel hat in unseren Bekenntnisschriften ihren guten Platz; und weil die Reformatoren die Lebenszelle aller natürlich menschlichen Verhältnisse – die Familie – auch als die normale Lebenszelle des Reiches Gottes aufs neue erkannt und gepriesen haben, so soll unserer Kirche auch die Organisation des Hauses das feste Gefüge geben: der Mann des Weibes Haupt, des Hauses Herr!

Wie steht es denn aber um den besonderen Versuch der kirchlichen Frauenrechtlerinnen, ihr Vorgehen kirchengeschichtlich zu legitimieren, um ihre Berufung auf das schon in der Urkirche vorhandene und in der Neuzeit nach langem Winterschlaf wiedererweckte kirchliche Frauenamt der Diakonie? Hier sei nur mit allem Nachdruck festgestellt, daß die Diakonie in allen ihren kirchlichen Formen und zu allen Zeiten keineswegs ein Rechts institut der Kirche gewesen ist, sondern ein in die Ordnungen der männlich regierten Kirche eingefügter freiwilliger Dienst barmherziger Liebe, und als solchen haben ihn insonderheit die gottbegnadeten Erneuerer dieses altkirchlichen Amtes – Fliedner in Kaiserswerth und Löhe in Neuendettelsau – gedacht und organisiert. Diakonie heißt bekanntlich „Dienst“ und nicht „Regiment“. Gerade die kirchliche Diakonie beweist es mit wahrhaft erhebender Kraft, daß die christliche Frauenwelt zu einem maßgebenden Einfluß auf die Kirche des Stimmrechts nicht bedarf. Und niemals hätte das weibliche Geschlecht auf dem Wege einer Frauenrechtsbewegung solch innerkirchlichen Einfluß gewonnen, als es ihr durch das Organ ihrer weiblichen Diakonie gelungen ist unter dem vom lutherischen Diakonissenvater Löhe wahrhaft klassisch formulierten Fahnenspruch ihres Amtes: „Was will ich? So

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fragt die Diakonisse. Dienen will ich? Wem will ich dienen? Dem Herrn in seinen Elenden und Armen. Was ist mein Lohn? Ich diene weder um Dank noch um Lohn. Mein Lohn ist, daß ich dienen darf.“ – Unsere evangelischen Diakonissen suchten in der Kirche nicht Rechte, sondern Pflichten, aber ihre stille, selbstlose, dienelustige Pflichterfüllung hat ihnen ein köstliches Recht errungen, nicht ein verfaßtes und verbrieftes, aber ein um so lebendigeres und wirksameres. Die weibliche Diakonie ist in ihrer von Gott ihr gegebenen, ebenso praktischen wie mystischen Kraft zu einem überall willig und freudig anerkannten kirchlichen Amt geworden, und kein Stimmzettel hat ihr dazu verholfen.

Die 25 000 evangelischen Diakonissen unserer Tage sind vielleicht die vornehmsten Kronzeugen für die Geschichtswidrigkeit der modernen kirchlichen Frauenrechtsbewegung. Darum gibt es aber auch kaum etwas Ungeschichtlicheres und Ungeschickteres, als die Berufung unserer kirchlichen Frauenrechtlerinnen auf Persönlichkeiten wie Elise Averdieck und Amalie Sieveking als angebliche Vorkämpferinnen der modernen Frauenbewegung. Wohl mag Pastor Richard Remè ein Recht haben im Titel seines Büchleins über Amalie Sieveking, dieselbe eine Vorkämpferin der christlichen Frauenbewegung zu nennen, aber die christliche Frauenbewegung, wie sie gottlob! auch heute noch kräftig und fröhlich lebt und webt, sie unterscheidet sich von der modernen Frauenr e ch t s bewegung wie Tag und Nacht, und die beiden berühmten Hamburgerinnen würden sich selber ganz energisch dagegen verwahren, daß man Stimmrechtsbestrebungen des weiblichen Geschlechts innerhalb der Kirche, ein Trachten nach kirchlichem Frauenregiment mit ihrer Autorität zu decken sucht. Amalie Sieveking hat für nichts anderes gekämpft als für die Pflicht und das sittliche Recht des Weibes zum Dienst barmherziger Liebe. Sie hat ihre ganze Persönlichkeit dafür eingesetzt, die mütterlichen Kräfte, die in jedem Weibe schlummern, und auch in einer „glückseligen alten Jungfer“ – wie sie sich selber genannt hat – im Reiche Gottes in einem freiwilligen „Liebes beruf“, in einem Beruf des Dienens möglichst fruchtbar zu betätigen. Wenn die edle Patrizierin auf solchem Wege mit Vorurteilen zu kämpfen hatte, so lag das lediglich an der Liebesarmut ihrer Zeit, in der man Vornehmheit und Dienstlosigkeit einander gleichzusetzen in Versuchung stand. Aber wenn Amalie Sieveking nichts weiter begehrte als den Dienst der Krankenpflege, auch in der lebensgefährlichen

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Cholerabaracke, und den mütterlichen Dienst an den Kindern und Jungfrauen ihrer Tage, wenn sie in Vincenz von Paula, dem Begründer der barmherzigen Schwesternschaft, ihren Heiligen sah und den noch heute im Segen arbeitenden „Weiblichen Verein für Armen- und Krankenpflege“ begründete, so war sie eben nichts anderes als eine Bahnbrecherin der evangelischen Diakonie, eine Diakonisse ohne Haube vor den Diakonissen unter der Haube. Elise Averdieck aber hat ja sogar die Diakonissenhaube getragen, sie war eine Diakonissenmutter im Vollsinne und im Tiefsinne des Wortes. Beide Vorkämpferinnen der christlichen Frauenbewegung waren bis ins Mark hinein gefeit vor jedem, auch vor jedem kirchlichen Emanzipationsgelüste; sie dachten in dieser Beziehung ganz altmodisch, so altmodisch wie – die Apostel.

Wie klar und unzweideutig hat sich Amalie Sieveking in dieser Beziehung zum Beispiel in ihrem Aufruf an die christlichen Frauen und Jungfrauen Deutschlands von 1850 ausgesprochen! Ich möchte den christlichen Frauenvereinen und Konferenzen, die mit der unchristlichen Frauen rechtsbewegung liebäugeln, energisch empfehlen, jenen Ausruf ihrer „Vorkämpferin“ immer wieder recht gründlich mit den Augen des Gewissens zu studieren. Da heißt es unter anderem: „Der Ausspruch, der dort die Eva traf: Dein Wille soll deinem Manne unterworfen sein und er soll dein Herr sein – behält noch immer seine Gültigkeit, obwohl es nun bald sechstausend Jahre sind, daß er ergangen aus dem Munde des Herrn …. Das Weib ist nicht geringer als der Mann, aber verschieden von ihm, und beide Geschlechter bestimmt, einander gegenseitig zu ergänzen. Wo aber verschiedenartige Kräfte im Segen zusammen wirken sollen, da ist eine gewisse Ordnung und Unterordnung durchaus notwendig. Darum ist das Weib dem Manne unterworfen, und dieser Unterordnung kann und soll auch die Unvermählte sich nicht ganz entziehen. Nach diesen Erklärungen werdet ihr wohl erkennen, daß, was ich für unser Geschlecht will, nicht eine Aufhebung der natürlichen und von Gott selbst angeordneten Beschränkungen ist …. Im allgemeinen glaube ich, daß die natürlichen Anlagen des weiblichen Geistes dem tieferen Studium der Politik nicht günstig sind. Ich habe von der Staatswissenschaft eine hohe Meinung. Doch meine ich, es haben die Frauen nicht eben Ursache, es schmerzlich zu bedauern, wenn sie den Zugang zu den Tiefen der Politik sich verschlossen sehen. Selbst wenn es uns gelänge, durch ernstes Studium tief einzudringen, würde ich immer noch die Frage aufwerfen:

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Wozu denn? … Erkennen die Jüngerinnen Jesu das als ihre höchste Lebensausgabe, um des Herrn willen dem Dienst seiner Menschen sich zu widmen, in demütiger Liebe, in aufopfernder Treue, dann wird von ihnen eine rettende Macht ausgehen, die in ihrer ganzen Größe jetzt vielleicht noch kaum geahnt wird; sie wird die gottentfremdeten Gemüter dem Herrn gewinnen und dadurch zugleich sie aussöhnen mit göttlicher und menschlicher Ordnung; durch sie soll, vielleicht noch mehr als durch das beredteste Kanzelwort, das Evangelium erkannt werden in seiner himmlischen Segenskraft! Das Herz brennt mir, wenn ich die Summe der Segnungen überdenke, die ausgehen würden von unserem Geschlecht, wenn alle Frauen und Jungfrauen, die gläubig geworden sind an den Herrn Jesum Christum, die Natur ihrer Mission richtig erkennten …. Wohlauf denn, ihr Jüngerinnen des Herrn, treten wir zusammen in einen heiligen Bund des Glaubens und der Liebe! Das Gelübde unseres Bundes aber ist, daß wir zunächst den Kreis unserer Familie, aber dann auch darüber hinaus alles, soweit unser Einfluß irgend reicht, mit den Himmelskräften der Liebe durchdringen wollen, als Dienerinnen der ewigen Liebe, willig und hingebend dem Dienste auch unserer ärmsten und schwächsten Brüder.“

An einem anderen Orte schreibt Amalie Sieveking (Aus dem „Vermächtnis für meine jungen Freundinnen“) „Und dabei bleibt es doch! Einen schöneren Beruf als den Beruf einer im Glauben geübten dienenden Liebe gibt es auf Erden nicht. Laßt uns Botinnen des Friedens, Werkzeuge des Segens werden in der Hand des Herrn für unsere Brüder und Schwestern. Das ist unsere schöne, selige Mission; es ist die Mission der Fürstin auf dem Throne wie der Ärmsten und Geringsten unter uns, und wer sie treulich erfüllt, der mag bisweilen schon hienieden einen Vorschmack des Himmels haben. Dieser Beruf verleiht uns eine milde Würde, er stillt das Bedürfnis des liebebedürftigen Herzens: Er lehrt uns schöpfen aus dem Urquell alles Erbarmens Gnade um Gnade, und unter den Menschen: – Liebe empfangen ist schön, Liebe geben noch schöner; wer aber recht zu geben versteht, der wird auch nehmen: die Liebe bleibt nicht ungeliebt; und dereinst, dereinst an dem Tage des Herrn, da vernehmen auch wir aus dem Munde der ewigen Liebe das süße Gnadenwort: Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern. das habt ihr mir getan.“ – Das ist Amalie Sieveking, wie sie

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leibte und lebte. Nicht wahr, diese „glückselige alte Jungfer“ war eben doch ganz etwas anderes als eine alte Jungfer. Sie war ein echtes, rechtes Weib, an dem auch jeder ungläubige, aber edelgesinnte Mann seine volle Herzensfreude haben muß. Aber sie war auch eine wahre Christin, eine treue Jüngerin Jesu, und darum war das Dienen ihres Lebens ganzes Glück, das auch durch keine geistliche und kirchliche Konkurrenz mit dem Manne, durch kein heimliches oder offenes Streben nach Rechten ergänzt zu werden brauchte. Sie redete und sie handelte wie nur eine rechte Diakonisse reden und handeln kann, sie brauchte für ihren kirchlichen Dienst kein papierenes Recht; ihr Dienst war vielmehr ihr Recht. Die edle Hamburgerin, die sich in einem „Nasenquetscher“, in einem aus vier schwarzen Brettern zusammengeschlagenen Armensarge zu Grabe bringen ließ, hatte für etwas Höheres gelebt als für eine kirchliche Frauen rechts bewegung. Daß Elise Averdieck ganz und gar aus demselben schlichten und doch so edlen Holze geschnitzt war, braucht nicht erst aus ihren Aussprüchen und Schriften belegt zu werden. Mägde Christi, Mütter in Christo sind diese beiden großen Vorkämpferinnen der christlichen Frauenbewegung, sie sind in ihrem ganzen Wesen und Wirken auch eine kirchengeschichtliche Widerlegung des Rechts der modernen Frauenrechtlerinnen. Und damit schließen wir diesen Abschnitt. Wir haben mit aller Deutlichkeit den Spruch des zweiten Zeugen wider die Frauenrechtsbewegung in der Kirche vernommen, den Spruch der Welt- und Kirchengeschichte. Wir hören nun endlich noch das Verwerfungsurteil der Naturgeschichte. Die Frauenrechtsbewegung ist christwidrig und geschichtswidrig, weil sie naturwidrig ist.

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Naturwidrig!

Um die vernichtende Kritik der Frauenrechtsbewegung seitens der Heiligen Schrift und der Geschichte auszuschalten, hat man die Entwicklungsfähigkeit der weiblichen Natur sehr entschieden betont und z. B. gesagt, das Weib der heutigen Christenheit sei ein ganz anderes Wesen als das Weib des Orients. Niemand dürfte darum zu behaupten wagen, dass nicht weitere Entwicklungen nach der Ordnung der Natur möglich seien. Wer könnte leugnen, daß die letzten Jahrzehnte zum mindesten Anfänge solcher Weiterentwicklung gezeitigt hätten. Diese Tatbestände könnten mit dem Hinweis auf das „gefühlische« Wesen der Frau, auf ihre „Mütterlichkeit“, auf die „Würde“ und den „Schmelz“ der „edlen Weiblichkeit“ auf die weibliche „Vollnatur“ und auf die Regel: „die Frau und der Ofen gehören ins Haus“ nicht aus der Welt geschafft und auch nicht ins Unrecht gesetzt werden. Man bestreitet die scharfen Grenzen, die hinsichtlich der Stellung und des Berufs im Menschheitshaushalt zwischen den beiden Geschlechtern von der Natur gezogen sind und verspottet diese „altmodische“ Überzeugung als einen nicht ernst zu nehmenden Niederschlag männlicher Gefühlsurteile. Wir haben bereits auf die selbstbewußte Kühnheit derer hingewiesen, die aus etlichen Jahrzehnten, d. h. ja aus den Leistungen ihrer eigenen Generation eine die Autorität der Schrift und der Geschichte von Jahrtausenden korrigierende Entwicklungsfähigkeit des weiblichen Geschlechts zu folgern wagen; und wir sehen in dieser Kühnheit ein etwas sehr post festum sich ereignendes Hineinfallen in den wissenschaftlich längst überwundenen großen Irrtum des Darwinismus, der sich vergebens gemüht hat, die Konstanz der Arten zu bestreiten; Übergänge zu behaupten, die in der Natur niemals stattgefunden haben und niemals stattfinden werden, am allerwenigsten so plötzlich, daß sie in wenigen Jahrzehnten zu beobachten wären. Wir können wirklich nicht finden, daß die Wesensart des Weibes, wie die Heilige Schrift sie darstellt, in der Frau von heute so wenig wieder zu entdecken sei, daß

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man ein Recht hätte, von zwei ganz verschiedenen Wesen zu reden. Da scheint mir in der Tat ein bloßes Gefühlsurteil laut zu werden. Die Grenzen zwischen Mann und Weib sind heute genau so scharf und klar wie vor Jahrtausenden, und keine Frauenemanzipation wird sie verwischen können. Das ist es ja gerade, daß das Buch der Naturgeschichte so brutal deutliche Lettern hat, daß keine Frauenrechtsbewegung imstande ist, diese Schrift zu verändern. Alles dawider an lesen wollen wird sich als vergebliche Liebesmühe erweisen nach alten lateinischen Spruch: Naturam expellas furca, tamen usque recurret, zu deutsch: Und wenn du die Natur mit der Heugabel austreibst, sie kehrt doch alsbald wieder zurück. Man kann eben durch alle menschlich eigenwilligen Reformbestrebungen die Schöpfung nicht ummachen, und es wird auch die moderne Frauenrechtsbewegung schließlich durch ein Sichüberschlagen zu ruhmlosem Ende gelangen. Vielleicht wird ihr ganz bald aus den eigenen Reihen ein weiblicher Rousseau in den Weg treten mit der so naheliegenden und doch leider oft so töricht und leichtfertig verachteten Weisheit: retournons à la nature! Je radikaler die Frauenrechtsbewegung wird – das beweist das englische Suffragettentum – um so tragikomischer beißt sie auf Granit, um so sicherer wird sie an ihrer Unnatur zugrunde gehen. Darum könnte man sie ja kaltblütig ihrem eigenen Schicksal überlassen, wenn’s einem nicht leid wäre um die vielen einzelnen Opfer, die diese gefährliche Zeitkrankheit noch fordern möchte. Es könnte unserer geliebten deutschen Frauenwelt noch so manche böse Wunde geschlagen werden und ein gutes Stück hoffnungsvollen Volkslebens dabei verbluten. Darum müssen wir unsere warnende Stimme erheben, auch wenn das manchem noch nicht opportun erscheint und wir dabei auf die billigen Augenblickserfolge derer verzichten müssen, welche aus vermeintlicher Klugheit die modernen Frauenrechtlerinnen vor ihren Wagen zu spannen suchen, obwohl sie den Irrtum der Frauenrechtsbewegung durchschauen. Die Krankheit, um die es sich handelt, ist zu gefährlich, als daß man dieselbe den Patientinnen aus falscher Rücksichtnahme verschweigen oder auch nur ihren Ernst verschleiern dürfte.

Die Frauenrechtsbewegung ist widernatürlich! Sie ist es zunächst darum, weil sie die Stellung die Mann und Weib naturgemäß zu einander einnehmen, zu ignorieren, ja zu verschieben sucht. Das Weib ist „das schwächere Gefäß“. Nicht wahr, das ist doch kein bloßes Gefühlsurteil,

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sondern eine ganz brutale Tatsache, die sich auf der ganzen Stufenleiter der Schöpfung ausnahmslos wiederholt. Selbstverständlich gibt es unter den Exemplaren innerhalb der Gattungen Ausnahmen. Es gibt degenerierte Exemplare männlichen Geschlechts, die schwächer sind als die gut entwickelten Parallelen auf weiblicher Seite. Aber aus solchen Abnormitäten wird niemand allgemeine Schlüsse ziehen wollen. Die eherne Regel im Schöpfungshaushalt ist die, daß das Männchen dem Weibchen an Kraft überlegen ist. So ist es auch bis zur Stunde im Menschengeschlecht, und daraus erklärt sich ganz ohne weiteres die natürliche Abhängigkeit des Weibes vom Manne, die durch keine Konkurrenzbestrebungen weiblicherseits jemals wird überwunden werden können.

Es handelt sich zunächst um eine körperliche Überlegenheit des Mannes, die aber als solche keineswegs unterschätzt werden kann. Es ist doch eine gar bedeutsame Episode in der Nibelungensage, daß Siegfried die stolze, emanzipationslustige Brunhilde auch körperlich bezwang, und diesem urgermanischen Gedanken hat Shakespeare in seiner Komödie „Der Widerspenstigen Zähmung“ ein kostbar drastisches Denkmal gesetzt. Ein körperlich schwächlicher Mann wird schon sehr imponierende innere Eigenschaften besitzen müssen, um im Frauenurteil volle Geltung zu finden und nicht der kläglichsten aller Mannesrollen teilhaftig zu werden, der Rolle des Pantoffelheldentums. Und wie häßlich kleidet eine Frau das Pantoffelregiment! Noch kein weibliches Wesen hat sich selber dabei glücklich gefühlt. Jedes gesunde Weib sucht im Manne Kraft und will von seiner Kraft bezwungen werden. Ihr Mann muß ihr Held sein, und findet sie diesen Helden in ihrem Manne nicht, dann wird sie unglücklich. Sie braucht einen Beschützer, einen Ritter, und auch die leidenschaftlichste Frauenrechtlerin wird sich z. B. in einer Diskussion mit dem Manne verletzt fühlen, wenn dieser dabei die Ritterlichkeit außer acht läßt. Was ist doch aber im tiefsten Grunde Ritterlichkeit? Nichts anderes als der Takt des Stärkeren, den schwächeren Teil die Überlegenheit nicht fühlen zu lassen; die Bereitwilligkeit des Starken, das schwächere Gefäß mit Kraft zu füllen, demselben Kraft zu leihen, die es von Natur nicht besitzt. Das aber ist die Tragik aller Frauenemanzipation, daß dieselbe schließlich den Mann zwingt, der Frau die Ritterlichkeit zu entziehen, sie an seine Überlegenheit zu erinnern, nach Siegfrieds Art die störrische Brunhilde zu bändigen. Der Mann ist dem Weibe physisch überlegen. Diese Tatsache der Naturgeschichte

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wird ja kaum irgend jemand im Ernste zu bestreiten wagen; und darum gibt es – Gott sei Dank – immer noch einzelne Lebensgebiete, auf denen die Arbeitsressorts der Geschlechter restlos gesondert sind und niemand an eine Konkurrenz zwischen Mann und Weib denkt. Selbst die Frauen Londons haben eine große Versammlung gehalten, um sich für die allgemeine Wehrpflicht der Männer einzusetzen. Daß der Waffendienst Männersache ist, wird auch von den Suffragetten nicht bestritten, und Amazonenheere werden bis ans Ende der Tage immer ein Stück menschliche Tragikomödie bedeuten. Waffendienst ist Offenbarung und Betätigung der Macht und eben darum Mannesgerät. Aber an solch unbestrittenem Mannesgerät mangelt es auch in der Friedensarbeit noch immer nicht. Überall da, wo körperliche Kraft unumgänglich nötig ist, wird das Weib dem Manne die Sache überlassen müssen; und darum wird man bei ruhiger und sachlicher Überlegung auch manchen „geistigen“ Beruf lieber dem Manne anvertrauen als dem schwächeren Gefäß; das Geistige und das Körperliche sind eben durchaus nicht immer klar und scharf voneinander zu sondern, z. B. in allen Verrichtungen, die ein besonderes Maß von Nervenkraft erfordern. Doch auch in bezug auf Seele und Geist ist das männliche das stärkere Geschlecht, und es gehört wirklich eine große Portion naiver oder selbstvermessener Schwärmerei dazu, diese in Jahrtausenden bewährte Tatsache der Naturgeschichte bestreiten zu wollen. Auch hier gibt es gewiß einzelne Ausnahmen von der Regel, geistesmächtige Frauen und geistesschwache Männer, weibliche Kraftmenschen in psychischer Beziehung und männliche Neurastheniker. Aber läßt es sich wirklich auch nur mit ehrlichem Anstand bestreiten, daß auch hier die Ausnahmen die Regel bestätigen? Unvergeßlich geblieben ist mir eine wirklich ergötzliche Unterredung, die ich auf einer Reise nach Petersburg mit einer russischen Frauenrechtlerin mit nihilistischem Einschlage im Eisenbahnabteil zu führen hatte. Die sehr radikale Dame entrüstete sich geradezu über meine rückständige Anschauung von der regierenden Stellung des Mannes im Menschheitsorganismus. Sie meinte, die „Sklavenstellung“ der Frau in Vergangenheit und Gegenwart erkläre sich lediglich aus der verkehrten Erziehung des weiblichen Geschlechts nach den despotischen Launen des Mannes. Ich fragte, warum die Frau sich denn in Jahrtausenden solch eine Erziehung habe gefallen lassen, und erhielt die prompte Antwort: daran sei nichts anderes schuld als die brutale Körperkraft

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des Mannes. Da erlaubte ich mir die bescheidene Einwendung, daß bekanntlich nicht nur der kleine David den großen Goliath erschlagen habe, sondern daß auch das winzige Menschlein die gewaltigsten Riesen der außermenschlichen Schöpfung einen nach dem anderen unter seine Herrschaft gebracht hätte. Wenn die Körperkraft im Kampf ums Dasein entscheide, müßten ja wohl die Elefanten und Walfische an der Spitze der Kultur marschieren. Dieses empörend plumpe Argument brachte meine nihilistische Gegnerin in solche Wut, daß sie sich zitternd erhob und sich einen anderen Platz suchte. Ja, die Beweisführung der Naturgeschichte ist brutal, sie redet mit Tatsachen, nicht nur von der körperlichen, sondern auch von der seelischen und geistigen Herrscherstellung des Mannes über dem Weibe.

In psychischer Beziehung ergänzen Mann und Weib sich so, daß wie im physischen Naturleben das männliche Geschlecht das zeugende, das schöpferische Prinzip darstellt und die Frauenseele das empfangende, das rezeptive. Die Seele des Weibes will sich von der des Mannes füllen und stillen lassen, sie kommt erst durch die Durchdringung mit den Impulsen der männlichen Seele zur vollen Selbständigkeit, während das Umgekehrte nicht bewiesen werden kann. Gewiß ist es auch nicht gut, daß der Mann allein sei, denn ihm fehlt bei solchem Alleinsein seiner Seele kostbarstes Gefäß, und das gibt jedem Junggesellen eine gewisse Hilflosigkeit. Aber der Mann kann doch viel eher als das Weib allein sein, ohne seine schöpfungsmäßige Eigenart einzubüßen, während ein Weib, das auch in seelischer und geistiger Beziehung sich lediglich auf sich selbst zu stellen versucht, in Altjungferlichkeit verkommt, und auch der dezidierte Typus einer modernen Frauenrechtlerin ist eine Spezies in der Gattung der Altjungfern, der um so unsympathischer wirkt, je anspruchsvoller er sich gebärdet. Er stellt nachgerade ein drittes Geschlecht auf den Plan, von dem sich gleichermaßen ein rechter Mann und ein rechtes Weib schaudernd abwenden. Je mehr aber solch eine Entgleiste in ihrem Kampf wider den Mann sich verrennt, um so widerwärtiger wird ihre Unnatur. Entweder macht sie sich durch ein Nachäffen des Männlichen lächerlich oder sie versucht gar, ihrer Ohnmacht mit allerlei Listen und Ränken, mit Lug und Trug zu Hilfe zu kommen, um nur ihr Stück durchzusetzen. Ein schrankenlos gewordenes Weib ist immer schlimmer als das männliche Gegenstück. „Da werden Weiber zu Hyänen.“

Nicht das unverschuldete äußere Unverheiratetbleiben

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eines Weibes ist für sie das eigentlich Verhängnisvolle; ich kenne so manche Unverehelichte, die nach dem Rezept der Amalie Sieveking unter der Etikette „Glückselige alte Jungfer“ edle und vielgesegnete Weiblichkeit in höherem Maße als so manche Ehefrau in sich auszuprägen vermocht hat. Mag das rein Körperliche in der Gestaltung unseres Wesens auch eine noch so große Rolle spielen; der Mensch braucht sich im Unterschiede zum Tiere doch niemals von den rein physischen Einflüssen unterkriegen zu lassen, ja, er kann bloß leibliche Abnormatäten in seinem Leben durch die Entwicklung seiner Seele und seines Geistes in den gottgewollten Bahnen fast völlig. ausgleichen. Wenn ein Weib nur innerlich sich selber treu. bleibt, so wird es durch äußere Ehelosigkeit nicht seiner Bestimmung entfremdet werden können. Aber es gibt eine schuldbelastete Ehelosigkeit, ein eigenwilliges inneres Sichlösen des Weibes vom Manne, eine widernatürliche Verselbständigung der Frauenseele im Konkurrenzkampf mit der männlichen Psyche – und darin enthüllt sich der tiefste Kern aller Emanzipation. Zu dieser gefährlichen sexuellen Revolution des Weibes wird dasselbe in vielen Fällen durch Verbitterung und Enttäuschung infolge unverschuldeter Ehelosigkeit getrieben, und dabei hat ganz gewiß das Schuldkonto der modernen Männerwelt manche Belastung erfahren. „Die Rache der alten Jungfer“ ist dann unsererseits verdient. Aber die Tatsache, daß es auch innerhalb der Ehe heute so manche im schlimmsten Sinne emanzipierte Frau gibt und infolgedessen selbst unter den Führerinnen der Frauenrechtsbewegung Verheiratete marschieren, beweist doch, daß es sich um psychische und geistige Vorgänge handelt, die keineswegs rein physisch zu erklären sind.

Das ist das Entscheidende, ob eine weibliche Psyche das vom Schöpfer ihr gegebene Gesetz respektiert oder nicht, ob dieselbe ihre natürliche Abhängigkeit von der stärkeren männlichen Psyche willig anerkennt und bewußtermaßen zum Prinzip ihrer Entwicklung macht. Andernfalls wird und muß sie sich verderben. Was aber von der psychischen Verschiedenheit gilt, das behält endlich auch im geistigen Verhältnis der Geschlechter zueinander seine naturhafte Geltung. Der männliche Geist ist produktiv. Man studiere die ganze Geschichte der Kunst, und man wird es auf jedem Blatte bestätigt finden, daß das Weib allezeit eine Meisterin im Nachbilden gewesen ist, während der Mann immerdar der eigentlich Schaffende war. Und nicht anders steht es in der Wissenschaft. Daß die Frau eine Seite der wissenschaftlichen Arbeit meisterlich

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beherrscht, ja, dem Manne dort vielfach überlegen ist, nämlich überall, wo es gilt, Bausteine für die Wissenschaft zu sammeln, allerlei Material zusammenzutragen und Ergebnisse der Forschung zu rubrizieren, auch selber gewissenhafte Einzelforschungen anzustellen, das bestreiten wir durchaus nicht; das entspricht ja gerade der rezeptiven Art des Weibes. Darum vermag uns auch das rapide Wachstum des Frauenstudiums in unseren Tagen keineswegs in Staunen zu versetzen, obwohl es – wie wir später sehen werden – doch kein gutes Zeichen unserer Zeit ist. Aber wirklich bahnbrechende, neue Anfänge setzende, den Weg der Forschung zu entscheidenden Wendungen führende wissenschaftliche Arbeit hat, von ganz verschwindenden Ausnahmen abgesehen, das Weib nicht geleistet. Solche Arbeit liegt ihr eben nicht, sie entspricht nicht ihrer vom Manne abhängigen Natur. Das Denkvermögen der Frau kann ebenso klar sein wie das des Mannes; aber es wird sich normalerweise immer im N a c h denken betätigen, das Wort im eigentlichen Sinne genommen. Dazu kommt dann noch ein dem Weibe eigentümliches geheimnisvolles intuitives Vermögen, ein treffsicheres Ahnen der Wahrheit. Aber das Bahnmachen im Denken, die logische Fortführung desselben sozusagen die geistige Gesetzgebung – das V o r denken ist des Mannes Sache.

Doch ich darf über den engen Rahmen dieser Schrift nicht zu weit hinausgreifen. Wer sich über die Verschiedenheit männlicher und weiblicher Geistesart näher orientieren will, findet dazu in zahllosen wissenschaftlichen und auch volkstümlichen Abhandlungen Gelegenheit genug. Ich empfehle besonders auch das vortreffliche Buch von Dr. Johannes Müller über „Beruf und Stellung der Frau“, das jeder Anhänger und jeder Gegner der Frauenrechtsbewegung lesen sollte. Ich habe hier nur das eine zu beweisen, daß sowohl das physische wie das psychische und geistige Verhältnis von Mann und Weib die Frauenrechtsbewegung, wie sie insonderheit auf das Stimmrecht abzielt, zu etwas Widernatürlichem macht. Diesen Beweis meine ich geliefert zu haben. Recht ist nichts anderes als geregelte Macht und Rechtsprechung ohne zur Verfügung stehende Macht ist hier auf Erden etwas ganz Unhaltbares. Nun aber hat der Mann als das stärkere Gefäß auf körperlichem, seelischem und geistigem Gebiet ganz zweifellos die Macht zur Verfügung, darum muß er naturgemäß auch das Recht sprechen. Das ist, wie in der Familie, so im Staat und in der Kirche sein schöpfungsmäßiges Amt. Wird dieses Amt dem schwächeren

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Gefäß übertragen, so geschieht etwas Widernatürliches. Das Weib hätte dann ihr Recht schließlich doch nur von des Mannes Gnaden, seine Verzichtleistung wäre ein galantes ritterliches Spiel. Solch ein Spiel ist aber in dem großen Ernst des Lebens keineswegs am Platz und muß sich immer wieder bitter rächen. Es handelt sich da im tiefsten Grunde um einen ebenso verhängnisvollen wie wunderlichen Widerspruch in sich selbst. Ohnmacht wird nicht dadurch zur Macht, daß die Macht zugunsten der Ohnmacht auf sich selbst verzichtet, daß die Macht der Ohnmacht einen Thron errichtet, und sich in falscher, weil naturwidriger, Demut auf die Stufen des Thrones legt. Nein, das ist nicht mehr edle Ritterlichkeit, das ist feministische Selbsterniedrigung des Mannes. Und ihr häßliches Spiel würde schließlich doch nur solange dauern, als es den Charakter des Spiels behält. Sobald die Sache wirklich Ernst werden wollte, sobald das Recht sprechende Weib es unternehmen sollte, den Mann im großen Stile zu entrechten, so würde der Stärkere sich eben doch auf seine Kraft besinnen und die ihm angelegten Sklavenketten zerbrechen. Dann aber gäbe es ohne Zweifel eine neue wirkliche Sklaverei des Weibes, eine harte Wiederholung jenes Fluches aus dem verlorenen Paradiese: „Er soll dein Herr sein!“ Wie sollten wir Christen nicht alles daran setzen, solch eine häßliche Tragödie in erster Linie von unserem Heiligtum, von der Kirche, fernzuhalten! Nichts ist so widernatürlich, als wenn im geistlichen Leben das Weib des Mannes Vormund wird; und wäre dieser widernatürliche Zu-  stand nicht im Privatleben durch die Schuld des Mannes so vielfach zu einer traurigen Tatsache geworden, niemand hätte auch nur den Gedanken gefaßt, solche Unnatur nun gar zu kirchlichem Recht erheben zu wollen. Es gibt nichts Törichteres als den Versuch, Unnatur durch Unnatur heilen zu wollen; und die Illusion, man könne das kirchliche Leben durch Einführung des Frauenstimmrechts heben, würde als solche nur zu bald offenbar werden. Zunächst würden ja unter dem in Deutschland nun einmal nicht mehr auszuschaltenden Grundsatz: „Gleiches Recht für alle“ selbstverständlich nicht nur die kirchlichen, sondern auch die unkirchlichen Frauen das kirchliche Stimmrecht sich erwerben, gerade so, wie es in der Männerwelt am Tage ist, und das trübe Schauspiel unkirchlicher Kirchenwahlen und Wahlagitationen erlebte dann nur eine zweite, ins weibliche übersetzte Auflage, die entsprechend der stärkeren Sensibilität des weiblichen Geschlechts ganz gewiß keine verbesserte Auflage werden würde. Aber selbst wenn man

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nur an die Frauen mit wirklich kirchlichem Interesse denkt, so ist schlechterdings nicht einzusehen, warum der innerkirchliche Einfluß dieser Frauen durch ein denselben gewährtes Stimmrecht wachsen sollte. Daß das weibliche Geschlecht im heutigen kirchlichen Leben nicht nur zahlenmäßig, sondern auch durch innere Anteilnahme die Männer in den Schatten gestellt hat, wird niemand bestreiten können. Aber ist denn dieser Zustand bei uns in Deutschland nicht gerade ohne das kirchliche Stimmrecht der Frau geworden? Die Männer üben das Stimmrecht aus und sind dabei unkirchlich geworden; die Frauen beteiligen sich erfreulicherweise am kirchlichen Leben und haben doch kein Stimmrecht. Gibt das nicht zu denken? Am Ende ist Handhabung von Macht und Recht im Reiche Jesu Christi mehr eine Gefahr für das innere Leben als eine Förderung desselben? Man denke doch nur an die Entwicklung des katholischen Kirchenwesens und an all die schweren Mißstände, die auch dem evangelischen Christenvolk aus dem Staatskirchentum erwachsen sind. Man hat gesagt: Recht ist gefrorene Macht! Sollte dem kirchlichen Leben wirklich damit gedient werden können, daß man dem weiblichen Geschlecht ein Stück gefrorene Macht in der Kirche einräumt? Seit wann entzündet sich denn Leben an Eis, und nun gar geistliches Leben? Es ist schon genug und übergenug männliche geistige Kraft im Bureaudienst des Landeskirchentums erfroren. Wozu denn noch weibliche Lebenskraft vergeuden? Unsere kirchlichen Frauenrechtlerinnen überschätzen den Wert des Regiments in der Kirche und des Regiments überhaupt wesentlich darum, weil sie dasselbe nicht kennen. Es ist die alte Geschichte vom Reiz des Unbekannten, vom Verlangen nach der verbotenen Frucht. Wenn Fräulein Paula Müller gemeint hat, die Frauen müßten nach Rechten streben, um besser ihre Pflichten erfüllen zu können, ja, daß zur ganz befriedigenden Ausfüllung eines Amtes auch die Verantwortung für dieses mit übertragen werden müsse, so ist das in jeder Beziehung unrichtig und ganz besonders hinsichtlich des kirchlichen Dienstes. Als ob nicht auch wir Männer fast ausnahmslos Pflichten zu erfüllen hätten, deren letzte Verantwortung in anderen Händen ruht! Will Fräulein Müller ihren Satz auch in dieser Zeit aufrecht erhalten, wo die gewaltigste aller Heeresorganisationen denselben täglich und stündlich ins Unrecht setzt? Was sollte wohl aus unserem Volke werden, wenn jeder Soldat seiner Pflicht im Heeresdienst nur soweit mit wirklicher Freudigkeit genügen wollte, als ihm die Verantwortung dafür im Sinne des Kommandos

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übertragen wird. Dann müßte jeder Soldat Offizier sein. Und welcher Offizier hätte nicht wiederum über sich Instanzen, die ihm eine große Last der Verantwortung abnehmen, ohne seine Dienstfreudigkeit dadurch auch nur im allergeringsten zu schmälern! Jener von Fräulein Paula Müller ausgesprochene Grundsatz ist in seinem Ausdruck zum mindesten schief und würde bei strikter Durchführung zur Auflösung jeder Organisation führen, auch zur Auflösung des Evangelischen Frauenbundes; denn auch da kann nicht jedes Mitglied die Verantwortung der Leitung mit übernehmen. Sollte man uns aber erwidern, die Leitung sei eben nur das Amt der Vorsitzenden und nicht jedes Mitgliedes, so behaupten wir auf Grund der Schrift und der Geschichte und der Schöpfungsordnung, daß es normalerweise niemals des Weibes Amt ist, Männer zu regieren. Ein jeder lerne sein’ Lektion! Wer hindert die Frau, ihren Frauendienst im Hause Gottes mit aller Gewissenhaftigkeit zu leisten, und soweit es sich um diesen Dienst handelt, bestreitet ihr auch kein Mensch auf Erden die Selbstverantwortlichkeit. Kein männliches Regiment wird sie zwingen, etwas zu tun, was gegen ihr Gewissen ist; im Gegenteil, sie wird gerade auf Grund ihres gewissenhaften Dienstes ihren ganzen inneren Einfluß auch auf die Gestaltung des männlichen Regiments geltend machen können, genau so, wie es die Frau im Hause ihrem Manne gegenüber tut. Aber was sollte wohl aus der Ehe werden, wenn die Ehefrau von Staats und von Rechts wegen auch über ihren Mann zu gebieten hätte? Und im kirchlichen Leben würde eine solche Verrenkung des schöpfungsmäßigen Verhältnisses bei wirklicher Durchführung noch viel heillosere Folgen haben als im Hause; denn die kirchliche Gemeinschaft ist nach ihrer sittlichen Seite noch weit empfindlicher als die häusliche. Haben wir nicht gerade in unseren Tagen des Abfalls der Männerwelt von der Kirche vielfach die tröstliche Erfahrung machen müssen, daß die, so nicht glaubten an das Wort, durch der Weiber Wandel ohne Wort gewonnen wurden? In diesem innerlichen Ziehen zum Glauben liegt des christlichen Weibes eigentliches Charisma, und dieses ihr Salz würde unheimlich bald dumm werden, wenn das Weib im Sinne des Stimmrechts in der Kirche das Wort bekäme. An Seilen der Liebe läßt sich der Mann vom Weibe gern ziehen, aber von der Frau kommandieren läßt sich ein gesunder Mann nicht, am allerwenigsten in kirchlicher Beziehung. Das Weiberregiment in der Kirche würde das Gegenteil von dem erreichen, was die kirchlichen Frauenrechtlerinnen und ihr männlicher Anhang

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erhoffen, wenigstens bei uns in Deutschland. Ich hüte mich geflissentlich davor, auf allerlei Einzelbefürchtungen näher einzugehen, um nicht unnötig böses Blut zu machen. Ein besonderer Punkt aber muß um der Wahrhaftigkeit willen wenigstens berührt werden; ich meine die sexuelle Stimmung, die sich bei Pastoren- und anderen Wahlen ganz unwillkürlich geltend machen würde und in ihrer das objektive Urteil leicht bestechenden Kraft niemals völlig wird ausschalten lassen. Schöne Subjektivität ist am rechten Platz des Weibes Stärke. Aberim Regiment, besonders im Kirchenregiment, würde diese Stärke nur zu oft zu verhängnisvoller Schwäche werden, nach dem alten Dichterwort: ,,Schwachheit, dein Name ist Weib!“ Wenn irgendwo, so gilt’s im kirchlichen Leben: dem Manne geben, was des Mannes ist und dem Weibe, was des Weibes ist: dem Manne das Amt des Führens und Regierens in Wort und Tat, dem Weibe das Amt des Dienstes in stiller, freiwilliger und freudiger Unterordnung. Überaus fremd mutet mein evangelisches Empfinden ein Satz an, der in unseren Tagen von pastoraler Seite zugunsten des kirchlichen Stimmrechts der Frau öffentlich ausgesprochen worden ist: ,,Mögen die evangelischen Frauen nach wie vor der kirchlichen Gemeinde ihren selbstlosen Dienst widmen, arbeiten und nicht verzweifeln, so wird ihrer Pflichterfüllung der Lohn entsprechender Rechte auf die Dauer nicht versagt werden können.“ Die von mir unterstrichenen Worte empfinde ich als ganz unevangelisch, und dieselben stehen jedenfalls in merkwürdigem Widerspruch zu dem Löheschen Diakonissenideal, das meiner Meinung nach das Ideal jedes evangelischen Weibes ist und aller Frauenrechtsbewegung zum Trotze bleiben muß: „Und was ist mein Lohn? Ich diene nicht um Dank und Lohn. Mein Lohn ist, daß ich dienen darf.“ Muß nicht selbst der evangelische Mann dieses Ideal der Diakonie auch für sich und seine Arbeit im Reiche Gottes bejahen? Wer in der Kirche Jesu Christi um Lohn dient, der hat ja schon seinen Lohn dahin; und niemand, auch kein männliches Wesen, wäre innerlich so unbrauchbar zum Kirchenregiment, als wenn er dieses Regiment als Lohn für seinen Gemeindedienst erstrebte; ganz abgesehen davon, daß auch, rein menschlich betrachtet, sich solch ein Lohn des Schweißes der Edlen wirklich nicht lohnt. Kirchenregiment ist ein sehr dornenvolles und undankbares Amt. Ich würde auch als Mensch nicht den Mut haben, irgend jemand, gleichviel ob Mann ob Weib, in seinem kirchlichen Dienst durch Verheißung solchen

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Lohnes zu ermuntern. Ja, ich halte es wirklich für einen Vorzug des weiblichen Geschlechts, daß ihm nach des Schöpfers Willen die Gefahren und Versuchungen, die in allem Kirchenregiment liegen, erspart bleiben sollen. Wer aber gar dienen wollte, um auf diesem Wege Rechte zu erlangen anstatt sein Recht im Dienen zu sehen, der täte solches sicherlich nicht im Geiste dessen, der von sich gesagt hat: des Menschen Sohn ist nicht gekommen, daß er ihm dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein Leben zur Erlösung für viele. Ist der Weg der Erlösung, der doch den Inhalt des Evangeliums und darum den eigentlichen Schatz unserer Kirche darstellt, nicht von A bis Z ein Weg des Rechtsverzichts? Das Kreuzeswort: „Es ist vollbracht!“ ist das Siegeswort dessen, der sich seiner göttlichen und menschlichen Rechte entäußert hat, um als der Diakon aller Diakonen sein Werk auf Erden zu tun. Dieses Werk durch Wort und Tat und ganzes Wesen zu bezeugen, das und nichts anderes ist die Aufgabe der Jünger und Jüngerinnen Jesu, das ist kirchlicher Dienst, und das bewußte Streben nach Rechten anstatt nach Pflichten ist in der Kirche nichts Kirchliches. Vor menschlich rechtmäßigen Machtbefugnissen im Reiche Jesu Christi sollen wir vielmehr eine heilige Scheu haben und um keinen Preis selber die Hand danach ausstrecken. Wem aber solche Befugnisse ohne sein Zutun in die Hand gelegt werden, der soll in Demut unter der Last der Verantwortung zittern und um so ernster danach streben, seine Machst zum Dienst werden zu lassen. Nichts wäre entsetzlicher, als wenn das Reich Gottes zu einer Arena für menschliches Strebertum herabgewürdigt werden könnte. Dann hörte die Kirche auf, Kirche zu sein. Selbstverständlich liegt mir nichts ferner, als den Verfechtern und Verfechterinnen eines kirchlichen Frauenstimmrechts auch nur von ferne solch ein bewußt unfrommes und unethisches Wollen zuzutrauen; viele unter ihnen haben sicherlich die allerbesten Absichten. Aber ich halte schon den Ausdruck „kirchliche Frauen rechts bewegung“ für einen bedenklichen und gefährlichen Selbstwiderspruch; und man sollte wohl auf der Hut sein, auch nur durch ein zum mindesten mißverständliches Reden von Belohnung kirchlichen Dienstes durch kirchliche Rechte höchst unwillkommene und unlautere Elemente heranzulocken. Wer weiß, ob man die Geister, die man so ruft, wieder los werden kann. Ich wiederhole noch einmal: Beneidenswert seid ihr lieben Frauen und Jungfrauen, daß das Regieren in der Kirche nicht eures Amtes ist, und daß ihr aus diesem Grunde eine Versuchung weniger habt als wir

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Männer; daß ihr nicht so wie wir in Gefahr seid, auf die Bahn der Herrschsucht im kirchlichen Leben zu geraten und dadurch die Kraft zur wahren Förderung des kirchlichen Lebens in euch selbst und in anderen zu lähmen. Schon dieser sehr ernst gemeinte Satz weist darauf hin, daß von einer Herabsetzung des weiblichen Geschlechts dem Manne gegenüber im Reiche Gottes durchaus nicht die Rede sein soll. Das wollen wir nun aber noch aufs deutlichste zu zeigen versuchen, indem wir zu guter Letzt vom natürlichen Beruf der Frau reden, um dabei aufs neue die Naturwidrigkeit der Frauenrechtsbewegung zu erkennen. Wiederum redet das Buch der Naturgeschichte hier eine ganz unmißverständliche Sprache, und die faßt sich zusammen in dem einen inhaltstiefen Begriff: Mutterschaft. Der Organismus der Frau ist in ebenso komplizierter wie einheitlicher Weise auf den Mutterberuf angelegt, daß man sich gar nicht genug darüber wundern kann, wie verständige Menschen diese Tatsachen jemals übersehen und in den Auseinandersetzungen über die Frauenfrage außer acht lassen konnten. Bis in jeden Nerv ihres Wesens hinab ist die weibliche Natur darauf angelegt, einem Kinde das Leben zu schenken, es zu nähren, zu pflegen und zu erziehen; und das ist eine so ungeheuer große, heilige, verantwortungsschwere Aufgabe, daß dieselbe nur bei Dransetzung der ganzen Persönlichkeit gelöst werden kann. Wem im Blick auf diesen natürlichen Beruf der Frau nicht der springende Punkt für eine reinliche Arbeitsteilung der männlichen und weiblichen Pflichten im Haushalt des Lebens aufgeht, der ist schlechterdings nicht zu belehren. Wie es auf der Hand liegt, daß der Soldatenberuf von den Männern wahrgenommen werden muß, so, ja noch viel selbstverständlicher ist es, daß der Mutterberuf Frauensache ist. Den können wir Männer den Frauen beim besten Willen nicht abnehmen, und darum müssen wir uns ja schon anderweitig nützlich zu machen suchen. Ja, eben darum, um den Quell der Zukunft des Menschengeschlechts, wie er im Mutterberuf des Weibes sprudelt, nach Möglichkeit kräftig und rein zu erhalten, darum müssen wir Männer unseren Frauen abnehmen, was wir ihnen nur irgend abzunehmen vermögen, daß sie ausschließlich ihres heiligen Mutteramtes am Menschengeschlechte walten können. Hier bedeutet die größte Einseitigkeit eine Welt und Weltgeschichte umspannende Weitsichtigkeit; und es ist ganz gewiß ein erschreckliches Zeichen sittlichen Niedergangs und perverser Unnatur, wenn heute so manche Mutter in ihrem Mutterberufe

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nicht volles Genüge findet und anfängt, nach einer bedeutsameren Betätigung ihrer Gaben und Kräfte Umschau zu halten. Solch eine Mutter gibt in leichtfertiger Selbstverblendung ihr herrliches Erstgeburtsrecht hin für ein elendes Linsengericht, und sie soll sich dann nicht wundern, wenn für sie kein Segen mehr übrig ist. Mit Recht haben wir uns früher darüber entrüstet, wenn eine Mutter in Putz- und Vergnügungssucht den heiligen Beruf in ihrer Kinderstube vernachlässigte, wenn sie Ammen und Bonnen zu ihren Stellvertreterinnen machte, nur um ihren „gesellschaftlichen Verpflichtungen“ nachzukommen. Aber nicht viel entschuldbarer ist es, wenn eine von Gottes Schöpfungsordnungen sich emanzipierende Frauenrechtsbewegung unter allerlei hoch und ernst klingenden Titeln unsere Mütter ihrem Mutterberuf zu entfremden sucht, sie aus dem eigenen Hause ins öffentliche Leben hinaustreibt, um dort Manneslorbeeren zu pflücken oder in Mannesmühsal ihr Bestes zu vergeuden. Ja, ich wähle diesen Ausdruck mit allem Bedacht. Wer Künstler ist und seine kostbare Kraft und Zeit dazu braucht, gewöhnlichen Handwerkern Konkurrenz zu machen, der vergeudet sich. Nun gibt es aber keine höhere und heiligere Kunst auf Erden als die Kunst der Mutterschaft. Gewiß, Not bricht Eisen, und wenn darum in solchen Zeiten der Not, wie wir sie jetzt erleben, selbst Mütter zahlreicher unmündiger Kinder vor die Wagen anderer, außerhäuslicher Berufsarten gespannt werden müssen, so handelt es sich dabei eben um ein hartes, naturwidriges Muß, auf dessen möglichst baldige Eindämmung und Beseitigung mit allen Kräften hinzuarbeiten ist; und es war mir aus der Seele gesprochen, was Herr Richard Döring neulich in einer Zeitungsaussprache über „Berufsberatung für die Kriegerwitwen“ der Frau Levy-Rathenau aus Berlin gegenüber geltend machte, besonders gegen ihren aus der letzten Norddeutschen Kriegstagung des Bundes deutscher Frauenvereine in Altona ausgesprochenen Wunsch, man möge die Hindernisse beseitigen, die der Berufsarbeit verheirateter Frauen im Wege stehen, und alle Maßnahmen befördern, die eine Vereinigung von Beruf und Mutterschaft erleichtern. Herr Döring weist schlagend nach, daß der scheinbar so menschenfreundliche Wunsch der bekannten Frauenrechtlerin tatsächlich die Notlage, in der wir uns befinden, nur noch mehr verschärfen und verwirren müßte. Macht man die Frauen für die außerhäusliche Berufsart dem Manne gegenüber noch konkurrenzfähiger, so wird die Zwickmühle, in der wir stecken, nur immer verzwickter werden; so müssen die beiden Hälften des Menschengeschlechts

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immer verzweifelter voneinander weichen und schließlich im Kampfe widereinander sich verzehren. „Die verheirateten Frauen schlechthin sollen im neuen Deutschland nach dem Kriege mehr noch als seither mit auf Arbeit gehen. Und die Berufsbildungsanstalten sollen die Frauen befähigen, mit den heimkehrenden gesunden und halbinvaliden Kriegern den Kampf ums tägliche Brot schärfer und erfolgreicher führen zu können als bisher…. Das ist der deutsche Zukunftsstaat, wie ihn Frau Levy-Nathenau einzurichten gedenkt… Die Kriegerwitwe mit unmündigen Kindern ist es, die im Mittelpunkte der ganzen Versorgungsfrage steht. Zu welcher Tätigkeit sind diese Kriegerwitwen nun berufen? Ihr eigentlicher Beruf besteht darin, in ihren Kindern das Andenken an ihren im Kriege gefallenen Vater wach zu erhalten und sie in seinem Geiste und nach seinem Vorbild zu erziehen. Man sollte alle Hindernisse beseitigen, die dieser „Berufsarbeit“ unserer Kriegerwitwen im Wege stehen…. Es wäre zu begrüßen, wenn Vorkehrungen getroffen würden, um den Kriegerwitwen für diesen Beruf eine entsprechende Bildung zu vermitteln… Daß den hinterbliebenen Kindern unserer gefallenen Krieger eine möglichst sorgfältige Pflege und Erziehung zuteil werde, das ist geradezu ein Gebot nationaler Ehre. … Sodann erfordert die Zukunft unseres Volkes, die Erwerbsverhältnisse der Männer so zu gestalten, daß die heimkehrenden jungen Krieger möglichst bald die Gründung eines eigenen Hausstandes wagen können. Wir haben auch nach dem Deutsch- Französischen Kriege, in den Jahren 1872 bis 1877, eine besonders hohe Ziffer von Eheschließungen zu verzeichnen gehabt. Das Jahrfünft von 1874 bis 1879 weist die höchste Geburtenziffer im 19. Jahrhundert auf. Nach den Verlusten, die dieser furchtbare Krieg unserem Volke zufügt, muß erst recht alles geschehen, damit unser Volk wider zu Kräften kommt. Darum sollten auch unsere Frauenrechtlerinnen einsehen, daß es nicht angängig ist, nach dem Kriege den alten Faden einfach weiterzuspinnen. Bei den Leitsätzen, die Frau Levi-Rathenau aufgestellt hat, gewinnt man aber den Eindruck, als ob jetzt die Kriegerwitwen dazu benutzt werden sollten, für das sattsam bekannte Hohelied der außerhäuslichen Frauenerwerbsarbeit einen zeitgemäßen Text zu gewinnen. … Der Staat hat die Pflicht, die Kriegerwitwen vor Not und Entbehrung zu schützen. Das muß geschehen. Die gesetzgebenden Körperschaften haben aber auch die Pflicht, alles zu unterlassen, was unseren heimkehren· den Kriegern die Familiengründung erschwert. Darum darf

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nichts geschehen, was die Berufspolitik unserer Frauenrechtlerinnen fördert.“ – Soweit mein ebenso besonnener wie tapferer Mitstreiter wider die Hydra der modernen Frauenemanzipation. Seine hier wiederholten Sätze verdienen die ernsteste Beachtung aller männlichen und weiblichen Vaterlandsfreunde. Selbst wenn man die Ratschläge der Berliner Frauenrechtlerin in ihrer Harmlosigkeit und Gutherzigkeit keineswegs verdächtigen, ja, nichts anderes als warmherzige Fürsorge für unserer Kriegerwitwen dahinter als Beweggrund suchen will, muß man sie doch zum mindesten um ihrer verhängnisvollen Kurzsichtigkeit willen aufs entschiedenste bekämpfen. Was hilft es, einer Augenblicksnot zu begegnen, wenn man dabei eine größere und eine bleibende Notlage schafft. Für uns haben diese Fragen hier ja grundsätzliche Bedeutung; und es ist sehr stärkend, wenn wir sehen, wie ein Mann der Praxis aus seinen vaterländischen Erwägungen heraus zu denselben Ergebnissen gelangt wie wir bei unserer grundsätzlichen Untersuchung.

Ja, die Mutter gehört ins Haus, denn sie gehört ihren Kindern; und eine sorgfältige Erziehung derselben kann nur geschehen bei ganz ungeschmälertem Zusammenleben von Mutter und Kind. Viel wichtiger wahrhaftig als die äußere Versorgung des Kindes mit dem täglichen Brot ist seine Erziehung; den Broterwerb kann und soll man einer Mutter abnehmen – auch der Vogel tut es, der dem brütenden Weibchen im Nest die Nahrung zuträgt. Die Erziehung eines Kindes aber seiner Mutter abnehmen, d. h. immer ein Verbrechen an der Natur begehen oder doch wenigstens solch ein Verbrechen an den Tag bringen, nämlich wo es sich um hoffnungslose Unfähigkeit einer Mutter für ihren ebenso natürlichen wie heiligen Beruf handelt. Nur im letzteren Falle ist ein Eingreifen in der Mutter Amt von staatlicher oder kirchlicher Seite ethisch ganz gerechtfertigt. überall sonst handelt es sich auch bei dem idealsten Ersatz nur um einen traurigen Notbehelf, und ich nehme da unsere Krippen und kirchlichen Kinderbewahr- und Erziehungsanstalten keineswegs aus. Wenn irgendwo, so hat hier die Innere Mission dem klassischen Programm ihres Vaters Wichern zu folgen, nämlich, sich selber so bald und so gründlich wie möglich überflüssig zu machen. Nur in dem Maße, als die Kriegsnot unserem Volke dazu gesegnet werden wird, die deutsche Frau an ihren Mutterberuf im Hause zu binden, können wir ganz getrost einer neuen Zukunft entgegen gehen; nur dann wird unsere Heimat unsere Heimat bleiben und es immer wieder in

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verjüngter Herrlichkeit werden. Wir reden zwar wie vom Vaterlande so auch vom Vaterhause, richtiger aber und gerade unseren Söhnen noch mehr nach dem Herzen wäre vielleicht die Bezeichnung „Mutterhaus“; denn „der Mann muß hinaus ins feindliche Leben, muß wirken und streben, muß wetten und wagen, das Glück zu erjagen – doch drinnen waltet die züchtige Hausfrau, die Mutter der Kinder.“ Zurück zu Schiller, ihr modernen Frauenrechtlerinnen; ja, zu den klassischen Idealen unseres deutschen Volkes! Das Elternhaus ist auch gerade für das Empfinden rechter Söhne in erster Linie Mutterhaus; denn die Mutter macht des Hauses Geist, gibt ihm die warme, schöne, das Herz ganz umfangende geistige Temperatur und unserer lieben Heimat Sprache. „Muttersprache, Mutterlaut, wie so wonnesam, so traut!“ Was sollte aus unserem Volke werden, wenn dieser Laut ihm nicht mehr der liebste wäre auf Erden, weil seine Mütter etwas Besseres, etwas Höheres meinten sein zu können als Mütter und als solche Hüterinnen des häuslichen Herdes. Dann wäre unser Volk dem Untergange geweiht, und wenn es noch so kluge und gelehrte und im öffentlichen Leben, auf der Rednertribüne und im Rathause, ja, auf Kanzel und Katheder und im Kirchenkollegium noch so gut versierte Frauen hätte. Unsere deutschen Mütter sind uns viel zu schade für den Kampf im öffentlichen Leben. Was sie dort drangeben, ist uns wertvoller als das, was sie uns dort einbringen könnten. Das öffentliche Leben mit seinem alle Leidenschaften entfesselnden und die Wahrheit nur zu leicht verkuppelnden Parteitreiben verdirbt schon nur zu oft den Charakter des Mannes. Die Frau ist solchem Treiben aber noch viel weniger gewachsen, denn Gott hat sie für ihren Mutterberuf im heimischen Gehege geschaffen. Wenn unsere Frauen doch bedächten zu dieser ihrer Zeit, was nicht nur zu ihrem, sondern zu unseres Volkes Frieden dient, nämlich daß sie sich ganz auf ihre besondere Gabe und Aufgabe besinnen, als des Volkes Mütter im eigentlichen Sinne sein Haus zu bewahren, seine Heimat zu schirmen und neu zu schaffen; vom häuslichen Herde, von der Kinderstube aus das neue Werden unserer Geschichte ganz innerlich zu gestalten und die äußere Organisation getrost den Männern zu überlassen. Welch ein weltgeschichtlicher Einfluß steht ihnen da zur Verfügung, wenn es sich auch um ein Stück ungeschriebene Weltgeschichte handelt, ja, nur mittelbar um Weltgeschichte, eben weil es Hausgeschichte ist. Fragt man die größten deutschen Männer nach den maßgebenden Einflüssen in ihrem Leben, so nennen

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sie ganz gewiß in den meisten Fällen an erster Stelle ihre Mutter und preisen an dieser ihrer Mutter nicht etwa deren Gelehrsamkeit und Tüchtigkeit im öffentlichen Leben, sondern eben gerade ihre Mütterlichkeit, den daheim am Mutterherzen gefundenen Segen. Da haben unsere Frauen eine so maßgebende Stimme auch im Leben und Weben der großen Weltgeschichte, daß sie auf das kümmerliche Stimmrecht der Männer im staatlichen und kirchlichen Leben wirklich gern verzichten können. Sie haben den herrlichsten irdischen Beruf, den es gibt – den Mutterberuf.

Aber reden wir denn da nicht nur von der verheirateten Frau, und handelt es sich nicht in der ganzen Frauenrechtsbewegung wesentlich um die Unverheirateten? Nichts wäre verhängnisvoller, als wenn es der modernen Frauenbewegung gelänge, zwischen den unverheirateten und den verheirateten Frauen einen wirklichen Graben zu ziehen und etwa gar ein weltliches Nonnentum zu schaffen, das prinzipiell die Ehe verwirft und den ehelosen Stand als den höheren preist, weil die Ehelosen den Männern so ungehindert überall Konkurrenz machen können, vor allem darum, weil sie nur für sich selber zu sorgen haben. Solch ein weltliches Nonnentum wäre noch weit gefährlicher als das geistliche, und zwar besonders deshalb, weil es den natürlichen Beruf der Frau aus ganz selbstsüchtigen Beweggründen verschmähte und nicht wie ihre geistlichen Schwestern in wenn auch irregeleitetem, so doch selbstlosem Drange. Da würde dann in der Tat ein drittes Geschlecht erstehen – eine traurige Krönung der Naturvergewaltigung.

Wenn Mutterschaft der natürliche Beruf der Frau ist, dann muß dieser Beruf unter allen Umständen auch das klare Ziel in der Erziehungsarbeit am weiblichen Geschlecht bleiben, schon um die weibliche Jugend im besten und tiefsten Sinne heiratsfähig zu erhalten. Ganz gewiß ja nicht so, wie man es wohl früher beliebte, daß man wenigstens in den höheren Ständen seine Töchter auf eine erotische Wartburg setzte, um sie in einem ästhetischen Blumendasein, einem Leib und Seele entnervenden, auf das Glück wartenden Dahindämmern durch Romanlektüre und allerlei künstlerisches Dilettieren für ein zu erhoffendes Liebesverhältnis frühreif zu machen. Ohne Zweifel verdanken wir es ganz wesentlich der neuzeitlichen Frauenbewegung, daß jenem romantischen Jungfrauenelend so ziemlich ein Ende bereitet worden ist. Wir haben heute im Großen und Ganzen eine fleißig arbeitende und rastlos vorwärts strebende weibliche Jugend. Nur daß das Pendel, wie

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so manchesmal bei allzu plötzlich einsetzenden Reformen nun auf der anderen Seite weit über den Schwerpunkt hinausschießt und so manches von der Natur aufs beste für eine glückliche Ehe ausgerüstete Mädchen seine Heiratsfähigkeit in unklugem Daherstürmen auf männlichen Arbeitsbahnen völlig einbüßt. Die moderne Frauenbewegung ist vielfach in eine ganz ungesunde Frauenerregung ausgeartet, und wir begegneten so mancher in solcher Erregung des letzten Schmelzes schöner Mädchenhaftigkeit beraubten Jungfrau, mit der eine Ehe zu wagen keinem gesund empfindenden Manne mehr zugemutet werden kann. Es ist gewiß durchaus lobenswert, wenn man heute ein junges Mädchen in guten Grenzen früh zu einem selbstverantwortlichen und selbständigen Wesen erzieht; eine junge Frauenrechtlerin aber ist und bleibt für den Mann eine höchst unsympathische Erscheinung, und es ist nicht wohlgetan, die Frauenfrage dadurch immer mehr zu verschärfen, daß man die beiden Geschlechter einander geflissentlich entfremdet; das geschieht aber überall da, wo man in der Erziehung des weiblichen Geschlechts ihr normales Ziel – die Mutterschaft – nicht fest im Auge behält. Ja, das Mutterwerden ist für jedes körperlich und seelisch gesunde Weib das Normale, und die Natur des Weibes verändert sich auch im ehelosen Stande nicht. Auch da bleibt das Weib Weib und soll es bleiben; und wer da meint, die Unverheiratete könne und müsse in völlig andere Bahnen des Lebens und Wirkens hinein als die Ehefrau, der übersieht besonders die gar nicht genug zu beachtende Tatsache, daß auch die ganze Struktur des geistigen und seelischen Innenlebens im Manne wie im Weibe ihrer körperlichen Art entspricht und sich auch dann nicht verändert, wenn die leibliche Seite ihres Wesens nicht bestimmungsgemäß sich auszuleben und zu wirken vermag. Das gilt aber beim Weibe in noch weit höherem Maße als beim Manne. Auch dem Innenleben des Weibes ist die Mütterlichkeit tief eingeprägt, und in seiner Seele bleibt jedes rechte Weib Mutter, auch wenn es äußerlich auf die Ehe verzichten muß. Letzteres kann geschehen und geschieht fort und fort, ohne daß das Weibliche im Weibe zu leiden braucht. Versucht man ein weibliches Wesen aber innerlich von seiner mütterlichen Art loszureißen, dann verdirbt man es und macht aus ihm meistens ein tragikomisches Zerrbild. Wie der weibliche Körper den Kreislauf seines Lebens ganz nach innen konzentriert, um so dem Kinde zum Leben zu helfen, so geht auch ein normales weibliches Seelenleben ganz nach innen, und das Nachaußenstreben ist ihm etwas

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Widernatürliches, wie es für den Mann das Normale ist. Und wie eine Mutter ihr Kind in die Arme nimmt, um es zu hegen und zu pflegen daheim in der sicheren Stille des Hauses, so bleibt die weibliche Seele auch im ehelosen Stande auf das Hegen und Pflegen in den Schranken familienhafter Häuslichkeit mit all ihren wirklichen Lebensfasern gerichtet, und in einem davon gelösten unpersönlichen Berufsleben draußen wird sie niemals zur vollen Befriedigung gelangen. „Nur eine Mutter weiß allein, was lieben heißt und glücklich sein“, und diese mütterliche Liebe muß auch im Leben der Unverheirateten irgendwie zur Betätigung kommen, sonst verdorrt dieses Leben. Das ist ein tausendfach erprobtes Naturgesetz.

Wenn wir unter diesem Gesichtspunkt die moderne Frauenbewegung studieren, muß uns doch angst und bange werden; denn wir finden die berufliche Ausbildung des weiblichen Geschlechts nur zu oft auf Bahnen, die dem mütterlichen Beruf in keiner Weise entsprechen. Es ist uns ganz unmöglich, den Lobrednern und Lobrednerinnen der bald alle Felder des beruflichen Wirkens umfassenden modernen Frauenarbeit restlos zuzustimmen. Wer wollte es bezweifeln, daß das weibliche Geschlecht erstaunlich vielseitig und leistungsfähig ist, und soweit die Not des Tages all diese Regsamkeit der Frau auf wissenschaftlichem und wirtschaftlichem, sozialem und humanem Gebiet entbunden hat, können auch wir nur unserer ehrlichen Bewunderung Ausdruck geben. Nur soll man nicht aus der Not eine Tugend machen und den Ehrgeiz des Weibes anstacheln, daß es der staunenden Welt zeigen möchte, was es alles vermag. Uns schmerzen beim Hineinschauen in die bunte Musterkarte weiblicher Berufsarbeit in unseren Tagen nicht nur die Augen, nein, auch das Herz tut uns weh, wenn wir sehen, zu was für Leistungen die edle weibliche Kraft verschwendet wird, und wieviel mütterliches Wirken dadurch unserem Volkshaushalt verloren geht. Wir vernehmen immer wieder das Wort des Apostels: „Ich habe es alles Macht, aber es kommt nicht alles.“ Unter unseren Feldgrauen im Schützengraben ist auch mancher Tausendkünstler, aber er wäre ein pflichtvergessener Schelm, wenn er aus dem Schützengraben fliehen wollte, um irgendwo seine vielen Talente zu betätigen. Jetzt ist das Aufpostenbleiben seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit; nein – Gott sei Dank! – es ist seine Ehre und seine heilige, von der Liebe zum Vaterlande sich nährende Freude. Ich meine, die innere Kriegsnot unserer Zeit ist groß genug, um jeden fest an seinen Posten zu bannen. Die Frau aber ist zu mütterlichem

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Dienst von Gott auf Posten gestellt; und dieser Dienst ist uns jetzt unentbehrlicher denn je. Kein weibliches Wesen sollte sich demselben entziehen, bloß um zu zeigen, daß es auch noch etwas anderes kann, auch Mannesgerät tragen. Im übrigen erinnere ich an die kostbare Unterscheidung, die Reuters „oll Radmakers Flegel“ zwischen „kennen“ und „känen“ macht. Die weibliche Jugend von heute kennt sich bald überall aus, ja, bei ihrer leichteren Regsamkeit vielfach besser als die „Männer. „Awer känen! Badder, känen!“ Ob sie im tiefsten Grunde das alles wirklich kann, was sie kennt? Ob nicht so manche Berufsarbeit, die das weibliche Geschlecht sich übereifrig und übergewissenhaft angequält hat, wie eine schwere Last auf seiner Seele liegt und diese seine Seele zuletzt grausam erdrückt oder doch zum mindesten arg neurasthenisch macht? Doktor Johannes Müller erzählt von interessanten Mitteilungen, die eine Führerin in der Frauenbewegung Finnlands ihm über ihre dortigen Erfahrungen gemacht hat. „Wie Sie wissen,“ sagte sie, „sind wir in Finnland in der Frauenbewegung viel weiter als in Deutschland. Eine große Anzahl Berufsarten rekrutieren bei uns ihr Personal hauptsächlich aus Frauen, aber wir stehen heute infolge unserer Erfahrungen bereits in einer rückläufigen Bewegung. Die ausschweifenden Bestrebungen der radikalen Frauenbewegung, an denen sich übrigens die führenden Persönlichkeiten nie beteiligt haben, sind bei uns ein überwundener Standpunkt. Wir haben nämlich die eigentümliche Beobachtung gemacht, daß die jungen Mädchen z. B. in Beamtenstellungen, im Bankfache und in kaufmännischen Berufen zunächst sehr befriedigt sind und ihre materielle Selbständigkeit, die zum Teil sehr bald eine verhältnismäßig glänzende wird, mit Freuden genießen. Ist aber eine Reihe von Jahren vorüber, werden sie 24, 25, 26 Jahre alt, so fangen sie an, unruhig zu werden, aufzuwachen und sich zu fragen: Ist das alles? Soll das so das ganze Leben fortgehen? Und dann sehnen sie sich hinaus, geben ihre zum Teil glänzenden Stellungen auf und werden Kindergärtnerinnen, Krankenpflegerinnen usw. Wir haben aus diesen allgemeinen Beobachtungen den Schluß gezogen, daß sich die Frau im allgemeinen in jedem Beruf auf die Dauer unglücklich fühlen wird, der nicht in irgendwelcher Weise ihr Gemüt in Anspruch nimmt und befriedigt.“ Sind diese Mitteilungen der finnischen Dame nicht eine äußerst interessante Bestätigung unserer grundsätzlichen Ausführungen? Wir haben aber des Rätsels Lösung noch schärfer und bestimmter formuliert. Was befriedigt denn das weibliche Gemüt?

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Warum suchten sich jene in allerlei äußerlichen Berufsarbeiten müde gewordenen Finnländerinnen gerade die Kinder und Krankenpflege? Weil die in ihnen nicht zu ertötende Mütterlichkeit nach solcher Arbeit verlangte. Und das unterliegt keinem Zweifel mehr, daß auch bei uns in Deutschland die mannigfaltige Berufstätigkeit der unverheirateten Frau immer mehr in die Zweige einmündet, wo irgendwie die Mutterhand das Zepter führt. Kranken- und Armenpflege, frauenärztliche Tätigkeit, Säuglingspflege, Kindererziehung, Schularbeit, das sind die Berufszweige, aus denen die eigentliche Gabe des Weibes zur Geltung kommt, und in denen das weibliche Geschlecht sich außerhalb der Ehe wirklich ganz auszuleben vermag. Ein Mädchen, das da seine ganze Persönlichkeit einsetzt, wird nie zur alten Jungfer werden. Da liegen darum auch die klaren Ziele für eine rechte Frauenbildung. Wir brauchen Mütter für unser Volk, viel Mütter. Nun liegt es ja auf der Hand, daß eine Mutter, die im heute so komplizierten Leben besonders als Lehrerin und Erzieherin wirklich ihren Platz ausfüllen soll, gar nicht genug Schätze des Wissens und Könnens zu erwerben vermag. Für unsere Kinder ist das Beste gerade gut genug. Darum sind wir einer gründlichen und vielseitigen Bildung unseres weiblichen Geschlechts keineswegs gram, selbstverständlich auch nicht grundsätzlich dem Universitätsstudium der Frau. Achtet man aber auf die reißend steigende Flut der an deutschen Universitäten immatrikulierten Studentinnen, die auch im Kriegsjahr, wie in den letzten Jahren überhaupt, zugenommen hat, so kann man sich eines bänglichen Gefühls doch nicht erwehren.

Im zweiten Kriegssemester waren in unserem Vaterlande nicht weniger als 4567 studierende Frauen immatrikuliert, das sind 20 Prozent der an den Universitäten während des Krieges zurückgebliebenen Studenten; auf vier Studierende kam eine Studentin. Wie viele von dieser gewaltigen Zahl mögen mit ihren Gedanken und Plänen ganz auf der Bahn ihres natürlichen Berufes geblieben sein, also völlig in dem entschlossenen Streben, all ihr zu erwerbendes Wissen und Können einmal in mütterlichen Dienst an unserem Volke umzusetzen? Ich fürchte, daß dieser solide Lebensplan bei einem nicht geringen Prozentsatz längst in die Brüche gegangen ist, und daß allerlei hochfliegende und ehrgeizige Ideen eine große Schar unserer deutschen Jungfrauen unter der bösen Nervenpeitsche der modernen Frauenrechtsbewegung auf die Universitäten getrieben haben, es den Männern in der Gelehrtenkarriere gleichzutun oder dieselben

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gar aus dem Felde zu schlagen. Es bleibt immerhin noch zweifelhaft, ob wirklich gerade das akademische Studium für die Mütter der kommenden Tage die geeignete Bildungsstätte ist; ob bei solchem Studium nicht viel unnötiger Ballast auf das weibliche Hirn und Herz geladen wird, das bei den praktischen Zielen einer gesunden Frauenbildung gut vermieden werden könnte. Jedenfalls wäre es eine sehr unbefriedigende Probe aufs Exempel, wenn viele der gegenwärtigen Studentinnen sich in die Gelehrtenlaufbahn im engeren Sinne verirren sollten; denn der Gelehrtenberuf ist ohne Zweifel „Mannesgerät“. Viele gelehrte Frauen werden in einem Volke zwar die Frauenrechtsbewegung hoch bringen, aber eben damit die Freude und den Segen im mütterlichen Dienst an diesem Volke dämpfen und verderben. Da stehen wir nun wieder am springenden Punkt dieser unserer Untersuchung. Das Streben nach Frauenrechten im juristischen Sinne, also nach rechtlich- sanktionierter weiblicher Regierungsgewalt neben und über dem Manne ist darum vor allem widernatürlich, weil es den natürlichen Beruf der Frau, das mütterliche Dienen, rettungslos ruinieren muß, und jedes Weib, das in den Tiefen seines Wesens ganz Mutter ist, bedarf keiner Frauenrechtsbewegung und wird derselben niemals auch nur die leisesten Sympathien entgegenbringen. Mehr noch aber als im bürgerlichen gilt das im kirchlichen Leben, in der Reichsgottesarbeit. Ach, wie bedarf die Kirche unserer Tage doch des mütterlichen Dienstes wahrer Jüngerinnen Jesu, und wieviel herrliche Gelegenheit dazu bietet sich heute wirklich auf Schritt und Tritt! Ich nenne und preise in erster Linie die berufsmäßige Diakonie. Ist es nicht merkwürdig, daß unsere Diakonissen Hauben tragen, das Ehrenzeichen der Frau und Mutter? Mehrfach ist es während dieses Krieges geschehen, daß unsere braven Soldaten, die einen feinen Sinn an den Tag gelegt haben für den Unterschied zwischen sogenannten Schwestern und wirklichen Schwestern, in den heißen Nöten auf den Schlachtfeldern und in Etappenlazaretten unsere Diakonissen mit dem Jubelruf: „Gott sei Dank, da kommen unsere Mütter!“ empfangen haben. Ja, nichts anderes als fromme Mütterlichkeit ist das schöne Geheimnis einer rechten Diakonisse. Eine Dienerin Christi will und soll sie sein und eben darum eine geistliche Mutter in ihrem Volke; und darum steht mir der Diakonissenstand gleich unter dem Stande einer christlichen Ehefrau in der Kirche Jesu Christi auf der Stufenleiter weiblichen Berufs an zweiter Stelle. Mit einer heiligen Treffsicherheit haben die

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hamburgischen Bahnbrecherinnen auf dem Wege der weiblichen Diakonie, Amalie Sieveking und Elise Averdieck, die Erziehungsarbeit und die Kranken- und Armenpflege als die eigentliche Domäne freiwilliger und beruflicher Frauenarbeit in der Kirche in Anspruch genommen, also mütterliches Dienen; und aus dieser gesunden, ebenso biblischen wie schöpfungsgemäßen Bahn ist die weibliche Diakonie, wenigstens soweit sie sich in den Schwestern des Kaiserswerther Verbandes zusammenschließt, bis zur Stunde geblieben. Nichts anderes geschieht ja auf der einen Seite in den Gemeindepflegen hin und her, in den Krankenhäusern und Altersheimen, auf der anderen Seite in den Schulen, im Kindergottesdienst, in den Vereinen und in den Erziehungsanstalten aller Art als vom Geiste Jesu Christi bewegter und geheiligter mütterlicher Dienst. Und auch der andere wichtige Punkt, der uns bei der grundsätzlichen Untersuchung des natürlichen Berufs der Frau entgegensprang, ist ein wichtiger Angelpunkt, um den alle rechte Diakonie sich bewegt – ich meine die Häuslichkeit der Arbeit. Aus ihrem Mutterhause kommen unsere Schwestern, in dasselbe kehren sie immer wieder zurück, sie arbeiten als Glieder einer Familie; und der Segen solcher Mutterhausdiakonie hat sich so sichtbar und greifbar überall bewährt, daß an dieser Form wohl nie mehr gerüttelt werden wird. Auch gerade während dieses Krieges hat die feste Zugehörigkeit unserer Diakonissen zu ihren Mutterhäusern ihnen im Unterschiede zu den freien Schwestern einen wundervollen Halt und Schutz und Segen gewährt. Aber der Charakter häuslichen Wirkens kommt in der Diakonissenarbeit noch in einem anderen überaus wichtigen Sinne bei all ihrem kirchlichen Dienen zur Geltung. Unsere evangelischen Diakonissen halten nicht öffentliche Versammlungen, um da zu predigen, nein, sie gehen in die Häuser; sie bauen das Reich Gottes, indem sie die Familien aufzubauen suchen. Kann man etwas Zeitgemäßeres denken? Wir haben es lange mit allerlei Vereinsorganisationen versucht und werden auch in Zukunft ohne dieselben nicht auskommen. Aber die hochgespannten Erwartungen, die mancher an die christliche Vereinsarbeit geknüpft hat, sind doch nicht in Erfüllung gegangen. Die gesegnetste Lebenszelle für den Aufbau der Gemeinde wird doch die natürliche Lebenszelle der Menschheit und ihrer Völker bleiben – nämlich die Familie. Ganz gewiß wird dieser Krieg auch dem deutschen Vereinsunwesen kräftig steuern und unser Volk wieder in seine Familie zurückdrängen. Wohin sollte der aus dem Felde heimkehrende

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deutsche Mann wohl lieber gehen als zu Weib und Kind? Darum muß die Kirche nach diesem Kriege alles daran setzen, die Familien als solche in den Kreis der Gemeinde zu ziehen, ohne die Notbrücke des Vereins. „Familienmission“ wird pfortan obenan stehe/pn müssen im Betrieb der Inneren Mission, für diesen Dienst aber ist niemand so geschickt als eine rechte Diakonisse. Selbstverständlich ist ja nun aber nicht die Diakonissen haube das Entscheidende, wiewohl dieselbe den Eingang in manches Haus wesentlich erleichtert. Aber es gibt – Gott sei Dank – heute auch so manche Diakonisse ohne Haube, manche ganz freiwillige Dienerin Christi, die ohne jede berufliche Verpflichtung all ihre freie Zeit und Kraft mütterlichem Dienst in der Gemeinde zu widmen bereit ist; sei es in der kirchlichen Arbeit des Kindergottesdienstes oder anderer christlicher Jugendunterweisung und Erziehung, sei es in Jungfrauen- und Frauenvereinen, im Krankenhause oder in der Poliklinik, und ganz besonders auch in der neuerdings so erfreulich von freiwilligen weiblichen Kräften in die Wege geleiteten Familienmission, die, wenn nur die rechten Persönlichkeiten zur Stelle sind, in jeder Kirchengemeinde leicht einzurichten ist, um bald alle zur Verfügung stehenden Kräfte der freiwilligen Helferinnen in Anspruch zu nehmen. Auch an lebendigen, weitverzweigten und zum Teil fest geschlossenen Organisationen solch freiwilligen weiblichen Dienstes an der Gemeinde fehlt es heute keineswegs. Um sich davon zu überzeugen und ins rechte Bild zu bringen, braucht man ja nur das von Lie. P. Cremer herausgegebene Handbuch der Frauenhilfe: „Die Frau im evangelischen Gemeindeleben“ ein wenig durchzublättern. Im Anschluß an die weibliche Diakonie ist bekanntlich im Jahre 1890 „die Frauenhilfe“ als ein Zweig der Arbeiten des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins entstanden, der nun in Provinzial- und Bezirksverbänden reichlich 2300 Vereine zählt. Bei uns erhebt „der Evangelische Frauenbund“ seine Fahne, und noch so manche andere Vereinigung dient den gleichen Bestrebungen des inneren Aufbaues kirchlichen Gemeindelebens durch freiwilligen Frauendienst. Kein christliches weibliches Wesen braucht heute aus Mangel an Arbeitsgelegenheit müßig am Markte zu stehen; und man kann auch getrost behaupten: Die zu leistenden Arbeiten sind so mannigfaltiger Art, daß jede Gabe aus dem reichen Schatze weiblichen Wissens und Könnens ihre volle befriedigende Betätigung zu finden vermag, ganz abgesehen davon, daß die Liebe, besonders die Liebe der Frau,

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immer noch erfinderisch macht. Rechte Mütter hatten noch niemals Langeweile. Was soll, was will denn nun aber die Frauen rechts bewegung in der Kirche? Christlich mütterlicher Einfluß und Rat wird mit großer Freude in der männlich organisierten Kirche überall begehrt, und an Vertrauensposten, solchen Einfluß und Rat geltend zu machen, fehlt es schon jetzt nicht. Doch man könnte und sollte solche Posten in der Gemeindeorganisation noch nach Möglichkeit vermehren. Dazu bedarf es aber des weiblichen Stimmrechts keineswegs. Ja, was für ein Recht begehrt ihr denn eigentlich, ihr kirchlichen Frauenrechtlerinnen und ihr außerkirchlichen dazu? Ihr habt ja alle Rechte zur Verfügung, die jedem mündigen Bürger und Christen zustehen; niemand und nichts hindert euch in der freiesten Betätigung eures natürlichen und geistlichen Frauenberufs. Nur eins soll euch in Deutschlands Staat und Kirche nicht gewährt werden – und das gerade ist es leider, was ihr in ebenso unchristlichem wie unweiblichem Ehrgeiz erstrebt, wenn es auch nicht selten unbewußt geschieht – es soll euch nicht das Recht zuteil werden, über die Männer zu herrschen, anstatt unter ihrem Regiment und durch dasselbe euren mütterlichen Einfluß zu betätigen. Gebt diesem schrift-, geschichts- und naturwidrigen Streben endgültig den Abschied und werdet ganz, was ihr nach des Schöpfers Willen seid: der Menschheit Mütter. Das ist euer herrliches Recht; denn das ist eure heilige Pflicht. Ach, wie seufzt insonderheit das Volk Gottes, die Kirche Jesu Christi, nach der vollen Ausnutzung dieses eures Pfundes, das nur zu lange im Schweißtuch vergraben war. Nicht Frauen-Rechtsbewegung, sondern Frauen-Dienstbewegung tut der Gemeinde not; ganz selbstlose geistlich gesinnte Mütterlichkeit. Da sollte, da könnte es noch einmal im tiefsten, im ewigen Sinne wahr werden: „Das ewig Weibliche zieht uns hinan,“ während das Männlich-Weibliche immer hinabzieht. Christliche Weiblichkeit in einem vom Heiligen Geist entflammten und geheiligten, ebenso stillen und schlichten wie zähen und hingebungsvollen Dienst, sie könnte es in unserem lieben deutschen Volke allen finsteren Mächten des Abgrundes zum Trotze noch einmal dahin bringen, daß unser Volk es im innersten Herzen erfährt und in heißer Dankbarkeit preist: Die Kirche ist unser aller Mutter!

 

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Und darum nun – zu guter Letzt sei’s gesagt:

Männer heraus!

Ja, darum! Weil der Weiblichkeit unserer Frauen und Jungfrauen, weil der Mütterlichkeit unserer Mütter von seiten einer undeutschen und unchristlichen Frauenrechtsbewegung Gefahr droht, darum Männer heraus, zum höchsten und heiligsten Ritterdienst: das Weib vor dem Weibe zu schützen, das rechte Weib vor ihrem Zerrbilde! Der Schluß dieser Schrift kehrt in ihren Anfang zurück. Ja, ich halte mich für heilig verpflichtet, die zu Anfang ausgesprochene Überzeugung noch einmal mit großem Nachdruck zu unterstreichen; die Frauenfrage ist in ihrem tiefsten Grunde eine Männerfrage. Es hat jemand gesagt, die Frauen seien immer das, was die, Männer aus ihnen machen. Das ist sicher übertrieben und zum mindesten nicht gerade bescheiden ausgedrückt. Aber ohne Zweifel liegt in dem Ausspruch eine sehr ernste Wahrheit, und dieselbe soll uns Männer nicht hochmütig machen, sondern vielmehr unser Verantwortungsgefühl schärfen und uns an schwere Versäumnisse erinnern. Hätten wir Männer nicht so viel Unrecht getan, auch gerade in unserer Stellung zu den Frauen, es gäbe ganz gewiß keine Frauen rechts bewegung in der Welt. Weil wir Männer nicht im Vollsinn Männer waren, hörten unsere Frauen auf, Frauen zu sein, hielten sie sich für berechtigt, ja, für verpflichtet, sich ihrer von uns versäumten Sache selber anzunehmen. Alle Frauenemanzipation hat nur einen Nährboden: männliche Unfähigkeit. Darum: Männer heraus! Männer, laßt uns Männer sein und Gott dafür danken, daß er den eisernen Hammer dieser Zeit auch dazu gebraucht, unsere Mannhaftigkeit stahlfest zu schmieden.

Männlich sein heißt mutig sein; und solchen Mut müssen wir auch in rücksichtsloser Entschlossenheit der undeutschen Frauenrechtsbewegung entgegenstellen. Aus der letzten deutschen Kriegstagung des Kaiserswerther Diakonissenverbandes

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wurde auch über die zunehmende Verwahrlosung unserer weiblichen Jugend und ihrer Erziehung geklagt. Da erhob ein angesehener Kirchenmann mit großem Nachdruck seine Stimme gegen die modernen Auswüchse der Frauenbewegung, die in mancher Beziehung an dem immer bedenklicheren Schrankenloswerden der weiblichen Jugend die Schuld trage. Er wandte sich dabei aber merkwürdigerweise mit seiner Mahnung an die kirchliche Männerwelt und beklagte es bitter, daß selbst manchem im übrigen ganz mutigen Manne die Tapferkeit auszugehen scheine, sobald es gelte, in rücksichtsloser Wahrhaftigkeit gegen die Irrtümer der Frauenbewegung Front zu machen. Dieses Versagen des Mannesmutes vor der Frau läßt sich auch im Privatleben immer wieder beobachten und findet seine psychologische Erklärung in der jedem deutschen Manne angeborenen und anerzogenen Ritterlichkeit. Die soll auch eine deutsche Tugend bleiben; aber diese Tugend wird zum Laster, sobald der Mann aus Gründen der Ritterlichkeit seine Überzeugung preisgibt oder dieselbe doch feige zudeckt. Wahre Ritterlichkeit ist nun doch einmal das gerade Gegenteil von Schwäche; und nichts wäre so unritterlich, als wenn wir unsere Frauen ruhig die schiefe Bahn hinabstürmen ließen, ihnen selber und unserem ganzen Volke zum Verderben, bloß um im Augenblick nicht die weibliche Laune zu verderben und damit unser selbstsüchtiges Spiel mit dem Weibe zu stören. Wenn doch unsere Frauenrechtlerinnen gerade in ihren modernen Bestrebungen ernst genommen zu werden beanspruchen, dann wollen wir Männer die Sache auch endlich ernst nehmen und mit fester Hand zufassen, ehe es zu spät ist. Männer heraus!

Aber freilich, ein männliches Bramarbasieren tut es nicht und würde uns in den Augen eines echten deutschen Weibes nur verächtlich und lächerlich machen. Der Bart macht noch nicht den Mann. Nicht männliche Gebärde, sondern männliches Sein tut not zu einer wirklichen Heilung des Schadens der Frauenemanzipation. Der Mann im Manne muß heraus – der deutsche Mann, der christliche Mann. Nur dann wird er jedem rechten Weibe Achtung abnötigen. Fehlt diese Achtung, dann kann ein Weib sich vor dem Manne wohl fürchten; ihm von Herzen zu Willen sein, ihm „untertan“ sein im biblischen Sinne wird sie nie.

Männer heraus – deutsche Männer! Mancherlei ließe sich im Verhältnis zum Weibe vom deutschen Mann sagen. Ich will aber hier nur eins betonen: Deutsche Männer sind keusche Männer. Warum hingen

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die altgermanischen Frauen an ihren Männern mit so hingebungsvoller Glut? Weil die Männer in der Frau etwas Heiliges sahen und darum männliche Unkeuschheit als ein am Weibe begangenes Sakrilegium mit dem Tode bestraften. Wo ist sie hin, die altgermanische Keuschheit unserer Männerwelt? Solange es Großstädte gibt, in denen ganze Straßen unter staatlicher Duldung der Frauenschändung täglich preisgegeben sind, und Staat und Kirche sich nicht einmal schämen, solch unsauberes Gewerbe zu besteuern, solange dürfen wir uns über die Entwicklung einer widernatürlichen Frauenrechtsbewegung nicht wundern. Viel widernatürlicher als diese Bewegung ist doch auf jeden Fall das tierische unter die Füße treten des deutschen Weibes durch deutsche Männer. Und es ist wahrhaftig eine jammervolle Ausrede, wenn man sagt, jene Weiber, die sich dem Baalsdienst der öffentlichen Unzucht opfern, verdienten nicht mehr, als deutsche Frauen angesehen zu werden Aber jene Männer, jene feinen Herren – es sind auch solche mit grauen Bärten und mit Eheringen darunter – die sollen noch weiter als deutsche Männer geachtet werden, obwohl sie mit dazu helfen, daß deutsche Frauen nicht mehr den Namen einer deutschen Frau verdienen. Macht man sich nicht des Mordes schuldig, auch wenn man auf einem schon halb toten Wesen herumtritt? Ist eine Frauenrechtsbewegung gegen die feige doppelte Moral der Gesellschaft nicht eine nur zu begreifliche Reaktion gegen die unter obrigkeitlicher Duldung im Schwange gehende öffentliche Unzucht? Soll einem Mädchen nur darum der Stempel der Schande aufgedrückt bleiben, weil seine Sünde nicht zu verbergende Folgen hatte, und der mitschuldige Mann soll überall in Ehren bleiben, nur weil ihn die Folgen seines Tuns nicht kennzeichnen? Männer heraus! Ihr seid jetzt immer wieder bereit, euer Leben fürs Vaterland zu opfern, euch völlig daran zu geben. Solltet ihr da nicht auch endlich Mut und Kraft finden, um fleischliche Begierden soweit zu zügeln, daß ihr halt macht vor dem sittlichen Heiligtum deutscher Weiblichkeit? Siegen oder sterben! Wenn das jetzt eure Losung ist, dann folgt derselben auch im Kampf mit dem Tier in euch: Lieber sterben, als ein Ebenbild Gottes schänden oder auch nur die Schande vermehren, in der es bereits liegt. Denke daran, daß auch deine Mutter ein Mädchen war, und schäme dich vor deiner Mutter, wenn du von Gott geschaffene Mütterlichkeit in irgend einem weiblichen Wesen aus bestialischem Egoismus für immer verdorben hast.

Wie werden unsere deutschen Männer aus dem Kriege

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heimkehren? Werden sie reiner sein und innerlich freier, Helden, die das schwerste Heldentum gelernt haben – das sich selbst bezwingen? Es ist ja aufs höchste erwünscht, daß die Zahl der Eheschließungen nach diesem männermordenden Kriege nach Möglichkeit wächst. Der Staat sollte jedem gesunden Mann zu baldiger Begründung einer eigenen Häuslichkeit behilflich sein; und keine neue Steuer wäre in Zukunft so am Platze wie die Junggesellensteuer. Aber zum Heiraten gehören zwei, und dem weiblichen Geschlecht die Eheschließung leicht zu machen, das ist die Sache der Männer, die heiraten sollen und wollen. Nichts stößt ein gesundes und reines Weib so sehr ab und macht sie vor einem Eheschluß so bange als Unkeuschheit des Mannes, dem sie sich ergeben soll. Ach, wenn doch jeder deutsche Jüngling, der einmal ein echtes, keusches, deutsches Weib glücklich machen und in Ehren halten will, bedenken möchte, daß er auch durch unkeuschen Lebenswandel v o r der Ehe bereits seine Ehe schändet und das wundervolle Glück, seiner Braut einmal frei in die Augen sehen zu können, mutwillig selber zerstört! Erst frei sein und dann frei’n! Männer heraus – innerlich freie, bis ins Mark reine Männer! Wenn uns dieser Krieg solche Männer schafft, dann wollen wir ihn segnen und der Lösung der Frauenfrage um ein gutes Stück näher kommen.

Aber deutsche Männer sind nicht nur sittenrein, sie sind auch fromm, und es gibt nichts Männlicheres auf Erden als einen Mann in Christo. Wer ist ein Mann? Wer glauben kann. Es wird mir unvergeßlich bleiben, wie kürzlich nach einer Kriegstrauung ein baumlanger Grenadier, mit dem ich in ein ernstes Gespräch kam, mir mit leuchtenden Augen die Versicherung gab, daß er im Felde das Beten gelernt habe und, sodann sich in seiner ganzen männlichen Kraft emporreckend, aber mit leisem Zittern in der Stimme sagte: „Wenn wir wiederkommen, dann wird’s zu Hause anders, ganz anders, dann soll’s mit der alten Gottlosigkeit vorbei sein.“ Unwillkürlich mußte ich bei diesem Erlebnis an den reichen Jüngling denken, den Jesus ansah und liebte ihn. Möchte der junge deutsche Grenadier besser als jener Jüngling zum Wollen das Vollbringen finden. Dazu genügt freilich eine natürliche religiöse Aufwallung noch lange nicht. Wir wollen die religiöse Welle, die zu Anfang dieses Krieges durch unser Volk ging, diesen fromm geprägten deutsch-patriotischen Idealismus ja nicht überschätzen; solche Wellen zerrinnen nur zu leicht ebenso schnell, wie sie hochkamen. Nur dann wird unserem

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Volke wirklich geholfen sein, wenn es zu lebendigem Glauben hindurchdringt, zum Glauben an das alte, ungebrochene Evangelium, dessen Kern und Stern der Heiland aller armen Sünder ist, der wahrhaftige Gottes und Menschensohn, der am Kreuz unsere Schuld gesühnt und zu Ostern unseren Tod bezwang, und dem nun seit seiner Himmelfahrt gegeben ist alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Er allein macht ganze Männer, Männer, wie wir sie brauchen, auch zur Überwindung der gottwidrigen Frauenrechtsbewegung. Der Unglaube der deutschen Männerwelt hat der naturwidrigen Frauenrechtsbewegung unserer Tage in den Sattel geholfen, und zwar schon durch die geistliche Entmündigung, die dadurch unsere deutschen Männer im Urteil der glaubenstreueren Frauen unseres Volkes erfahren haben. Lebendiger Glaube schafft immer eine sittliche Überlegenheit, und wie sehr sich auch oft ungläubige Männer gerade um ihres Unglaubens willen über ihre gläubigen Frauen erhaben zu dünken scheinen, im tiefsten Grunde haben sie in dieser ihrer Stellung doch ein Gefühl der Unsicherheit und schon dadurch ein schiefes Verhältnis zur Frau. An diesem wunden Punkt hat die Frauenrechtsbewegung bewußt oder unbewußt eingesetzt und einen ähnlichen Trugschluß gemacht wie seinerzeit die Bauern aus Anlaß der Schrift Luthers von der Freiheit eines Christenmenschen. Unter ihren Händen wurde die Reformation zur Revolution, die geistliche Freiheit zur Freiheit des Fleisches, und in denselben Fehler verfiel alle Schwarmgeisterei. So nun auch die moderne Frauenrechtsbewegung. Sie nutzte bewußt oder unbewußt die sittlich-religiöse Überlegenheit der Frau über den Mann für ihre fleischlichen Emanzipationsgedanken aus nach dem alten schlauenmephistophelischen Rezept: „Sie denken, duckt er da, folgt er uns eben auch.“ Die moderne Frauenemanzipation ist eine naturnotwendige Antwort auf den Abfall der Männer vom Glauben, und sie wird darum nur durch eine neue Erweckung des Glaubens in der Männerwelt wirklich von innen heraus überwunden werden können. Nur voller Heilsglaube macht den von Natur so egoistischen Mann selbstlos genug, das schwächere Gefäß des Weibes mit aller Behutsamkeit und in Wahrheit ritterlicher Gesinnung in die Hand zu nehmen, anstatt es lediglich in brutaler Selbstsucht für sich auszunutzen und danach zu zerbrechen, um dann unter der Rache der Scherben zu leiden. Unglaube treibt immer zum Ehebruch, auch wenn die Welt nichts davon merkt, vielleicht sogar von harmonischem Eheglück redet und schwärmt. Auch die

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geistige Gesamtehe der Geschlechter ist zuletzt durch nichts anderes als durch den Unglauben gebrochen. Soll’s noch wieder einmal wirklich anders werden, auch im Verhältnis der Geschlechter zueinander, dann gilt’s mit ganzem heiligem Ernst: Männer des Glaubens heraus, Männer in Christo, Männer, die mit dem Apostel Paulus sprechen: „Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich zu dem, was da vorne ist. And jage nach dem vorgesteckten Ziel, nach dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu.“ Wenn solche Helden aus diesem Kriege heimkehren, viele solche Männer, dann könnte unserem Volke aus allen seinen Nöten geholfen werden, auch aus seiner Frauennot. Dann erhielte das deutsche Haus wieder seinen gottgewollten Priester und auch unsere Kirche könnte von der Schmach ihrer inneren Entmännlichung geheilt werden. Es würde den kirchlichen Frauen nicht mehr das so unwahre Schauspiel geboten, daß die Kirche äußerlich von Männern regiert wird, die ihr innerlich nicht angehören, und deren kirchlichem Regiment sich zu fügen, ein hartes Ding ist. Unter der Leitung von wirklichen Männern in Christo würde die ganze Mütterlichkeit in des Weibes Seele erwachen, und es könnte ihr nicht mehr schwer fallen, dem Manne untertan zu sein, ihn sonderlich in der Kirche als ihr von Gott geordnetes Haupt zu erkennen um nichts anderes mehr sein zu wollen als solches Hauptes Herz und darin ihr ganzes irdisches Glück zu finden. Dann würde die Frauenfrage sich spielend lösen in der geistlichen Zauberformel: Weder Mann noch Weib, sondern allzumal einer in Christo!

Darum noch einmal: Männer heraus – Männer in Christo!

Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark!

 

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