Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Verständliche Antwort, aber...

Garfield, Wednesday, 04.12.2002, 16:09 (vor 8015 Tagen) @ Jens

Als Antwort auf: Re: Verständliche Antwort, aber... von Jens am 03. Dezember 2002 16:54:49:

Hallo Jens!

"Im östlichen Teil gibt/gab es bis zu 20% Arbeitslose. Die Frage, die sich hier stellt warum?"

Weil die ostdeutsche Wirtschaft eben durch die verfehlte Privatisierungs-Politik der Kohl-Regierung weitgehend zerstört wurde. Dazu kamen noch Machenschaften der "Treuhandanstalt", die selbst laut Strafgesetzbuch kriminell waren. Einige wenige Fälle wurden mehr zufällig durch die Medien aufgedeckt, vieles bleibt aber bis heute Staatsgeheimnis, woran interessanterweise auch die rot/grüne Regierung weiter festhält.

"keine Firma war dort auch nur ansatzweise in der Lage, Produkte herzustellen, die auf dem Weltmarkt eine Chance hatten."

Das stimmt so nicht. Tatsächlich hat die DDR sehr wohl Waren auch in die Bundesrepublik und in andere westliche Staaten exportiert. C&A beispielsweise verkaufte viel Kleidung aus DDR-Produktion. Uhren von Ruhla wurden auch im Westen verkauft. Die Westdeutschen haben das oft nur deshalb nicht mitbekommen, weil auf diesen Produkten dann nicht "Made in East-Germany" stand und sie stattdessen unter westlichen Markennamen verkauft wurden. Ruhla-Uhren beispielsweise bekamen dann Anker als Markennamen aufgedruckt.

Andere Produkte wurden in der DDR für westliche Firmen in Lizenz produziert. Z.B. Videorekorder für Sony oder Schuhe für Salamander. In Rostock gab es eine Textilfabrik, die Kleidungsstücke unter der Marke Shanty vor allem für den westlichen Markt herstellte.

"Leute wurde übermäßig eingestellt - ganz nach dem Motto: wir, in der DDR, haben keine Arbeitslosen."

Das ist richtig. Und tatsächlich gab es in der DDR auch keine unfreiwilligen Arbeitslosen. In der Hinsicht war die Planwirtschaft der Marktwirtschaft definitiv überlegen.

Diese Tatsache muß man aber auch berücksichtigen, wenn man die Produktivität von Ost- und West-Deutschland vergleicht. Natürlich wurde in der DDR aufgrund des teilweise bestehenden Arbeitskräfte-Überhangs oftmals weniger effektiv produziert. Man kann aber nicht einerseits diesen Arbeitskräfte-Überhang als verdeckte Arbeitslosigkeit bezeichnen, andererseits die Produktivität dann aber ohne Berücksichtigung der Arbeitslosen in der Bundesrepublik vergleichen. Für einen realen Vergleich muß man also zur Berechnung der westdeutschen Arbeitsproduktivität auch die Arbeitslosen dort mit einbeziehen. Die sind natürlich zwangsläufig unproduktiv, so daß sich dann schon ein ganz anderes Bild ergibt...

"es gab in der DDR keine Kanalisation, keine Kläranlagen (das meiste ist in einer Sickergrube ins Grundwasser gegangen - das bei jedem Haus)"

In Städten gab es Kanalisation. In Dörfern gab es sie teilweise nur zur Regenwasser-Abführung oder gar nicht. Viele Häuser in den Dörfern hatten Klärgruben, die regelmäßig geleert wurden. In einigen Fällen haben Hausbesitzer ihre Abwässer auch in den nächsten Teich oder Fluß geleitet.

Dabei muß man aber auch sehen, daß in der Bundesrepublik vor einigen Jahrzehnten genau dieselben Zustände herrschten und daß es in vielen kapitalistischen Staaten sogar heute noch wesentlich schlimmer zugeht. Die DDR wird ja immer nur mit der Bundesrepublik verglichen, die nun einmal zu den reichsten und wirtschaftlich stärksten Ländern der Welt gehört. Ein Vergleich beispielsweise mit Griechenland oder mit kapitalistischen Ländern Südamerikas würde ganz anders ausfallen.

"kein richtiges ausgebautes Telefonnetz"

Es gab ein Telefonnetz, aber das war veraltet (teilweise gab es noch Leitungen aus den 20er Jahren). Das ist richtig.

"Wenn Hitler keine Autobahnen gebaut hätte, hätte die DDR nur halb so viele davon"

Das wäre nicht schlimm gewesen. Ein Trabi schaffte eh nur etwa 110-120 km/h (offiziell 105), und ein großer Teil der Güter wurde in der DDR mit der Bahn transportiert. Deshalb gab es keinen großen Bedarf an Autobahnen. Hitler hat die Autobahnen auch nur gebaut, um Arbeitsplätze zu schaffen (wobei er übrigens Mussolinis Vorbild gefolgt ist, denn tatsächlich haben die italienischen Faschisten die ersten Autobahnen bauen lassen) und weil er sich selbst gern im Auto durch Deutschland fahren ließ. Später im Krieg wurde die Masse der Waffen und Soldaten auch mit der Bahn transportiert.

"90% der Straßen, Häuser und Schienenwege waren sanierungsbedürftig.
Unter dem Strich gesehen, hatte dieses Land eine Wirtschaftskraft von nahezu Null (fast alle Firmen und deren Geräte unbrauchbar auf dem Weltmarkt), und was die pro-Kopf Verschuldung angeht: keine Wunder, dass dort keine herrscht, wenn keine öffentlichen Gelder dafür verwendet wurden, die Infrastruktur auszubauen."

Nein Jens, so war das definitiv nicht. Es gab in der DDR sehr wohl Betriebe, die erst in den 80er Jahren neu ausgestattet worden waren und westlichem Standard entsprachen. Wie z.B. die Narva-Werke. Natürlich gab es auch Betriebe, in denen noch Maschinen standen, die man 1945 aus Trümmern gegraben hatte. Aber auch das war nicht die Regel.

Und was die Infrastruktur angeht: Fahr doch mal nach Belgien. Da wird dir auffallen, daß die Gehwege und überhaupt die Verkehrsanlagen etwa so aussehen wie in der DDR. Da gibt es nicht an jeder größeren Kreuzung in einem größeren Dorf eine Ampel. Da gibt es auch nicht so viele Verkehrsschilder wie in Deutschland.

Aber zurück zum Osten: Ich habe ja auch 20 Jahre dort gelebt. In meinem Heimatdorf war die Hauptstraße zur Hälfte asphaltiert, zur anderen Hälfte war es eine Pflasterstraße aus den 50er Jahren. Der Gehweg daneben war ein Sandstreifen. Trotzdem kam man da immer trockenen Fusses von A nach B.

Nach der Wende bekam die Gemeinde Fördermittel und ließ damit u.a. eine Kanalisation legen, die Pflasterstraße erneuern und einen Gehweg bauen. Früher gab es auch so etwas wie eine Kanalisation, aber nur für Regenwasser. Da war an einer tiefergelegenen Stelle einfach links und rechts jeweils ein Loch neben der Straße, dort floß das Regenwasser rein und von da aus führte eine Rohrleitung zu einem Fluß. Das war primitiv, aber es funktionierte jahrzehntelang.

Als nun der Gehweg gebaut war, sah erstmal alles prima aus und viel besser als vorher. Negativ war allerdings schon mal, daß vor den Häusern nun weniger Platz für parkende Autos war.

Dummerweise hatte man aber zur Erneuerung der Pflasterstraße ABM-Leute eingesetzt. Die hatten dafür keine Ausbildung und hatten deshalb auch den Untergrund nicht ausreichend verfestigt. So sackten die Pflastersteine bald mehr oder weniger ab, und schon nach wenigen Monaten sah die Straße wesentlich schlimmer aus als zu DDR-Zeiten.

Der Gehweg war zwar von Fachleuten gelegt worden, jedoch zeigte sich da trotzdem auch bald derselbe Effekt. Der sackte stellenweise ebenfalls ab. An dieser tiefergelegenen Stelle hatte man die beiden Löcher zugeschüttet und stattdessen einen Gully mitten in die Straße gesetzt. Leider sackte sowohl die Straße als auch der Gehweg gerade dort besonders stark ab. Der Gully tat dies leider nicht und stand so bald ca. 10 cm über dem Straßenniveau. Wären die Löcher links und rechts noch dagewesen, hätte der größte Teil des Regenwassers wie früher dort abfließen können. Sie waren aber nicht mehr da, so daß nun gar nichts mehr abfloß. Im Ergebnis dessen gab es dort nach jedem starken Regen nun einen Teich, der die gesamte Straße und auch den Gehweg mehrere Meter weit bedeckte. Es war also nicht mehr möglich, die Dorfstraße ohne Gummistiefel trockenen Fusses zu passieren. Zu DDR-Zeiten hat es so etwas nie gegeben.

Nochmal zurück zu Belgien: Ich weiß nicht, wie hoch die Finanzlage dort aussieht, aber ich vermute mal, daß Belgien keine so hohe Staatsverschuldung hat wie Deutschland. Wenn das so ist, dann liegt das vielleicht auch daran, daß dort kein übermäßiger Aufwand für die Infrastruktur betrieben wird, der letztendlich nur dazu dient, Baufirmen ihren Profit zu sichern? Wäre es nicht sinnvoller, die Mittel, die in Deutschland für Unmengen von Verkehrsinseln, sinnlose Schilderwälder, aufwändig gebaute Gehwege noch bis in den letzten Winkel des allerkleinsten Dorfes, sinnlose Ampelanlagen (hier in der Gegend gibt es in einem Ort beispielsweise 10 m vor einer Ampel an einer Kreuzung noch eine weitere, vollkommen sinnlose Ampel), dazu zu verwenden, die Straßen auszubessern? Soviele Schlaglöcher wie in manchen deutschen Orten findet man in Belgien nämlich auch selten.

"Wären die Firmen wirklich so hochmodern, hätte man die Produktion aufrechterhalten, wobei deren Produkte dann verkauft worden wären."

Nein, eben nicht! Das war ja gerade das Problem. Beispiel Narva-Werke: Wie schon erwähnt waren die Produktionsanlagen dort in den 80er Jahren erneuert worden und entsprachen westlichem Standard. Dementsprechend interessierten sich auch Firmen aus der Branche wie z.B. Philipps dafür.

Was tat nun die "Treuhandanstalt"? Sie plante, das Werk an ein Unternehmen zu verkaufen, das einen guten Ruf hatte - im Immobilienbereich. Also war ja klar, was da wieder laufen sollte: Man übernimmt das riesige Werksgelände für einen symbolischen Kaufpreis, also fast oder ganz umsonst, hält die Produktion noch solange am Laufen, wie man Fördergelder abfassen kann, entläßt dabei aber schon nach und nach die Mitarbeiter, verkauft dann schließlich die Maschinen zum Schrottpreis und fährt dann den dicken Reibach durch Verkauf der Grundstücke und Immobilien ein.

Das war nun doch zu plump eingefädelt, so daß die Presse schnell Wind davon bekam. Die Treuhand war daraufhin gezwungen, diese Aktion wieder abzublasen. In vielen anderen Fällen sind solche Korruptionsgeschäfte völlig reibungslos über die Bühne gegangen.

Und auch wenn die Produktionsanlagen an ein Unternehmen aus der Branche verkauft wurden, dann hieß das noch lange nicht, daß die Produktion dann weiter geführt wurde. Im Kapitalismus kauft man nämlich Produktionsanlagen nicht immer auf, um sie zu nutzen, sondern häufig einfach deshalb, um die Konkurrenz auszuschalten.

Beispiel Kali-Förderung: Die DDR war der weltweit größte Kali-Produzent. Auch in der Bundesrepublik wurde Kali gefördert. Schon zu DDR-Zeiten hatte die Bundesrepublik deshalb mit der DDR vereinbart, daß sie kein Kali-Salz in den Westen verkaufen darf. Jetzt nach der Wiedervereinigung galt das so nicht mehr. Der westdeutsche Kali-Produzent gehört der BASF, die ihn aber nur als Steuerabschreibungsmöglichkeit nutzt. Die Förderung war schon lange unwirtschaftlich und wird wohl auch heute noch subventioniert.

Nun plante ein kanadisches Unternehmen, die ostdeutsche Kaliförderung zu übernehmen und so in den europäischen Markt einzusteigen. Das wäre für diesen westdeutschen Kali-Produzenten tödlich gewesen. Also ließ er seine Beziehungen spielen, und schon gab die Treuhand die ostdeutschen Kaligruben nicht an die Kanadier, sondern an dieses westdeutsche Unternehmen. Das faßte noch einige Jahre lang enorme Fördermittel ab, entließ so nach und nach alle Mitarbeiter in den ostdeutschen Kaligruben und stellte die Förderung schließlich ganz ein.

"Jenoptik z.B. hat das gemacht und der Betrieb lief gut, wobei dort es schon relativ modern war."

Carl Zeiss Jena konnte man schlecht platt machen. Die Firma hatte immer noch Weltruf und hat ja auch zu DDR-Zeiten immer auch für den westlichen Markt produziert. So wie bei diesem Betrieb hätte es auch mit anderen Betrieben laufen müssen. Leider ist es aber nicht so gewesen.

"Was war den das Konzept von Rohwedder genau?"

Grob ausgedrückt bestand es darin, die ostdeutschen Unternehmen nicht sofort zu verscherbeln, sondern erst einmal zu sanieren und dann erst zu verkaufen oder auch eigenständig weiter wirtschaften zu lassen, wenn sie dazu in der Lage waren.

Das hätte zunächst natürlich höhere Kosten verursacht, wäre auf lange Sicht gesehen aber wesentlich billiger gewesen. Denn jetzt haben wir im Osten eine wirtschaftliche Wüste mit einigen vereinzelten Oasen, und die Kosten dafür werden uns noch jahrzehntelang belasten.

Und wenn man aber schon unbedingt alles möglichst schnell verscherbeln mußte, dann hätte man dafür wenigstens angemessene Preise nehmen müssen. Allein die Grundstücke und Immobilien waren ja häufig schon -zig Millionen wert.

"Du hast den von mir verlinkten Artikel nicht durchgelesen."

Stimmt, dafür hatte ich leider nicht die Zeit. Die Staatsverschuldung der DDR war aber tatsächlich geringer als die der Bundesrepublik.

"Die SPD ist - wie man sieht - dazu noch weniger in der Lage. Wie bereits gesagt. 1998 ist die Neuverschuldung wieder gesunken. Durch die SPD hat sie sich nun 2002 fast wieder verdoppelt."

Die SPD ist dazu genauso wenig in der Lage wie die CDU, weil sie gar nicht den Willen dazu hat. Die SPD hat aber zumindest den Vorteil, daß sie auf ihre speziellen Wählergruppen Rücksicht nehmen muß. Sie wird eben öfter von Arbeitern und Angestellten - also von der Mehrheit der Bevölkerung - gewählt als die CDU.

Fakt ist jedenfalls, daß weder das deutsche Sozialsystem noch die Geschenke für die Wirtschaft in der jetzigen Form noch lange finanzierbar sind. Die SPD ist durchaus auf dem richtigen Weg, wenn sie Gewinne aus Aktien- oder Immobilienverkäufen stärker besteuern will. Wenn nämlich jemand mit einem einzigen Mausklick mehr Geld verdienen kann als ein einfacher Arbeiter oder Angestellter in seinem ganzen Leben, dann ist das ein deutliches Zeichen dafür, daß am System einiges faul ist.

Es kann nicht sein, daß es sich Menschen nur aus Faulheit in unserem sozialen Netz bequem machen, es kann aber auch nicht sein, daß Reiche allein durch Zinsgewinne, also ohne irgendetwas dafür zu tun, immer reicher werden und somit immer mehr Vermögenswerte in den Besitz immer weniger Personen gelangen.

Alles das gibt es in unserer Gesellschaft, und das allein ist ein deutliches Anzeichen dafür, daß hier einiges schief läuft. Nur leider hat bislang keine Partei ein wirklich brauchbares Konzept dagegen entwickelt.

"Wenn die Luxushotelkette ständig expandiert und dabei fast seine ganzen Gewinn dafür ausgibt, ist die Unternehmensbilanz steuerlich gesehen null."

Es gibt noch andere Möglichkeiten, Steuern zu sparen, als Gewinne in neue Produktionsanlagen zu investieren. Diese Möglichkeit wird sogar eher selten genutzt. Denn so schafft man letztendlich nur Überkapazitäten und drückt die Preise herunter. Und der Kapitalismus beruht aber gerade darauf, daß es immer einen relativen Mangel an allem gibt. Denn wodurch macht man denn Gewinn? Dadurch, daß man für eine Ware oder Dienstleistung mehr als Gegenleistung verlangt, als man selbst dafür aufgewendet hat. Wenn aber eine Ware oder Dienstleistung in Überfluß angeboten wird, sind die Käufer auch entsprechend weniger bereit, dafür Preise zu zahlen, die deutlich über dem tatsächlichen Wert liegen. Nur wenn das Angebot immer mehr oder weniger hinter der Nachfrage zurückbleibt, kann man mehr oder weniger hohe Gewinne einfahren. Deshalb wird dieser zur Profitmaximierung benötigte Mangel ja durchaus auch künstlich erzeugt, indem man bereits hergestellte Produkte wieder vernichtet. Volkswirtschaftlich gesehen ist das eine schwachsinnige Verschwendung, aber es ist nötig, um die Gewinnspannen zu erhalten. Und im Kapitalismus geht es eben nicht primär darum, zu produzieren, sondern es geht vor allem darum, durch die Produktion oder durch Dienstleistungen Gewinn zu erwirtschaften.

Wenn man also bereits ausreichende Kapazitäten hat (und da gibt es immer eine Grenze), dann spart man z.B. Steuern dadurch, daß man einzelne Betriebe mit Verlust wirtschaften läßt. Das ist manchmal sogar aus marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten nötig. Oft traut man sich nicht, neue Produkte in hoher Stückzahl herzustellen, weil man sich nicht sicher ist, ob diese Produkte dann auch von den Kunden angenommen werden. Also produziert man eben erstmal kleine Stückzahlen und wartet ab, wie sich der Absatz entwickelt. Um den Absatz anzukurbeln, darf man natürlich keine zu hohen Preise ansetzen, und so verkauft man die Produkte erstmal häufig zu den Preisen, die man später auch bei der Großserienproduktion ansetzen will. Da man aber noch nicht in Großserie und damit weniger effektiv produziert, decken diese Preise anfangs häufig nicht die Herstellungskosten. Dieser Verlust wird dann durch Steuereinsparungen aufgefangen.

Oft geht man durchaus auch soweit, einen bestimmten Bereich ständig mit Verlust wirtschaften zu lassen (wie das eben z.B. die BASF mit diesem Kali-Produzenten macht), nur um damit zum einen Steuern zu sparen und zum anderen Fördermittel vom Staat zu kassieren.

Aber zurück zur DDR:

Diese eben erwähnte Kleinserienproduktion war auch einer der Gründe, wieso manche Zweige der DDR-Wirtschaft so unproduktiv waren. Die DDR war in manchen Bereichen im Ostblock technologisch führend. Das klingt erstmal gut, war tatsächlich für die Wirtschaft der DDR aber ganz übel. So konnte man viele Dinge wie z.B. elektronische Bauteile nicht aus anderen Ostblock-Ländern beziehen. Die Bundesrepublik war auch nicht in jedem Bereich technologisch führend. Wenn ein westdeutsches Unternehmen z.B. einen Großrechner brauchte, kaufte es sich diesen Rechner eben in den USA. Das konnte die DDR nicht tun, da die westlichen Staaten Embargolisten aufgestellt hatten für Produkte, die grundsätzlich nicht in die DDR oder in andere Ostblockländer geliefert werden durften. Während also ein westdeutsches Unternehmen sich einfach bestimmte Geräte in den USA oder in Japan kaufte, mußte in der DDR vieles selbst entwickelt werden. Es ist aber keinem Land der Welt, nicht einmal den USA, möglich, technologisch in sämtlichen Bereichen an der Weltspitze zu stehen. Dieser Umstand wirkte sich auf die DDR mehrfach negativ aus:

Erstens mußte so immer wieder in die Entwicklung neuer Technolgien investiert werden, und zwar auch dann, wenn es dafür nur wenige Anwendungsmöglichkeiten gab, sich diese Investitionen also eigentlich gar nicht lohnten.

Zweitens konnte man die so entwickelten Geräte oder Bauteile nicht immer in die übrigen Ostblockstaaten exportieren. Denn die hingen technologisch oft soweit zurück, daß sie dafür keine Anwendungsmöglichkeiten hatten. Export ins westliche Ausland war aber auch nicht immer möglich. Gerade bei Elektronik-Produkten hätte sich kein westliches Land von einem Ostblockland abhängig gemacht. So hat beispielsweise der 1MB-Speicherchip, der in den 80er Jahren in der DDR entwickelt wurde, ebenfalls nirgends Abnehmer gefunden. Man bekam also häufig die Investitionen in neue Technologien nicht mehr herein.

Drittens war es ja eben ganz und gar unmöglich, technologisch auf so vielen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. So mußte sich die DDR-Wirtschaft zwangsläufig auf einigen Gebieten mit Technologie begnügen, die nicht auf dem aktuellsten Stand war.

Viertens kam es so immer wieder vor, daß bestimmte Geräte oder Bauteile nur für den eigenen Bedarf in geringer Stückzahl und damit eher uneffektiv produziert wurden. Da man diese Produkte aber anderweitig nicht bekommen konnte, mußte man es trotzdem tun. Ähnlich war die Situation bei der Rohstofförderung. Rohstoffe wie Kupfer oder Schwefel wurden in der DDR nur deshalb unter so unwirtschaftlichen Bedingungen gefördert, weil sie anders nicht zu bekommen waren.

Der Grund für diese Mißstände lag häufig eben nicht im sozialistischen System, sondern einfach in der Tatsache, daß westliche Staaten bestimmte Produkte einfach nicht in die DDR lieferten, ihr damit also ganz bewußt Steine in den Weg legten.

Und das waren ja nicht die einzigen Hindernisse, die die DDR zu überwinden hatte. Während im Westen nach dem Krieg nur wenige Betriebe demontiert wurden, nahmen die Russen im Osten alles mit, was sie irgendwo finden konnten. Die demontierten nicht nur Fabriken und rissen Eisenbahnschienen aus der Erde, die sie dann samt Waggons und Lokomotiven mitnahmen, sondern sie rissen in Kasernen und öffentlichen Gebäuden auch noch Wasserrohre aus den Wänden und demontierten die sanitären Einrichtungen.

Während der Bundesrepublik die Kriegs-Reparationen bald erlassen wurden, zahlte die DDR noch jahrzehntelang weiter. So kam es, daß die Ostdeutschen 98% der deutschen Kriegsreparationen geleistet haben. In der Wendezeit haben westliche Experten mal ausgerechnet, welche Summe die Bundesrepublik an den Osten Deutschlands zahlen müßte, um diese Leistung gerecht auszugleichen. Sie kamen dabei auf eine Gesamtsumme von ca. 650 Milliarden DM. Das waren Mittel, die die DDR-Wirtschaft dringendst benötigt hätte, um in moderne Produktionsanlagen zu investieren, die dort aber jahrzehntelang abgezogen wurden.

Und während die Bundesrepublick vom Marshall-Plan profitierte, bekam die DDR keine derartige Unterstützung.

Dazu kam noch, daß es im Gebiet der DDR zwar schon vor dem Krieg durchaus Industrie gegeben hat, aber nicht sonderlich viele Bodenschätze. Abgesehen von Braunkohle und Kalisalz war die DDR ein rohstoffarmes Land. Industrie kann man wieder aufbauen, Rohstoffvorkommen jedoch nicht. Der Westen Deutschlands hatte noch das Ruhrgebiet und bald auch wieder das Saarland. Wie sang Herbert Grönemeyer so schön über Essen: "Dein schwarzes Gold hat uns wieder hochgeholt."

Deshalb kann man die BRD und die DDR gar nicht wirklich vergleichen. Man vergleicht dann nämlich einen Staat, der nach dem Krieg so gute Ausgangsbedingungen hatte, daß er sogar fast alle Siegermächte des Krieges bald wirtschaftlich abhängte, mit einem Staat, der immer wieder Hindernisse im Weg hatte - und trotzdem zu den wirtschaftlich stärksten Ländern der Welt gehörte.

Der DDR wurde und wird häufig Mangelwirtschaft vorgeworfen. Wie oben schon angedeutet, ist der Begriff des Mangels aber relativ. Beispielsweise gab es Engpässe bei der Versorgung der Bevölkerung mit Autos. Tatsächlich hatte die DDR aber einen höheren Motorisierungsgrad als viele kapitalistische Länder. Noch deutlicher wird das an folgendem Beispiel:

Im Bezirk Rostock gab es zu DDR-Zeiten in manchen Regionen Probleme mit der Wasserversorgung, insbesondere in den Sommer-Monaten. Auf den ersten Blick könnte man ja nun meinen, daß das wüste Zustände waren, und daß der Sozialismus noch nicht einmal fähig war, den Menschen genügend Trinkwasser zur Verfügung zu stellen.

Dazu muß man aber schon mal wissen, daß lebensnotwendige Dinge wie Lebensmittel, Mieten, Wasser oder Strom in der DDR in hohem Maße vom Staat subventioniert wurden. Das war die berühmte "zweite Lohntüte", die man übrigens auch beim Vergleich der Einkommen in Ost und West einbeziehen muß. Wasser war also in der DDR sehr billig. Es ist ein volkswirtschaftliches Grundgesetz, daß niedrige Preise einen hohen Verbrauch zur Folge haben. Genau das wirkte sich nun auch in der DDR aus. Viele Kleingärtner machten sich da nicht die Mühe, Regenwasser in Tonnen zu sammeln und das dann mit Kannen in den Garten zu schleppen. Nein, die schlossen einfach einen Schlauch an einen Wasserhahn an und sprengten dann mit Trinkwasser ihre Gärten.

Als nach der Wende die Wasserpreise schnell an westliches Niveau angepaßt wurden, sank auch der Wasserverbrauch entsprechend ab. Schon kurz nach der Wiedervereinigung hatte er sich in etwa halbiert.

Und nun stell dir mal vor, was passieren würde, wenn jetzt auf einmal alle Bundesbürger doppelt soviel Wasser verbrauchen würden! Da würden die Wasserwerke auch nicht mehr hinterherkommen. Es würde überall in Deutschland Engpässe in der Wasserversorgung geben. Natürlich würde man das in den Griff bekommen. Aber nicht von heute auf morgen und nicht ohne große Investitionen. Man müßte die Bevölkerung zum Wassersparen aufrufen und schlimmstenfalls tatsächlich zeitweise die Hähne abdrehen und Wasser nur noch rationiert vom Wasserwagen ausgeben. Daran kannst du in etwa ersehen, was allein die ostdeutschen Wasserwerke zu DDR-Zeiten leisten mußten. Und in anderen Bereichen war das ähnlich.

Das war natürlich eine Folge der übertriebenen Subventions-Politik Honeckers. Aber auch das hat nichts mit dem sozialistischen System an sich zu tun, und auch nicht damit, daß die Wirtschaft der DDR zu wenig leistungsfähig gewesen wäre.

Wenn nun heute trotzdem behauptet wird, daß es in der DDR ja nur Müll und Schrott gegeben hätte, dann dient das einfach nur dazu, das gigantische Versagen der Kohl-Regierung beim Prozeß der Wiedervereinigung zu verschleiern.

"Diese Möglichkeiten hat der Mittelstand nicht. Deshalb trägt er die Hauptsteuerlast."

Richtig. Die Haupsteuerlast trägt allerdings auch nicht der Mittelstand. Die wichtigste Geldquelle für den Staat sind nämlich nicht die Unternehmenssteuern, sondern es ist die Lohnsteuer. Richtig ist aber, daß bei den Unternehmenssteuern nicht die Großkonzerne den Löwenanteil beitragen, sondern der Mittelstand. Auch das hat die CDU mit verursacht.

Die SPD hat jetzt endlich mal ein durchaus sinnvolles Projekt ins Leben gerufen: Jedes Unternehmen, das Arbeitslose einstellt, bekommt dafür von der Regierung einen günstigen Kredit bei einer Bank vermittelt. Das finde ich gut und hoffe, daß es auch korrekt durchgezogen wird. Ich glaube zwar nicht, daß sich dadurch die Arbeitslosigkeit wesentlich senkt, aber so kommen mittlere und kleine Unternehmen wenigstens an günstige Kredite. Allerdings ist auch da wieder zu befürchten, daß da illegale Machenschaften abgezogen werden. Ich weiß jetzt nicht genau, ob der Staat dann auch für diese Kredite bürgt. Wenn ja, könnte das von diversen Geschäftemachern natürlich mißbraucht werden. Schon jetzt wird auch ein Konkurs durchaus manchmal als Bereicherungsmöglichkeit genutzt.

"Nebenbei gesagt verdient hingegen ein Bundestagsabgeordneter mit 6852 EURO ganz gut. Und ist dieser Alleinverdiene zahlt er im Jahr sage und schreibe etwas mehr als 9000 Euro - noch nicht mal 10%. Rentenbeitrag zahlen sie auch nicht, kein Beamter zahlt eine müde Mark Rentenbeitrag. Trotzdem bekommt ein Politiker wie z.B. Hans Eichel eine Rentenvergütung, wie ein Mensch, der schon im 16. Jahrhundert angefangen hat zu arbeiten und in die Rentenkasse gezahlt hat. Schröder ändert das nicht - aber er setzt immerhin eine tolle "Null-Runde" ein, was die Erhöhung der Diäten auf über 7000 Euro verhindert - WAHNSINN. Er ist genauso ein geldgeiles Würstchen!"

Das ist korrekt. Das war alles schon zu Kohls Zeiten so, und unter Kohl wurden auch die Abgeordneten-Diäten massivst erhöht, allein schon in Hinblick auf die zu erwartenden Preissteigerungen nach der Euro-Einführung. (Wobei sich CDU und SPD übrigens plötzlich völlig einig waren.) An diesem Privilegien-Sumpf für Politiker und hohe Beamte wird wohl auch keine Partei freiwillig etwas ändern. Übrigens wurden gegen Ende der Regierungszeit Kohls noch fleißig diverse Mitarbeiter in verschiedenen Ministerien befördert, um damit ihren Pensions-Anspruch zu erhöhen. Dieser ganze Wahnsinn ist ebenfalls nicht mehr lange finanzierbar.

"Nur hat er wesentlich weniger Kompetenzen als die CDU."

Hm, ich würde es eher so ausdrücken: Er ist da genauso wenig kompetent wie die CDU-Führung.

"Unter der SPD: eine Erhöhung nach der anderen: nicht nur Steuern sondern auch Krankenkassenbeiträge."

Das war doch unter Kohl dasselbe.

"Irgendwann muß doch dem letzten Penner aufgefallen sein, daß das System langsam am Scheitern ist - von wegen die Renten sind "sicher". Das ist ein Heuler!"

Ich bin jetzt 32 und rechne nicht mehr mit einer nennenswerten Rentenzahlung. Wer soll denn meine Rente zahlen? Der Staat verpraßt jetzt meine Beiträge, und wenn ich dann mal ins Rentenalter komme, wird es das heutige soziale System so nicht mehr geben. Und selbst wenn es die staatliche Rentenversicherung dann noch gibt, dann wird kaum noch jemand Arbeit haben und somit wird auch kaum noch jemand Rentenbeiträge einzahlen.

Die Rentenversicherung bedeutet für mich, daß ich im Alter vielleicht eine mehr symbolische Rente bekommen werde, die die Lebenshaltungskosten nicht im entferntesten abdecken wird, daß mir andererseits aber jetzt dafür unverhältnismäßig hohe Beiträge aus den Taschen gezogen werden, was mich daran hindert, wirklich fürs Alter vorzusorgen. Und falls die Riester-Rente (wie schon angedroht) tatsächlich Pflicht werden sollte, dann wird das noch schlimmer. Da kriegt man dann obendrein später auch noch Steuern von der mickrigen Rente abgezogen.

"In den nächsten vier jahren wird man sich noch umschauen, wieviele Leute arbeitslos werden, weil zu wenig gekauft wird."

Die schauen sich ja jetzt schon um, und können gar nicht verstehen, wie das wohl passieren konnte, daß die verblödete Schafherde, für die sie uns offenbar halten, doch tatsächlich die Euro-Abzocke bemerkt hat.

"Das tolle ist nur: dank Schröder werden sie alle aus der Statistik genommen - dieses Lügenpack!"

Das hat doch auch schon Kohl so praktiziert. Schon Mitte der 90er Jahre wurde die reale Arbeitslosenzahl auf 7-8 Millionen geschätzt. Da man aber Frührentner, ABM-Beschäftigte oder Umschüler nicht zu den Arbeitslosen zählte, waren's eben "nur" 3-4 Millionen...

Hier in NRW wurden etwa 1,5 Jahre vor der letzten Bundestags-Wahl Umschulungskurse des Arbeitsamtes plötzlich massenweise gestrichen. Das betraf viele Arbeitslose, die sich Hoffnungen auf eine neue Chance in einem neuen Beruf gemacht haben oder vielleicht noch gar keinen Beruf erlernt hatten. Der Grund dafür war eindeutig: Kurz vor der Wahl wollte man die so eingesparten Mittel wieder aus dem Hut zaubern und dann so tun, als würde man eine große Umschulungs-Offensive starten und dabei so nebenbei auch noch wieder einige Arbeitslose aus der Statistik mogeln.

Das wurde unter Kohl aber genauso gemacht. Da kommt dann sogar noch dazu, daß die Wirtschaft versucht, die Arbeitslosenzahlen entsprechend ihren Wünschen an die Zusammensetzung der zukünftigen Regierung zu beeinflussen. Als die CDU noch an der Macht war, fiel häufig auf, daß sich kurz vor der Wahl die Arbeitslosenzahlen ein wenig besserten. Jetzt läuft das umgekehrt. Mein Bruder ist gerade arbeitslos. Als er sich kurz vor der Bundestagswahl mal irgendwo vorstellte, wurde ihm gesagt, daß sie da momentan niemanden einstellen. Er solle wiederkommen, wenn die CDU an der Macht wäre...

Ich sehe schon, daß wir uns in Bezug auf die Situation in Deutschland völlig einig sind. Allerdings fürchte ich, daß du dir Illusionen machst, wenn du tatsächlich glaubst, daß die CDU irgendetwas grundlegend ändern würde. Aber das wirst du nach der nächsten Bundestagswahl schon deutlich spüren. Denn ich glaube nicht, daß rot/grün in 4 Jahren noch an der Macht sein wird.

Freundliche Grüße
von Garfield


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