Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Verständliche Antwort, aber...

Garfield, Friday, 13.12.2002, 16:00 (vor 8202 Tagen) @ Jens

Als Antwort auf: Re: Verständliche Antwort, aber... von Jens am 11. Dezember 2002 19:52:06:

Hallo Jens!

Erstmal zum besseren Verständnis: Es geht mir keineswegs darum, die Verhältnisse in der DDR zu verklären und ihre negativen Seiten zu verleugnen. Es geht mir einzig und allein darum, daß einerseits die DDR auch positive Seiten hatte und andererseits die Bundesrepublik eben auch ihre negativen Seiten. Ideal wäre gewesen, die positiven Seiten beider Staaten zu vereinigen. Tatsächlich wurde aber in der DDR bis auf den grünen Pfeil alles rücksichtslos plattgemacht, die negativen Seiten der Bundesrepublik weiter verstärkt und die positiven zurückgedrängt. Alles zum Wohle des Maximalprofits.

"Rate mal, warum Westdeutsche Fernsehsender Ihre Sendemasten auch noch and die Deutsch-Deutsche-Grenze gelegt haben?"

Ja, eben aus Propaganda-Gründen.

"In der DDR Zeitung konnte man Bilder von Demonstrationen finden, bei der die Menschen in der BRD mehr Gehalt fordern. Damit sollte gezeigt werden, daß es den Menschen in der BRD schlechter ging als im eigenen Land..."

Natürlich wurde auch von der DDR-Seite Propaganda betrieben. Meine Bemerkungen dazu bezogen sich nur auf deine Behauptung, daß es im Westen so etwas gar nicht gegeben hätte.

Der Unterschied zwischen der Propaganda in der DDR und in der Bundesrepublik bestand darin, daß die DDR-Propaganda wesentlich plumper und damit viel leichter zu durchschauen war.

"Heute frage ich mich, warum die Menschen das alles wieder vergessen haben. Warum Menschen vergessen, wofür sie auf die Straße gingen und was sie gerufen haben: "Wir sind ein Volk". Heute alles vergessen. Traurig!"

Bei den Demos im Osten ging es aber zunächst gar nicht um die Wiedervereinigung! Es ging um mehr Demokratie, also eben um eine deutliche Umgestaltung der DDR nach dem Beispiel der Sowjetunion. Der in früheren Zeiten von der SED-Führung herausgegebene Slogan "Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen" bekam nun auf einmal eine ganz neue Bedeutung, die der SED-Führung gar nicht genehm war. Die politische Leitfigur für viele Ostdeutsche war Ende der 80er Jahre nicht Helmut Kohl, sondern Michail Gorbatschow. Die Hauptlosung der Demonstranten lautete zunächst "Wir sind das Volk", und das ist ein großer Unterschied! Damit war nämlich gemeint, daß die DDR-Bevölkerung es satt hatte, von verkalkten Greisen ohne Bezug zur Realität bevormundet zu werden, und das angeblich "zum Wohle des Volkes".

Woher dann so ab ca. Ende 1989 plötzlich die Losung "Wir sind EIN Volk" kam, ist bis heute nicht geklärt. Die Gruppierungen, die die Demos organisiert haben, haben sie wahrscheinlich nicht ausgegeben. Es ist gut möglich, daß da vom Westen etwas nachgeholfen wurde.

"Der Verlust lag nämlich nicht vorwiegende in den Subventionen (die deiner selbigen Aussage weiter unten zu Folge ja erst zu Honeckers Zeiten richtig losbrachen), auch nicht an ein bißchen Kupfer, sondern ausschließlich an der Tatsache, daß immer mehr Menschen aus der DDR in die BRD gingen..."

Ich habe auch nie behauptet, daß der wirtschaftliche Schaden durch Schmuggel der einzige Grund für den Mauerbau war! Es ist richtig, daß mehrere Millionen Menschen (über 2 Millionen, soweit ich mich erinnere) die DDR verlassen haben, weil in der Bundesrepublik der Lebensstandard höher war. Da die Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik damals ja noch wesentlich niedriger war, war es auch einfacher, Arbeit zu finden und dann den westdeutschen Wohlstand zu genießen.

Diese Tatsache muß man aber auch noch bedenken, wenn man die wirtschaftliche Leistung der Bundesrepublik mit der der DDR vergleicht. Es waren ja häufig (auf Kosten der DDR) gut ausgebildete Facharbeiter, die das Land verließen. Als die westdeutsche Wirtschaft noch händeringend Arbeitskräfte suchte, waren die dort hochwillkommen. In der DDR jedoch fehlten sie dann.

Fakt ist jedenfalls, daß der DDR durch die offene Grenze dieser Schaden von 100 Milliarden DM entstanden ist, und das ist keine Propaganda-Behauptung aus DDR-Zeiten, sondern das Ergebnis einer Berechnung westlicher Experten! Ob da auch die Verluste durch Abwanderung von Arbeitskräften mit einberechnet wurden oder ob sich das nur auf die Verluste durch Schmuggel und Abkauf von subventionierten Erzeugnissen bezog, weiß ich nicht.

"Die Mauer war NUR dazu da, die Menschen in der DDR zu behalten, und nicht, wie du behauptest, sich vor Kapitalisten und Kriminellen aus der BRD zu schützen, denn für die war die Grenze weiterehin offen."

Ja, ich denke auch, daß die Mauer vor allem deshalb gebaut wurde, um die Menschen am Auswandern zu hindern. Die Probleme mit Schmuggel hätte man auch durch bessere Bewachung der Grenzen lösen können, oder durch eine Mauer, die an wenigen Punkten offen gewesen wäre, die man dann relativ leicht hätte kontrollieren können. Übrigens stammten die Kriminellen, die irgendwelche Materialien in der DDR stahlen und im Westen verkauften, ja nicht nur aus dem Westen. Es waren auch DDR-Bürger, die das taten und sich so noch etwas hinzuverdienten.

Aber da die DDR ja eben aufgrund der zusätzlichen Hindernisse gegenüber der BRD von vorneherein im Nachteil war und der BRD obendrein noch Hilfen zuteil wurden, die die DDR nicht bekam, war es doch ganz klar, daß die DDR deshalb eben auch nicht so viel erreichen konnte und daß auch der Lebensstandard der Menschen nicht so hoch sein konnte wie im Westen. Durch noch höhere Abwanderung hätte sich diese Situation noch verschärft. Was also hätte man sonst tun sollen?

Die einzige andere Lösung wäre damals eine sofortige Wiedervereinigung gewesen. In den 50er/60er Jahren war der Unterschied zwischen Ost- und West-Deutschland noch gar nicht so groß, so daß das wohl weniger Probleme gegeben hätte als dann 30 Jahre später.

Aber die Siegermächte des zweiten Weltkrieges hätten einer deutschen Wiedervereinigung damals nicht zugestimmt. Und so nahm dann eben der Kalte Krieg auch in Deutschland seinen Lauf...

"Wenn Schiffe der Volksmarine in der Ostsee patrouillierten, kam es immer wieder vor, daß Jagdbomber der westdeutschen Marinefliegereinheiten Scheinangriffe auf die ostdeutschen Schiffe flogen."

"1. Was willst du mir damit sagen?"

Na, daß der Kalte Krieg keineswegs nur von der DDR-Seite ausging!

"2. Wo hast du denn das gelesen?"

Ich könnte dir dazu Quellen nennen, wo du das alles und noch mehr nachlesen kannst. Das sind Bücher, die erst nach 1990 veröffentlicht wurden, also eben nicht aus DDR-Zeiten stammen. Falls es dich wirklich interessiert, kann ich das gern tun. Das gilt auch für alles andere, was ich hier schreibe.

"Über eines bin ich mir mitlerweile im Klaren geworden: in der DDR war über 50% Prozent von dem was in der Zeitung stand erstunken und erlogen."

Jain. Propaganda wird meist so betrieben, daß man wirkliche Geschehnisse aufgreift und sie dann verzerrt wiedergibt. Sich einfach etwas aus den Fingern zu saugen, ist zu plump und wird zu schnell durchschaut. Die DDR-Propaganda war zwar plump, aber so plump dann doch wieder nicht. Wenn man zwischen den Zeilen las, konnte man sich auch aus DDR-Zeitungen ganz gut informieren. Manche Infos wurden allerdings komplett unterschlagen (z.B. eben die Tatsache, daß auch die Sowjets überirdische Atomtests gemacht haben, bei denen ebenfalls Menschen verstrahlt worden sind). In westlichen Medien werden allerdings auch manche Infos der Öffentlichkeit weitgehend vorenthalten. Die Medien sind nämlich auch in der Bundesrepublik nicht so frei, wie man glauben könnte. Zwar wird die Pressefreiheit gesetzlich garantiert, jedoch haben die großen Parteien auch in Medienunternehmen Geld investiert und können so darüber mitbestimmen, worüber dort berichtet wird und worüber nicht. Oftmals ist es auch nicht so, daß über etwas, daß den Mächtigen nicht ins Konzept paßt, gar nicht berichtet wird, sondern man berichtet nur mal kurz am Rande darüber und müllt diese manchmal entscheidenden Informationen mit Unmengen von absolut unwichtigen Dingen zu.

"Menschen durften sich doch nicht aus erster Hand informieren."

Ja, glaubst du denn ernsthaft, daß wir uns immer aus erster Hand informieren können? Wie schon mal erwähnt, sind viele Korruptionsgeschäfte der Treuhand-Anstalt bis heute Staatsgeheimnis. Und du wußtest nicht nur nichts von diesem Vertrag, der den Verkauf der ostdeutschen Zigarettenmarke F6 im Westen verbietet, sondern hast solche Verträge sogar noch für rechtswidrig gehalten. Somit bist du doch das beste Beispiel dafür, wie gut die Desinformation bei uns in Deutschland funktioniert.

"Die ganzen Propaganda-Filme über den Wachschutz an der Mauer waren einfach lachhaft. Da wurde das tatsächlich so dargestellt, als müßte man verhindern, daß der Feind aus Westdeutschland über die Mauer stürmt. All die ganzen Aufsätze in der Schule (warum DDR besser als BRD), die Zeitungsartikel: überall nur zurechtgebogen und zurechtgelogenes Zeug."

Zurechtgebogen ja. Gelogen nur sehr selten. Die Mauer wurde in der DDR-Propaganda immer als "antifaschistischer Schutzwall" bezeichnet... Aber irgendetwas mußte man der westlichen Propaganda eben entgegen setzen. Die Wahrheit wollte man den Menschen eben nicht sagen, und das wollen die Mächtigen in Politik und Wirtschaft heute genausowenig.

"Hinzukommt noch die Regelung und das Ziel der STASI: jeder Direktor einer Schule, jeder Professor einer Uni muß absolute Treue zu Partei haben, sprich Mitglied sein. Desweiteren war Ziel: Inoffizielle Mitarbeiter, anders genannt Spitzel, sollten sein in jeder Klasse, in jeder Uni, in jeder Kasernenstube. Kontrolle, Steuerung und Erziehung - alles wurde erreicht mit Informationsrückhalt, Bespitzelung und Drohung."

Das ist richtig, obwohl du es nun sehr drastisch ausgedrückt hast.

"Wie groß ist nun die Wahrscheinlichkeit, daß deine obige Geschichte von Grund auf richtig ist?"

Ich sehe da keinen Widerspruch, denn meine Quellen stammen eben zum großen Teil gar nicht aus DDR-Zeiten (abgesehen von den Dingen, die ich dort selbst erlebt habe).

"Eine Frage habe ich mal: welchen Zweck haben denn die Scheinangriffe - auch wenn es sie gegeben hat. Entweder waren die Leute unheimlich blöd einen 3. Weltkrieg zu riskieren, der damit anfängt, daß im Falle eines Angriffs der Russen eine 3-stellig Anzahl von Atombomben auf die Deutsch-Deutsche-Grenze gefallen wäre - den Amis sei dank. Das verstehe ich nicht ganz."

Oft wurde das von Piloten oder Kapitänen aus eigenem Antrieb gemacht. Bei den westlichen Marinefliegern ist es wohl eher "just for fun" geschehen. Bei eigenen Schiffen oder Schiffen aus befreundeten Ländern hätten sie sowas nicht machen können, weil das sofort an ihre Vorgesetzten gemeldet worden wäre und sie dann Ärger bekommen hätten. Aber beim "Gegner" konnte man das ruhig mal machen.

Bundesdeutsche Schiffsbesatzungen versuchten immer wieder, ostdeutsche Marineangehörige zu irgendwelchen Aktionen zu bewegen, die man gut fotografieren konnte, oder auch zur Flucht. Da wurde dicht an Volksmarine-Schiffe vorbeigefahren und dabei Seile ins Wasser geworfen. Oder man warf Zigaretten und andere Kleinigkeiten auf die ostdeutschen Schiffe, um dann zu fotografieren, wenn ein Matrose die Sachen aufhob. Manchmal wurde auch freundlich gewinkt, und wenn ein Ostdeutscher zurückwinkte, wurde sofort fotografiert. Die Fotos konnte man an die Presse verkaufen, wo sie dann mit Texten wie "Matrose der Marine der sogenannten "DDR" winkt sehnsuchtsvoll in den Westen" veröffentlicht wurden. Deshalb wurde auf östlicher Seite den Seeleuten bald verboten, irgendwelche Gegenstände aufzuheben, die von westlichen Schiffen herübergeworfen wurden, und sie durften auch nicht zurückwinken. Da viele es aber als unhöflich empfanden, einfach stur stehen zu bleiben, wenn westliche Seeleute freundlich winkten, wurde schließlich angeordnet, daß man dann eben mit roten Tüchern zurück winken solle. Als das dann getan wurde, winkten die westlichen Seeleute auf einmal seltener. Rote Tücher waren eben kein Motiv, das von der westlichen Presse gewünscht wurde.

Das klingt heute natürlich alles albern, aber das ist so passiert.

Das mit den Scheinangriffen wurde teilweise als zusätzliche Übung gesehen, aber auch als Drohgebährde. Oft versuchte man auch einfach, Schiffe der anderen Seite zu irgendetwas zu bringen, was man propagandistisch ausschlachten konnte. Z.B. in fremde Hoheitsgewässer einzudringen oder so etwas. Vielleicht hat man diese Sache mit der "Karl-Marx-Stadt" und der "Minden" 1962 deshalb nicht groß ausgeschlachtet, weil in der Zeit die Welt durch die Cuba-Krise ja ohnehin am Rande des 3. Weltkrieges stand und man dann doch vorsichtig geworden ist. Der Bundeskanzler hat das Ganze damals zunächst zur Chefsache erklärt, dann aber nichts weiter unternommen.

"Welcher das ist, weiß man nicht, also kann man die Sache vergessen."

Jens, du machst es dir ziemlich einfach, wenn du alles, was nicht in dein Weltbild paßt, einfach vergißt bzw. verdrängst!

"Mal Hand aufs Herz: Welche damaligen demokratischen Länder haben/wollten/durften zur Zeit des Kalten Krieges ungezügelt Handel mit Sozialistischen und/oder Diktatorischen Länder führen. ... Die Welt war geteilt, es gab einen Eisernen Vorhang, der eine wollte mit dem anderen nichts zu tun haben."

Ja, eben, Jens! Das kannst du aber nicht nur der DDR anlasten, oder der Sowjetunion. Es ging von beiden Seiten aus. Schon vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Da gab es beispielsweise den amerikanischen General Patton, der sich dafür eingesetzt hat, nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes gleich weiter gen Osten zu marschieren. Und Stalin hat mit Sicherheit auch mit dem Gedanken gespielt, die Überlegenheit, die die Sowjetunion z.B. bei Panzern und Infanteriewaffen hatte, gegenüber den Westmächten auszuspielen und die "Weltrevolution" noch etwas weiter gen Westen vorzutreiben. Aber die USA und Großbritannien hatten auf dem Gebiet der Langstreckenbomber die Überlegenheit, und die Amerikaner hatten bereits die Atombombe. (Die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki waren auch als Signal für die Sowjets gedacht.) Außerdem mußte die Sowjetunion erstmal die Verwüstungen des Krieges beseitigen, was auf die USA so nicht zutraf. Also scheuten letztendlich doch beide Seiten vor einer Weiterführung des Krieges zurück, vor allem auch, weil man nicht damit rechnen konnte, daß die Bevölkerung dafür noch Verständnis haben würde.

"Die DDR wurde von der BRD nie offiziell als eigentständiger Staat anerkannt. NIE. Was Kohl geglaubt aber gehofft hat oder andere Spitzenpolitiker gedacht haben, spielt hier keine Rolle. Zur Anerkennung des DDR Staates hätte es auch ein Grundgesetzänderung benötigt, die aber nie vollzogen wurde."

Stimmt, von einer wirklich offiziellen Anerkennung ist mir auch nichts bekannt. Das spielt aber keine wesentliche Rolle. In den 80er Jahren wurde die DDR von der Bundesrepublik in jeder Beziehung ohne Wenn und Aber als eigenständiger Staat behandelt.

„All die ganzen Erfindungen aus Penemünde oder sonstigen Orten mußten ja gesichert werden. Erfindungen und Patente waren z.B.: V2 - Raketenmotor, ME262-Düsenflugzeug, Hubschrauber, Blackbox, Schleudersitz. Alle Patente geklaut, alle Patent bringen jährlich Miard. $ ein. Als die Amis das hatten, verließen sie mit über 80 Wissenschaftlern einen Großteil Deutschland und habens den Russen einfach so geschenkt...“

Das ist richtig. Hinzufügen könnte man noch den mittleren Bomber Arado Ar 234 mit Strahlturbinenantrieb (das einzige noch erhaltene Exemplar steht heute in einem US-Museum), die Flügelrakete Fieseler Fi-103 (besser bekannt als V-1, der Urahn der heutigen Cruise Missiles), die U-Boote des Typs XXI (alle nach dem Krieg konstruierten U-Boote waren von deutscher Technologie beeinflusst) und sogar die Junkers Ju-52, die nach dem Krieg in Frankreich weiter gebaut wurde. Dazu kommen noch Unmengen von deutschen Projekten, die gegen Kriegsende nur auf dem Papier existierten. Es ist auffällig, daß viele in den 40er/50er Jahren in diversen Ländern gebaute Militärflugzeuge deutschen Projekten von 1944/45 sehr ähnelten.

Aber was willst du damit nun sagen? Daß das ein Nachteil der Bundesrepublik gegenüber der DDR gewesen wäre? Viele dieser Technologien wurden während der Nazi-Zeit und teilweise (wie z.B. die Raketentechnologie) schon vor 1933 ganz oder überwiegend mit staatlichen Mitteln entwickelt. So wäre es angemessen gewesen, irgendwelche patentrechtlichen Zahlungen an den deutschen Staat zu leisten. Da es nach dem Krieg aber bald zwei deutsche Staaten gab, hätten diese Zahlungen also an beide dieser Staaten geleistet werden müssen. Daß das nicht geschehen ist, hat die DDR als genauso benachteiligt wie die Bundesrepublik.

Daß die USA hochqualifizierte Experten wie Wernher von Braun aus dem Westen Deutschlands weggeholt haben, war natürlich ein Nachteil für die Bundesrepublik. Das haben die Sowjets allerdings ganz genauso gemacht. Die haben aus Ostdeutschland ebenfalls Wissenschaftler und Ingenieure wie Manfred von Ardenne oder Rudolf Baade in die Sowjetunion geholt. So ist die Sowjetunion dann nach dem Krieg ja auch so schnell an Technologien für Strahlturbinentriebwerke oder Großraketen gekommen. Auch die sowjetische Atombombe wurde mit Hilfe ostdeutsche Wissenschaftler entwickelt (Manfred von Ardenne war z.B. daran beteiligt). Das ist also ebenfalls nichts, was nur die Bundesrepublik benachteiligt hat.

"Zwischen einfach ablaufen und nicht die Wiedervereinigung wollen liegen noch Welten der Möglichkeiten."

Die SPD wollte 1990 auch die Wiedervereinigung.

""Wir haben uns geirrt", bezog sich ja auch in erster Linie auf den Gedanken der Finanzierung, aber nicht auf den Akt der Wiedervereiningung."

Nein, es bezog sich darauf, daß das Ganze eben doch teurer wurde als die CDU vorher behauptet hat und daß es entgegen den Versprechungen Helmut Kohls keineswegs niemandem im Osten schlechter ging als vor der Wiedervereinigung.

"Fehler wurden gemacht - ganz klar. Überschätzt hat man den Zustand der DDR und deren Infrastruktur - ganz klar."

Man hat da mit Sicherheit nichts überschätzt. Es hat dazu jede Menge sehr realistische Berichte gegeben, schon Ende der 80er Jahre. Und 1990 konnten westliche Experten sich frei überall in der DDR bewegen und sich so selbst direkt über alles informieren. Sie hatten dazu mindestens ein halbes Jahr Zeit.

"Aber mal ganz Ernst, wie hätte man es tun sollen?"

Man hätte erstmal nur diejenigen ostdeutschen Unternehmen verkaufen dürfen, die entweder nicht auf westlichem Stand gebracht werden konnten oder bereits auf diesem Stand waren. Letztere nur an Investoren, bei denen man sicher davon ausgehen konnte, daß sie die Produktion weiter führen würden und Erstere gegen angemessene Preise für Grundstücke und Immobilien.

Die Betriebe, die nicht auf westlichem Stand waren, wo es aber möglich war, sie auf diesen Stand zu bringen, hätte man zunächst in Staatsbesitz belassen müssen. Natürlich hätte es Geld gekostet, diese Unternehmen zu sanieren. Aber man hätte sich andererseits Fördergelder für die Wirtschaft und Steuerabschreibungsmöglichkeiten sparen können, die ja oftmals eh nichts gebracht haben und in dunklen Kanälen verschwunden sind.

Tatsächlich ging es aber eben gerade darum, der Wirtschaft Fördergelder und Steuersparmöglichkeiten zu geben, und noch geschenkte Grundstücke und Immobilien obendrein. Daß der Staat dabei gigantisch minus macht, wurde in Kauf genommen und dann einfach mit "wir haben uns geirrt" kommentiert. Um dann so weiter zu machen wie vorher.

"Wären die Betriebe weitergelaufen, hätten die Ostgelder angegelichen werden müssen, dann wären die Produkte teurer geworden, auch wenn die Produktivität etwas gestiegen wäre."

Ja, natürlich! Die Produkte sind doch so oder so teurer geworden.

"Sie wollten Freiheit. Politisch und in jeder Hinsicht. Sie hatten das System satt."

Ja, das ist richtig. Es ging aber eben anfangs gar nicht um Wiedervereinigung. Soweit hat zunächst noch niemand zu denken gewagt. Es ging um eine Neugestaltung der DDR.

"Die Menschen, die damals auf die Straße gegangen sind, was war denn deren Ziel? Wenn ich mich recht entsinne, ging es doch eben darum, daß die Mauer einfällt, oder nicht? "Wir sind ein Volk" hieß es doch, "Die Mauer muß weg" wurde doch gerufen!"

Aber erst ab etwa Ende 1989.

"Wann hätte man denn die Mauer deiner Meinung nach öffnen sollen?"

Das war eine sehr schwierige Situation. Logisch wäre gewesen, erstmal das politische System der DDR entscheidend zu reformieren, dann Maßnahmen einzuleiten, um die Wirtschaft wieder auf Vordermann zu bringen, und dann erst die Mauer zu öffnen. Sehr lange hätte man damit nicht warten können, das ist richtig. Spätestens 1990/91 hätte man die Grenze wohl öffnen müssen. Dann hätte sich aber auch die Bundesrepublik in der Zwischenzeit darauf einstellen können. Und wenn die Menschen im Osten gesehen hätten, daß es wirklich vorwärts geht, wären auch nicht so viele ausgewandert.

"Ich glaube ernsthaft, daß du dich an die damalige Situation gar nicht erinnerst!?"

Oh doch, sehr genau sogar. Da war ich gerade bei der Armee und kam leider nicht aus der Kaserne raus.

"Das wäre genauso schiefgelaufen - schau mal ins PDS-Programm."

Was hat die PDS denn mit der Umgestaltung der DDR-Wirtschaft zu tun? Die PDS bedient heute die linken Wähler in der Bundesrepublik. Deren Probleme gab es in der DDR zum großen Teil gar nicht.

"Absolut unrealistische und naive Vorstellung deinerseits! Die PDS wählen, die damals letzten Endes die SED war. Ich würde das sogar als Dummheit bezeichnen oder als erfolgreich infiltriert."

Offenbar weißt du nicht, wie der Übergang zum Mehrparteien-System in der DDR abgelaufen ist. Eigentlich hatte die DDR ja schon immer verschiedene Parteien. Es gab dort z.B. schon immer auch eine CDU. Deren Abgeordnete haben in der Volkskammer immer brav alles abgenickt, was die SED vorgeschlagen hat. 1990 wurde sie in die West-CDU aufgenommen, und bei einigen Ost-CDUlern hat sich dann später sogar noch herausgestellt, daß sie für die Stasi tätig waren.

Dann gab es auch eine liberale Partei, die LDPD. Wenn ich mich recht erinnere, ist die in die FDP übernommen worden. Auch deren Abgeordnete haben immer brav alles beschlossen, was die SED ihnen vorgelegt hat.

Und dann gab es da noch diejenigen, die in der Wendezeit sofort ihre SED-Parteibücher wegwarfen und in CDU oder SPD eintraten, weil es dort jetzt mehr zu holen gab. Das hat merkwürdigerweise nie jemanden gestört.

Die alten Parteibücher der SED wurden schließlich für ungültig erklärt. Wer in die PDS eintreten wollte, mußte das explizit tun. Es wurde also niemand automatisch übernommen. Von den Raffkes, die zu DDR-Zeiten nur in der SED waren, weil sie so mehr Vorteile hatten und die das System eifrig mitgetragen haben, ist da bestimmt keiner in die PDS eingetreten.

Interessant ist auch, daß häufig genau dieselben Bonzen, die zu DDR-Zeiten schon auf Chefsesseln saßen, heute wieder irgendeinen dicken Posten haben. Die haben jetzt aber meist Parteibücher der CDU oder der SPD in der Tasche. Da redet dann komischerweise auch niemand von SED-Vergangenheit.

"Es war doch offensichtlich, daß Rußland nie sein Einverständnis geben würde, daß Deutschland eine Einheit wird?"

Sowjetische Politiker waren aber in den 50er Jahren zeitweise dazu bereit, Ulbricht fallen zu lassen und eine deutsche Wiedervereinigung zu akzeptieren! Glaubst du denn, die USA hätten einen Beitritt der Bundesrepublik zur DDR erlaubt?

Und Frankreich hätte da ohnehin nicht zugestimmt. Die Franzosen waren ja noch 1990 skeptisch, und einige britische Politiker waren auch nicht gerade begeistert.

"Deine rhetorischen Fragen machen hier keinen Sinn..."

Es sind keine rhetorischen Fragen, Jens. Auch hier fällt mir wieder auf, daß du alles verdrängst, was nicht in dein Weltbild paßt.

"Vor ein zwei Monaten hatte ich doch in einer Zeitung gelesen, daß es sich nun herausgestellt hat, daß tatsächlich Polen auf Deutsche Grenzsoldaten geschossen haben sollen, und nicht in polnischer Uniform verkleidete Deutsche Soldaten wie immer behauptet wurde."

Das halte ich aber für unwahrscheinlich. Manche Zeitungen veröffentlichen gern solche wilden Geschichten, um die Auflagen hoch zu treiben. Ich halte mich da lieber an bewiesene Tatsachen. Tatsache ist z.B., daß Hitler den Krieg sogar schon Ende August 1939 starten wollte. Deutsche Kriegsschiffe waren da schon in See. Es erscheint mir sehr unwahrscheinlich, daß Hitler den Krieg befiehlt, ihn dann um eine Woche verschiebt, und daß dann nach exakt genau dieser Woche die Polen Deutschland angreifen, und zwar nicht mit ihrer ganzen Armee, sondern mit einer Handvoll Soldaten.

Und sieh es doch mal logisch: Die Polen haben Deutschland zwar nach dem Ersten Weltkrieg tatsächlich angegriffen (die Sowjetunion haben sie damals übrigens auch überfallen), aber zu der Zeit war Deutschland durch den Versailler Vertrag geschwächt. Die Reichswehr war sehr klein und durfte obendrein offiziell nicht eingesetzt werden. So haben sich die Polen gute Chancen ausgerechnet, und wenn die Deutschen keine Freikorps gehabt hätten, wäre diese Rechnung sogar aufgegangen. Deutschland hätte dann noch mehr Gebiete im Osten verloren, und die Westmächte - vor allem die Franzosen - hätten sich eins gelacht.

1939 sah die Situation aber anders aus. Was hatten die Polen denn? Zwei moderne und ein paar ältere Zerstörer, ein paar U-Boote und einige wenige moderne mittlere Bomber - der überwiegende Rest der Bewaffnung war Müll, der schon damals ins Museum gehörte. Als die deutschen Panzereinheiten vorrückten, griffen die Polen sie mit Pferd und Lanze an... In solch einer Situation muß ein Volk schon wirklich komplett wahnsinnig sein, um gerade das Land mit der modernsten Armee anzugreifen.

Ich kann mir noch vorstellen, daß es an der Grenze einen Zwischenfall gegeben haben könnte, der vielleicht von einem irren polnischen Grenzsoldaten verursacht wurde. Ich könnte mir sogar noch vorstellen, daß die Polen versucht haben, die Deutschen zu provozieren, in der Hoffnung, daß Frankreich und England ihnen dann bei einem deutschen Angriff zu Hilfe kommen. Ich habe aber noch nie irgendwo irgendetwas gelesen, was darauf hingedeutet hätte.

Und selbst eine einzige polnische Provokation an der deutschen Grenze wäre kein Grund gewesen, gleich über das Land herzufallen, ohne zu versuchen, die Sache aufzuklären. Auch die diplomatischen Dokumente aus der Zeit kurz vor dem Krieg geben keinen Hinweis darauf, daß die polnische Regierung einen Krieg auf Deutschland geplant haben sollte. Dafür sind einige deutsche Dokumente aus der Zeit umso aufschlußreicher. Hitler hat immer wieder davon geredet, daß Lebensraum im Osten erobert werden und daß ein Volk ja sowieso regelmäßig Krieg führen müsse, um nicht weich und existenzunfähig zu werden. Er hat sich immer wieder darauf berufen, daß Deutsche oder Germanen ja in früheren Zeiten schon in den Gegenden östlich von Deutschland gesiedelt hätten und daß die germanische Rasse somit einen historischen Anspruch auf diese Gebiete hätte. Er hat immer von einem Germanischen Großreich bis zum Ural geträumt, mit der Hauptstadt Germania, die auf den Grundmauern von Berlin gebaut werden sollte. Glaubst du ernsthaft, daß jemand, der solche Pläne hat, darauf wartet, daß ihn irgendjemand angreift oder provoziert, um dann erst zuzuschlagen?

"...so auch die Korrektur bei den Auschwitz-Opfern."

Da wurde übertrieben, um die Deutschen nach dem Krieg vom Nationalsozialismus abzubringen. Man befürchtete, daß die hohen Nazibonzen im Gedächtnis der deutschen Bevölkerung zu heldenhaften Märtyrern werden könnten und daß es dann bald einen neuen Hitler geben könnte. Die Amerikaner haben beispielsweise Filmaufnahmen in KZs nachgestellt. Und die Sowjets haben das Gerücht verbreitet, daß Hitler sich vergiftet hätte, weil Selbstmord mit Gift als unehrenhafter Tod für einen Soldaten galt (Hitler hat sich ja immer als oberster Feldherr aufgespielt).

"Darauf hin hat England und Frankreich uns den Krieg erklärt, weil sie einen Vertrag mit Polen hatten."

Genaugenommen hätten England und Frankreich Hitler schon viel früher mit Krieg drohen müssen, nämlich vor der Besetzung des Sudetengebietes. Zu der Zeit war Deutschland noch gar nicht so hoch überlegen, und Hitler hätte es sich sehr gut überlegt, ob er für die Tschechei einen Krieg riskiert. Denn die tschechische Armee war weitaus moderner ausgerüstet als die polnische. Die Skoda-Werke waren damals einer der größten Waffenproduzenten überhaupt. Auch die tschechischen Grenzbefestigungen hätten die Wehrmacht durchaus eine Weile aufhalten können. Wenn dann noch Franzosen und Briten im Westen ernsthaft angegriffen hätten, hätte das Hitler durchaus in eine schwierige Lage bringen können.

Dazu muß man auch wissen, daß es zu der Zeit Generäle und Offiziere in Deutschland gab, die bereit waren, Hitler zu stürzen, wenn er wegen der Tschechei einen Krieg beginnt.

England und Frankreich haben es aber nicht gewagt, sich mit Deutschland anzulegen, sie haben Hitler freie Bahn gelassen, ihm ist wieder mal alles geglückt, und so sahen ihn jetzt noch mehr Deutsche als den genialen Führer. So wurde er immer unvorsichtiger und risikobereiter, und so ist es dann zum Zweiten Weltkrieg gekommen.

"Ich würde fast sagen, daß der Präventivschlag im ersten Weltkrieg eher ein Kriegsbeginn war."

Der Erste Weltkrieg war ein politischer Super-GAU, in den alle Beteiligten mehr oder weniger gegen ihren Willen hineingeschliddert sind. Als Wilhelm II. mal gefragt wurde, wie es dazu kommen konnte, sagte er: "Wenn ich das wüßte..."

"Wenn die USA das Nachbarland Deutschlands gewesen wären, dann wären die Franzosen aus Amerika irgendwann zu Hilfe gekommen.... Früher oder später hätte das Deutsche Reich verloren. Ein Kampf gegen alle, sprich ein Totaler Krieg, ist grundsätzlich der eigenen Untergang."

Nicht unbedingt. Selbst gegen die Sowjetunion hatte Deutschland durchaus eine reale Chance. Außerdem stand Deutschland ja nicht allein. Was wäre denn gewesen, wenn Italien und Japan keine Extratouren gemacht und man sich stattdessen auf eine gemeinsame Linie geeinigt hätte? Japan hatte die Sowjetunion schon einmal erfolglos angegriffen. Die Japaner hätten 1941 ja im Osten der Sowjetunion ebenfalls angreifen können. Das hätte Stalin in eine wesentlich prekärere Lage gebracht, denn er hätte dann nicht so einfach Truppen aus Sibirien gegen die Wehrmacht einsetzen können. Und die japanischen Ölprobleme hätten dann durch russisches Öl gelöst werden können. Die Amerikaner hätten für die Sowjetunion ganz sicher keinen Krieg mit Japan und Deutschland begonnen. Wer weiß - vielleicht haben sie die Öllieferungen an Japan ja nur deshalb gestoppt, weil sie hofften, daß die Japaner dann auch die Sowjetunion angreifen würden, und daß sich Japan, Deutschland und die Sowjetunion dann gegenseitig zerfleischen und die USA am Ende der lachende Sieger sind, ohne dafür Krieg führen zu müssen...

Aber selbst wenn nichts anders gekommen wäre, hätte Deutschland eine Chance gehabt. Die Bevölkerung in der Sowjetunion hatte doch unter Stalin auch ziemlich gelitten. Als die Wehrmacht da im Juni 1941 einmarschierte, wurde sie anfangs sogar mit Jubel begrüßt. Die Menschen in den ehemals polnischen Gebieten sahen die Deutschen sowieso als Befreier. Die hatten ja von den deutschen Repressalien gegen Polen und Juden noch nicht viel mitbekommen, dafür aber beispielsweise die Erschießung polnischer Offiziere durch die Sowjets miterlebt.

Wenn die Nazis die russische Bevölkerung anständig behandelt hätten, wären die Russen bald scharenweise zu den Deutschen übergelaufen. Da sie sie aber als Untermenschen sahen, kam dann nach der Wehrmacht häufig die SS. Menschen wurden zur Zwangsarbeit verschleppt, und schließlich erließ Hitler sogar einen Befehl, nach dem Verbrechen deutscher Soldaten gegen die russische Zivilbevölkerung ungestraft bleiben sollten. Manche Kommandeure haben diesen Befehl zwar nicht weitergegeben, weil sie um die Disziplin der Truppe fürchteten, aber er existierte und war gültig.

Dann kamen noch eine Reihe weiterer Fehler dazu, die oft Hitler anzulasten waren. Der selbsternannten "größte Feldherr aller Zeiten" hatte nicht bedacht, daß mehr als ein Fünftel der deutschen Soldaten in Rußland möglicherweise warme Winterbekleidung gebrauchen könnte. Er hatte auch nicht bedacht, daß Motoren mit Wasserkühlung im russischen Winter keine gute Sache sind (was allerdings nicht nur sein Fehler war). Er wollte unbedingt noch Ende 1941 Moskau einnehmen und hat einen strategisch klügeren Rückzug zur Begradigung der Frontlinie verboten. Ende 1942 in Stalingrad passierte dann wieder dasselbe. Und gegen Kriegsende zögerte er den Einsatz der Messerschmitt Me 262, des ersten turbinengetriebenen Jagdflugzeuges der Welt, durch seinen albernen Befehl zur Umkonstruktion der Maschine zum "Blitzbomber" um Monate hinaus. Als die Me 262 dann ab Herbst 1944 zum Einsatz kam, war schon alles zu spät, und viele Maschinen wurden wegen Treibstoffmangel am Boden zerstört. Die wenigen, die noch eingesetzt wurden, jagten den Amerikanern soviel Angst ein, daß sie schon darüber nachdachten, die Bombenangriffe auf Deutschland womöglich bald einstellen zu müssen...

Wenn diese Fehler nicht gemacht worden wären, hätte die Wehrmacht die Rote Armee durchaus besiegen können. Damit wäre ein enormes Potenzial an Rohstoffen, Arbeitskräften und Soldaten in deutscher Hand gewesen. Klar hätte man einige Zeit gebraucht, um die Verwüstungen des Krieges zu beseitigen, aber danach wäre das wirtschaftliche und militärische Potenzial der Nazis größer gewesen als das der USA. Und sie wären dann auch nach Arabien vorgestoßen, und in Nordafrika hätten sich die Alliierten dann auch nicht mehr lange halten können...

"Denn Russland ist groß und man ließ die Deutschen Truppen in ihre Sommerkleidung maschieren und maschieren bis Väterchen Frost kam."

Also, ganz so war es nicht. Die Sowjets waren sehr überrascht, als die Deutschen angriffen. Stalin hat durchaus einen Krieg mit Deutschland einkalkuliert, aber nicht zu dieser Zeit, als die Deutschen sich scheinbar auf eine Landung in England vorbereiteten, im Atlantik versuchten, die Seeverbindungen nach Großbritannien zu blockieren und auch noch in Nordafrika und im Mittelmeer kämpften.

Hitler hat die sowjetischen Streitkräfte in einer Umbruchphase erwischt. Die sowjetische Luftwaffe beispielsweise war gerade dabei, neue Flugzeugtypen einzuführen. Viele der neuen Maschinen hatte man auf Flugplätzen in Grenznähe stationiert, und da wurden sie dann gleich zu Beginn der Krieges von der deutschen Luftwaffe zerbombt. So konnten die Sowjets erstmal nur veraltete Flugzeuge gegen die deutschen Bomber einsetzen und konnten diese häufig nur durch Rammstoß aufhalten.

In der ersten Kriegsphase geriet eine gewaltige Zahl von russischen Soldaten in deutsche Gefangenschaft, und das war mit Sicherheit nicht von Stalin so geplant worden. Problematisch war auch, daß Stalin in seinem Verfolgungswahn ja sehr viele Menschen hat umbringen lassen. Das hat gerade auch viele Generäle, Admiräle und Offiziere getroffen. So gab es 1941 in der russischen Armee viele Kommandeure, die keine Kampferfahrung hatten. Das rächte sich nun, denn die Deutschen hatten mittlerweile genügend Gelegenheit gehabt, um Kampferfahrungen zu sammeln.

Die Sowjets brauchten dann natürlich auch erstmal Zeit, um Rüstungswerke weit im Hinterland wieder aufzubauen und moderne Waffen wie den mittleren Panzer T-34 oder das Schlachtflugzeug Iljuschin Il-2 "Sturmowik" in großer Stückzahl zu bauen.

Der sowjetische Widerstand war von Anfang an heftiger, als die Deutschen es bisher gewohnt waren. Die Polen hatten zwar tapfer gekämpft, waren aber technologisch hoffnungslos unterlegen. Die Franzosen ergaben sich oft schnell massenweise und leisteten nur selten größeren Widerstand.

In Rußland war das nicht so. Da gab es Politkommissare, die mit gezogenen Pistolen hinter den Rotarmisten standen und teilweise wirklich Soldaten erschossen, die flüchteten oder sich ergeben wollten. Deshalb gab Hitler dann ja auch den "Kommissarbefehl" heraus, der besagte, daß Politkommissare bei Gefangennahme sofort erschossen werden sollen.

Der sowjetische Widerstand hat Hitler schon im 1941 tief beeindruckt. Anfang 1942 sagte er mal sinngemäß: "Wenn vor einem halben Jahr jemand gesagt hätte, daß der Russe es schafften könnte, 10000 Panzer zum Einsatz zu bringen, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Aber wenn ich das schon früher gewußt hätte, hätte ich erst recht angegriffen."

Deshalb kam die Wehrmacht ja auch nicht so schnell vorwärts wie geplant. Man hatte ja ganz bewußt nur ein Fünftel der Soldaten mit Winterkleidung ausgerüstet. Hitler war davon ausgegangen, daß der Krieg bis zum Winter beendet wäre. Dann wäre ein Fünftel der Truppen als Besatzung in Rußland geblieben, und der Rest wäre wieder nach Deutschland zurückgekehrt.

In einem Punkt hat Hitler allerdings Recht behalten: Er hat anfangs mal gesagt, daß der Krieg verloren ist, wenn der Sieg nicht bis Ende 1941 erreicht wird...

"...wobei im heutigen Deutschland selbst die Amerikaner das meiste geleistet haben. Sie haben die Gebiet den Russen dummerweise nur wieder zurückgeben."

Das stimmt so nicht. Die Hauptmasse der Wehrmacht kämpfte im Osten gegen die Rote Armee. Nur während der Ardennen-Offensive wurde kurzzeitig mal mehr nach Westen geworfen. Die West-Alliierten haben dabei so sehr das Hosenflattern bekommen, daß sie Stalin um eine Vorverlegung der geplanten sowjetischen Offensive im Osten baten.

Nur im Seekrieg und im Luftkrieg haben die West-Allierten definitiv mehr geleistet als die Sowjetunion. Man muß dabei allerdings auch bedenken, daß die Sowjets nur die eine Front hatten, während Amerikaner und Briten noch im Pazifik gegen die Japaner kämpften.

Übrigens haben die USA den Sowjets gar nicht soviel Land in Deutschland überlassen. Das betraf damals doch nur Thüringen, oder große Teile davon. Das wurde gegen West-Berlin eingetauscht, denn die Sowjets hatten Berlin ja komplett besetzt. Die Rote Armee und die West-Alliierten haben sich ursprünglich an der Elbe getroffen, und die Elbe bildete dann später ja auch einen Teil der Grenze zwischen DDR und BRD.

Dann mußt du auch noch bedenken, daß die Sowjets ja auch im Osten Deutschlands große Gebiete erobert haben, die heute zu Polen oder zu Rußland gehören. Gerade gegen Kriegsende wurde an der Ostfront wesentlich härter gekämpft als im Westen. Viele Nazi-Führer hofften nämlich auf einen Separat-Frieden mit den West-Mächten. Himmler hat dazu sogar schon seit Herbst 1944 heimlich hinter Hitlers Rücken Verhandlungen geführt.

"Schröder ist ein Idiot. Er ist selber Schuld, wenn er nicht hält, was er verspricht. Auf sein Wort ist kein Verlaß."

Ja, nur leider ist das bei allen Spitzenpolitikern so! Andere kommen nämlich gar nicht erst auf entscheidende Posten...

"Im übrigen waren führende Politiker und Geheimdienstleute in der Sowjetunion in den 50er Jahren zeitweise tatsächlich bereit, eine deutsche Wiedervereinigung zu akzeptieren."

"Wen interessiert denn das?"

Das zeigt, daß es in der Sowjetunion sehr wohl Kräfte gab, die der deutschen Wiedervereinigung nicht im Wege standen. Über wichtige Personen mit gleichartigen Absichten im westlichen Lager ist mir nichts bekannt.

"Viele Deutsche Generäle im zweiten Weltkrieg wollten auch eine bedingte Kapitulation Deutschlands und wollten Hitler absetzen...und? Hat auch nix zu sagen. Rommel mußte die Kapsel schlucken, das war das Ergebenis."

Und wenn Hitler weniger Glück gehabt und von Stauffenbergs Bombe getötet worden wäre? Dann wäre das Nazi-Regime zusammen gebrochen wie ein Kartenhaus. Welche Nazi-Bonze hätte wohl Hitlers Nachfolger werden und alles zusammen halten können? Es hatte schon seinen Grund, daß Hitler gegen Kriegsende keine Nazibonze zu seinem Nachfolger ernannte, sondern Großadmiral Dönitz. Und das, obwohl Hitler auf hohe Militärs nie sonderlich gut zu sprechen war.

"Nein, aber sie und die übrigen führenden westlichen Staaten waren ein ganz wesentlicher Grund dafür, daß die DDR wirtschaftlich eben nicht so viel erreichte wie die Bundesrepublik."

"Nein, sie waren auch kein wesentlicher Grund. "Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten". Der Hauptgrund war - wie so oft - das System der DDR. Es gibt keine Verschwörung der BRD, die Menschen haben alle freiwillig die DDR verlassen - UND DARAUF hin wurde die Mauer gebaut, und westdeutsche durften weiterhin passieren."

Was hat denn die Mauer nun damit zu tun? Es ging z.B. um das Technologie-Embargo gegenüber der DDR, und um die Reparationszahlungen, die der Bundesrepublik fast ganz erspart blieben und dafür der DDR umso höher aufgebrummt wurden. Das hat mit der Mauer und mit der SED-Führung gar nichts zu tun.

"Natürlich hat auch der Stalinismus dazu beigetragen – aber das war definitiv längst nicht der einzige Grund."

"ABER der HAUPTGRUND. Oben ausführlich erklärt."

Nein Jens, eben nicht. Ich fasse es mal zusammen: Du bist also der Meinung, daß die paar hundert Millärdchen, die die DDR durch die offene Grenze und durch die ihr so gut wie allein aufgebürdeten Kriegs-Reparationen und Demontagen verloren hat, gar nichts ausgemacht hätten. Und auch die Tatsache, daß die DDR manche Hochtechnologie-Produkte nicht wie die bundesdeutschen Unternehmen einfach einkaufen konnte, sondern vieles mit hohem Aufwand selbst entwickeln oder schlicht und einfach darauf verzichten mußte, ist deiner Meinung nach ganz und gar unwichtig. Und daß andererseits die Bundesrepublik alle diese zusätzlichen Kosten so nicht hatte und die somit eingesparten Milliarden in die Infrastruktur und in die Wirtschaft investieren konnte, ist deiner Meinung nach auch vollkommen irrelevant. Auch daß die Bundesrepublik obendrein noch Hilfe durch den Marshallplan bekommen hat, spielt deiner Meinung nach für den Vergleich zwischen DDR und BRD keine Rolle.

Jens, findest du es nicht sehr ignorant, so zu argumentieren?

Aber nehmen wir nur mal an, du hättest Recht, und der einzige Grund dafür, daß die DDR nicht den Standard der Bundesrepublik erreicht hat, läge nur in ihrem anderen politischen System begründet. Wie erklärst du es dir dann, daß es viele kapitalistische Staaten gab, die wirtschaftlich und technologisch hinter der DDR lagen? Und es war ja auch nicht so, daß die DDR im Ostblock überall mit weitem Abstand führend war. Auch die Sowjetunion oder die Tschechoslowakei haben technologisch und wirtschaftlich einiges erreicht und ebenfalls viele kapitalistische Länder teilweise weit hinter sich zurück gelassen. Deiner Argumentation nach hätte es so etwas aber gar nicht geben dürfen. Dann hätte es 1990 so aussehen müssen, daß die Ostblockstaaten in jeder Beziehung ganz hinten lagen und sämtliche kapitalistische Staaten aufgrund ihrer deiner Meinung nach weit überlegenen Gesellschaftsordnung entsprechend vor ihnen. So war das aber eben nicht!

"Die FDP hätte zumindest den Großteil dieses Schwachsinns abgestellt."

Mit Sicherheit nicht. Dafür hätte die Wirtschaft schon gesorgt.

"Wenn eine großer Teil das möchte, dann kann er das unter sich tun."

Wie bitte? Du glaubst echt, man könnte hier einen eigenen Staat gründen? Versuch das mal - dann wirst du dich bald sehr wundern...

"Nun muß ich ein System finden, welches in Einklang mit diese Einstellung eine halbwegs gerechte Gesellschaft hervorzaubert"

Genau das ist der Punkt.

"Das bezweifle ich Stark. Wenn man die Gehälter wie du sagst erhöht, dann steigen auch die Produkpreise, die Unwirtschaftlichkeit der Betriebe bleibt somit erhalten, nur daß jetzt Made in DDR wesentlich teurer im Ausland wäre und dort dann auch nicht mehr gekauft wird. Die einziger Möglichkeit, die Betriebe in wirtschaftlichkeit zu führen, wären Entlassungen gewesen."

Nein, im Gegenzug zu den Lohnerhöhungen wären ja auch die Subventionen gesunken. Außerdem hat man in den 70er/80er Jahren in der DDR viel in den Wohnungsbau investiert und so neue Wohnungen für ca. 9 Millionen Menschen geschaffen. Das war ebenfalls eine Leistung, die die Bundesrepublik so nicht erbracht hat. In den 90er Jahren hätte man die Mittel für den Wohnungsbau im Osten problemlos deutlich herunterfahren und so auch Geld und Ressourcen sparen und dann anderweitig einsetzen können.

„Absprachen wird es wohl geben.“

Schon in den 60er Jahren wurde festgestellt, daß sich die deutsche Wirtschaft zunehmend in großen Konzernen konzentriert und daß es auch zunehmend Absprachen zwischen den Unternehmen gibt, mit dem Ziel, die Preise hoch zu halten oder sogar noch zu erhöhen. Besonders deutlich wird das bei den Mineralölkonzernen.

„...wenn die Gehälter erhöht worden wären, wären die Produkte der Firmen wegen erhöhter Produktionspreise auf dem Markt nicht mehr so attraktiv gewesen. Viele Firmen wäre garantiert bankrott gegangen, weil die Ware aus China eben billiger und auch noch besser ist. Somit gäbe es garantiert fast genauso viele Arbeitslose wie heute. Ich will damit sagen: auch wenn alles so gelaufen wäre, wie du gewünscht hättest, wären fast alle Firmen heute bankrott gegangen.“

Wenn du so argumentierst, können wir ja hier in Deutschland gleich alles dicht machen und allesamt nach China auswandern. Ganz so ist es dann auch wieder nicht. Natürlich hätte man die Produktion überall westlichem Standard anpassen müssen, was auch Entlassungen bedeutet hätte. Natürlich wären zusammen mit den Löhnen und Gehältern auch die Produktpreise westlichem Niveau angepaßt worden.

Das, was du hier jetzt ansprichst, ist ein Problem. Aber das hat nichts mit der DDR zu tun, sondern es ist ein Problem, das ganz Deutschland und auch ganz Europa betrifft.

„Pläne hin oder her, du weißt was ich meine, und worin sich die DDR-Wirtschaft von der Westdeutschen unterschied. DDR hat man nach Plan produziert - egal wie groß die Nachfrage war (15 Jahre für ein Auto), in der BRD gab es die Regelung von Nachfrage, Angebot und Konkurrenz.“

Oftmals war das Angebot in der BRD aber nur deshalb hoch, weil die Nachfrage vergleichsweise gering war. Und die wiederum war oft geringer als in der DDR, weil die Preise höher waren. Der Begriff des Mangels ist also relativ und sagt nichts über die wirtschaftliche Leistung aus.

„Fehler wurden gemacht, keine Frage.“

Diese Fehler der Bundesregierung werden aber bis heute nur sehr selten eingestanden und so gut wie nicht korrigiert.

„Vielleicht sind aber dadurch auch neue Arbeitsplätze entstanden - wie sonst soll man Unternehmen ins Land locken?“

Was nützen neue Arbeitsplätze, wenn man damit nicht mehr genügend Geld verdienen kann, um die Lebenshaltungskosten zu decken? Arbeitsplätze, die nur dadurch geschaffen werden, daß man einer Minderheit viel Geld auf Kosten der Mehrheit zuschiebt, nützen uns effektiv nichts. Und das nützt auch der Wirtschaft nicht wirklich, weil man so die Kaufkraft schwächt und damit den Markt.

„Richtig. Mit dem Unterschied, daß der Öltankter keine Erlaubnis hatte zu fahren, aber trotzdem gefahren ist, die Güllefahrer aber dir Anweisung hatten das zu tun. Da liegen Welten an Unterschied im Prinzip.“

Ich sehe da keinen Unterschied. Glaubst du, es gab eine Anweisung von Honecker, die besagte, daß Gülle in den Wald zu kippen ist? Das hat irgendein Direktor mal einfach so gesagt, oder der Fahrer hat es aus eigenem Antrieb gemacht, weil er sich Fahrerei ersparen wollte. Genauso wie jetzt in diesem Fall mit dem Tanker auch irgendein Chef angeordnet hat, daß er auslaufen soll.

„Nö! Aber im Westen hat man mit Kohle praktisch nicht geheizt, sondern sauberere Fossilien verwendet.“

Noch jetzt gibt es im Osten eine Menge Kohleöfen. Allesamt ohne Filter.

„Die USA sind nur der pro-Kopf-weltgrößte Kohlendioxid-Produzent.“

Richtig. Und sie sind das selbsternannten Musterland der kapitalistischen Welt.

„Der Größte Kohlendioxid-Produzent der Welt ist inzwischen China - und das nicht nur in sachen Kohlendioxid. Von den 10 schmutzigsten Städten der Welt liegen 7 in China. Einer Stadt im Landesinneren - Nanjing glaube ich, will man frische Luft zukommenlassen, indem man in einen Berg eine riesiege Schneise sprengt - das scheint wohl einfacher zu sein, als Filter in die Industrie und Autos zu bauen..lol. Schon mal in Xian gewesen? Sichtweiter max. 400m-500m. Wenn man mit dem Auto durch die Stadt fährt tauchen plötzlich Häuse vor einem auf, die man im Smog erst gar nicht erkannt hat - echt der Hammer, sowas habe ich noch nie zuvor gesehen!

Gleich nach China kommt Indien. Den zweitgrößte pro-Kopf-verbrauch haben wir Europäer, gleich nach den USA.“

Ich war noch nie in China, kann mir das alles aber gut vorstellen. Nur: In China herrscht mittlerweile real doch Kapitalismus in Reinkultur.

„Stimmt - habe ja ganz vergessen Garfield, das eine Ungerechtigkeit die andere immer rechtfertigt! Warum erwähnst du hier schon wieder die USA als Gegenbeispiel, und willst es mir auch noch als Gegenargument verkaufen, wenn ich irgendetwas kritisiere, was auch tatsächlich die Sache betrifft?“

Weil du behauptet hast, daß auch sowas ja nur von der Sowjetunion gemacht worden wäre.

„Trotzdem setzt Kommunismus eine Kollektiv-Ideologie voraus, sonst funktioniert es nicht. Ein kapitalistisch denkender Mensch will sich auch dann berreichern, wenn auch alles Lebensnotwendige für alle vollautmatisch produziert wird. Denn momentan ist für die meisten das nicht-lebensnotwendige: das größere Auto, der Pelzmantel, der schnellere Computer, das Internet und sonstiger Luxus oft der REIZ an der ganze Sache. Was bedeutet da schon eine Pizza, die jeder kaufen kann?“

Deshalb glaube ich auch nicht daran, daß es bald so etwas wie Kommunismus geben wird.

„EBEN nicht. Genau das ist der Punkt, warum ich MP3 erwähnt habe. Dazu reicht nämlich der Rechner an der UNI und ein Patent aus. Firmen die das vermarkten liefern dann das notwendige Kapital - und zwar soviel, wegen Patentlizenzen etc, daß man schon ausgesorgt hat. Nun kann man sich die Frage stellen, ob man von den Zinsen lebt, oder ein Unternehmen gründet.“

Ach Jens, das ist ein Ausnahmebeispiel. In der Regel mußt du, wenn du ein Unternehmen gründest, erst einmal investieren. Du brauchst Geschäftsräume, die du mieten, bauen oder kaufen mußt. Du brauchst Ausstattung wie Möbel, Computer, Telefone, Fax-Geräte... Oft dauert es eine Weile, bis du Geld reinbekommst, du mußt aber die Löhne und Gehälter für deine Mitarbeiter zahlen. Das alles ist nicht umsonst.

„Du kannst auch ohne Ideen und Wissen ein Unternehmen gründen - du mußt dann nur jemanden einstellen, der Ideen und Wissen hat.“

„Richtig, und?“

Das bedeutet, daß – von wenigen Ausnahmen abgesehen – immer das Geld das wichtigste bei der Gründung eines Unternehmens ist.

„Was sich nun für eine Frage in mir stellt: Was passiert, wenn es keine Zinzen gibt? Warum muß ich dann mein Geld zur Bank bringen?“

Weil du dein Gehalt nicht mehr per Lohntüte ausgezahlt bekommst.

„Ich habe nicht gegen dieses System, welches darauf basiert, daß man für Geld verleihen Zinsen kassiert. Absolut legitim. jede andere Vorstellung ist unmachbar.“

Ich habe auch nichts direkt dagegen. Nur muß man darauf achten, daß sich nicht zuviel Vermögen im Besitz von zu wenigen Personen ansammeln kann.

„Du darfst aber auch nicht vergessen, daß Pharmakonzeren gezielt neue Entwicklungen, die bessere Heilung versprechen, zurückhalten oder in dem Bereich nicht mehr groß forschen, weil die Medikamente, die sie verkaufen, z.B. für die Chemotherapie, schweineteuer sind und sie damit richtig Kohle machen. Ein Negativ-beispiel der Gewinnmaximierung auf kosten kranker und hilfloser Menschen.“

Richtig. Und das ist nicht nur bei Pharmakonzernen so. Deshalb muß es in jeder Branche immer auch staatliche Unternehmen geben. Problematisch wird es immer dann, wenn es entweder nur staatliche oder nur private Unternehmen in einem Bereich gibt. Dann gibt es nämlich irgendwann gar keine Konkurrenz mehr, und somit wird dann auch der Markt als Steuerungsinstrument genauso ausgehebelt wie in der DDR. Dieser Effekt kann also auch in kapitalistischen Staaten auftreten, wenn Großkonzerne die Märkte beherrschen und sich untereinander absprechen.

„Das ist eine wohl sehr schwierige Zeit gewesen. Die Unterschiede von West und Mitteldeutschland waren zu groß. Durch die Entlassungswellen - und das war vorherzusehen - kam die Spirale, wie du sagtest, voll in Gang. Deswegen ist momentan eine höherer Abgabenlast des Bürgers ebenfalls eine Verstärkung der Spirale.“

Das alles begann aber schon in den 80er Jahren, also vor der Wiedervereinigung!

„Für sehr Reiche ja, aber nicht für den Mittelstand. Eigentlich ist der Mittelstand der Hauptträger der Gesellschaft (in finanzieller Hinsicht).“

Das stimmt. Kleine und mittelständische Unternehmen können ja auch keine Lobbies in der Politik finanzieren. Deshalb dürfte es keine staatlichen Hilfen mehr für Großunternehmen geben, sondern maximal Geld gegen entsprechende staatliche Beteiligung am jeweiligen Unternehmen.

„Das mit dem Arbeitslosengeld ist ja ein Ding, das habe ich ja gar nicht gewußt. Unglaublich - war kein Aprilscherz, oder?“

Nein. Im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hat es vor einigen Jahren mal so einen Fall gegeben, wo ein Abgeordneter ganz legal Arbeitslosengeld kassiert hat. Im Bundestag auch, soweit ich mich erinnere. Früher waren die Abgeordneten-Diäten ja deutlich niedriger. Die Bezüge der Abgeordneten waren damals nur als Aufwandsentschädigung gedacht. Deshalb ja auch die teilweise fehlende Besteuerung. Als die Abgeordneten immer mehr Geld bekamen und dann auch immer öfter Berufspolitiker waren, hat das Bundesverfassungsgericht mal entschieden, daß ihre Einkommen auch besteuert werden müssen. Dann wurde zwar eine Besteuerung eingeführt, aber nicht sehr hoch, und sie haben sich auch gleich die Bezüge nochmal saftig erhöht. Bernd von Arnim hat in seinen Büchern viel dazu geschrieben.

„Eine politische Diskussion mit einem Lehrer war aber ohne Folgen für Zukunft nahezu unmöglich.“

Das hing vom Lehrer ab. Es war aber möglich, sich in der DDR um seine berufliche Zukunft zu reden, das stimmt.

„Ich weiß nicht was ein AZUBI bekommt. Übernimmt das teilweise nicht die Firma, die den Menschen ausbildet? Sie will ja später auch was von ihm haben.“

Ja, schon. Aber man muß erstmal eine Ausbildungsstelle finden...

„Also mit der SED stimmt wirklich. Das Geld ist verschwunden. Es handelte sich um Mio. von Euro. Kam doch alles im Fernsehen.“

Ach so, die Sache. Da ging es um Vermögenswerte, die die PDS von der SED übernommen hatte. Soweit ich mich erinnere, ist damals entschieden worden, daß sie diese Werte herausgeben muß, weil sie mal im Besitz der SED waren. Da die PDS dann aber vollkommen pleite gewesen wäre (denn genau das war Sinn und Zweck der Aktion), haben sie Geld zur Seite geschafft.

Nun gut, man kann es so sehen, daß der Besitz der SED nicht rechtmäßig erworben wurde und deshalb zurückzuzahlen ist. Dann hätte man konsequenterweise aber auch Aktien für das Volksvermögen der DDR (also für volkseigene Betriebe und Güter usw.) an die Ostdeutschen ausgeben müssen. In anderen ehemaligen Ostblockländern (z.B. in Lettland) hat man das getan. Und auch für Ostdeutschland war so etwas im Gespräch. Zum Wohle der Großkonzerne hat man das aber schnell wieder unter den Teppich gekehrt.

„Was die CDU und die Machenschaften Kohls angehen (war ja klar, daß das kommen muß - > ein Unrecht wäscht das andere): soweit ich weiß, hat er Geld - ziemlich viel als Spende bekommen und der Partei zur Verfügung gestellt. Dabei hat er vergessen oder mit absicht das nicht als Spende verbucht. Angeblich wollten die Spender anonym bleiben. Er selbst hat sich also nicht bereichert. Trotzdem könnte es eine Bestechungsgeld sein. Für was, weiß man nicht oder konnte man nicht herausfinden - schließlich hat er die Namen nie gesagt. Die SPD, und das konnte man nachweisen, hat ihrem Spendenskandal eine Bestechung ihrereseits vorliegen. Da ging es um eine Müllverbrennungsanlage oder so ähnlich.“

Ja, es ging da bei dem SPD-Skandal um eine überdimensionierte Müllverbrennungsanlage in Köln, glaube ich. Das wirklich interessante bei Kohls Machenschaften ist doch: Was wurde im Gegenzug für diese Spendengelder getan? Wieviele Millionen oder gar Milliarden Steuergelder sind dafür wohin geflossen?

Freundliche Grüße
von Garfield


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