Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Alice und die Gleichheit

Maesi, Friday, 15.04.2005, 21:04 (vor 7553 Tagen) @ CnndrBrbr

Als Antwort auf: Re: Alice und die Gleichheit von CnndrBrbr am 14. April 2005 11:16:

Hallo CnndrBrbr

Bei soviel Naivitaet kann ich unmoeglich die Klappe halten. Natuerlich plaediert Frau Schwarzer nicht direkt fuer eine Ungleichberechtigung; so dumm ist sie nicht. Der Trick laeuft in der Regel ganz anders - naemlich ueber die unterschiedliche Bewertung von Frauen und Maennern bzw. ihrer Motive und Handlungen. Zentral in dieser hoechst sexistischen Betrachtungsweise ist das Opferparadigma: Frauen sind immer Opfer (selbst wenn sie sich als Taeterinnen gebaerden), waehrend Maenner immer als Taeter gelten (selbst wenn sie Opfer sind).
Als Beispiel dieser Denkweise empfehle ich Dir das Studium von Frau Schwarzers 'Analyse' zu den Foltervorkommnissen in Abu Ghraib in der Emma-Ausgabe 4/2004 (siehe Link).

Gut, ich lese nach und finde:
"Nein, hier geht es nicht darum zu behaupten, die Soldatinnen seien unschuldig und "auch nur Opfer".

Trotzdem tut sie genau das in der Folge - und das auch sehr eloquent. Harman, die als Kind Bilder von sezierten Leichen sah, die ihr Vater heimgebracht hatte; England, die sich in der Armee den Maennern anpassen wollte. Das alles hat auf die Schuldfaehigkeit (und dadurch auf die Frage nach Schuld oder Unschuld) keinerlei Einfluss. Wozu also dieser ganze Schmus? Was soll dieser Hinweis auf die Zunahme der Vergewaltigungsopfer in der Armee? Wo ist der Zusammenhang zu Abu Ghraib? Frau Schwarzer weiss sehr genau von der psychologischen Wirkung von Vergewaltigungsvorwuerfen - ein ziemlich durchsichtiges Propagandamanoever.

Weshalb sieht Frau Schwarzer nur westliche Frauen als potentielle Opfer von arabischen und/oder radikalislamischen Racheakten? Immerhin nennt sie explizit nur diese. Wozu dieser sexistische Blick?

Karpinski war verantwortlich fuer das Gefaengnis von Abu Ghraib, es stand innerhalb ihres Kommandobereichs. Wenn ihr Vorgesetzter ihr ins Kommando dreingeredet hat, dann haette sie protestieren sollen - u.U. in Washington. Wer ein Kommando hat, muss es auch wahrnehmen, ansonsten hat er nicht genuegend Fuehrungsqualitaeten - das gilt auch und gerade beim Umgang mit Vorgesetzten.

Die Armee wird als 'maennlichster aller Maennerbuende' bezeichnet; voellig unkritisch setzt Frau Schwarzer Militarismus und Maennlichkeit gleich. Zum Soldaten wird man(n) jedoch nicht geboren sondern erst gemacht, man(n) wird durch die militaerische Ausbildung gewissermassen militarisiert. Die Erfuellung des militaerischen Auftrags soll fuer jeden Offizier, Unteroffizier und Soldaten absolute Prioritaet haben - selbst noch vor dem eigenen Ueberleben; so und nicht anders laeuft die Ausbildung in jeder Armee. Mit Maennlichkeit hat das aber gar nichts zu tun sondern mit moeglichst effektiver und effizienter Pflichterfuellung unter ausserordentlich schwierigen Bedingungen. Bloss hat Frau Schwarzer keine Ahnung davon. Vielleicht, weil sie weder von der Armee noch von Maennern eine Ahnung hat?

Und es geht schon gar nicht darum zu behaupten, Frauen seien von Natur aus nicht zu Bösem fähig. Das Böse ist schließlich keine Frage des biologischen Geschlechts, sondern eine Frage der Macht."
Das ist das Gegenteil von dem was Du schreibst.

Inwiefern? Gerade diese Saetze werden ja nachher mit erheblichem rhetorischem Aufwand wieder relativiert - um nicht zu sagen ad absurdum gefuehrt.

Frau Schwarzer haette wesentlich glaubwuerdiger gewirkt, wenn sie ihr psychologisierendes Geschwafel auf alle Taeter gleichermassen angewandt haette. Ebendies hat sie aber nicht getan und dadurch klingen ihre Phrasen von 'es ginge nicht darum zu behaupten Soldatinnen seien unschuldig und auch nur Opfer' oder 'das Boese ist schliesslich keine Frage des biologischen Geschlechts' so hohl. Sie selber hat im konkreten Fall sehr exakt zwischen den Geschlechtern unterschieden und diese dann unterschiedlich beurteilt. Diesen sexistischen Blick werfe ich ihr vor, weil der naemlich selbst schon eine Ungleichbehandlung darstellt und ausserdem die Grundlage fuer weitergehende Ungleichbehandlungen bildet.

Nochmals: die ausgefeilte Frauenopferrhetorik ist das wichtigste Instrument geschlechterspezifischer Ungleichbeurteilung. Auf ihr baut nahezu alles, was uns Politiker und Frauenbevorteilungsbuerokraten in den letzten 20 Jahren an Ungleichbehandlung eingebrockt haben, auf. Frau Schwarzer weiss diese Rhetorik ebenfalls hervorragend einzusetzen; und so sind die Frauen Karpinski, England und Harman auch bei ihr letzten Endes nichts als Opfer: Opfer ihrer Vorgesetzten, ihres sadistischen Geliebten bzw. ihres Vaters.

Die detaillierten vorgeschichtlichen Matriarchatsvorstellungen Schwarzers und ihrer Gesinnungsgenossinnen kann man also getrost in den Bereich der Fantasy-Romane abschieben.
Dass ausgerechnet Frau Schwarzer fuer den Wegfall von sexuellen Einschraenkungen (insbesondere bei Kindern) plaediert...

Moment, die Autorin von www.matriarchat.net heißt nicht Alice Schwarzer, sondern Hannelore Vonier. Steht im Impressum.

OK, da hab ich mich vertan. Ich entschuldige mich bei Frau Schwarzer.

Wobei Hannelore Vonier nun wirklich eine militante Feministin ist. Immerhin schwallte auch sie schon mal davon, dass 80 oder 90 Prozent der Kinder sexuell ausgebeutet wuerden, womit dann eben sie und nicht Frau Schwarzer in dieser Beziehung reichlich unglaubwuerdig wirkt.

Jedem, der seine Denkfaehigkeit noch nicht eingebuesst hat, sollte klar sein, dass ein solches Wirtschaftssystem nur unter aeusserstem Zwang und unter Inkaufnahme von mehreren Milliarden Toten eingefuehrt werden koennte; Stalin, mit den Millionen durch seine Zwangskollektivierungen verschuldeten Toten, waere ein Fliegendreck dagegen. Sich einfach auf die Position 'die Stelle, wo steht, dass Maenner weniger wert sind, die Frauen bedienen und versorgen muessen, habe ich nicht gefunden' zurueckzuziehen, kann ich nur noch als naiv und kurzsichtig bezeichnen; eine tiefere Analyse des Textes waere IMHO sehr wohl angebracht gewesen. Stattdessen: Biedermannhaftigkeit in Reinkultur! Die (ideologischen) Brandstifter sind die einen; ohne die zahllosen Biedermaenner, die nichts sehen, nichts hoeren, nichts sagen und v.a. nichts merken wollen, ist der Brandstifter jedoch voellig hilflos.

Klingen huebsch, diese apodiktischen Behauptungen; sie gehen aber am Kern des Problems voellig vorbei. Die Neigung zur Gewalt (Agressivitaet) ist Teil unserer Biologie; wie diese Neigung beherrscht, kanalisiert und ausgelebt wird, ist eine Frage der Erziehung.

Ich sehe in der Kritik der Gewalt immer ein Plädoyer für Erziehung, also ein sozialisierter Umgang mit der Energie, die Du Gewalt nennst, die Kunst, diese Energie so zu kanalisieren, daß es nicht zu Gewaltausbrüchen kommt.

Das aendert aber nichts daran, dass es immer wieder zu Gewaltausbruechen kommt. Erziehung hin oder her. Und Erziehung selber kann ebenfalls eine Form von Gewalt darstellen bzw. dieselbe foerdern. Wenn Du das Ei des Kolumbus in der gewaltfreien Erziehung gefunden hast, dann melde Dich und zeig uns Deine Patentloesung - da waeren sicher Heerscharen von Erziehern ziemlich scharf drauf.

Psychologisch interessant ist die von Dir aufgefuehrte 'sexuelle Gewalt', die in Deinem Weltbild eine Sonderstellung einzunehmen scheint.

Tut sie das?

Ich weiss es nicht. Es war einfach interessant, dass Du ausgerechnet diese Gewaltform als einzige konkret erwaehnt hast.

Ich kann mit diesem Begriff ehrlich gesagt gar nichts anfangen.

Weshalb hast Du ihn dann verwendet?

Gruss

Maesi


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