Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Überlegungen einer Feministin

Beatrix, Thursday, 10.01.2002, 22:36 (vor 8355 Tagen) @ Leah

Als Antwort auf: Überlegungen einer Feministin von Leah am 10. Januar 2002 13:31:16:

Hallo Männer.

Hallo Leah!

Ich bin zwar kein Mann, aber antworte trotzdem.:-)

Zunächst mal möchte ich, um Mißverständnisse zu vermeiden, klarstellen daß ich ganz bestimmt nicht das bin was sich viele Männer unter dem Wort "Feministin" so vorstellen. Also weder häßlich noch dogmatisch, keine Männerhasserin und Frauenverherrlicherin. Eher schon jemand die einfach ein Auge für Ungerechtigkeiten hat, ob sie nun mir selbst oder anderen widerfährt, alt, jung, Mann, Frau, Tier...was auch immer.

*seufz* Ist schon schlimm, daß man als frau solche Worte vorwegschicken muß. Ich selber habe früher nie darüber nachgedacht, ob ich eine Feministin sein könnte oder nicht. Die Frage stellte sich nie. Aber seit ich angefangen habe, im Internet - vorzugsweise mit Männern - über Genderfragen zu diskutieren, bin ich schon oft als eine bezeichnet worden. Und habe schnell gemerkt, daß das Wort von seiten der Männer als Schimpfwort gemeint war. Schade eigentlich.

Nun zu Deinen Beobachtungen:

1. Ich habe bei manchen Männern das Gefühl daß sich hinter ihrer Kritik an bestimmten Ausprägungen und Konsequenzen der Frauenbewegung ein grundlegender Widerwille versteckt, einer Frau von gleich zu gleich gegenüber zu treten (damit meine ich GLEICHWERTIG). Ich will nicht postulieren daß sich das tatsächlich und überall so verhält. Aber es gibt meiner Erfahrung nach Formen von Kritik die Deckmäntelchen für Verachtung sind.

Ja, Verachtung ist doch noch ziemlich viel. Erlebe ich auch so. Liegt IMHO daran, daß derzeit nur ganz bestimmte Tätigkeiten und Ansichten als politisch korrekt und erstrebenswert gelten. Wer damit nicht aufwarten kann, ist außen vor. Das trifft Frauen, Alte und Kinder, Schwule und Lesben, Ausländer und Andershäutige gleichermaßen.
Es gibt Ausländerhaß, es gibt Homophobie, es gibt Misogynie - da bleiben wohl nur die Kinder und die Alten, wovor sich der Durchschnittsmann mal nicht instinktiv fürchtet. Die Angst vor den Frauen ist derzeit am größten, weil sie am wenigsten zu durchschauen sind. Und das, wovor man Angst hat, muß bekämpft werden. ;-)

2. Werden manche Erfolge der Frauenbewegung mit genau so einer einseitigen Sichtweise bedacht wie sie eigentlich den "Emanzen" vorgeworfen wird. Am Beispiel Frauenquote möchte ich das deutlich machen.

Ich kürze jezt mal heftig, da ich noch nie im Leben persönlich mit einer Frauenquote in Berührung gekommen bin und mir die Relevanz des Themas wohl verschlossen bleibt. Ich erlebe auf jeden Fall bei den Männern etwas, was auch als reversed discrimination policy bezeichnet wird. So nannte man z.B. in den USA die Überreaktionen von Weißen, als nach der Befreiung der sog. "Farbigen" deren Kindern per Quote der Besuch renommierter Schulen ermöglicht wurde. Die Weißen fingen an, sich diskriminiert zu fühlen und aufstände anzuzettlen.

4. Es wird oft gesagt, der Feminismus wolle Sonderrechte für Frauen. Ich sehe das nicht so. Letztendlich ging es grundlegend erst mal um Menschenrechte und respektvolle Behandlung von Frauen. Man sollte nicht vergessen wo wir herkommen. Bis ins 20. Jahrhundert hinein waren Frauen praktisch rechtlos. Es gab nur einen vorgesehenen Lebensweg für sie. Als individuelle Person mit Fähigkeiten und Möglichkeiten existierten sie nicht. Ist das menschenwürdig?

Jetzt verwechslst Du aber Vergangenheit und Gegenwart.

5. Ich glaube daß es für viele Männer sehr lehrreich wäre sich mit der Kultur von Geschlechterrollen und der Tradition von Männlichkeitsbegriffen mal sachlich auseinander zu setzen.

*Rotstiftnehm und dickunterschreib*

6. Zu diesem Prozess gehört eben auch, daß Männer nicht mehr 80% des Platzes in der Gesellschaft beanspruchen können als wenn sie allein auf der Welt wären. Das bedeutet auch, Platz zu machen. ...Viele Männer aber haben das Gefühl da würde ihnen etwas gestohlen was rechtmäßig ihres ist.

Das Gefühl hab ich auch oft. :-(

7. Nein leichter haben wir es auch nicht.

Nein. wir haben es alle nicht leicht, Männer nicht und Frauen auch nicht.

Letzten Endes müssen wir uns zusammenraufen.

JA!

Denn alte Besitz- und Machtverhältnisse wieder herstellen, bloß damit eine bestimmte Sorte Mann seine Verunsicherung und Unfähigkeit zum Respekt (auch sich selbst gegenüber) nicht spüren muß...das kann nicht der Weg sein.

Bin voll Deiner Meinung. :-)

Zum Glück geht es nur um eine bestimmte Sorte Mann, nicht um alle. Das läßt hoffen. Es gibt auch schon viele klasse Männer, deren Engagement es zu loben gilt.

ciao
Beatrix


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