Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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14. 6. 18. Ein Artikel auf "Zeit Online"

Kurti, Wien, Saturday, 25.07.2009, 20:22 (vor 5602 Tagen) @ Kurti

14. 6. 18. Ein Artikel auf "Zeit Online"

"Gewalt von Frauen (…) Auch Frauen üben Gewalt aus. Die Bereitschaft, darüber zu reden, ist allerdings immer noch gering. (…) Es wäre falsch verstandene Emanzipation, nun zu jubeln. In der Tat lässt sich aber die Zunahme weiblicher Gewalt mit der Veränderung von Rollenbildern erklären.
Barbara Kavemann, Professorin an der Universität Osnabrück, hat an der bislang einzigen Studie in Deutschland mitgearbeitet, die sich dem Phänomen Gewalt an Männern annimmt. Sie sagt: 'Man muss alle Formen und Stufen von Gewalt sehen, nicht nur körperliche Gewalt.' Psychische Gewalt, Einschüchterungsversuche und Mobbing zählen dazu. Trotzdem beschränken sich Frauen nicht auf seelischen Zwang: 'Frauen schlagen tatsächlich weniger häufig zu, sehr wohl aber üben sie physische Gewalt aus.' Insgesamt gleicht sich die Gewaltausübung von Frauen und Männern in Beziehungen an.
In der Pilotstudie 'Gewalt an Männern' des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2004 heißt es: 'Jedem vierten der befragten Männer widerfuhr einmal oder mehrmals mindestens ein Akt körperlicher Gewalt durch die aktuelle oder letzte Partnerin.' Die Männer gaben zum Beispiel an, geschlagen worden zu sein. Deutlich häufiger allerdings wurde von leichteren Gewaltformen wie Kratzen oder Schubsen berichtet.
Interessanterweise steigt die Bereitschaft von Frauen, Gewalt anzuwenden, in der Trennungsphase, erklärt Barbara Kavemann: 'Im Streit mit dem Partner wenden Frauen viel häufiger körperliche Gewalt an als in anderen Konflikten.' Um den Nachteil gegenüber den meist kräftigeren Männern auszugleichen, greifen Frauen dabei auch oft zu Hilfsmitteln, berichtet Kavemann: 'Es klingt jetzt witzig, aber Frauen nehmen alles, was herumsteht. Von der Blumenvase über den Regenschirm bis zur Bratpfanne. Die Verletzungen, die dabei entstehen, sind dann oft nicht so stark, dass sie zur Anzeige gebracht werden.'
Wesentlich häufiger allerdings sind Männer in Beziehungen von psychischer Gewalt betroffen. Demütigungen, Herabsetzungen und Beleidigungen kommen vor, belegt die Studie. Eine andere Form von Gewalt, über die Männer sich beklagen, ist, dass Frauen ihre sozialen Aktivitäten kontrollieren. Jeder fünfte Mann gibt an, dass seine Partnerin eifersüchtig ist und den Kontakt zu anderen unterbindet. Jeder sechste Mann sagt: 'Meine Partnerin kontrolliert genau, wohin ich mit wem gehe, was ich mache und wann ich zurückkomme.'
Der aktuelle Gender Datenreport des Bundesfamilienministeriums kommt zu einem überraschenden Ergebnis: 'Von körperlicher Gewalt in heterosexuellen Paarbeziehungen scheinen zunächst Männer – rein quantitativ – in annähernd gleichem Ausmaß wie Frauen betroffen zu sein.' Dass davon niemand weiß, liegt an einem männlichen Dilemma: In anonymen Studien outen sie sich durchaus als Opfer von Gewalt seitens ihrer Partnerin. Ihren Freunden oder Kollegen aber erzählen sie nicht davon, eine Anzeige bei der Polizei ist undenkbar. Die Scham ist einfach zu groß.
(…)
Der Blick in die Vergangenheit zeigt allerdings eine unschöne Entwicklung. Die körperliche Gewalt von Frauen nimmt zu. Besonders deutlich ist die altersspezifische Erhebung: Seit 1996 ist die Gewaltkriminalität von 14- bis 18-jährigen Mädchen um 62 Prozent gestiegen.
Xenia Bade hat Soziale Arbeit an der Universität Lüneburg studiert und sich in ihrer Diplomarbeit mit dem Phänomen der Mädchengewalt befasst: 'Mädchen prügeln sich nicht – das war früher mal. (…) holen die Mädchen auf.'
Von Mädchengangs, die in Großstädten Gebiete erobern, war in den Medien des Öfteren die Rede. (…)
Männliches Verhalten wird imitiert, die Straße erobert. Bade erklärt: 'Gewalt wird zu einer möglichen Ausdrucksform für Mädchen, das hängt sicherlich mit der langsamen Aufweichung traditioneller Geschlechterkonzepte zusammen. (…)'"
(Quelle: "Zeit Online", 8. 3. 2009)


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