Kategory Archiv: Bernhard Lassahn

Berlin hat sich verändert

Bernhard Lassahn

Bernhard Lassahn

Sie war schon lange nicht mehr in Berlin gewesen, konnte sich aber noch dunkel an eine Gaststätte erinnern, in der sie früher gerne war. Es sah ganz so aus, als hätten wir sie gerade wiederentdeckt. Na gut, sie hatte sich äußerlich verändert, auch der Name war neu, aber das musste sie sein. Wir wollten sowieso eine Pause einlegen, denn meine Freundin konnte nicht mehr lange in den neuen Schuhen laufen, wir hatten Hunger und ich hatte versprochen, sie zum Essen einzuladen. 

Wir konnten schon durch die Glastür erkennen, dass noch viele Plätze frei waren. Doch als wir reingehen wollten, wurden wir aufgehalten. Ein freundlicher Mann sprach uns an und sagte: „Bitte, warten Sie, Sie werden platziert!“

Das überraschte mich einerseits, andererseits kam es mir bekannt vor. In der DDR wurde man auch platziert. Man konnte sich nicht einfach hinsetzen, wo man wollte, man wurde platziert. Offenbar war das wieder eingeführt worden. Ich hatte es nie gemocht, derartig eingeschränkt zu werden, ich sah darin eine überflüssige Alltagsschikane, mit der Menschen in ihrem unbefangenen Schwung ausgebremst und klein gemacht wurden. weiterlesen…»

Falsche Freunde und falsche Feinde. Die halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge.

Bernhard Lassahn

Bernhard Lassahn

Von  Bernhard Lassahn

Es geht um brutale Gewalt, um Schwule, Lesben, Transen und Feministen, sowie um Bücher und Meinungsfreiheit. Im übertragenen Sinne geht es um die Uhr des Lebens, um Lawinen sowie um Adler und andere Vögel. Außerdem geht es – ebenfalls im übertragenden Sinne – um eine brennende Hütte und um die Frage, warum Volker Beck nicht die Feuerwehr ruft.

Die Bundestagsfraktion der Grünen hat in Berlin ein Fachgespräch veranstaltet mit prominenter Besetzung auf dem Podium, u.a. mit Volker Beck, Kai Gehring, Prof. Sabine Hark, Ulle Schwaus, Laurel Braddock (Beratung für schwule und lesbische Heranwachsende) und Anne Wizorek.

Sie sind allesamt bekannt als schwule, lesbische oder feministische Aktivisten. Das passt. Es ging bei dem Fachgespräch nämlich um „Strategien gegen Anti-Feminismus und Homophobie“ – also um Strategien gegen Leute, von denen die Promis auf dem Podium annehmen durften, dass sie von denen nicht gemocht werden und dass die sich ihren aktuellen Plänen in den Weg stellen wollen.

Es ging nicht etwa um ein Gespräch mit diesen Leuten. Vielmehr ging es um ein Gespräch über solche Leute. Da sich alle auf dem Podium einig waren, war es langweilig. Es war eine Verkündung von oben herab zu einem gleichgesinnten Publikum. Es war keine Diskussion mit Für und Wider, Pro und Contra, wie man das vielleicht noch von früher kennt. weiterlesen…»

Vom Willen zur Wolle

Bernhard Lassahn

Bernhard Lassahn

In meinem Freundeskreis gibt es einen Wolfgang, der einfach „Wolle“ genannt wird. Es gibt noch einen weiteren Wolfgang, den wir ebenfalls „Wolle“ nennen. Um den einen vom anderen zu unterscheiden, musste ein Zusatz her. Der Wolfgang, um den es hier geht, ist politisch interessiert und hatte eine Vergangenheit in der Studentenbewegung, deshalb nennen wir ihn den „politischen Wolle“ – im Unterschied zum „indischen Wolle“ (der zwar kein richtiger Inder ist, aber öfter dahin reist).

Als ich neulich mit dem politischen Wolle einkaufen war, passierte es: Ich griff ahnungslos nach einer Tüte und zuckte zurück, als ich die Aufschrift las. Hä?! Was musste ich da lesen? „Studentenfutter“. STUDENTENFUTTER! Ich legte die Tüte unauffällig wieder zurück. Muss es nicht politisch korrekt „Studierenden-Delikatesse“ heißen?

„Futter“ schrammt vielleicht gerade noch an einem unerlaubten Tiervergleich vorbei, aber „Studenten“ geht gar nicht. In Baden-Württemberg – und nicht nur da – werden deshalb die Studentenwerke in „Studierendenwerke“ umbenannt, wie der ‚Spiegel’ unter der Überschrift „Gender, Gender Geldverschwender“ berichtete; denn so eine Umbenennung kostet pro Hochschule bis zu 100.000 Euro. Aber es muss sein. Muss es das?

Ja. Denn es ist politisch gewollt. Es fragt sich nur von wem. Ist es etwa der Wunsch der Wähler, die einst im Musterländle heftig gegen Stuttgart 21 protestiert und den Wechsel gewählt haben? Ist es das, was die Grünen versprochen haben? Oder das, was die SPD immer schon umsetzen wollte?

Mir scheint, es ist vielmehr das, was die Spaßpartei DIE PARTEI gefordert hat, die bekanntlich im Wahlkampf mit den Parolen „Inhalte überwinden“ und „Mehr Bürokratie wagen“ angetreten ist? Denn inhaltlich ist es schon ein Unterschied, ob ich von „Studenten“ spreche oder von „Studierenden“ und „mehr Bürokratie“ ist genau das, was letztlich dabei herauskommt. Die Spaßpartei hat, wie es aussieht, die Wahl gewonnen. Ihre Parolen werden nun umgesetzt. weiterlesen…»

Schwere Zeiten für Papageien

Bernhard Lassahn

Bernhard Lassahn

Ab heute, also ab dem 1.4., tritt eine Neuregelung in Kraft, die alle betrifft, die einen Papagei in ihrer Wohnung haben. Die Haltung dieser seltenen Tiere wird damit noch schwieriger. Es hatte schon im Vorfeld Unmut und vereinzelte Proteste gegeben, die sind allerdings nicht an die große Öffentlichkeit gelangt. Nun ist es zu spät.

Es ist sowieso nicht lustig, einen Papagei zu halten auch wenn sich das manche so vorstellen. Ein Papagei ist kein Spaßvogel. Er macht eigentlich nur Ärger. So ein Tier ist äußerst sensibel, erfordert intensive Pflege und ist nicht gerade billig im Unterhalt. Nun wird es noch teurer.

Papageien können sprechen natürlich können sie das nicht wirklich: sie können lediglich etwas nachplappern. Vielen reicht das schon. Das macht Papageien so beliebt. Doch bei aller Begeisterung darüber, DASS sie etwas sagen, wird leicht vergessen, darauf zu achten, WAS sie überhaupt sagen. Es ist fast immer nur dummes Zeug. Und es besteht inzwischen keine Hoffnung mehr, dass sich das noch mal ändert. weiterlesen…»

Die Diagnose der Quacksalber

Bernhard Lassahn

Bernhard Lassahn

Von Bernhard Lassahn

Wer ist krank? Was für eine Krankheit ist es? Ist sie heilbar? Wer ist der Arzt?

Die jüngste COMPACT-Konferenz in Leipzig „Für die Zukunft der Familie“ stand unter dem Motto „Mut zur Wahrheit“, was mich ein wenig an die ‚Bild’-Zeitung erinnerte. Thilo Sarrazin – der „Stargast beim Homophoben-Treffen“, wie der ‚Tagesspiegel’ schrieb, – kommentierte das Motto dann auch mit leicht mürrischem Unterton: Es dürfe nicht sein, dass man „Mut“ haben müsse, um die Wahrheit zu sagen – andererseits: Was ist schon „Wahrheit“? Wer könnte den Anspruch erheben, im Besitz der Wahrheit zu sein? Er nicht. Eine These (ihm wird schließlich vorgeworfen, dass er „krude Thesen“ vertritt) behaupte eben gerade nicht von sich, die Wahrheit zu sein, eine These stelle sich vielmehr zur Diskussion und fordere die Antithese heraus.

„Mut zur These“ könnte man sagen, oder auch „Mut zur Meinung“. Das träfe es eher; denn heute gibt es Meinungsdelikte, da braucht man Mut, eine Meinung zu äußern. Wer es tut, ist nicht mehr sicher. In Leipzig nicht, in Berlin nicht. Da wurde Gerhard Amendt ausgeladen, weil aufgrund der Proteste im Vorfeld für seine Sicherheit nicht mehr garantiert werden konnte. Es wäre eine Diskussion gewesen zur Frage: „Zwischen Gleichberechtigung und Gleichmacherei – brauchen wir eine gesetzliche Frauenquote?“

Eine Themenstellung mit einem bescheidenen Fragezeichen. Aber sie machte ebensoviel Wirbel wie das „weiche“ Thema „Zukunft der Familie“. weiterlesen…»

Der Apfel und seine Feinde

Bernhard Lassahn

Bernhard Lassahn

Von Bernhard Lassahn

An einer Stelle fällt Vladimir Nabokov in seinem wunderbaren Buch Erinnerung, sprich aus der Rolle und wendet sich direkt an den Leser, als müsste er dringend etwas klären: Es ist nicht so, dass er gegen den Kommunismus ist, weil der seine Familie um ihr Vermögen gebracht hat, es ist die unmenschliche Gleichmacherei, die ihm so verhasst ist.

Wie sieht es hier und heute damit aus? Die moderne Gleichmacherei ist allgegenwärtig und umfassend: Eine Kopie ist nicht mehr vom Original zu unterscheiden, Politiker differenzieren nicht zwischen „Gleichstellung“ und „Gleichberechtigung“. Anführungsstriche schützen nicht mehr, es wird nicht unterschieden, ob jemand seine eigene Meinung vertritt oder eine fremde zitiert, die Meinung eines Redners wird genauso gewertet wie die des Mannes, der ihm das Mikrofon hinstellt. Alles gleich. Da wird kein Unterschied mehr gemacht. Denn Unterscheiden heißt Diskriminieren. So etwas tun wir nicht.

Wir können auch Satire nicht mehr von wahren Meldungen unterscheiden. Was stimmt? Entscheiden Sie selbst: Soll Hitlers Mein Kampf, sobald die Rechte frei sind, in gerechter Sprache umgeschrieben werden? Ist heute schon Werbung verboten, die Frauen als Hausfrauen darstellt? Darf es in manchen Gemeinden nur noch Instrumentalversionen von Weihnachtsliedern geben, um andere Religionsgruppen nicht zu beleidigen? Werden an manchen Universitäten männliche Professoren als Professorinnen bezeichnet, um Geschlechtergerechtigkeit zu fördern?

Mario Vargas Llosa beklagt, dass die Gleichheitsidee Verwirrung stiftet. Er sagt: „Zu glauben, dass alle Kulturen Achtung verdienen, da es in allen positive Beiträge zur menschlichen Zivilisation gibt, ist eine Sache; eine ganz andere dagegen, zu glauben, dass alle, bloß weil es sie gibt, gleichwertig seien. So unglaublich es klingt, aber genau Letzteres ist passiert, und zwar aufgrund eines kolossalen Vorurteils – erwachsen aus dem Wunsch, ein für alle Mal sämtliche kulturellen Vorurteile aus der Welt zu schaffen.“ weiterlesen…»

Vergewaltigungen, Witze, Wanderwege, Juden, Attacken, Ölweiber, Strickmuster – und die Gitarre von James Bond

Berhard Lassahn

Zwar bin ich nicht der offizielle Sprecher der Gewerkschaft ‚Öffentliche Dienste, Humor und Verkehr’ (ich bin auch nicht unglücklich, dass es die gar nicht gibt), ich möchte dennoch bei meinem kleinen Rundschlag mit einem Versuch zur Ehrenrettung des Witzes anfangen. Als Witzexperte möchte ich mich nicht bezeichnen, aber da ich schon öfter mit witzigen Texten auf der Bühne stand und dafür Geld gekriegt habe, kann ich das professionell halten, zumindest semiprofessionell.

Eine kleine Warnung vorweg: Was ich über den Herrenwitz sagen werde, ist nicht lustig. Ich vermute sogar, dass ein paar scharfe Töne, die später noch dazukommen, bei einigen Lesern einen regelrechten Aufschrei auslösen können, ich höre ihn schon vor meinem geistigen Ohr: „So kann man das aber nicht sagen! Also, das geht gar nicht!“

Ich spreche mir sicherheitshalber Mut zu und pirsche mich langsam an das Thema heran. Was ist passiert? Uns wurde in dem jüngsten „Schwesterle-Skandal“, wie ich ihn zur Abwechslung nennen möchte, eine eigenartige Perversion vorgeführt. In dem Aufschrei um „Herrenwitz“ und „Sexismus“ wurden zwei Güteklassen von Witzen miteinander vertauscht: „Herrenwitze“ und „Männerwitze“. weiterlesen…»