Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: "Der dressierte Mann" ... oder auch der undressierte

Gast, Tuesday, 29.03.2005, 18:50 (vor 7570 Tagen) @ Nikos

Als Antwort auf: Re: "Der dressierte Mann" ... oder auch der undressierte von Nikos am 29. März 2005 11:16:

Hi Wodan.
Ich glaube der Gast meint, ein Mann soll der Kinderwagen schieben, wenn er will oder wenn zB erkennt, daß seine Frau ihn auch schiebt, auch in der Öffentlichkeit und vor anderen Frauen, vor allem vor Emanzen und bekannte Radikalfeministinnen. Dh, wenn das Kinderwagenschieben in etwa gleichberechtig und gleichverpflichtend abläuft, jenseits von feministischen oder anderen Ideologien. Ungefähr so: Eine Stunde spazieren gehen, halbe Stunde schiebe ich, halbe Stunde meiner Frau (zumal Kinderwägen für mich als großgewachsener Mensch meistens zu niedrig sind, deswegen ich mich bücken muss, und dann davon Rückenschmerzen bekomme).
Also das Schieben auf keinen Fall NUR von der Entscheidung der Frau abhängig machen (So! Nun schiebst DU!) niemals niemals niemals! Sondern, entweder gleichberechtigt darüber abstimmen (meist genügt bei gesunde Beziehungen eine kurze Abstimmung), oder eben nur dann, wenn der Mann es auch wirklich will (zB wenn die Frau nicht schieben will, weil sie sich dann nicht emanzipiert genug vorkommt, oder weil sie der Umwelt zeigen will, wie sehr sie ihren Mann unter Kontrolle hat => in solchen Fällen schiebe ich nicht!).
Was macht man(n) aber in Situationen, in deren die Frau nicht schieben will, doch nicht eindeutig zu erkennen ist, daß dies ideologischen Hindergrund hat? Oft sagen ja die Frauen nicht "weisst Du, ich bin Radikalfemistin, deswegen schiebst Du den Wagen", sondern erzählen etwas wie "Och je, bin ICH müde" und schauen dann auf den Mann ganz entzückt.
Was macht man da, wie erkennt man was tatsächlich wahr ist? Werde ich als vorzeige-dressiertes Pferd mißbraucht, oder hat meine Frau im Moment ein echtes "Nicht-Wollen-Problem", genauso wie ich auch als Mann eins haben kann?
Nikos

Hallo Nikos,
bravo, du bist bisher der Einzige der völlig verstanden hat was ich meinte! Danke. Ich bin also doch nicht ganz so blemblem! Diesen Eindruck kann man langsam bekommen wenn zu viele "gar nicht verstehen" was man meinte ;-)

Im Falle von "Was macht man aber in Situationen, in denen die Frau nicht schieben will, doch nicht eindeutig zu erkennen ist, daß dies ideologischen Hintergrund hat ..." Ich würde dann ganz klar sagen was ich denke. Damit geht man einen Schritt in Richtung Lösung. Ich würde sagen "Du, ich habe den Eindruck daß du es vermeidest den Kinderwagen zu schieben. Willst du der Umwelt irgendetwas demonstrieren, oder was?" Falls man falsch liegt handelt man sich lediglich ein "Du spinnst ja, natürlich nicht!" ein, hat es sich damit aber von der Seele gesprochen.
Liegt man richtig wird ihre Antwort irgenwie unnatürlich klingen. Sie wird entweder total übertrieben antworten, einen Angriff fahren, provokant werden oder ähnliches.
Der Mann kann sich ja auch -wenn er will- im Zweifel 'für die Angeklagte' verhalten, solange bis er klar genug weiß was los ist. Wichtig finde ich daß es seine EIGENE Entscheidung ist was er macht. Vorsicht aber hier. Die Frauen verstehen es sehr gut, den Mann dahin zu bringen daß er glaubt er hätte es selbst entschieden, dabei haben sie ihn nur dazu gebracht. Mit "Gell Spazl du liebst doch dein Kind und läßt es dir nicht nehmen es in der Öffentlichkeit im Kinderwagen zu fahren, oder?" oder "Du bist der Mann, ich finde du solltest auch die Kontrolle über die wichtigsten Sachen haben, wenn du den Kinderwagen schiebst ist das Kind sicherer (nicht ernst gemeint von ihr, sondern nur als Kontrollspruch)". "Du bist doch nicht zu feige mit dem Kinderwagen zu fahren,oder?" Auf alles würden die meisten Männer mit ja antworten. Und wenn ihn dann einer fragt wird er vollkommen überzeugt "seine Meinung" darüber sagen. Und komischerweise werden es in etwa dieselben Sätze sein die sie in ihn gelegt hat.
Bei dir mache ich mir keine Sorgen Nikos, Du hast einen Draht dafür.

Fairer halber muß ich sagen, ich habe keine Kinder. Deshalb kann ich mir vielleicht auch nicht vorstellen wie es ist, als Vater 'stolz sein Kind im Kinderwagen' zu fahren. Mag sein daß hier ein wichtiger Faktor ist.
Ich habe bloß ein sehr ungutes Gefühl wenn ich hordenweise Kinderwagenschiebende Männer in der Stadt sehe. Mir fällt dann auf wie selten es mittlerweile geworden ist das eine Frau ihn auch schiebt. Ich vermute etwas Schlechtes dahinter.
Kann sein daß in Frauenzeitschriften wie Cosmopolitan und ähnlichen Käseblättern darüber geschrieben wurde und die Frauen regelrecht angeleitet wurden, die Männer dahingehend umzuerziehen.
Ich sage mal: Wenn es in den fünfziger Jahren nicht üblich war daß praktisch alle Männer Kinderwagen schieben wird das seine -in den Wurzeln der Gesellschaft- verankerten Gründe gehabt haben. Ich traue den über Jahrhunderte und Jahrtausende gewachsenen sozialen Strukturen und Handlungsweisen mehr an Richtigkeit [Übereinstimmung mit dem Natürlichen] zu, als neumodischen Strömungen.
Natürlich gibt es Vieles das ich nicht von früher her übernehmen wollen würde und bei dem ich froh bin daß es eine Entwicklung gab, wie z.B. darüber daß man immer mehr von Prügelstrafen absieht und dies zu recht klar verpönt ist.

Ich bringe es mal auf nur einen Satz: Ich sehe hordenweise Kinderwagenschiebende Männer in der Stadt, fühle mich schlecht darüber und traue(!) meinem Gefühl, da ich eine Antenne für feministische Einflüsse habe!

Gruß
Gast


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