Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

67114 Postings in 8047 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Re: 8 Mio, Tote seit 1974 ... - "Mein Schwanz gehört mir!"

T.Lentze, Thursday, 06.01.2005, 23:57 (vor 7446 Tagen) @ Ekki

Als Antwort auf: Re: 8 Mio, Tote seit 1974 ... - "Mein Schwanz gehört mir!" von Ekki am 06. Januar 2005 21:01:09:

Hallo Ekki !

Ich freue mich über dein Interesse an meiner Antwort, befürchte aber, deinen Erwartungen nicht ganz gerecht werden zu können. Für gewisse Fragen gibts hier wahre Fachleute. Von denen lerne ich selbt.

Zu folgenden zwei Abschnitten meines Ausgangspostings würde mich Deine Meinung wirklich sehr interessieren:
<hr>
Zur Frage des Zusammenhangs zwischen Kinderreichtum und Vitalität einer Gesellschaft:
Kann mir vielleicht einer mal ein einziges Beispiel für eine Gesellschaft nennen, die sowohl zu den kinderreichsten als auch zu den – materiell und technisch – wohlhabendsten und fortschrittlichsten und zu den friedlichsten Gesellschaften gehört hätte?

Ich bekenne mein Unwissen ! Aber zu zwei Details:

Der SPIEGEL hat vor einigen Monaten in einem Artikel zu dem Thema die These aufgestellt, dass Gesellschaften mit einer explosiven Geburtenraten immer auch in sozialer Hinsicht explosiv seien und meistens auch gegenüber anderen Ländern aggressiv würden. Ich weiß nicht, ob das in dieser Form immer stimmt, aber es fällt schon auf, dass in der islamischen Welt zur Zeit mindestens ebensoviel gezeugt wie gebombt wird.

Ich kenne den Spiegel-Artikel nicht, vermute aber stark, daß er sich an Gunnar Heinsohn orientiert. Der hat das "Raphael-Lemkin-Institut für Xenophobie- und Genozidforschung" gegründet und betreibt "Vergleichende Vökermordforschung" und "Völkermordfrühwarnung (Genocide Watch)", spricht von "Großtötungen". In einem ZEIT-Artikel (Nr.16, S. 41, 2002) bezeichnete er Präsident Bush als zaghaft und ängstlich. Drei Milliarden junger Leute (natürlich Araber bzw. Moslems !) könnten ihm "zuvorkommen". - Ich habe Heinsohn, nach kurzem Telefonat, angefixt mit der Bitte um nähere Klärung, darauf aber keine Antwort bekommen. - In einem späteren ZEIT-Artikel wurde Heinsohn mit deutlichen Worten kritisiert.

Danach hätte doch eigentlich die Seid-fruchtbar-und-mehret-euch-Religion des Christentums

Das "Seid-fruchtbar-und-mehret-euch" steht im Alten Testament und ist Teil der altjüdischen Bevölkerungspolitik. Christlich ist das nur insofern, als fälschlicherweise noch nicht sauber zwischen alttesttamentlicher Religion (Judentum) und neutestamentlicher Religion (Christentum) unterschieden wird. Dazu habe ich Einiges (in Anlehnung an R.Steiner) in meiner Entgegnung auf susu ausgeführt.

sowie dessen (von seinen Anhängern behauptete) hohe Ethik zu einer kulturellen Blüte führen müssen, die diejenige des dahingeschiedenen Römischen Reiches weit überstrahlte.

Statt dessen gehen genau in diesem Moment über Europa für ein halbes Jahrtausend buchstäblich die Lichter aus, beginnt die sogenannte Epoche der Völkerwanderung. Von den Völkern und Herrschern dieser Zeit ist kaum etwas auf uns gekommen, Vieles gar völlig unbekannt. Es muß eine entsetzlich finstere Zeit gewesen sein.
Erst mit Karl dem Großen und – 100 Jahre später – mit Otto dem Großen beginnt langsam, langsam wieder ein kultureller Aufstieg Europas. Alle Großen aber, die an diesem Aufstieg mitgebaut haben, orientieren sich erklärtermaßen am Erbe Roms, und zwar am vorchristlichen Erbe (Renaissance, „Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation“). (Ging ja auch nicht anders, denn das Christentum hatte rein destruktiv gewirkt: Das Römische Reich zerstört, aber hernach nichts geschaffen, schon gar nichts annähernd Vergleichbares.) Sogar die christlichen Philosophen leugneten nicht, dass sie den antiken, vorchristlichen Philosophen verpflichtet waren.
Und Italien, die ehemalige Heimat der „dekadenten, untergegangenen“ alten Römer, wird zu einer kulturellen, teilweise auch wirtschaftlichen Vormacht, und die italienische Sprache, die so Vieles vom Lateinischen bewahrt hat, wird zur Mutter der europäischen Sprachen, die auch in die nicht-romanischen Sprachen tief hineinwirkt – umgekehrt dagegen so gut wie gar nicht.
Könnte es sein, dass der Geburtenrückgang allenfalls eine der Ursachen für den Untergang des Römischen Reiches war und dass dieser Untergang keineswegs nur positiv zu bewerten ist?
<hr>

Du berührst hier ein hochinteressantes Thema. Leider bin ich aber kein Historiker. Ich will mich irgendwann auch damit befassen. - Ich bin aber grundsätzlich mißtrauisch, was monokausale Erklärungen betrifft. Die Ursachen von irgendwas können rein geistiger Art sein und sich nur bestimmter Mittel bedienen, z.B. Seuchen, plötzliche militärische Entscheidungen usw. - wir wissen es oft nicht. Man lasse die Phänomene für sich sprechen !

Ich hoffe, du bist nicht zu sehr enttäuscht. Freundliche Grüße !

T.L.


gesamter Thread:

 

powered by my little forum
[x]
[*]