Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Zombies unter uns...

Maesi, Tuesday, 22.11.2005, 20:32 (vor 6932 Tagen) @ Garfield

Als Antwort auf: Re: Zombies unter uns... von Garfield am 22. November 2005 13:21:51:

Hallo Garfield

"Wenn es allerdings schon zu spät ist, und sie bereits schwanger ist, so kann es doch keine Lösung sein, das Kind zu töten. Dann hat sie es auszutragen und z.B. zur Adoption freizugeben."
Nun, sie hat ja vorher offenbar durch Verhütung versucht, eine Schwangerschaft zu verhindern. Und hast du schon mal darüber nachgedacht, welche Risiken Schwangerschaft und Geburt mit sich bringen? Für eine gesunde Frau ist das mit der modernen Medizin sicher kein Problem. Es gibt aber Frauen, deren Gesundheit nicht so gut ist und für die Schwangerschaft und Geburt nicht nur eine weitere deutliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes bedeuten würden, sondern eventuell sogar den Tod.

Du widerlegst die Relevanz Deiner Argumentation gleich selber. Fuer eine gesunde Frau (und das sind die weitaus meisten in unserer Gesellschaft - zumindest in koerperlicher Hinsicht *fg*) sind Schwangerschaft und Geburt keineswegs mit einem hohen Risiko verbunden. Man sieht das auch daran, dass die meisten Schwangerschaften eben nicht aufgrund eines objektiv feststellbaren, nennenswerten medizinischen Risikos abgebrochen werden sondern aufgrund dehnbarer, psychologischer Gruende, die meist ohnehin nur die eigene Egozentrik kaschieren sollen.

Nun stelle dir mal vor, deine Partnerin wäre schwanger, der Arzt stellt irgendeine massive Komplikation fest und sagt, daß deine Partnerin während der Schwangerschaft oder der Geburt mit hoher Wahrscheinlichkeit sterben könnte. Und daß sich dies durch eine frühzeitige Abtreibung verhindern ließe. Würdest du dann die Abtreibung trotzdem ablehnen?

Du konstruierst einen Ausnahmefall. Inwieweit ist der fuer die Regel in der gaengigen Abtreibungspraxis relevant?

"Du meinst also, solche Frauen, die ihre Kinder durch absaugen zerfetzen lassen, sind dir lieber, als Frauen die ihre Kinder verhungern lassen?"
Ja. Der Unterschied dabei ist nämlich folgender: Wenn eine Mutter ihr Kind verhungern läßt, dann wird dieses Kind dabei sehr leiden. Es wird starke Schmerzen spüren, es wird vor Verzweiflung Stoffetzen und andere Gegenstände essen, bis es dann irgendwann gar nichts mehr spürt und dann bald stirbt. Deshalb finde ich so etwas extrem grausam.

*zynismus on*
Ich finde auch, dass eine Frau ihr Kind zuerst betaeuben sollte, bevor sie es toetet. Das ist human, denn das Kind verspuert dann keine Schmerzen. Nachdem britische Forscher herausgefunden haben, dass ein Foetus moeglicherweise Schmerzen empfinden koennte, wurde angeordnet bei Abtreibungen den Foetus zuvor zu betaeuben. Hach! sind wir nicht so was von human selbst gegenueber den abzutreibenden Foeten? Aber das Frauenrecht auf Toetung des eigenen Nachwuchses darf latuernich unter keinen Umstaenden angetastet werden, wo kaemen wir denn da hin...
*zynismus off*

Mit Verlaub, Garfield. Die Schmerzen sind zwar durchaus nicht irrelevant, aber an der grundlegenden Tatsache der Toetung aendert sich dadurch ueberhaupt nichts. Inwieweit ein 'humanes, schmerzfreies Toeten' den Toetungsakt selbst rechtfertigt, koennte man ellenlang diskutieren; die Massenerschiessungen in Srebrenica sowie andere Massenmorde mutieren bei entsprechender Rabulistik u.U. zu wahren Akten des Humanismus', denn schliesslich hat man den solcherart Gemordeten lediglich den 'Gnadenschuss' verpasst und sie damit vor dem Leid, Schmerzen und Agonie ihres weiteren Lebens bewahrt. Aus dieser Sicht ist die Giftspritze, mit denen in gewissen Bundesstaaten der USA verurteilte Delinquenten hingerichtet werden, gegenueber dem Elektrischen Stuhl oder dem Strang als etwas ausserordentlich Positives zu sehen. Auch der Arzt Dr. Guillotin hat die Guillotine aus Humanitaetsgruenden zum moeglichst schmerzfreien Hinrichten von Verbrechern erfunden, denn beim konventionellen Koepfen mit dem Richtschwert mussten selbst geuebte Scharfrichter oft mehrmals ansetzen. Nach der Franzoesischen Revolution fuhr Gevatter Tod mit Tausenden von Hinrichtungen bekanntlich 'reiche Ernte' ein; die humane Hinrichtungsmethode wurde von den Jakobinern sozusagen gleich nach der Erfindung industriell angewendet - zum eigen^WVorteil des Volkes, versteht sich. Wer jedoch die Todesstrafe aus Prinzip ablehnt, fuer den handelt es sich lediglich um unterschiedliche Stufen von Barbarei; insbesondere, wenn die Todesstrafe exzessiv und aufgrund zweifelhafter Indizien verhaengt wird.

Bei einer Abtreibung nach einigen Schwangerschaftswochen dagegen ist das, woraus mal ein Kind werden könnte (denn auch ohne Eingriff des Menschen kann es durchaus vorkommen, daß der Embryo frühzeitig abstirbt) noch gar nicht in der Lage, Schmerzen oder gar Emotionen zu empfinden.

Der spontane Abort kommt zugegebenermassen haeufiger vor, als viele denken. Dennoch ist Abtreibung ein gewollter und gezielter Toetungsakt, wohingegen der spontane Abort einen Akt 'Hoeherer Gewalt' darstellt. Aus dem gleichen Grund nennen wir es Unfall, wenn jemand ohne erkennbare Fremdeinwirkung stolpert und eine Treppe hinunterstuerzt bzw. vorsaetzliche Koerperverletzung oder gar Totschlag, wenn jemand dabei 'nachhilft'.

Besonders 'witzig' ist das schweizerische Abtreibungsrecht, das den Begriff der 'Schwangerschaftunterbrechung' kennt; der Begriff 'Unterbrechung' impliziert ja zumindest die Moeglichkeit, das Unterbrochene spaeter wieder aufzunehmen und fortzusetzen. Zwar wuerde es den dafuer verantwortlichen Autoren des Gesetzestextes ziemlich schwerfallen, unter den inzwischen mehreren Hunderttausend in der Schweiz vorgenommenen Abtreibungen auch nur eine einzige 'unterbrochene' und 'wiederaufgenommene' Schwangerschaft zu finden; aber was tut man nicht alles, um das sich penetrant regende, eigene Gewissen zu ueberlisten...

Wenn man frühzeitige Abtreibungen ablehnt, dann muß man konsequenterweise auch die weibliche Menstruation sowie die männliche Onanie ablehnen. Und auch sexuelle Praktiken wie Oral- oder Anal-Sex. Denn dabei werden Ei- oder Samenzellen vernichtet, die ja immerhin jeweils die Hälfte eines künftigen Kindes bilden. Noch strenger genommen müßte Sex generell abgelehnt werden, weil dabei ja auch ohne Verhütung unzählige Samenzellen verloren gehen und auch Eizellen nicht immer befruchtet werden. Nur noch künstliche Befruchtung, bei der jeweils eine Samenzelle mit einer Eizelle verschmolzen wird, dürfte dann erlaubt sein, um keine Bausteine künftigen Lebens zu zerstören. Klingt das realistisch?

Nein, das klingt nicht realistisch, weil Du Dinge miteinander vergleichst, die nicht vergleichbar sind. Die Menstruation ist ohnehin hormonell gesteuert und im Gegensatz zur Abtreibung keine bewusste Tat der Frau, womit sich jeder Vergleich mit einem bewussten und gezielten Akt der Abtreibung von selbst erledigt. Ausgereifte Ei- und Samenzellen haben eine Lebenserwartung von hoechstens ein paar Tagen (sofern man sie nicht einfriert), dann ist Schluss; der einzige Zweck ihrer Existenz ist, ihr jeweiliges Erbgut (vielleicht) miteinander zu vereinigen. Insbesondere fuer die einzelne Samenzelle ist die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommt, verschwindend gering. Ei- und Samenzellen haben jede fuer sich genommen auch kein Potential zu einem empfindungsfaehigen menschlichen Organismus heranzuwachsen; die befruchtete Eizelle bzw. der sich daraus entwickelnde Embryo, der bei der Abtreibung getoetet wird, hat dieses Potential sehr wohl.

Gruss

Maesi


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