Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Nur kurz

noname, Wednesday, 23.11.2005, 03:31 (vor 6932 Tagen) @ ChrisTine

Als Antwort auf: Re: Zwei Punkte von ChrisTine am 22. November 2005 23:57:09:

Hättest du gerne eine Mutter gehabt, die dir dein Leben lang zu verstehen gegeben hätte, dass sie dich nicht wollte?

Ich hatte genau so eine Mutter und ich frage mich gerade, wie ich es geschafft habe, dieses Leben auszuhalten...
Es war in meiner Kindheit und Jugend mehr als nur beschissen, aber ich behaupte, aus meinem Leben trotzdem etwas gemacht zu haben. Wenn ich Dein Geschreibe lese, wäre es ja besser gewesen, meine Mutter hätte mich abgetrieben und es würde mich nicht geben.
Auch deswegen kann mir nicht erklären, mit welchem Recht manche Menschen so leichtsinnig über Leben und Tod entscheiden wollen. Krass ausgedrückt wird hier in lebenswertem und unlebenswertem Leben unterschieden und das Recht hat mMn kein Mensch.
Christine - über so ein Geschreibsel ziemlich wütend

Hallo Christine!

Wütend zu sein ist dein gutes Recht. Aber deine Wut allein reicht nicht, um meine Meinung zu ändern. Ich habe auch den Eindruck, dass du mich nicht ganz verstanden hast.

Wir sind uns doch sicher in dem Punkt einig, dass es in diesem Thread um Abtreibung geht. Abtreibung bedeutet, das Töten/Absaugen eines Zellhaufens/Fötus/Embryos. Darüber hinaus habe ich gesagt, dass die Einstellung der Mutter zum werdenden Kind für mich auch einen legitimen Einflussfaktor beim pro-contra-Abwägen darstellt. Fehlt der Mutter die Liebe zum Kind, halte ich es für besser, das Kind innerhalb der gesetzlichen Fristen im Zweifelsfall abzutreiben (alternativ wäre natürlich die Freigabe zur Adoption möglich), als es zu hassen und zu vernachlässigen. Entscheidet sie sich FÜR ein Austragen des Kindes, dann sollte sie auch 100%ig hinter dem Kind und ihrer Entscheidung stehen. Nun gehst du so weit und folgerst aus meinen Überlegungen, dass ich indirekt dein Leben als nicht lebenswert betrachte. Und das ist falsch. Vielmehr schanze ich den Müttern das Recht zu (eigentlich haben sie dieses Recht bereits), vor dem Hintergrund ihres persönlichen Wertesystems über das Leben oder den Tod des Fötus zu befinden.

Du selbst hast für dich entschieden, dass dein Leben lebenswert ist. Diese Entscheidung war dir möglich, weil du als gewordener Mensch rückblickend und vor dem Hintergrund deiner entwickelten Wertsphäre zu einem positiven Ergebnis gekommen bist und formulierst anschliessend mit diesem Wissen, dass zum Zeitpunkt (d)einer möglichen Abtreibung nicht existierte, eine in meine Richtung weisende Anklage. Ein abgetriebener Embryo hat aber keine (eigene) Wertsphäre, es ist kein Individuum, es wird nie ein Urteil über sein Leben fällen. Es existiert kein "ICH" oder "ICH WILL" oder "ICH FINDE" oder "ICH WERDE". Oder anders ausgedrückt: Wäre ich abgetrieben worden, hätte ich davon nichts mitbekommen und könnte jetzt auch keinen klagenden oder lobenden Zeigefinger ausstrecken. Selbst der Satz "Es wäre mir egal" hätte keine Berechtigung, weil in dem Moment keine stellungnehmende Instanz des Embryos (also mir) existierte. Da ist einfach nur luftleerer Raum, der bestenfalls angefüllt ist mit Projektionen, Prinzipien oder Idealen.

Du hast des weiteren eine im Grunde richtige Frage gestellt, nämlich

[snip] ... mit welchem Recht manche Menschen so leichtsinnig über Leben und Tod entscheiden wollen. (Hervorhebung von mir)

[aus dem, was du vorher geschrieben hast, schliesse ich, dass du die Betonung nicht auf "leichtsinnig" legst. Ich kann mich natürlich irren. In dem Fall bitte einen diesbezüglichen Hinweis]

Woher nimmst du dir das Recht, pauschal allen Müttern vorzuschreiben, ihr Kind auszutragen? Woher nimmst du dir das Recht, für den Zellhaufen zu entscheiden, dass sein Leben lebenswert sein wird, selbst dann wenn es von seiner Mutter gehasst werden wird?

Um es nochmal zu betonen. Abtreibung ist zwar das letzte, aber dennoch legitime Mittel. Ich möchte den Müttern das Recht zugestehen, eine Schwangerschaft abzubrechen, wenn sie es als die für sich (und das Kind) beste Entscheidung erachten.

mfg
noname


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