Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Gibt es Rassen ? Gibt es Geschlechter ?

Freddy, Friday, 19.05.2006, 02:04 (vor 6565 Tagen) @ Adam

Wissenschaftliche Revolutionen sind gekennzeichnet durch
Paradigmenwechsel. Damit ist weniger ein Wechsel im privaten Weltbild des
jeweiligen Wissenschaftlers, seiner Weltanschuung, gemeint, als vielmehr
ein Wechsel des WISSENSCHAFTLICHEN Paradigmas. Passen einzelne
Erfahrungen, Ergebnisse von Experimenten, Erscheinungen usf. nicht ins
gängige Erklärungsmodell einer Wissenschaft, so bleiben sie zunächst außen
vor, bis man a)einen Weg gefunden hat, sie dennoch widerspruchsfrei in das
geltende Theoriegebäude zu integrieren. Glingt das nicht, so werden b)
Details des Theoriegebäudes modifiziert, so lange bis die neu beobachteten
Phänomene in ihm Platz haben. Manchmal hilft aber auch dies nicht; dann muß
offenbar c) ein Fehler in den Grundannahmen stecken: es ist Zeit für einen
Paradigmenwechsel.

Was heißt denn, daß bestimmte Erscheinungen "außen vor" bleiben? Selbst die Griechen kannten ja schon die Phänomene der Eletrostatik, hatten aber noch keine mathematisch formulierte Theorie darüber wie wir heutzutage. Das tut aber dem Phänomen an sich keinen Abbruch.

Nur wenige Wissenschaftler betreiben diesen letzten Ausweg offensiv, weil
mit ihm ein ganzes Gebäude neu zu errichten wäre. Meist sind es junge
Forscher, die den Mut haben, altes bislang Bewährtes in Frage zu stellen:
Einstein etwa bewirkte einen Paradigmenwechsel in der Physik. Die
Grundannahme seiner RelTh. ist nun die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit.

Die Lichtgeschwidigkeit ist nicht konstant, weil Einstein das gesagt hat, sondern weil bis jetzt nichts anderes gemessen wurde.

Nun ist es so, daß dergleichen Revolutionen zwar neue Paradigmata
(Erklärungshorizonte) schaffen, daß diese zunächst aber von der wiss.
Gemeinschaft parallel zu den alten eingenommen werden: nicht jeder
Wissenschaftler vollzieht den Paradigmenwechsel mit, viele behalten das
alte bei, weil sie evtl. glauben, in Phase b) wäre noch zu einer Lösung zu
gelangen. Vor allem ältere Forscher können sich selten gleich dazu
entschließen, Grundfeste ihrer über Jahre erarbeiteten wissenschaftlichen
Position einfach preiszugeben.

Nur weil etwas alt ist, muß man es ja nicht gleich wegschmeißen. Warum wird heute noch Newton gelehrt?

Die nun freilich etwas provozierende These Kuhns ist es, daß ein wiss.
Paradigmenwechsel erst dann wirklich stattgefunden hat, wenn die Vertreter
des alten Paradigmas gestorben sind, da sie eben oft nicht mehr durch
Argumente zur Annahme neuer Prinzipien zu bewegen sind. Dies mag man
psychologisch begründet sehen, ich denke aber, daß dies nicht wirklich
zutrifft und schon gar nicht theorierelevant ist. Kuhn jedenfalls geht es
in erster Linie darum zu zeigen, wie wissenschaftliche Entwicklung
abläuft, nicht wie die Haltungen der daran Beteiligten innerlich motiviert
sind.

Ich glaube, daß das einzige Paradigma der Wissenschaft die Welt selbst ist. Das Experiment entscheidet. Kuhn ist mir da etwas zu "Personen-lastig". Aber danke Dir für die Mühe des Schreibens, so genau hätte ich es gar nicht gebraucht. :-D

Gruß,
Freddy


gesamter Thread:

 

powered by my little forum