Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Strafanzeige gegen Dissens e.V.

susu, Saturday, 13.01.2007, 17:30 (vor 6542 Tagen) @ Christine

Hallo Christine

zunächst einmal folgendes: Jeder Mensch soll seine Sexualität so ausleben,
wie er es für richtig hält. Kein Mensch hat das Recht, ihm da herein zu
reden. Wenn ich sage, das ich über dieses Thema nicht reden will, dann hat
das jeder zu respektieren, genauso wie ich das bei anderen Menschen
ebenfalls respektiere. Sexualität ist das intimste, was es gibt und wenn
schon Erwachsene Schwierigkeiten mit ihrer Sexualität haben, wie soll es
da erst bei Minderjährigen sein, selbst wenn sie bereit 16-17 Jahre alt
sind?
Das Fatale ist ja noch nicht einmal das Alter, das Fatale daran ist, das
sich diese Jungen dem nicht entziehen durften, sondern über ihre
Sexualität sprechen mußten.

Woraus schließt du das? Das hier unter Zwang geredet werden mußte ist keineswegs im Text erhalten. Es wurde versucht eine Athmosphäre zu schaffen, in der sie über Sexualität reden konnten.

Jede Frau hat das Recht, selbst mitten im Geschlechtsverkehr nein zu sagen
und wenn sich der Mann nicht daran hält, riskiert er eine Strafanzeige
wegen Vergewaltigung. Jetzt weiß ich zwar selbst, das zwischen Theorie und
Praxis ein Unterschied besteht, trotzdem beharre ich darauf, das einem
Jugendlichen, der irgendwann nicht mehr über dieses Thema sprechen will,
STOP sagen darf -bis hierher und nicht weiter-. Diese Chance hatten diese
Jugendlichen nicht.

Nein? Woraus schließt du das?

Die nächste Frage, die ich mir stelle: Jetzt sind es noch 16-17jährige,
wann gehen die Leute soweit, das sie das gleiche mit 12-13jährigen machen?

Dann wenn 12-13jährige auch den anderen Kram machen, den 16-17 jährige in der Schule machen. Wenn du ernsthaft glaubst Pädagogen würden Arbeitskonzepte unabhängig von Alter und Reife der Kinder und Jugendlichen mit denen sie arbeiten erstellen und anwenden, dann hast du von Pädagogik keinen Schimmer. Wenn ein 12. Schuljahr im Deutschkurs die Klausuraufgabe erhält, einen Abschnitt aus Faust zu interpretieren, dann ist das adequat. Wenn man diese Aufgabe als Aufsatzthema für ein 4. Schuljahr stellt, hat man einen an der Waffel. Diese 4 Jahre sind ein entscheidender Punkt.

Wann wird diese Theorie als Pflichtfach evtl. in den Schulunterricht
aufgenommen?

Wenn ich das mir das Deutsche Schulsystem ansehe: Nie. Ich habe im Pflichtkurs SoWi "Rollentheorie" gelernt, zu dem Zeitpunkt hatte ich mir die Queer Theory schon einigermaßen angelesen und habe versucht meinem Lehre Foucault zu erklären (hat nicht gefruchtet).

Was wäre, wenn man Mädchen ihre sexuelle Identität absprechen würde?

Bitte kurz mal über den Unterschied zwischen sexueller Identität und Geschlechtsidentität nachdenken. Und ja, die Geschlechtsidentität von Mädchen steht auch in der Kritik (vgl. z.B. Elisabeth Tuiders Beitrag zu "Ulf Heidel / Stefan Micheler / Elisabeth Tuider (Hg.): Jenseits der Geschlechtergrenzen:
Sexualitäten, Identitäten und Körper in Perspektiven von Queer Studies", oder Monika Webers Aufsatz "Mädchenarbeit im Wandel", der die Mädchenarbeit in den SOS Kinderdörfern thematisiert und erklärt: "herrschende Vorstellungen und Bilder eindeutiger Geschlechtszugehörigkeit zu irritieren und auf diese Weise die Polarisierung zwischen den Geschlechtern aufzuweichen kann auch als Methode in der Mädchenarbeit eingesetzt werden").

Diesen Aufschrei könnte man von Flensburg bis Garmisch hören und das zu
Recht!

Nein. Eben nicht zu Recht. Wie Dissens m.E.n. völlig korrekt feststellt: "Unsere Identitäten sind in erster Linie verinnerlichte Herrschaftsverhältnisse". Und deshalb müssen wir sie in Frage stellen, oder wir stellen die Herrschaftverhältnisse nicht in Frage.

Diese Art von Infragestellung der herrschenden Frauenidentität ist -
philosophisch-konstruktivistisch ausgedrückt - eine Zerstörung von
Identitäten.
Der Spiegel tut aber so, als sollte das Mädchen an sich
zerstört werden.

Es macht also laut Frau Oestreich nichts aus, wenn menschliche Identitäten
zerstört werden, denn das da etwas zerstört werden soll, gibt sie ja
umumwunden in ihrem Bericht zu. Diese Frau ist doch nicht ganz klar im
Kopf und das ist noch human ausgedrückt, aber Frau darf das ja schreiben,
es geht ja nur um Männer bzw. Jungen :-(

Was da zerstört werden soll sind die verinnerlichten Herrschaftsverhältnisse. Oder um das mal konkreter zu machen: Das ist das Gefühl, das es nicht ungerecht sei, daß Männer zu zwangsdienstern verpflichtet werden, was da zerstört werden soll. Das ist das Gefühl, im Job funktionieren zu müssen, bis der Herzkasper kommt. Das ist das Gefühl, das es männlicher sei sich umzubringen als über seine Probleme zu reden. Und diese bescheuerten Gefühle zu zerstören halte ich durchaus für sinnvoll.

susu


gesamter Thread:

 

powered by my little forum