Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Strafanzeige gegen Dissens e.V.

Christine ⌂, Sunday, 14.01.2007, 15:06 (vor 6524 Tagen) @ susu

Hi susu,

Das Fatale ist ja noch nicht einmal das Alter, das Fatale daran ist,

das

sich diese Jungen dem nicht entziehen durften, sondern über ihre
Sexualität sprechen mussten.

Woraus schließt du das? Das hier unter Zwang geredet werden musste ist
keineswegs im Text erhalten. Es wurde versucht eine Athmosphäre zu
schaffen, in der sie über Sexualität reden konnten.

[Zitat]
Zentral hierfür sind unserer Ansicht nach zwei methodische Verfahren gewesen: a) der Ice-Breaker b) der wandernde Sprechball (geeignet sind Jonglierbälle). Als Ice-Breaker muss der Betreuer gesehen werden, der anfängt. Er bricht das Schweigen, er ist derjenige, der Gedanken noch einmal ganz konkret anstößt und in dem sich die Jungen auch wiedererkennen und sich auf ihn beziehen können. Er spricht und er hat auch den Ball. Wird dieser Ball dann einem der Jungen zugeworfen, ist dieser ein Stück weit verpflichtet, irgend etwas zu sagen. Und er hat sich ja vorher Gedanken gemacht und ist nicht der erste, der sich die Blöße gibt. Der Sprechball hat bei (Jungen)Gruppe des weiteren den Vorteil, dass niemand dazwischen quatschen kann, da nur derjenige mit dem Sprechball reden darf und zugehört wird. Dem jeweiligen Jungen verleiht dieser Unterstützung und etwas, woran er sich festhalten kann. Wenn einer fertig ist, wandert der Sprechball zum nächsten, der ihn haben will oder dem er gegeben wird. Wichtig ist, dass alle in der Runde mitmachen, einschließlich der Betreuer. Wenn nur die einen sich öffnen und die anderen zuhören wie in einem hierarchisierten Abhängigkeitsverhältnis, klappt das ganze nicht.
[Zitat Ende]

Es gibt auch noch eine Stelle bei Dissens, wo sie schreiben, das jeder aus der ausgesuchten 10. Klasse daran teilnehmen musste und sich nicht entziehen durfte, aber ich habe jetzt keine Lust, das auch noch herauszusuchen, weil ich das lesen als sehr quälend empfinde.
Für mich ist oben beschriebenes eindeutig Gruppenzwang und das bei Minderjährigen. Selbst wenn diese Jungen sich freiwillig gemeldet hätten, muss auch hier eine Grenze gezogen werden. Die Intension dahinter verstehe ich sehr wohl, aber genau das macht den Zwang ja aus.

Jede Frau hat das Recht, selbst mitten im Geschlechtsverkehr nein zu

sagen

und wenn sich der Mann nicht daran hält, riskiert er eine Strafanzeige
wegen Vergewaltigung. Jetzt weiß ich zwar selbst, das zwischen Theorie

und

Praxis ein Unterschied besteht, trotzdem beharre ich darauf, das einem
Jugendlichen, der irgendwann nicht mehr über dieses Thema sprechen

will,

STOP sagen darf - bis hierher und nicht weiter -. Diese Chance hatten

diese

Jugendlichen nicht.

Nein? Woraus schließt du das?

Aus obigem Zitat.

Die nächste Frage, die ich mir stelle: Jetzt sind es noch 16-17jährige,
wann gehen die Leute soweit, das sie das gleiche mit 12-13jährigen

machen?

Dann wenn 12-13jährige auch den anderen Kram machen, den 16-17 jährige in
der Schule machen. Wenn du ernsthaft glaubst Pädagogen würden
Arbeitskonzepte unabhängig von Alter und Reife der Kinder und Jugendlichen
mit denen sie arbeiten erstellen und anwenden, dann hast du von Pädagogik
keinen Schimmer. Wenn ein 12. Schuljahr im Deutschkurs die Klausuraufgabe
erhält, einen Abschnitt aus Faust zu interpretieren, dann ist das adäquat.
Wenn man diese Aufgabe als Aufsatzthema für ein 4. Schuljahr stellt, hat
man einen an der Waffel. Diese 4 Jahre sind ein entscheidender Punkt.

Schön, das Du hier Unterschiede machst, aber trotz allem ist es Deine Ansicht, die deswegen nicht stimmen muss, obwohl ich das selbst auch so sehe.
Davon abgesehen, sehe ich es ebenfalls als Unterschied an, ob ich mit Heranwachsenden über Faust spreche oder über Sexualität. Im übrigen muss ich kein Pädagoge sein, um feststellen zu können, das hier Zwang ausgeübt wurde. Außerdem impliziert Deine Annahme, das Pädagogen nicht kritikwürdig seien und ich deshalb keine Ahnung haben könne. Mein "Wissen", so man es denn überhaupt so nennen kann, ziehe ich aus meinen Kindern und deren Freunde, die dem Alter der Probanden von Dissens e.V. noch nicht all zulange entwichen sind.
Ich weiß um die Außenwirkung z.B. bei Lehrern der Kinder in diesem Alter und ich weiß um die tatsächlichen Nöte dieser Kinder, wobei ich damit jetzt natürlich nicht behaupten will, das ich über sämtliche Nöte bei Kindern in diesem Alter Bescheid weiß. Frage 5 Lehrer über Dein Kind aus und wie sie es sehen und Du wirst 5 Antworten erhalten, wenn auch vielleicht bei 2 oder 3 im Kern eine Gemeinsamkeit festgestellt wird.

Wann wird diese Theorie als Pflichtfach evtl. in den Schulunterricht
aufgenommen?

Wenn ich das mir das Deutsche Schulsystem ansehe: Nie. Ich habe im
Pflichtkurs SoWi "Rollentheorie" gelernt, zu dem Zeitpunkt hatte ich mir
die Queer Theory schon einigermaßen angelesen und habe versucht meinem
Lehre Foucault zu erklären (hat nicht gefruchtet).

Solange an Rollenspielen alle freiwillig teilnehmen, ist das ja in Ordnung, aber selbst hier kann jemand aussteigen, wenn es ihm zu weit geht.

Was wäre, wenn man Mädchen ihre sexuelle Identität absprechen würde?

Bitte kurz mal über den Unterschied zwischen sexueller Identität und
Geschlechtsidentität nachdenken.

Ehrlich gesagt, verstehe ich das nicht. Könntest Du das deshalb mal in kurzen und verständlichen Worten erklären?

Und ja, die Geschlechtsidentität von
Mädchen steht auch in der Kritik (vgl. z.B. Elisabeth Tuiders Beitrag zu
"Ulf Heidel / Stefan Micheler / Elisabeth Tuider (Hg.): Jenseits der
Geschlechtergrenzen:
Sexualitäten, Identitäten und Körper in Perspektiven von Queer Studies",
oder Monika Webers Aufsatz "Mädchenarbeit im Wandel", der die
Mädchenarbeit in den SOS Kinderdörfern thematisiert und erklärt:
"herrschende Vorstellungen und Bilder eindeutiger Geschlechtszugehörigkeit
zu irritieren und auf diese Weise die Polarisierung zwischen den
Geschlechtern aufzuweichen kann auch als Methode in der Mädchenarbeit
eingesetzt werden").

Na ja, zumindest ist es für mich interessant zu erfahren, das es das bei Mädchen auch gibt, nichtsdestotrotz finde ich es persönlich gelinde ausgedrückt, daneben.

Diesen Aufschrei könnte man von Flensburg bis Garmisch hören und das zu
Recht!


Nein. Eben nicht zu Recht. Wie Dissens m.E.n. völlig korrekt feststellt:
"Unsere Identitäten sind in erster Linie verinnerlichte
Herrschaftsverhältnisse". Und deshalb müssen wir sie in Frage stellen,
oder wir stellen die Herrschaftsverhältnisse nicht in Frage.

Für Dich mag das korrekt sein, für viele andere anscheinend nicht.

Diese Art von Infragestellung der herrschenden Frauenidentität ist -
philosophisch-konstruktivistisch ausgedrückt - eine Zerstörung von
Identitäten.
Der Spiegel tut aber so, als sollte das Mädchen an

sich

zerstört werden.[/i]
Es macht also laut Frau Oestreich nichts aus, wenn menschliche

Identitäten

zerstört werden, denn das da etwas zerstört werden soll, gibt sie ja
um umwunden in ihrem Bericht zu. Diese Frau ist doch nicht ganz klar im
Kopf und das ist noch human ausgedrückt, aber Frau darf das ja

schreiben,

es geht ja nur um Männer bzw. Jungen :-(

Was da zerstört werden soll sind die verinnerlichten
Herrschaftsverhältnisse. Oder um das mal konkreter zu machen: Das ist das
Gefühl, das es nicht ungerecht sei, dass Männer zu Zwangsdienstern
verpflichtet werden, was da zerstört werden soll.

Was hat das denn mit sexueller oder geschlechtlicher Identität zu tun? Weil hier bei der geschlechtlichen Identität ein Unterschied gemacht wird, müssen wir diesen Unterschied doch nicht abschaffen. Das hier ein Unrecht geschieht, sagt einem doch schlicht und einfach der menschliche Verstand.

Das ist das Gefühl, im
Job funktionieren zu müssen, bis der Herzkasper kommt.

Dazu zwingt einem doch keiner und wie wir mittlerweile wissen, unterliegen auch Frauen immer mehr den Krankheiten, die früher eine "Männerdomäne" waren, aber deshalb müssen wir doch die geschlechtliche Identität nicht in Frage stellen.

Das ist das Gefühl,
das es männlicher sei sich umzubringen als über seine Probleme zu reden.

Das ist mit Sicherheit ein Problem, worüber auch ich mir schon viele Gedanken gemacht habe und das tatsächlich viele Männer betrifft. Weitere Ausführungen dazu sind mir im Moment nicht möglich.

Und diese bescheuerten Gefühle zu zerstören halte ich durchaus für
sinnvoll.


Zerstören ist für mich mit Aggressivität verbunden und deshalb verstehe ich Dich letztendlich auch nicht. Da sich ein Mensch zumindest nicht bewusst zerstören lassen will, kann dieses nur mit Zwang einhergehen und diesem sind Menschen schon immer ausgewichen bzw. haben es bekämpft. Mir kommt das Ganze irgendwie so vor, als ob einige Leute die Menschen Zwangs beglücken wollen, während sie gleichzeitig vergessen, das jeder Mensch ein Individuum ist und mit Zwang kollektivieren wollen. Jeder Mensch hat sein Päckchen zu tragen und wie er damit umgeht, macht letztendlich seine Persönlichkeit aus.
Was soll denn dabei heraus kommen, wenn Menschen keine geschlechtliche Identität besitzen? Was ist das Ziel? Glaubst Du, das die Menschen tatsächlich glücklicher und zufriedener sind, wenn ihnen ihre geschl. Identität abgesprochen wird?
So, Schluss für heute, sonst nehmen meine Fragen keine Ende.

Gruß - Christine

--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein


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