Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Seltsam I

Jolanda, Monday, 06.01.2003, 13:27 (vor 7796 Tagen) @ HemmaNedDo

Als Antwort auf: Re: Seltsam I von HemmaNedDo am 06. Januar 2003 08:30:06:

Hallo Jörg

Ich muss echt schmunzeln, wenn ich deine Argumentationen lese, nicht weil ich dich nicht ernst nehmen, nein, sondern weil gerade Markus auch lange in ähnlichem Rahmen argumentiert hat.

Er hat auch einige Dinge ähnlich gesehen wie du, ich halte ihn für sehr gemässigt, was ich an und für sich sehr begrüsse, weil ich davon überzeugt bin, dass nur Sachlichkeit und eine faire Diskussion uns hier weiterbringen werden.

Ich will als Frau nun nicht schimpfen wie ein Rohrspatz, weil du versuchst, auch immer die Situation der Frauen zu sehen, man muss immer beide Seiten betrachten, um eine Situation fair beurteilen zu können.

Nur habe ich bei Männern schon öfters erlebt, was ich nun bei dir erlebe. Ich denke sogar, du versuchst wirklich auch die Seite der Männer zu betrachten, nur ganz ehrlich Jörg, dein Bild von der Frau erscheint mir schon noch zu idealistisch und zu "blauäugig".

Ich weiss, dass Markus die Frauen nicht schlecht machen will, weil ich schon bald 4 Jahre an diversen Projekten mit ihm zusammen arbeite und ihn sehr gut kenne und auch schätze.

Von uns beiden ist er der ausgewogenere, gerade wenn es um die Benachteilung von Männern geht. Ich bin da viel strenger und lasse viel weniger gelten als er.

Ich befasse mich nun schon Jahren mit diesem Thema, er hat sich erst vor ein paar Monaten tiefer in diese Themen eingelassen. Und zwar weil er sich ganz unabhängig schlau gemacht hat, viel gelesen, sich viele Gedanken gemacht hat und erkennen musste, dass vieles einfach falsch läuft in unserer Gesellschaft.

Es gibt aber immer noch genug Themen, wo er genauso das Gefühl hat, dass diese Gesetze oder Vorschriften für die Frau durchaus in Ordnung sind. Für mich ist das schon sehr massgebend, weil ich weiss, er ist kein Mann, der einfach so mal pauschal die Frauen schlecht machen will, weil ihm gerade danach ist.

Du trennst da ganz klar zwischen Mobbing und häuslicher Gewalt. Wobei ich das nicht ganz verstehen kann.

Es geht hier um diverse Aspekte, der eine ist der, dass die Frau in der Gesellschaft immer noch generell als Opfer angesehen wird und der Mann als Täter, das widerspiegelt sich immer wieder an so vielen Orten, bei so vielen Aussagen.

Schau dir Studien an, wo es um häusliche Gewalt geht, dort wird klar darauf hingewiesen, dass man den Mann für den Täter hält und die Frau für das Opfer, in den Medien wird es doch immer so dargestellt, dass die bösen Männer nun endlich verwiesen werden können, damit die armen lieben Frauen Schutz bekommen.

Liest man eine Studie bei der man davon ausgehen kann, dass es sich bei den Tätern um gleich viele Frauen wie Männer handelt oder evtl. sogar vorwiegend um Frauen, dann wird sehr neutral und geschlechtsunabhängig berichtet.

Ich bin wirklich davon überzeugt, dass in der Öffentlichkeit, gerade in der Politik sich kaum einer traut, auch mal Frauen anzuprangern, das ist einfach unpopulair und man erntet dafür kaum Lob oder Anerkennung.

Im Gegensatz dazu, werden Bemühungen zugunsten der Frauen hochgejubelt und beklatscht, egal ob diese auf Kosten der Männer und Kinder geschehen oder nicht.

Es geht doch einfach auch generell darum, dass wir aussagen wollen, dass Frauen genauso hinterlistig und gemein sein können wie Männer, dass Gewalt nichts mit dem Geschlecht zu tun hat.

Warum herrscht in unserer Gesellschaft immer noch die Ansicht, dass Frauen die geborenen perfekten Mütter sind, dass ein Kind sehr wohl ohne Vater aber niemals ohne Mutter aufwachsen kann?

Warum hat die Frau nach einer Trennung das Recht die Kinder zu behalten und ein Vater ist von der Willkür der Ex abhängig. Warum wird man als Vater einfach entsorgt, Väter lieben Ihre Kinder genauso?

Warum wollen Frauen unabhängig sein, ohne die Väter der Kinder leben aber von den Männern jahrelang finanziell abgesichert werden. Das ist für mich ein totaler Widerspruch, ich kann das so nicht akzeptieren?!

Warum ist ein schlagender Mann ein Monster, dass man einfach auf die Strasse setzen kann und eine schlagende Frau ein armes Opfer, dem man unbedingt helfen muss?

Wenn sich ein Vater aus Verzweiflung mit seinen Kindern in den Tod stürzt, dann ist er ein Monster, wenn eine Mutter das selbe tut, dann fragt sich jeder, was diese arme Frau wohl schreckliches durchgemacht hat, um so etwas zu tun!

Ich erlebe es doch tagtäglich Jörg, ich lese Zeitung, schaue TV, rede mit Menschen, ich bilde mir das nicht ein.

Und wegen der Arschkarte, es gibt viele Situationen, da hat der Mann die Arschkarte gezogen, nicht nur wenn er schlägt, nein einfach weil er ein Mann ist.

Ich finde unsere Scheidungsgesetze sind eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Ich finde Mädchenspielplätze einfach lächerlich, ich finde es nicht nötig Mädchen mehr zu fördern als Jungs. Wir lenken doch schon in den Kinderjahren alles in diese einseitige Schiene.

Weisst du Jörg, ich werde keinen dazu überreden, es so zu sehen, wie ich es sehe, das war nie meine Intension. Ich stehe einfach nur für das ein, was mir am Herzen liegt, dazu brauche ich nicht die Zustimmung von anderen :-)

Aber ich bin wirklich von dem überzeugt, was ich vertrete, gerade als Frau wirst du oft angegriffen von anderen Frauen, wenn du solche Meinungen vertritts, wie ich das tue. Aber das ist mir so was von "schnurzegal". Ich finde jeder Mensch muss vor sich selbst verantworten können, für was er sich stark macht.

Gut möglich, dass du dich bemühst zu sehen, was wir anklagen, aber für mich persönlich sind deine Argumente ein Beleg dafür, dass du vieles noch nicht als das anerkennst, was es in Wahrheit schon lange ist.

Wenn wir alle so denken würden wie du, dann würde sich kaum etwas verändern, wir aber wollen einiges verändern!

Du empfindest viele Aussagen als pauschales Schimpfen, denkst oftmals, die Männer hier ziehen ihre Argumente an den Haaren herbei, siehst keinen Zusammenhang. Ich sehe das ganz anders, wer sieht es nun richtig?

Ich weiss genau, dass wenn man will, dass sich etwas auch nur ein kleines bisschen verändert, dann muss man viel fordern, denn es wird immer nur ein Teil von dem verändert, was man wirklich fordert.

Zu viel Verständnis und zuviel Goodwill wird im Endeffekt nichts ändern, man wird dann denken, ach, wegen diesen paar Kleinigkeiten muss man sich nicht den Arsch aufreissen, die beruhigen sich wieder.

Du bist doch politisch engagiert, gerade du solltest wissen, dass ein kleines schüchternes "Pipsen" nichts verändert!

Ich sehe es immer noch so, dass wir viel tun müssen, damit sich hier endlich wieder etwas bewegt und wir echte und faire Gleichberechtigung leben können, Gleichberechtigung, die auch wirklich für alle Gerecht ist und nicht nur immer die "armen" Frauen stützt und die "bösen" Männer in ihre Schranke verweist.

Es grüsst dich
Jolanda


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