Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Seltsam

Maesi, Sunday, 12.01.2003, 11:31 (vor 7790 Tagen) @ HemmaNedDo

Als Antwort auf: Re: Seltsam von HemmaNedDo am 05. Januar 2003 22:29:29:

Hallo Joerg

Du lenkst ab und vergleichst Äpfel mit Birnen.
Mobbing ist etwas völlig anders als häusl. Gewalt.

Die Definition von Mobbing bezieht sich tatsaechlich nur auf das Arbeitsgeschehen. Jedoch koennen bestimmte Verhaltensweisen, die Mobbing am Arbeitsplatz kennzeichnen, selbstverstaendlich auch in Beziehungen vorkommen. Es ging Markus wohl weniger um die wissenschaftliche Definition von Mobbing selber, als vielmehr um die teilweise Aehnlichkeit von Methoden zur systematischen psychischen Verletzung eines anderen Menschen im Rahmen der haeuslichen Gewalt einerseits und Mobbing andererseits.

Noch einmal: wenn denn tatsächlich dieses Gesetz missbräuchlich angewandt würde, jetzt nach einem Jahr: Wo bitte sind die gestiegenen Obdachlosenzahlen und wo bitte sind die gestiegenen Verleumdungsklagen.

IMHO gibt es gar keine offiziellen landesweite Statistiken zu Obdachlosenzahlen. Mir ist auch keine Studie bekannt, die sich wissenschaftlich mit Gruenden, die zu Obdachlosigkeit fuehren, auseinandersetzt; meist stuetzt man sich auf isolierte Aussagen von Sozialarbeitern. Diese haben bestenfalls qualitativen Charakter, geben jedoch niemals ein quantitativ abgestuetztes Bild der Realitaet wieder. Unter Umstaenden haben solche durchaus nuetzlichen Feststellungen von Sozialarbeitern sogar nur lokale Gueltigkeit.
Es ist sehr wohl moeglich, dass es zu einem Anstieg der Obdachlosenzahlen aufgrund des Gewaltschutzgesetzes gekommen ist. Aber selbst wenn man ueber detaillierte Analysen zur Situation und Entwicklung von Obdachlosen verfuegte, waere es unserioes, bereits jetzt quantitative Aussagen ueber solche allfaellige Auswirkungen zu machen; bestenfalls koennte man versuchen, einige Entwicklungsmodelle zu postulieren, die in der Zukunft mit der Praxis abgeglichen werden muessten.
Aus demselben Grund ist es auch voellig unwissenschaftlich, bereits jetzt einen Erfolg des GewSchG zu behaupten; der Untersuchungszeitraum ist viel zu kurz, um eine serioese Aussage darueber zu machen. Obendrein wurde das Gesetz ja als Praeventivmassnahme verkauft. Folgerichtig muesste man feststellen, ob es tatsaechlich zu einer Verminderung haeuslicher Gewaltakte in gemeinsamen Haushalten gekommen ist. Offensichtlich ist das jedoch nebensaechlich; die Hauptsache scheint vielmehr zu sein, dass moeglichst viele Maenner aus der Wohnung gewiesen werden. Ausserdem muesste ueberprueft werden, ob und wieweit allenfalls eine Verschiebung von Frauenhaeusern zum GewSchG hin stattgefunden hat; d.h. wieviele Frauen, die frueher wahrscheinlich in ein Frauenhaus gegangen waeren, nehmen jetzt das GewSchG in Anspruch.
Zu guter Letzt: ich glaube nicht, dass das Gesetz (im grossen Stil) von der Polizei bzw. Richtern missbraeuchlich angewandt wird. Es gibt aber gute Gruende zu vermuten, dass die beiden Gewalten einseitig geschult werden, deshalb in gutem Treu und Glauben nach dieser einseitigen Schulung handeln und allfaellige maennliche Opfer schlichtweg ignorieren. Desweiteren geht es auch darum, wie stark das Gesetz missbraeuchlich in Anspruch genommen wird, d.h. in welchem Masse Frauen erlittene Misshandlungen vorgaukeln oder dramatisieren bzw. eigene Gewalttaetigkeit verschweigen. Ein aus der Wohnung gewiesener Mann (oder Frau) ist juristisch gesehen unschuldig, so lange keine ordentliche Gerichtsverhandlung stattgefunden hat; wir wissen also nicht, ob im jeweiligen Einzelfall die Wegweisung gerechtfertigt war oder ob man nicht womoeglich sogar den Falchsen weggewiesen hat, da zum Zeitpunkt der Wegweisung noch gar keine genauere Untersuchung vorgenommen wurde. Somit kann aufgrund der jetzigen Meldungen in den Medien keinerlei Aussagen ueber die Missbrauchshaeufigkeit gemacht werden; das scheint im uebrigen aber ebenfalls nicht erwuenscht zu sein.
Wie Du siehst, muss man sich wesentlich tiefer mit der gesamten Problematik auseinandersetzen, als es staatliche Stellen und Frauenorganisationen beim 'Nachweis' der Wirksamkeit des GewSchG bisher getan haben.

Das ist nicht zum ersten Mal, dass diese Frage gestellt wird. Und wie immer bekommt man keine Antwort, sondern es werden Ausflüchte benutzt -es wird abgelenkt.

Dein Problem ist, dass Du etwas einforderst, was (noch) gar nicht belegt werden kann.

Zur Einführung des Gewaltschutzgesetzes hat man hier in diesem Forum tausende zusätzlicher obdachloser Männer aufgrund dieses Gesetzes prognostiziert und man verbreitet tatsächlich noch immer die falsche Behauptung mit dem Eigenheim und lässt grundsätzlich unerwähnt, dass im Falle Eigentum bei Wohnungszuweisung selbstverständlich eine Nutzungsentschädigung fällig wird, das Eigentumsrecht nicht im mindesten berührt wird.

Eine solche Klausel existiert tatsaechlich (§2 Absatz 5 des GewSchG): 'Der Taeter kann von der verletzten Person eine Verguetung fuer die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.' Die Billigkeit wird im Gesetz leider nicht naeher ausgefuehrt. In der Praxis bleibt der aus der Wohnung gewiesenen Person wohl nichts anderes uebrig, als eine Forderung zu stellen, die dann zivilrechtlich durchgesetzt werden muesste. Unklar ist dabei die Hoehe der Forderung, die muesste wahrscheinlich ebenfalls zivilrechtlich geklaert werden.
Eines der wesentlichsten Merkmale des Eigentumsrechts ist, dass der Eigentuemer sein Eigentum nutzen darf. Im Falle einer Wohnungszuweisung aufgrund des GewSchG wird diese Eigentumsnutzung (eben das darin Wohnen) verweigert und somit das Eigentumsrecht (entgegen Deiner Behauptung) empfindlich eingeschraenkt. Das dafuer eingeraeumte Recht auf Entschaedigung muss auf separatem Weg zuerst geltend gemacht werden. Es ist mir unbegreiflich, wie Du zum Schluss kommst, das Eigentumsrecht sei vom GewSchG unberuehrt.
Im Falle einer gemeinsamen Mieterschaft kann der Vermieter bei Nichtzahlung der Miete auf beide Mieter zugreifen. Er wird jedoch normalerweise auf den wirtschaftlich potenteren Mieter zugehen, was in der Praxis meist der Mann ist. Im Falle der alleinigen Mieterschaft durch den (mutmasslichen) Taeter hat natuerlich auch nur dieser die Miete zu bezahlen. Hier kann es durchaus passieren, dass der aus der Wohnung gewiesene Mann die gesamte Miete zu berappen hat und auf die Entschaedigungszahlungen warten kann bis zum St. Nimmerleinstag.
Welches Verhaeltnis (Eigentum, gemeinsame oder alleinige Miete) auch immer vorherrscht. Allen gemeinsam ist, dass der normalerweise wirtschaftlich staerkere, weggewiesene Mann wohl unterhaltspflichtig gegenueber seiner Partnerin ist (Trennungsunterhalt?). In der Realitaet wird er wohl die Entschaedigung letzten Endes aus dem eigenen Sack bezahlen.
Sofern die Frau alleinige Mieterin der Wohnung ist, kann der weggewiesene Mann vom Vermieter IMHO gar nicht belangt werden. Logischerweise hat der Weggewiesene in diesem Fall auch keinen Anspruch auf Entschaedigung.
So erscheint Ferdis Empfehlung durchaus logisch, keine Wohngemeinschaft mehr mit einer Frau einzugehen. Denn: ohne Wohngemeinschaft, keine Wohnungszuweisung gem. GewSchG.

Noch nicht einmal das totalitärste Regime könnte die Bekanntgabe solcher Entwicklungen wirklich unterdrücken.

Sorry, aber es geht nicht darum, die Bekanntgabe von Fehlentwicklungen zu unterdruecken; auf diesbezugeliche repressive Massnahmen seitens Behoerden oder entsprechende Forderungen von Anspruchsgruppen wuerden die Medien selbstverstaendlich sofort reagieren. Tatsache ist jedoch, dass gelegentlich wesentliche Informationen nicht an die Oeffentlichkeit gelangen, weil sie fuer die Medien keinen Nachrichtenwert haben oder aber einfach von weiten Teilen der Oeffentlichkeit nicht zur Kenntnis genommen werden wollen, und aus diesem Grund die Medien diese auch nicht mehr bringen. Die Geschlechterverteilung in Bezug auf haeusliche Gewalt ist so ein Beispiel; befrage mal in Deinem Bekanntenkreis diverse Personen dazu. Die meisten werden wahrscheinlich der Meinung sein, dass Maenner so gut wie nie Opfer von Gewalt in Beziehungen werden sondern nahezu ausschliesslich Frauen; Du selbst scheinst ja ebenfalls dieser Ansicht zu sein. Die wissenschaftliche Forschung hat dazu jedoch etwas voellig anderes festgestellt. Trotzdem werden in den Medien weit ueberwiegend Schlaeger- und Opferrollen den jeweiligen Geschlechtern (Maenner bzw. Frauen) zugeordnet. Seitens feministisch dominierter Anspruchsgruppen sowie von Behoerden wird hier IMHO sogar bewusst Desinformation betrieben, denn die betreffenden Studien sind bekannt oder sollten es zumindest sein.
Die Medien werden jedoch lediglich das veroeffentlichen, was sie erfahren oder recherchieren. Offensichtlich werden hier zu wenig kritische Fragen an selbsternannte Gewaltexperten, die die Medienlandschaft derzeit dominieren, gestellt bzw. es wird zuwenig in wissenschaftlichen Fachblaettern nachrecherchiert; denn dort sind diese Studien laengst bekannt. Personen, wie Dr. Michael Bock, sind momentan noch weitgehend allein auf weiter Flur, wenn es darum geht, das komplexe Feld der haeuslichen Gewalt genauer auszuleuchten und das v.a. auch mediengerecht zu tun. Aus dem Blickwinkel der Medien erscheinen solche Einzelkaempfer (noch) eher als Exoten.
Im uebrigen wurden hier die Mechanismen der bewussten und unbewussten Verzerrung der Realitaet gerade bei haeuslicher Gewalt schon oft diskutiert. Ich verweise deshalb auf die entsprechenden Threads.

Gruss

Maesi


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