Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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An Chato-Nick und alle: Scholl-Latour ...

Ekki, Wednesday, 11.10.2006, 17:33 (vor 6475 Tagen) @ Chato

Hallo allerseits!

Die Inhalte

europäischer Kultur, so sage ich, wurden mutwillig zerstört zu Gunsten
einer vermeintlichen Freiheit des bindungslos gewordenen Individuums, die
darin bestünde, tun und lassen zu dürfen, was man will und die
Konsequenzen dieses infantilen Egoismus "irgendwohin" zu verschieben. Die
subjektive Sicherheit in dieser lieblosen, destruktiven Haltung all dem
gegenüber, was wir ererbt haben, gründet in der irrtümlichen Annahme, der
eigene, physische Tod höbe alles und damit auch die Verantwortung für die
Konsequenzen des eigenen Handelns auf. Dem ist nicht so.
[/u]

Die Konsequenzen[/u] treten inzwischen ja bereits unübersehbar ein und fallen
in dem Maße, wie sie sichtbar werden, natürlich auf die zurück, die dies
alles gewollt und propagiert und deshalb zu verantworten haben.
[/u] Eine jener
sichtbar werdenden Konsequenzen ist zum Beispiel Thema dieses Forums: der
alles korrumpierende und pervertierende Feminismus. Eine andere Konsequenz
ist jene von Scholl-Latour beschriebene Unfähigkeit des Westens zu einem
gewaltfreien Dialog mit dem Islam. Nur wird die Gewalt jetzt eben, der
selbst erzeugten Impotenz wegen, nicht mehr wie früher ausgeteilt, sondern
mehr und mehr eingesteckt. In dieser Konstellation zeigt sich erst die
ganze, haltlose Verkommenheit, in die Europa seiner Selbstvergessenheit
wegen geraten ist.

Der obige Argumentationsstrang ist aus folgendem Grunde nicht nachvollziehbar:

Die Konsequenzen für das, was in der Jetztzeit getan wird, kommen späteren Generationen zu Gute oder fallen ihnen zur Last, und selbstredend wird man dann auch sagen müssen: Die Urheber dieser oder jener Umstände sind diese und jene Personen - auch, wenn diese Personen nicht mehr leben.

Soweit der unbestreitbare Teil der obigen Argumentationskette.

Wer jedoch weitergeht und konstatiert, der Mensch werde nach seinem physischen Tode höchstpersönlich zur Verantwortung gezogen - indem er "vor Gottes Richterstuhl steht", "Höllenqualen erdulden/durchs Fegefeuer gehen muß", als Lohn für sein rechtschaffenes Leben "am Tische des Herrn sitzen und seinen Heiland von Angesicht zu Angesicht schauen darf" usw. usf. - der mag ja persönlich gerne daran glauben.

Wenn er aber meint, alle, die dies nicht glaubten, hätten "ihren Verstand aufgegeben", dann ist das nur in lächerlicher Weise arrogant.

Aber auch das ist nicht weiter schlimm.

Schlimm dagegen:

Wenn den Menschen durch die Funktionäre IRGENDEINER[/u] Religion vom frühesten, suggestibelsten Kindesalter an eingetrichtert bekommt, er müsse sich die "Belohnung nach dem physischen Tode" "verdienen", und hierfür z.B. regelmäßig an obskurantistischen Kulthandlungen teilnehmen, bestimmte "Speisevorschriften" einhalten, dürfe bei Androhung ewiger - und nicht selten zeitlicher!!! - Strafen nicht von der Religion abfallen usw. usf.

Auch ich halte dich nicht für unfähig, einen solchen Dialog zu führen,
soweit dein Dialogpartner ein Christ ist. Ich halte dich allerdings für
total unfähig, Moslems dazu zu bringen, den Dialog mit "euch" zu führen.
Sie werden es schlicht und einfach nicht tun, weil ihr das eigentliche
Problem nicht erkennen könnt, sondern es leugnet. Das Problem besteht
nicht darin, wie man die Religion abschafft, denn das kann aus
prinzipiellen Gründen nie funktionieren, sondern wie man sie verwirklicht.
Das Christentum, euer eigenes Erbe, habt ihr ausgeschlagen. Ihr habt euch
damit freilich leider jämmerlich ins eigene Knie geschossen, sitzt nun
bewegungsunfähig in eurem Rollstuhl und müßt impotent dabei zusehen, wie
ihr eine Religion verpaßt kriegt, die euch nicht mehr machen läßt, was ihr
wollt. Das ist eine Tragödie, in der Tat. Aber sie betrifft die, die sie
heraufgeführt haben. Sage keiner, Gott sei nicht gerecht.
[/u]

Ich erlebe nicht zum ersten Mal, daß überzeugte Christen selbst den Islam für ein geringeres Übel halten als die Gottlosigkeit. Bezeichnend - wenn man so etwas hört, weiß man wieder, wogegen Liberalismus und Aufklärung zu verteidigen sind!

Gott? Im Zweifelsfalle wird man halt der Gewalt der Muslime mit Gegegewalt begegnen müssen. Und dazu werden Menschen und Staaten, die an ihrer Freiheit - in dem Sinne, wie religiöse Menschen dieses Wort nicht verstanden wissen wollen!!! - hängen, sehr wohl noch "potent" genug sein.


Mit deinem letzten Satz reißt du am Schluß ein ganz neues, eigenes Thema
an, das ich hier nicht weiter ausführen kann. Aber der grundsätzlichen
Bedeutung wegen doch wenigstens eine paar Sätze dazu.

Wissenschaften sind nicht die ganze Vernunft, sondern nur ein kleiner Teil
von ihr. Wo reproduzierbare Resultate möglich sind, ist es vernünftig, nach
ihnen zu suchen und sie zu studieren, denn man erfährt etwas über die Welt,
in der man lebt, wenn man es tut. Aber man begreift sie nicht, denn es sind
grundsätzlich Bilder, die man gewinnt, nicht die Wirklichkeit selbst. Die
Annahme, lediglich das, was reproduzierbare Resultate liefere, sei
wirklich, ist keineswegs vernünftig, sondern verrückt. Die Wirklichkeit
hat überhaupt keinen Grund, auf die Grenzen unseres Fassungsvermögens
Rücksicht zu nehmen. Täte sie es übrigens, dann gäbe es uns überhaupt
nicht (ein nettes Paradoxon, nebenbei :-)).

> Religion bedeutet, ganz allgemein formuliert, nichts weniger, als
[quote]Kommunikation mit jenem Teil der Vernunft, der die unsere übersteigt.
Dem
hierarchischen Wesen dieser Kommunikation entsprechend liegt die
Initiative notwendigerweise ganz allein bei der anderen Seite, denn wir
können sie ja sowieso nicht begreifen. Nach Habermas ist die religiöse
"musikalische Begabung" zwar nicht bei jedem in gleicher Weise ausgeprägt
und sich selbst bezeichnete er in jenem Disput mit Kardinal Ratzinger als
unbegabt, aber man kann und sollte, wie ich finde, auch das üben und
lernen, denn das geht. Statt dessen aber anzunehmen und zu behaupten, das,
was ich zufällig nicht begreifen kann, sei nicht existent, ist einfach
nicht vernünftig, sondern infantil.
[/u][/quote]

Zunächst einmal:

Ich würde es entschieden von mir weisen, als ein Mensch angesehen zu werden, der außer seinem Intellekt nichts hat.[/u]

Das Ergriffensein von einem Musikstück, Zuneigung gegen andere Menschen oder Abneigung gegen sie, die Erfahrung, daß es wohltut, zu geben und zu verzeihen, Intuition, Vorahnungen und vieles mehr -

- das alles ist für mich Realität und mit der Ratio nicht erfaßbar[/u].

Eine ganz andere Frage[/u] ist hingegen, ob man ...

... aus den o.g. und anderen Erfahrungen auf die Existenz überirdischer Wesen ("Gott/Götter") schließt;

... sich einer der existierenden Religionen anschließt.

Der zweite der o.g. Punkte ergibt sich übrigens nicht zwingend aus dem ersten!!!

ALS QUINTESSENZ:

Die Vernunft der Wissenschaft ist die einzige Art von Vernunft, die für alle Menschen gleich ist. Deshalb schafft sie regelmäßig die Möglichkeit der Verständigung, der Beilegung von Streitigkeiten.[/u]

Die Erfahrung des Übersinnlichen - ich weigere mich, hierfür das Wort "Vernunft" zu gebrauchen! - ist höchst individuell, und deshalb schaffen alle Versuche, sie zu vereinheitlichen und allgemeinverbindlich zu machen ("Religionen"), regelmäßig Unfrieden.

Demzufolge würde ich nicht[/u] postulieren

"Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist"

sondern

"Einigt euch auf dem Gebiet der Ratio, aber seine Transzendenzerfahrungen mache ein jeder mit sich selber ab."

Gruß

Ekki

--
Ich will ficken, ohne zu zeugen oder zu zahlen.
Lustschreie sind mir wichtiger als Babygeplärr.


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